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Kleines Mädchen beim Blumenfest Festa das Flores in Funchal

HIGHLIGHTS | GEHEIMTIPPS | WOHLFÜHLADRESSEN

»Du bist eine portugiesische Perle,
du bist wunderschön und charmant.
Wer dich gesehen hat,
wird immer wiederkehren.«

Unbekannter portugiesischer Autor

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Die madeirische Hauptstadt Funchal liegt an der Küste.

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INHALT

Das sollten Sie sich nicht entgehen lassen

Willkommen auf Madeira

DIE STADT FUNCHAL

 1  Funchal – der Hafen

 2  Funchal – das Zentrum

 3  Funchal – Prachtstraßen

 4  Funchal – die Altstadt

 5  Funchal – Mercado dos Lavradores

 6  Funchal – Museumstour

 7  Funchal – Madeira Wine Company

 8  Funchal – Hotel Belmond Reid’s Palace

 9  Funchal – Wassersport

10 Essen in Funchal

RUND UM FUNCHAL

11 Umgebung Funchal – Quintas

12 Gärten im Norden von Funchal

13 Palheiro Gardens

14 Monte

15 Câmara de Lobos

16 Cabo Girão

ZENTRALMADEIRA

17 Curral das Freiras

18 Vom Pico do Arieiro zum Pico do Ruivo

19 Pass Boca da Encumeada

20 Serra de Água

21 Die Hochebene Paúl da Serra

22 Rabaçal

23 Ribeiro Frio

24 Parque Ecológico do Funchal

DER WESTEN

25 Ribeira Brava

26 Ponta do Sol

27 Calheta

28 Jardim do Mar/Prazeres/Paúl de Mar

29 Ponta do Pargo

30 Porto Moniz

DER NORDEN

31 Die nördliche Küstenstraße

32 São Vicente

33 Ponta Delgada/Boaventura/Arco de São Jorge

34 São Jorge

35 Santana

36 Queimadas

37 Faial/Porto da Cruz mit dem Penha de Águia

38 Der Küstenweg nach Porta da Cruz

DER OSTEN

39 Santo da Serra

40 Santa Cruz

41 Machico

42 Caniçal

43 Ponta de São Lourenço

44 Camacha

45 Wandern rund um Camacha

46 Caniço und Caniço de Baixo

PORTO SANTO

47 Porto Santo

48 Wandern

49 Sport und Wellness

50 Der Norden

REISEINFOS

Madeira von A bis Z

Kalender

Madeira für Kinder und Familien

Kleiner Sprachführer

Register

Impressum

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Die prachtvollen Jardins Tropicals do Monte Palace liegen oberhalb der Stadt Funchal.

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Die »Casas de Colmo« sind die traditionellen Wohnhäuser im Norden der Insel gewesen.

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Die aparte Strelitzie

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Immer wieder fasziniert der weite Blick über den Atlantik, besonders im Mondlicht.

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Leuchtend rote Chilischoten auf dem Mercado dos Lavradores in Funchal

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Blick von der Quinta do Furão in Santana auf die Nordküste am Morgen

DAS SOLLTEN SIE SICH NICHT ENTGEHEN LASSEN

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Eine Fahrt mit dem Korbschlitten ist ein Muss, wenn man Madeira besucht.

image Funchal (S. 32–71)

Die Hauptstadt Madeiras ist das pulsierende Herz der Insel. Hier hat die Geschichte ihren Anfang genommen und die Atmosphäre kann man noch in den Gassen der Altstadt spüren. Funchal bietet alles, was man von einem interessanten Ferienort erwartet: blühende Parks, informative Museen, ein Zentrum mit Kathedrale und zahllose Möglichkeiten zum Einkaufen.

image Der Hafen von Funchal (S. 32–35)

Ein Leben auf Madeira wäre ohne den Hafen nicht denkbar. Hier liegt die Keimzelle des schwunghaften Handels mit Madeirawein unter englischer Regie. Heute wäre der blühende Tourismus ohne die Kreuzfahrtschiffe kaum denkbar. Der Hafen ist vergleichsweise klein, aber voller Charme. Für den ersten Kaffee oder um bei Sonnenuntergang zu flanieren, diese Ecke Funchals begeistert jeden mit ihrer besonderen Stimmung.

image Monte (S. 86–91)

Mit einer Seilbahn von Funchal gelangt man zum bekannten Wallfahrtsort Monte. Hoch über der Hauptstadt gelegen, bietet sich hier ein grandioser Blick über den Süden der Insel, wenn nicht gerade kühle Nebelschwaden vorbeiziehen. Neben dem großen Vergnügen, mit einem Korbschlitten zu Tale zu schlittern, kann man zum Beispiel auch im botanischen Garten »Jardim Tropicals do Monte Palace« den äußerst raren Brotpalmfarn bestaunen.

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Der Blick vom Gipfel des Pico Ruivo über die Berge Madeiras ist atemberaubend.

image Cabo Girão (S. 98–99)

Von einer der höchsten Steilküsten Europas blickt man von Cabo Girão hinab auf das Meer. Sehr eindrucksvoll ist diese knapp 600 Meter hohe, schroffe Küste vom Schiff aus zu sehen

image Curral das Freiras (S. 102–105)

Ein geradezu abenteuerliches Panoramasträßchen führt am Berg entlang nach Curral das Freiras, dem Stall der Nonnen. Bekannt ist diese Gegend für ihren Kastanienlikör.

image Vom Pico do Arieiro zum Pico Ruivo (S. 106–111)

Bis kurz unter den Gipfel des Pico do Arieiro führt eine gut ausgebaute Straße, von dort sind es nur noch wenige Minuten zu Fuß bis zum Gipfel. Aufregend ist der Blick nach unten, diese Schluchten können einem den Atem rauben. Viele Eindrücke in die archaisch schroffe Gebirgslandschaft erlaubt die knapp dreistündige Wanderung zum höchsten Berg der Insel, dem Pico Ruivo.

image Ponta de São Lourenço (S. 228–231)

Rau und karg zeigt sich die östliche Spitze Madeiras. An den Felsabbrüchen ist der vulkanische Ursprung der Insel zu erkennen und das Farbenspiel der Sonne lässt die Felsen von rot über ocker bis braun und sogar schwarz erscheinen.

image Die Hochebene Paúl da Serra (S. 118–123)

Noch vor Minuten im blühenden Süden, verblüfft diese Hochebene mit Kälte, Nebel und der kargen Landschaft von Heidepflanzen. Immer herrscht eine eigentümliche Stimmung, die an den Norden Schottlands erinnern mag. An Sonntagen mit schönem Wetter treffen sich hier viele Einheimische zum Picknick.

image Porto Moniz (S. 168–171)

Früher waren die mit Meerwasser gefüllten Lavabecken in der charmanten Kleinstadt Porto Moniz die einzige Möglichkeit, im rauen Atlantik zu baden. Heute gibt es auch ein modernes Schwimmbad, aber die natürlichen Kuhlen, die mit jeder Brandung mit frischem Wasser gefüllt werden, haben nach wie vor einen speziellen Charme.

image Ribeiro Frio (S. 130–135)

Der Naturpark von Ribeiro Frio zeigt noch heute, wie Madeira einstmals ausgesehen hat. Dazu gehört der madeirische Lorbeerwald, der zu den seltensten Lebensräumen der Erde zählt. Die ungeheuer knorrigen Büsche und Bäume mit den kräftig grünen Blättern sind als Wasserspeicher unentbehrlich. Entlang den Levadas kann man diese Landschaft am besten kennenlernen.

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Das Ostkap Ponta de São Lourenço beeindruckt durch seine farbenfrohen Felsformationen.

WILLKOMMEN AUF Madeira

Madeira ist bekannt für seine grandiose Landschaft, das milde Klima und die herrlichen Blumen. Sie fasziniert durch den Kontrast von geschäftigem Leben an der Küste und großer Stille in den Bergen. Man schaut auf ein Kunstwerk aus Wasserkanälen, Levadas, angelegten Terrassen, Poios, und einer schlicht überwältigenden Pflanzenwelt. Bereits zum dritten Mal in Folge wurde Madeira im Jahr 2017 mit dem World Travel Award als beste Inseldestination Europas ausgezeichnet.

Mehr als acht Millionen Besucher erliegen jährlich der Schönheit Madeiras, und viele wählen Funchal als Domizil für ihren Urlaub. Das pochende Herz der Insel mit mediterranem Stadtleben ist der ideale Ausgangspunkt für Ausflüge. Wilder Fenchel hat der Hauptstadt den Namen gegeben. Üppig und wild stand der funcho im Mündungsgebiet von drei Flüssen, heute sieht man nur mehr einzelne Sträucher.

Offen für Zeitgeist

Lange Zeit galt Madeira ausschließlich als Ziel für Best-Ager, Wandervögel und Vogelbeobachter. Nun, diese Leute sind immer noch da, aber die Dynamiker haben auch diesen Flecken entdeckt. Da sind die Golfer, die das Jahr über den Schläger schwingen, und die Tennispieler, die im Winter nicht nur in der Halle trainieren wollen. Dazu kommen die Surfer, angezogen von den »Big Waves« an der Küste von Paúl do Mar. Über diese lässige Szene kann sich das konservative Madeira noch kein rechtes Bild machen, aber einer der wichtigen Wettbewerbe für die Athleten auf dem Surfbrett findet jeden Winter statt. Madeira, so heißt es in der Szene, sei das Hawaii Europas. Nicht weniger zeitgeistig ist das »Madeira Dig Festival«, wo sich im Dezember in der Casa das Mudas bei Calheta die Avantgarde aus der ganzen Welt trifft, um die digitalen Klang- und Bilderwelten vorzustellen. »Madeira muss jünger und cooler werden«, sagt der Besitzer des Hotels Ponta do Sol und setzt sich über althergebrachte Konventionen hinweg. Entdeckt von den Engländern als angenehme Sommerfrische, hat man sich dem Kommen und Gehen von Moden hingegeben.

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Ganz in der Nähe des Hafens von Funchal liegt der Park Santa Catarina.

Insel im Aufbruch

In den letzten Jahren hat Madeira einen Riesensatz nach vorne gemacht. Es ist das Geld der EU, das frisches Blut in das einstige Phlegma pumpte. Man hat es vorwiegend zum Straßenbau genutzt, und seit ein paar Jahren bedeutet die Fahrt an die Nordküste keine Tagesreise mehr. Madeira hat noch viele unbekannte Ressourcen, die erst so langsam entdeckt und vermarktet werden. Heute spürt man die Kreativität, die in den Insulanern steckt. Schicke Hotels, innovative Gastronomie und Cafés belegen, dass internationale Trends ganz allmählich und in feinen Dosen hier ankommen. Da zeigen sich plötzlich Modeschöpfer und Architekten mit internationalem Renommee, da wird ein Zentrum für zeitgenössische Kunst gebaut, das alle Achtung verdient – entworfen von Paulo David, der in Lissabon studierte und nach Funchal zurückgekehrt ist. Er ist begeistert von seiner Heimat, denn das Ruppige und Kantige von Madeira kommt seinen Ideen entgegen. Das Centro das Artes in Calheta wurde in Basaltstein gebaut, und zum Meer gibt es übergroße Glasfenster, um das Licht und die Weite des Atlantiks hereinzuholen. Der Mittelpunkt ist die Casa das Mudas, ein Herrenhaus aus dem 17. Jahrhundert, das sich so mühleos integriert, dass es vielen Besuchern gar nicht auffällt. Das könnte Madeira pur sein, mit leichter Hand das Alte mit dem Neuen zu verbinden.

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Die Madeirer sind sympathische Menschen, viele leben auf dem Land.

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Agaven gedeihen prächtig auf der portugiesischen Insel Porto Santo, Madeiras kleiner Schwester.

Vergiss den Regenschirm nicht!

Dunkelgrau brauen sich die Wolken in den Bergen über Funchal zusammen – und dann ergießt sich der Regen. Die dicken Wassertropfen kullern über die wachsartigen Blätter der Kamelienbäume, tropfen von den großen Kelchen der Engelstrompeten hinunter auf die Erde, spülen den Staub von den knorrigen Lorbeerzweigen und dem biegsamen Grün des Oleanders. Als wollte die »Insel des ewigen Frühlings« neue Kraft schöpfen für ein unermüdliches Blühen und Gedeihen, wird das Wasser von der Erde aufgesaugt. Nach einer halben Stunde ist der Spuk vorbei. Tausende von Blüten stehen wieder im Sonnenlicht, als sei es nie anders gewesen. Die Wolken reißen auf und geben den Blick frei auf die faszinierende Landschaft Madeiras. Schroffe Berge und Steilküsten, handtuchbreite Terrassenfelder und exotische Parkanlagen, eingerahmt von einem tiefblauen Atlantik, der mit weißen Schaumkronen gegen die Insel schlägt.

Zwei Welten

Seit ein Vulkanausbruch vor einigen Tausend Jahren einen 1860 Meter hohen Kegel aus dem Meer aufragen ließ, teilt sich Madeira in zwei Welten. Im Süden liegt das geschäftige Herz der Insel, doch eine halbe Stunde vom Gewühl der Hauptstadt Funchal entfernt wartet die Stille der Berge und die feucht-kühle Einsamkeit der baumlosen Hochflächen. Noch ein Stückchen weiter beginnt das unergründlich wilde Grün des Nordens. Von hier kommt der Kraftspender für die Schönheit Madeiras: Die Regenwolken des Atlantiks bleiben an der zentralen Bergkette hängen und schütten sich aus, fast jeden Tag. Dann hängt die Feuchtigkeit als satter Nebel über der dichten Vegetation. Der Süden ist trocken, die wenigen Regenschauer gleichen einem Tropfen auf einem heißen Stein.

»Madeira« heißt auf Portugiesisch »Holz«. Doch mit der Besiedelung begann das Abholzen für die Zuckerrohrplantagen, besonders im Süden, und seit vielen Jahrhunderten muss das Wasser in befestigten Kanälen ins »andere« Madeira geleitet werden. Ohne die Levadas würde es keine Blumeninsel im Atlantik geben.

Ein schwimmender Garten

Es waren die Engländer und ihre Liebe zu exotischen Pflanzen und Bäumen, die Madeira in einen »schwimmenden Garten im Atlantik« verwandelten. In den weitläufigen Parks ihrer Herrenhäuser, den Quintas, kultivierten sie die Souvenirs aus den Kolonien, denn in der vulkanischen Erde gediehen subtropische und oftmals tropische Pflanzen oft besser als in ihrer Heimat. Selbst in einer Höhe von 500 Metern, wo sonst Exoten aus feuchtheißen Ländern kaum wachsen, wie in Blandy’s Garden oberhalb von Funchal, blühen sie quasi um die Wette.

Was bei uns nur im Blumentopf überlebt, wuchert in Madeira zu meterhohen Sträuchern. Wie der Weihnachtsstern aus Mexiko, der Hibiskus aus Asien und die elegante Calla. Da betört der süße Duft der elfenbeinfarbenen Frangipaniblüten und fasziniert das Blumenkunstwerk einer Protea aus Südafrika. Staunend steht man vor prächtigen Rhododendronhecken, Azaleenbüschen und Magnolienbäumen. Auch die lilafarbenen Kaplilien und die Hortensien sind Gäste auf Madeira, angeführt von der Strelitzie, dem blumigen Aushängeschild der Insel, die aus Südafrika stammt.

Endemische Pflanzen

Bei einer solchen Fülle bleibt die endemische Pflanzenwelt fast auf der Strecke, dazu gehören der blau blühende Natternkopf, der rotlilafarbene Madeira-Storchschnabel und die seltene Goldmusschie mit ihren gelben Blüten, die ausschließlich auf Madeira gedeiht. Ein Opfer menschlicher Ausbeutung wurde der Drachenbaum, der heute nurmehr als Einzelexemplar in privaten Parks oder botanischen Gärten zu bestaunen ist. Sein Lebenssaft, das Drachenblut, war als Farbstoff für Stoffe hoch begehrt, und von dem gierigen Aderlass konnte sich der Baum nicht mehr erholen.

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Ein schöner Papagei ist ein Blickfänger in den Anlagen der Quinta von Palmeiras Gardens.

Der Lorbeerwald

Madeiras 1500 Hektar großer Lorbeerwald gehört seit 1999 zum UNESCO-Weltnaturerbe. Einst über die ganze Insel verbreitet, beschränkt er sich heute auf die unzugänglichen Täler an der Nordküste. Er steht in einer Höhe zwischen 400 und 1300 Metern, und seine Wurzeln halten den Boden fest. Von den festen, wachsartigen Blättern tropft das Wasser und versickert im Gestein, um irgendwo als Quelle wieder zum Vorschein zu kommen.

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Die Quinta Splendida in Caniço ist bekannt für ihren schönen Park.

Um Ackerland und Siedlungsgrund zu gewinnen, wurde der Wald im Süden durch Brandrodung fast vernichtet. In den Bergen wurde das Holz zum Heizen verwendet und der Wald stark dezimiert. Die starken Stämme des Stinklorbeers hatte man für den Schiffsbau gefällt, und aus Madeira-Mahagoni wurden Möbel und Zuckerkisten gefertigt.

Heute sieht man große Bäume nur noch an steilen Abhängen im Norden. Wie Unkraut haben sich Akazien und Eukalyptus aus Australien ausgebreitet, denn sie wurden in den Jahren 1950 bis 1970 als schnell schlagbares Holz gepflanzt. Unter dem Eukalyptus gefällt es keiner Pflanze, auch jenen aus Madeira nicht. Mit jedem starken Regenguss schwemmt es die Erde noch ein bisschen mehr ab. Nun sollen Erikasträucher die lädierte Waldlandschaft retten. »Erika kann die Wolken melken«, heißt es in Madeira, denn aus den Nebelschwaden im Bergland ziehen sie die Feuchtigkeit heraus und geben sie an den Boden ab.

Der Wald blüht

Im April blühen Riesenhahnenfuß und Madeira-Storchschnabel, während das Madeira-Knabenkraut im Juni und Juli besonders eindrucksvoll in der Region rund um Ribeiro Frio zu bewundern ist. Von August bis Oktober zeigt sich der folhado, ein Baum mit maiglöckchenartigen Blüten. Diese endemischen Pflanzen kann man auch in den botanischen Gärten rund um Funchal sehen, ansonsten bei den Levadawanderungen rund um Boca Encumeada, Ribeiro Frio und auf dem Weg zum Wasserfall do Risco.

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Farne stehen in Massen am Levadaweg zu den 25 Fontes (»See der 25 Quellen«) in Rabaçal.

Die Quintas

Quintas sind Herrenhäuser inmitten eines großen Anwesens, die der feinen Gesellschaft seit Mitte des 19. Jahrhunderts als Wohnung dienten, als Madeira beim europäischen Hochadel in Mode kam. Im Winter wurden sie gerne an die vermögende Klientel vermietet.

Damals hatte sich das angenehme Klima herumgesprochen, und Madeira wurde zu einem Zufluchtsort der kränklichen Ableger europäischer Königs- und Adelshäuser. »Ein Boskett von dreißig Metern Kamelienbäumen, und in jeder Steinritze wächst ein Kaktus«, schrieb ein Adjutant der österreichischen Kaiserin Sisi im Jahr 1860 an den Wiener Hof. Während des ersten Aufenthalts wohnte Kaiserin Sisi auf der Quinta Vigia, auf dem Gelände des heutigen Amtssitzes des Präsidenten von Madeira. Eine große Zahl dieser noblen Häuser inmitten traumhafter Gärten findet man rund um die Hauptstadt Funchal. Die meisten von ihnen wurden zu Hotels umgebaut und bieten einen großartigen Einblick in das einstige Leben der wohlhabenden madeirischen Gesellschaft.

Legendäre Levadas

Ohne eine Levadawanderung hat man Madeira nicht wirklich erlebt. Viele kommen nur auf die Insel wegen der grenzenlosen Möglichkeiten, an diesen alten Wasserwegen zu wandern. Neben den deutschen und österreichischen Touristen haben auch viele Spanier, Portugiesen und selbst die Madeirer die Wege für sich entdeckt.

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Goldgelber Sand am fast neun Kilometer langen Strand von Porto Santo

Planung und Bau der einen halben Meter tiefen Kanäle waren eine technische Meisterleistung portugiesischer Ingenieure. Man vermutet, dass die Kenntnisse aus arabischen Quellen oder dem Wissen über sehr viel ältere Anlagen in China rührten. Auch die Römer bauten solche Anlagen in Süddeutschland und Südtirol. Bald nach der Besiedelung begann man im 15. Jahrhundert mit den ersten Levadas, denn das begehrte Zuckerrohr konnte nur mit sehr viel Wasser gedeihen.

Oftmals sind diese Kanäle in schwindelerregender Höhe in die Felsen gestemmt worden, was sicher zahllose Menschenleben kostete. Bis weit ins 20. Jahrhundert hinein wurden Levadas angelegt; die letzte, die Levada dos Tornos, stammt aus den 1970er-Jahren. Lebenswichtig ist die Überprüfung dieser Wasserstraßen, und noch heute wird das Kanalsystem von Levadeiros zu Fuß abgelaufen. Daher wurden immer Wege neben dem Kanal angelegt, um eine effiziente Überwachung zu ermöglichen. Für einen Einblick ist die Wanderung zu den Wasserfällen do Risco zu empfehlen. Noch im Dunstkreis von Funchal liegt die Levada dos Tornos – und der Weg führt von den Gärten der Casa Velha do Palheiro zu dem Ausflugsort Monte.

Strände aus Vulkangestein

Fehlende Sandstrände waren immer das große Manko der Insel, die von Badetouristen deshalb gemieden wurde. Das Gros der Urlauber hatte sich auf die Balearen oder Kanaren eingeschworen, Madeira spielte eine Nebenrolle, war eben die Wander- und Blumeninsel. Das bleibt sie auch, denn die vulkanischen Strände sind nun mal grobsteinig und leuchten nicht weiß, sondern schwarz.

Um allen gerecht zu werden, legte man bei Calheta im Südwesten einen künstlichen Sandstrand an. Der Sand stammt aus Marokko und muss beinahe jedes Jahr erneuert werden, denn die Wellen des Atlantiks holen die feinen Körner ins Meer zurück. An der beliebten Südküste hat jedes Hotel großzügige Poollandschaften, um diesen Mangel aufzuwiegen. Dies ist auch wunderschön für Familien. Die Badefreaks gehen auf die Nachbarinsel Porto Santo: Dort gibt es goldgelben Sandstrand und ein sanftes Meer, so weit das Auge reicht.

Fluch und Segen

»Madeira hat alles, aber nicht genug«, heißt es. Nur ein Drittel der Insel ist kultivierbar. Oft müssen sich die Bauern mit Hacke und Erntekorb abseilen, um zu ihren Feldern zu gelangen. Die große Fruchtbarkeit ist Segen und Fluch zugleich, denn hier leben zu viele Menschen. Alles, außer Bananen, muss importiert werden. Selbst der Atlantik kann die Leute nicht mehr ernähren, die Netze der Fischer sind oft leer. Seit der Mitte des 19. Jahrhunderts ist der Fremdenverkehr die wichtigste Einnahmequelle.

Im letzten Jahrzehnt ist der Einfluss der Europäischen Union unübersehbar. Gut fünfzig Prozent aller großen Investitionen wurden von Brüssel bezahlt, dazu gehört die Autobahn, die Funchal mit Ribeira Brava und Santa Cruz im Süden verbindet. Wie eine Betonschlange windet sie sich durch die bergige Insel, ein imposantes Bauwerk mit gewaltigen Brücken. Es wurden unendlich viele Tunnels gebaut, sodass die alten Straßen als Panoramarouten ausgezeichnet werden, denn die Landschaft von Madeira ist eigentlich zu schön, um dauerhaft im Dunkeln zu fahren.

Edle Exporte

Bananen, Stickereien und Korbwaren gehören zu den Exportartikeln der Insel. Doch die Konkurrenz auf dem europäischen Markt ist hart. In den Obstläden des Kontinents hängen die Bananen aus Mittelamerika, da hatte die empfindliche kleine Inselbanane wenig Chancen. Dabei schmeckt sie einfach hinreißend. Durch neue Züchtungen sind die Früchte nun größer geworden, sodass sie wieder eine Chance gegen die Dollarbanane haben. Die Korbwaren und Stickereien jedoch, die ausschließlich in Handarbeit gefertigt werden, stehen gegenüber den Angeboten aus Asien auf verlorenem Posten.

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In der Markthalle des Mercado dos Lavradores herrscht immer viel Trubel.

Der Madeirawein

Bleibt noch der Imageträger Nummer eins, der Madeirawein. Seit dem 18. Jahrhundert gehört eine Karaffe von Malmsey oder Verdelho zum gepflegten englischen Haushalt. Die Deutschen sind inzwischen zum drittgrößten Abnehmer hinter England und Frankreich geworden. Heute wird ein Großteil des Madeiras aus einer einzigen Traube gekeltert, der tinta negra mole, die der traditionellen Sorte sehr nahekommt und aus der sich alle vier Hauptweine keltern lassen. Sie kann ihren Charakter je nach Bodenbeschaffenheit, Meereshöhe und Klima verändern. Dieselbe Rebsorte, die im kühlen Norden den hellen Sercial hervorbringt, erzeugt im heißen Süden den schweren dunklen Malmsey. Die Führungen lokaler Weinhändler wie Madeira Wine Company oder Henriques & Henriques sind sehr beliebt. Bei der abschließenden Verkostung wird so manche Flasche in ein elegantes Holzkästchen gepackt und als Souvenir für die heimatliche Bar mitgenommen.

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Auf Madeira werden die Weintrauben meist mit der Hand gelesen.

Geschichte und Kultur

Lange vor der Ankunft der Portugiesen war der Madeira-Archipel auf Landkarten verzeichnet. Die sogenannte Medici-Karte von 1351 zeigt drei Inseln, die der afrikanischen Küste vorgelagert sind. Ihre Namen lauten Porto Séo, Deserta und Isola de Lolegname. Der römische Gelehrte Plinius der Ältere erwähnte sie in seiner Naturgeschichte als »Purpurinseln«, ein Hinweis auf den begehrten roten Farbstoff, der aus dem Saft des madeirenischen Drachenbaums gewonnen wird.

Der Beginn

Völlig isoliert, 500 Kilometer vom afrikanischen Kontinent und 1000 Kilometer vom portugiesischen Mutterland entfernt, liegt Madeira im Atlantischen Ozean. Hinzu kommt, dass der wetterlaunische Golf von Biskaya durchquert werden muss. Henry Nelson Coleridge schrieb 1825: »Plane deine Reise im Januar oder Februar. Wenn der Wind aus Südwest so richtig bläst, wird man eines der ungemütlichsten Dinge dieser Welt erleben. Mein Orkan dauerte von Sonntag bis Mittwochabend, vielleicht etwas zu lang für ein Vergnügen. Dann legte sich der Wind, das Meer wurde still, die Sonne strahlte vom wolkenlosen Himmel – es war der letzte Tag des Jahres, wir passierten Porto Santo und in Dunst gehüllt tauchte Madeira vor uns auf.«

Eher uninteressant

Der Archipel von Madeira mit dem sandigen Porto Santo und den unbewohnbaren Ilhas Desertas und Selvagens gehörten nie zu den Sehnsüchten der kühnen Seefahrer. Obwohl schon 1351 auf einer florentinischen Karte als »Isola di Lolegname« vermerkt und wahrscheinlich bereits den Phöniziern bekannt, wurde Madeira erst ab 1425 besiedelt. Ihre strategische Lage, die Nähe zum afrikanischen Kontinent, machte die Insel zu einem idealen Ausgangspunkt für die Erkundung unbekannter Regionen. Es war das Zeitalter der Entdeckungen – und das bedeutete oftmals hektische Wettfahrten zu den weißen Flecken auf der Landkarte und die gierige Suche nach Gold, Gewürzen und Sklaven. Auf der Praça do Infante in Funchal steht die Bronzestatue von Heinrich dem Seefahrer (1394–1460). Seine Leidenschaft galt den unbekannten Meeren. Portugal war im Pionierrausch, nachdem Heinrich der Seefahrer 1419 die gefürchtete marokkanische Hafenfestung Ceuta eroberte und die westafrikanische Küste ihren Schrecken verlor. Eher durch Zufall landeten die Portugiesen im Archipel von Madeira, ein schwerer Sturm hatte das Schiff vor eine Küste getrieben.

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Die »Santa Maria« ist ein Nachbau der Kolumbus-Karavelle.

Die Entdeckung Madeiras

Plötzlich legte sich das Unwetter und Land war in Sicht. »Oh Porto Santo!«, soll man gerufen haben, und diesen Namen hat die Insel behalten. Ein Jahr später wurde das menschenleere Madeira in Besitz genommen, und João Gonçalves Zarco notierte in sein Bordbuch: »unbewohnt und von dichtem Wald besetzt«. Wie damals üblich, verlieh man den erfolgreichen Kapitänen sogenannte Legate. Als Vertreter Heinrichs des Seefahrers mussten sie sich um die wirtschaftliche Entwicklung der anvertrauten Region kümmern und Tribute an das Königshaus leisten. Madeira wurde aufgeteilt: 1440 geriet der östliche Teil mit Machico unter die Obhut von Tristão Vaz Teixeira, vier Jahre später regierte Bartholomeu Perestrelo auf der Nachbarinsel Porto Santo, und 1450 bekam João Gonçalves Zarco den Westen mit der Stadt Funchal.

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Viele tropische Früchte sind auf dem Mercado dos Lavradores in Funchal zu sehen.

Eine wirtschaftliche Entwicklung bedeutete die radikale Ausbeutung. Die Wälder wurden niedergebrannt und Heinrich der Seefahrer ließ Zuckerrohrsetzlinge aus Sizilien und Malvasiareben aus Kreta pflanzen. Mit der Thronbesteigung von Manuel I. (1469–1521) endete die Zweiteilung Madeiras, er gliederte den Archipel in sein Königreich ein und erklärte Funchal zur alleinigen Hauptstadt. Fünf Zuckerhüte im Stadtwappen zeugen von der wirtschaftlichen Macht des Zuckers, des weißen Goldes.

Reichtum und Überfluss

Die knapp 600-jährige Geschichte beginnt mit Reichtum und Überfluss, mit Wein und Zuckerrohr. So schrieb der venezianische Seefahrer Cada Mosto um 1445: »Die Weine kann man nur empfehlen, die Weinstöcke tragen mehr Trauben als Blätter. Man gewinnt dort ausgezeichneten Zucker«. Im 15. Jahrhundert war Zucker äußerst kostbar – und schon 1426, ein Jahr nach der Besiedelung, standen die ersten Zuckerrohrfelder auf dem Gelände der heutigen Kathedrale in Funchal. Durch das »weiße Gold« erlebte Madeira eine steile wirtschaftliche Entwicklung. Viele wollten am Erfolg teilhaben, auch der legendäre Christoph Kolumbus ließ sich wegen der lukrativen Geschäfte nach Madeira locken. In Funchal wuchsen die Handelshäuser der Engländer und Flandern wie Pilze aus dem Boden. Dort, wo in jenen Zeiten die Geschäfte prosperierten, waren die Geschäftsleute aus Flandern zu finden. Darunter der weltoffene João Esmeraldo. Mitte des 15. Jahrhunderts wurde er in Madeira heimisch, ließ seinen Namen ins Portugiesische übertragen und brachte flämische Gemälde auf die Insel. Den Zucker tauschte man gegen teure Kunst, und die Privatkapelle in João Esmeraldos Haus war mit flämischen Ölbildern ausgestattet. Heute hängen seine Kunstwerke im Museum für sakrale Kunst in Funchal.

Damals arbeiteten Tausende von maurischen Sklaven aus den eroberten Gebieten Afrikas auf Madeiras Feldern. Das Schneiden der derben Stängel kurz vor dem Boden, das Herauspressen des Zuckers zunächst mit der Hand und später, Ende des 15. Jahrhunderts, mithilfe der Wassermühlen war eine Schinderei. Der Süden Madeiras, einst bedeckt mit Lorbeerwäldern, wurde in Zuckerrohrfelder verwandelt. Wegen der wesentlich höheren Rendite vernachlässigte man den Anbau von Getreide – und 1478 brach die erste Hungersnot aus.

1500 wurde Brasilien zu einer portugiesischen Kolonie, und mit dem Anbau des Zuckerrohrs auf den riesigen Plantagen Südamerikas verlor sich das Interesse an Madeira. Durch die Monokultur war die einst fruchtbare Erde ausgelaugt, und es dauerte Jahrzehnte, bis der Boden wieder Ernten brachte. Heute dient das einstige weiße Gold zur Herstellung des einheimischen Zuckerrohrschnapses Aguardente.

Piraten und Engländer

Der immense Reichtum der Insel lockte zahllose Piratenschiffe an, und ihre grausamen Überfälle brachten viele Tote und geplünderte Häuser. Daraufhin erhielten die kleinen Städte der Südküste Befestigungsanlagen. Noch heute haben die dunkelgelben Mauern von São Lourenço und São Tiagro in Funchal oder Forte do Amparo in Machico nichts von ihrer bedrohlichen Ausstrahlung verloren. 1668 erhielt Portugal seine Unabhängigkeit. Die Kämpfe für die Freiheit wurden mit englischem Geld bezahlt, was den Engländern viele Handelsprivilegien verschaffte. Die Allianz der beiden Länder wurde noch enger, als König Charles II. die portugiesische Adelige Katharina von Braganza heiratete. Mit Vorliebe ließen sich Kaufleute auf Madeira nieder und brachten den gesamten Weinhandel unter Kontrolle. In den Napoleonischen Kriegen besetzten englische Soldaten 1801 die Insel, und mit dem Einmarsch des französischen Kaisers in Portugal 1807 blieben die Ausländer sieben Jahre lang. Wenige Jahre später kam Napoleon wieder, als sein Schiff auf dem Weg in die Verbannung nach St. Helena 1815 vor Funchal ankerte.

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Der eindrucksvolle Fasskeller in der Old Blandy Wine Lodge

Weinkrise und Diktatur

1852 wurden der Mehltau und zwanzig Jahre später die Reblaus aus Amerika eingeschleppt. Das Weingeschäft war ruiniert und viele Engländer verließen die Insel. Hunger und Armut trieben die Madeirer in Scharen in die Emigration. 1910 war die Monarchie in Portugal am Ende. Es folgte eine Zeit der Revolten und Anarchie, die in der 35-jährigen Diktatur des António de Oliveira Salazar endete. Anfangs wehrte sich Madeira gegen die Regierung seines »Estado Novo«, doch die Unruhen wurden gewaltsam niedergeschlagen. Erst die Kolonialkriege in Angola und Mozambique machten den Weg frei für eine demokratische Verfassung – die sogenannte »Nelkenrevolution«.

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Auf den wunderschönen Azulejos werden Geschichten des Alltags erzählt.

Autonomie für Madeira

Auf Madeira durften Großgrundbesitzer, Hoteliers und Unternehmer – anders als im Mutterland – ihren Besitz behalten. Seit 1976 besitzt es eine weitgehende Autonomie, und an der Regierungsspitze stand bis 2015 der charismatische Dr. Alberto João. Er war als Sieger aus den ersten Wahlen hervorgegangen Seit 2015 ist der Rechtsanwalt und Schriftsteller Miguel Albuquerque im Amt. Mit der Aufnahme Portugals in die EU (1986) fließen Gelder auf die Insel, mit deren Hilfe Straßen und Kraftwerke gebaut werden.

Britisches Erbe

Die Geschichte Madeiras ist ohne England nicht denkbar. Zuerst verdienten sie am Zuckerrohr, dann am Wein und dem Tourismus. Ohne die englischen Kaufleute wäre die Entwicklung von Madeira ganz anders verlaufen. Doch in den letzten Jahren bestimmen immer mehr Madeirer das ökonomische Geschick ihrer Heimat. Hinter den Namen Pestana, Berardo, Monteiro stehen erfolgreiche Hotels, Quintas und Industriebeteiligungen.

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Nachts ist der eindrucksvoll beleuchtete Eingang des Casino da Madeira in Funchal ein Hingucker.

Manuelismus

Der Manuelismus, eine Spätform der Gotik, verziert mit seinen nautischen Motiven wie Meerestieren, Ankern, Netzen und Wappen zahllose Portale und Fassaden auf Madeira. Man nennt ihn auch Entdeckerstil. Mit der Epoche von Manuel I. (1469–1521) erlebte Portugal einen bisher einmaligen Höhepunkt wirtschaftlicher und kultureller Entwicklung. In eine strenge Geometrie fügten die maurischen Künstler die verspielten Formen orientalisch-indischer Figuren hinzu. Das schönste Beispiel manuelinischer Baukunst dürften die Fensterrahmen im Garten des Museums der Quinta das Cruzes sein. Ansonsten findet man nur Fragmente an Portalen oder Fassaden wie am Alten Zollhaus Alfândega Velha und an der Kathedrale in Funchal. Mit der Epoche des portugiesischen Barocks im 18. Jahrhundert verschwanden die manuelinischen Formen.

Azulejos

Mit den Mauren kamen die Azulejos nach Spanien, und der kunstsinnige König Manuel I. holte die schmucken Kacheln Ende des 15. Jahrhunderts nach Portugal. Damals waren sie noch in den strengen geometrischen Formen des Mudejarstils gestaltet, erst mit der Barockzeit bekamen sie die verspielten, blumigen Ornamente. Ganze Wände voller Fliesengemälde entstanden. Fast jede Kirche in Madeira besitzt Azulejos an den Wänden und auf den Glockentürmen wie der Kathedrale von Funchal oder der Pfarrkirche von Ribeira Brava. Die schönsten und ältesten Azulejos in Madeira, die seltenen grünen aus Arabien, liegen im Refektorium des Klosters Santa Clara in Funchal. Inzwischen erfährt die Kunst der Azulejos eine Renaissance: Was heute die Hauswände schmückt, wurde meist um die Jahrhundertwende und bis hinein in die 1940er-Jahre hergestellt.

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Holzschnitzereien in der Kathedrale Sé in Funchal

Die Musik

Eigentlich gehört der Fado zu Lissabon, aber dieser Gesang voller Wehmut und Traurigkeit hat seinen Weg bis nach Madeira gefunden. Besser passt die einheimische Folklore des Minho zur Mentalität der Madeirer. Aus den Melodien aus Nordportugal, vermischt mit arabischen Einflüssen, entstand ein rhythmischer, oft schneller Tanz. Meist werden Szenen aus der einstigen Arbeitswelt imitiert, wie die Bewegung angeketteter Sklaven oder das Auspressen von Weintrauben. Die Tänzer treten in ihrer traditionellen Tracht auf, in einem weißen oder braunen Anzug mit roter Schärpe in der Taille. Dazu gehört die blaue Kappe mit einem Bommel oder eine Strickmütze mit Ohrenklappen. Die Frauen tragen rote Röcke und weiße Blusen, oft kombiniert mit einem großen Tuch über den Schultern. Die Füße stecken in kurzen hellbraunen Lederstiefeln, die auch im Alltag getragen werden. Während die schnellen Rhythmen und Melodien auf die Einwohner aus Portugal zurückgehen, werden die langsamen Tänze dem Einfluss der afrikanischen Sklaven zugeschrieben. In vielen Restaurants mit einheimischer Küche gehören die Folkloregruppen zum Unterhaltungsprogramm.

Internationale Mischung

Unter den zahlreichen Besuchern sind viele Familien mit Kindern, die die Sommerferien am Meer genießen. Besonders die Festlandportugiesen haben Madeira entdeckt und die Insel mit Ferienwohnungen übersät. In den 1950er- und 1060er-Jahren mussten viele Madeirer ihre Heimat verlassen, da es keine Arbeit gab. Nun sind viele als Ruheständler zurückgekehrt, haben sich ein Haus gebaut und genießen das Leben. Der Ort Caniço de Baixo an der Südküste ist eine Hochburg der Deutschen, während die Engländer gerne in Funchal bleiben.

Steckbrief Madeira

Lage: Der Archipel von Madeira liegt ungefähr 450 km von den Kanarischen Inseln, 500 km von Afrika und 900 km vom portugiesischen Festland entfernt mitten im Atlantik.

Fläche: Madeira hat eine Fläche von 794 km2, einschließlich Porto Santo.

Hauptstadt: Funchal

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Amtssprache: Portugiesisch

Herkunft des Namens: Der Name Madeira bedeutet auf Portugiesisch »Holz« und beweist, dass die Insel vor ihrer Entdeckung vollständig bewaldet war.

Einwohner: 255 650 Menschen leben auf Madeira, ca. 5500 davon auf Porto Santo.

Währung: Euro

Zeitzone: Westeuropäische Zeit WEZ. Die Uhr ist im Sommer wie im Winter eine Stunde gegenüber Mitteleuropa (MEZ) zurückzustellen.

Geografie: Der Archipel besteht aus der Hauptinsel Madeira und der Badeinsel Porto Santo 50 km in nordöstlicher Richtung, dazu die unbewohnten Ilhas Desertas und die Ilhas Selvagens.

Das Zentrum Madeiras bestimmen schroffe vulkanische Felsen, die höchste Erhebung ist der Pico Ruivo mit 1861 m Höhe. Der Norden der Insel ist sehr regenreich und wesentlich kühler als der sonnige und trockene Süden. Ganz anders zeigt sich Porto Santo mit seinem 8 km langen goldgelben Sandstrand.

Staat und Verwaltung: Seit 1976 besitzt der Archipel Madeira einen Sonderstatus innerhalb Portugals mit Rechten der Selbstverwaltung. Gewählt wird eine Regionalversammlung mit 59 Abgeordneten. Die Regierung besteht aus dem Präsidenten, einem Vizepräsidenten und sechs Regionalsekretären. Funchal ist Sitz der Regionalversammlung.

Wirtschaft und Tourismus: Früher waren es nur der Madeirawein und die Bananen, die ausschließlich nach Portugal geliefert wurden und werden. Dazu kommen die Blumen wie Strelitzien, Proteas, Anthurien und Orchideen. Heute ist es primär der Tourismus, der die Staatskasse füllt. Rund 8,4 Millionen Gäste haben Madeira im Jahr 2017 besucht. Auf der Hauptinsel stehen 30 120 Betten zur Verfügung, und rund 1800 auf Porto Santo. Die Regierung setzt auf Qualitätstourismus, die wichtigsten Ferienorte sind die Hauptstadt Funchal und Caniço.

Religion: 94 % der Bevölkerung sind Katholiken.

Bevölkerung: Die Hälfte der Bevölkerung lebt in der Hauptstadt Funchal wegen der besseren Arbeitsmöglichkeiten. Aber immer noch wandern viele junge Menschen aus, um auf dem Festland und im übrigen Westeuropa einen Job zu finden.

Geschichte im Überblick

Um 1351zeigt eine Seekarte der Medici die Inseln des Madeira-Archipels. Allerdings nimmt man an, dass die Inseln schon den Phöniziern bekannt waren.

Um 1418–1420werden die Inseln im Auftrag Heinrichs des Seefahrers von João Gonçalves Zarco und Tristão Vaz Teixeira in Besitz genommen und mit Portugiesen aus dem Alentejo-Gebiet besiedelt.

1479–1482lebt Christoph Kolumbus auf Porto Santo und Madeira.

1497wird Madeira unter Manuel I. dem Königreich Portugal einverleibt und Funchal wird alleinige Hauptstadt.

1508verleiht Manuel I. Funchal ein Wappen mit fünf Zuckerhüten, Ausdruck von Ansehen und Reichtum der Stadt.

1513nehmen die Piratenangriffe zu. Manuel I. befiehlt den Bau der Festung São Lourenço, um die Schiffe mit dem Zucker besser schützen zu können.

1566kommt es zur Plünderung durch die Korsaren unter Leitung von Bertrand de Montluc. Die Blütezeit des Zuckers in Madeira geht zu Ende, verdrängt durch die Konkurrenz aus Amerika.

1580stirbt Heinrich II. von Portugal ohne Nachfolger und Philipp II. von Spanien bemächtigt sich des Nachbarn.

1588wird die spanische Armada vernichtend geschlagen, und es mehren sich wieder die Angriffe englischer Piraten.

1620plündert der Pirat John Ward im Auftrag des Bey von Tunis die Pfründe der Stadt Funchal und verschleppt 1200 Menschen in die Sklaverei.

1640befreit sich Portugal von der spanischen Herrschaft. Der Unabhängigkeitskrieg wird mit englischem Geld geführt, was den britischen Kaufleuten zukünftig sehr viele Rechte einräumt.

1703wird mit der englischen Kriegserklärung an Frankreich und einem Weinembargo auch der Austausch von englischen Textilien gegen portugiesischen Wein per Vertrag geregelt. Englische Handelshäuser bestimmen den Weinhandel und der Export von Madeirawein gewinnt an Bedeutung.

1760müssen die Jesuiten Madeira verlassen, nachdem sie dort zwei Jahrhunderte in Seelsorge und Lehre tätig waren.

1801besetzen englische Soldaten die Insel, um einen weiteren Stützpunkt im Atlantik für ihren Krieg gegen Frankreich zu haben.

1807werden nach dem Einmarsch Napoleons in Portugal erneut britische Truppen auf Madeira stationiert. Vermehrt lassen sich nun Engländer auf Madeira nieder.

1828ergreift Prinz Miguel nach der Ermordung von João VI. die Macht in Portugal. Madeira unterstützt mit englischer Hilfe den rechtmäßigen Thronfolger Pedro.

1834vernichtet der aus Amerika eingeschleppte Mehltau den größten Teil der Weinernte auf Madeira.

1872kommt der zweite Schicksalsschlag für die Weintrauben durch die ebenfalls aus Amerika eingeführte Reblaus. Der Weinhandel gerät in eine Krise.

1891wird das weltberühmte Hotel Belmond Reid’s Palace eröffnet. Für die Reichen und Adligen ist es Mode geworden, den Winter auf Madeira zu verbringen.

1910ist die portugiesische Monarchie zu Ende, zahlreiche Revolten erschüttern das Land.

1926ergreift das Militär die Macht in Portugal, und António Oliveira de Salazar wird Finanzminister.

1933errichtet Salazar als Premierminister eine Diktatur und bleibt bis 1968 uneingeschränkter Herrscher über Portugal.

1964wird der Flughafen auf Madeira eröffnet, der Tourismus erfährt einen beachtlichen Aufschwung.

1974beendet die unblutige »Nelkenrevolution« die Diktatur in Portugal und die Demokratie stabilisiert sich.

1976wird Madeira eine autonome Region und bekommt weitgehende Selbstverwaltungsrechte. Die Partei der Sozialdemokraten erhält erstmals die Mehrheit und regiert bis heute.

1986gelingt Portugal die Aufnahme in die Europäische Union, die Subventionen bringen einen wirtschaftlichen Aufschwung.

2000wird die Landebahn des Flughafens Santa Catarina auf 3000 Meter verlängert, Autobahn und Schnellstraßen öffnen dem Tourismus neue Möglichkeiten.

2007/2008wird das Silvesterfeuerwerk von Funchal in das Guinnessbuch der Rekorde aufgenommen.

2010wird gegen den Protest der Bevölkerung mit dem Bau einer NATO-Radarstation auf dem Pico do Arieiro begonnen.

2015wird Madeira erstmals mit den World Travel Awards zur besten Inseldestination der Welt ausgezeichnet. Miguel Albuquerque gewinnt die Regionalwahlen von Madeira und löst Alberto João Jardim als Präsidenten ab.

2016wüten verheerende Waldbrände auf Madeira. Teile von Funchal werden evakuiert, das Fünf-Sterne-Resort Choupana Hills brennt komplett nieder.

2017wird der Flughafen von Madeira in Aeroporto de Cristiano Ronaldo umgetauft.

2018wandern Zehntausende Menschen aus Venezuela in Madeira ein, sie machen nun etwa vier Prozent der Inselbevölkerung aus.

DIE STADT FUNCHAL

1Funchal – der Hafen

2Funchal – das Zentrum

3Funchal – Prachtstraßen

4Funchal – die Altstadt

5Funchal – Mercado dos Lavradores

6Funchal – Museumstour

7Funchal – Madeira Wine Company

8Funchal – Hotel Belmond Reid’s Palace

9Funchal – Wassersport

10Essen in Funchal

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Funchal liegt an der Südküste von Madeira.

1 Funchal – der Hafen

Zur Einstimmung

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Auch in Funchal gehört der Hafen zum pulsierenden Herzen, spürt man hier doch am meisten das Sein oder Nichtsein von wirtschaftlicher Prosperität und gesellschaftlicher Attraktivität. Der Geruch des Meeres, das Kommen und Gehen der Schiffe lassen vielen Gedanken freien Lauf. Besonders am frühen Abend ist die Uferpromenade ein höchst beliebter Treffpunkt für Besucher und Einheimische.

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Blick über die Hauptstadt Madeiras