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Joana Angelides

Gesammelte Satiren

Sammelband





BookRix GmbH & Co. KG
81371 München

LEBENSNAHE SATIREN

 Der erfolgreich verhinderte Kauf eines Kleides.

 

Sind sie schon einmal von einem Verkäufer oder einer Verkäuferin mit kalten, uninteressierten Augen im Kaufhaus stehen lassen worden? Haben sie schon einmal diesen flehentlichen, suchenden Blick durch die endlosen Reihen von Kleiderständern geschickt?

Ja? Na dann wissen sie, wie man sich in dieser Situation fühlt.

 

Ich startete gleich frühmorgens, mit wohl gefüllter Brieftasche selbstverständlich, um mir ein Kleid zu kaufen.

Also, ich hatte eine klare Vorstellung, was ich wollte. Ein dezentes, aber doch den Durchschnitt überragendes Kleidungsstück, das man sowohl vormittags auch als nachmittags tragen konnte. Es sollte in gedämpfter, aber nicht langweilig wirkender Farbe gehalten sein und mich natürlich schlank machen.

Gleich im ersten Kaufhaus spürte ich, hier werde ich es finden, dieses Traumkleid. Angenehme Musik umfing mich, als ich es betrat. Nachträglich überdacht, diente diese Musik wahrscheinlich zur Beruhigung der Nerven. Eine glänzende Rolltreppe führte in den ersten Stock, wo wie unten angekündigt, die Damenabteilung ist.

 

Die gesamte Etage war mit Kleiderständern kreuz und quer angefüllt. Wo war nun eine Verkäuferin, der ich meine Wünsche übermitteln konnte. Es war keine zu sehen. Ich räuspere mich. Noch immer nichts. Oh, da hinter dem Vorhang der Anprobierkabine bewegt sich was. Ich starte darauf los und räuspere mich davor. Da öffnete sich ein kleiner Spalt und ein nackter Arm reicht mir ein Kleid entgegen. Um zu verhindern, dass es zu Boden fällt, nahm ich es und hielt es fest.

 

„Ich brauche eine Nummer größer!“ Sagt eine zu dem nackten Arm gehörende Stimme.

Oh, wo sollte ich nun ein Kleid wie dieses, eine Nummer größer finden? Ich schaute hilflos in den Raum um eine Verkäuferin zu finden. Erfolglos.

Inzwischen ragte der nackte Arm erwartungsvoll noch immer aus dem Vorhang.

Ah, da gegenüber blitzte etwas in dieser Farbe herüber. Aus Mitleid mit diesem nackten Arm ging ich hin und suchte etwas, eine Nummer größer und war erfolgreich. Ich nahm es vom Bügel und reichte es dem nackten Arm. Er verschwand.

 

Nun wandte ich mich einer anderen Reihe von Kleidungsstücken zu und versuchte an Hand der verschiedenen Farben der Kleiderbügel meine Größe herauszufinden.

Es ergab kein System, und ich hielt inzwischen schon drei Kleider in der Hand, die alle nicht meine Größe waren.

„Was machen sie denn da, sie bringen ja alles durcheinander!“ Eine schroffe Stimme drang an mein Ohr und energisch wurden mir die drei Kleidungsstücke aus der Hand genommen. Es war offensichtlich eine Verkäuferin namens Adele, wie auf dem Namensschild zu erkennen war.

„Oh, fein, dass sie da sind, ich hätte gerne...“ Ich wurde grausam unterbrochen.

„Sie müssen einen Moment warten, bis ich die andere Kundin bedient habe! Schauen sie sich inzwischen um!“ Sagte sie und entschwand.

Aus dem Augenwinkel sah ich wieder diesen nackten Arm aus der Kabine hinter mir herausragen, das von mir überreichte Kleidungsstück schwenkend. Ich ignorierte ihn.

Wo war nur diese Verkäuferin?

Bei der letzten Stange fand ich endlich einige Kleider, die jene Farben hatten, die ich mir vorstellte. Doch leider war meine Größe nicht dabei. Ich schaute suchend in den Raum. Wo war Adele?

Zu meiner Freude kam nun aus einer der Reihen von Kleiderständern eine andere Verkäuferin auf mich zu, lächelte mir zu, griff hinter mir zu einem Kleidungsstück und ging weg. Sie verschwand wieder zwischen den Kleiderständern. Womöglich versteckt sie sich? Oder probiert selber eines der Modelle an? Dieser Gedanke kam mir allen Ernstes.

Verzweifelt suchte ich nun weiter. Ich fand drei Kleider in meiner Größe, doch waren sie nicht dezent genug, die aufgenähten Pailletten glänzten in allen Farben. Ich glaube, sie waren weder für vormittags noch für nachmittags geeignet.

Die lächelnde Verkäuferin kam wieder und hängte das entnommene Kleid wieder auf den Ständer.

„Ach bitte, können sie mir helfen, ich suche....“

Sie schüttelte den Kopf und erklärte mir, sie hätte jetzt Pause und ihre Kollegin käme gleich und entschwand, Kaugummi kauend, hinter einer der Türen in der Rückwand der Etage.

Der nackte Arm ragte noch immer aus der Kabine und Mitleid kam in mir auf.

 

„Was brauchen sie denn jetzt?“ Fragte ich, nur um mein Gewissen zu beruhigen.

„Ich hätte das gleiche gerne in Blau.“ Oh, das war schon schwieriger.

Da ich ja sowieso auf eine Verkäuferin warten musste, konnte ich gleich so die Zeit totschlagen.

Ich suchte also das entsprechende Modell, in der entsprechenden Größe in Blau und überreichte es dem nackten Arm. Er ließ das andere Modell einfach fallen und griff nach dem in Blau. Ich ließ es einfach liegen

Meine suchenden Blicke konnten noch immer keine Verkäuferin sehen. Doch kam nun ein sehr seriös wirkendes männliches Wesen auf mich zu. Es trug ein Namensschild. Er musterte mich mit einem sehr ernsten Blick. Ich war gerettet. Endlich jemand, der sich um meine Wünsche kümmern wird.

„Ich hätte gerne...“ Seine unwillige Handbewegung ließ mich verstummen.

„Haben sie diese Dame bedient?“

Ich nickte zwar zögernd, aber wahrheitsgemäß.

„Sie sind entlassen! Melden sie sich im Personalbüro!“ Er bückte sich und hob das am Boden liegende Modell auf und hängte es auf einen Bügel. Dann entfernte er sich eiligen Schrittes. Um den nackten Arm kümmerte er sich nicht. Kollegin kommt gleich.

 

Ich verließ das Kaufhaus. Vielleicht werde ich es Morgen noch einmal versuchen, in einem anderen Kaufhaus.

 

Aufbewahren oder wegschmeißen?

 

Das Haus ist übervoll mit altem Kram, weniger Kunst mehr Krempel und Dingen, die wir nicht mehr verwenden.

Ausmustern und wegwerfen ist die Parole.

 

Der alte Hut, mit dem zerrissenen Schweißband, oder die rote Weste, von der Oma gestrickt, gehören zu jenen Dingen, die wir immer wieder in die Hand nehmen und dann doch wieder weglegen.

 

Man könnte das Schweißband doch....

Die Löcher beim Ellenbogen der roten Weste konnte man ja mit einem Lederherz überkleben......

 

Legen wir beides wieder in den Schrank zurück.

 

Die paar verbogenen Nägel da, in der kleinen Dose nehmen ja fast keinen Platz weg und der Hammer braucht nur einen neuen Stiel.

 

Legen wir wieder in die Werkzeugkiste zurück.

 

Und was ist mit diesem Holzhocker, der nur drei Beine hat? Das Holzbein könnte man doch erneuern, oder den Hocker an die Wand anlehnen. Man muss nur ruhig sitzen und Balance zu halten versuchen.

 

Die Milchkanne ist zwar abgeschlagen, der Griff verbogen, aber irgendwas kann man noch immer drin aufbewahren. Sie ist von Oma und die hat sie von ihrer Mutter.

 

Bleibt in der Speisekammer.

 

Oh, das bunte Sommerkleid! Leider ist es zu eng geworden und auch unmodern. Aber man kann nie wissen, vielleicht wird es wieder modern. Außerdem war es das Kleid, das man beim ersten Kuss trug.

 

Hängen wir wieder in den Schrank zurück.

 

Die zwei Decken mit den ausgefransten Kanten könnte man vielleicht noch retten, die Kanten erneuern. Die paar Mottenlöcher sind unbedeutend. Dann könnte man sie vielleicht noch verwenden. Für den Hund als Schlafplatz vielleicht? Wenn wir einen Hund bekommen.

 

Das Bild dort in der Ecke des Dachbodens hat Flecken und ist schon sehr dunkel. Das hat Onkel Paul einmal am Flohmarkt als wertvoll erstanden. Das Gegenteil hat sich dann herausgestellt. Aber der Rahmen ist schön, man müsste ihn nur restaurieren, die Ecken erneuern und rundum neu vergolden. Aber der Rest ist in Ordnung. Das Bild, naja das erkennt man zwar fast nicht, aber vielleicht kann man es übermalen lassen.

Also stellen wir es wieder hin.

 

Die Schneiderpuppe da hinten hat nach Omas Tod niemand mehr gebraucht. Sie hat eine sehr „ausgeprägte“ Form, großen Busen, ausladende Hüften und einen ausdrucksstarken Po. Der war früher modern und sehr gefragt und musste betont werden.

Aber eigentlich schaut sie noch gut aus, nur hinten haben die Mäuse ein Loch gefressen und ein Nest darin gebaut. Die Mäuse sollte man vertreiben.

 

Oh, da ist ja noch eine alte Truhe, der Deckel ist staubig und knarrt beim Öffnen.

 

Eigentlich sollte man den ganzen Krempel darin wegwerfen. Zwischen alten gestrickten Schals liegen Blütenblätter, ein alter Fächer und die Puppe mit nur einem Arm einem Sprung über das ganze Porzellangesichtchen. Die großen blauen Glasaugen hängen heraus. Aber sonst sieht sie noch gut aus.

 

Und da ist ja auch der Chapeau Claque von Opa! Er ist fleckig geworden und oben hat er ein Loch. Aber wenn man ihn aufhat, sieht das Loch kein Mensch! Wäre schade um ihn, vielleicht kann man ihn reinigen? Zu welchem Anlass man ihn trägt weiß vielleicht Mama.

 

Wird alles wieder in die Truhe zurückgelegt.

 

Oh, und die Schreibmaschine Marke Olivetti! Schwarz mit goldener Schrift. Man kann durch die breite Öffnung vorne die einzelnen Streben sehen, an denen die Buchstaben befestigt sind, die sich beim Anschlagen auf den runden Tasten bewegen und sich am Papier durch das Farbband drücken. Farbbänder werden nur schwer zu bekommen sein! Es fehlen zwar sieben oder acht Buchstaben, aber da könnte man halt dann andere Worte verwenden, wo die fehlenden Buchstaben eben nicht vorkommen. Kann ja nicht so schwer sein. Der Schalthebel ist auch verbogen. Naja neu ist sie nicht mehr, aber.............

 

Man sollte sie abstauben und zudecken.

 

Im Wohnzimmer im Lehnstuhl, diese unbewegliche stumme Puppe, mit dem abgetragenen Hosen und dem karierten Hemd schaut auch nicht mehr sehr taufrisch aus. Wäre das einzige was man eigentlich wegwerfen könnte, nimmt nur Platz weg und ist ein Staubfänger.

 

Geht nicht, stellt sich als Ehemann heraus.

 

Also, trotz großen Bemühungen und intensivem Suchen konnte nichts gefunden werden, das man wegwerfen könnte.

 

 

Die HNST, ( HOFFENTLICH NICHTSCHWIEGERTOCHTER)

 

 

Unabhängig von unserem Sohn, sind wir, mein Mann und ich, auf der Jagd (man kann es ruhig so nennen!) nach einer Schwiegertochter, wie das ja alle Eltern nun einmal sind.

Leider ist diese Spezies in der Ausführung, wie wir sie uns vorstellen, total ausgestorben.

 

Wir haben einige Kriterien, in Form der Zehn Gebote aufgelistet, die sie wünschenswerter Weise erfüllen sollte:

 

Sie soll im Alter zu ihm passen. Nicht zu jung sein, aber natürlich auch nicht zu alt. Das zu definieren ist äußerst schwierig. Dabei muss man klären: Wozu nicht zu jung und wozu nicht zu alt.

Sie soll eine Schönheit sein, um uns dementsprechend hübsche Enkelkinder zu garantieren. Ob sie nun schön ist oder nicht, kann natürlich nur ich beurteilen. Männer gehen da von ganz anderen Kriterien aus.

Sie soll ein nennenswerter finanzieller Hintergrund haben. Mitgift ist ja nicht abgeschafft worden und schließlich bekommt sie ja unseren Sohn.

Sie soll eine gute Hausfrau sein, natürlich so gut kochen wie ich.

Sie soll natürlich auch einen Beruf haben mit dem wir bei unseren Bekannten angeben können.

Sie soll liebenswürdig und natürlich sein. Mir, der Schwiegermutter zu widersprechen ist von vornherein unerwünscht.

Sie soll nicht Kaugummi kauen, wir wollen ja schließlich keine wiederkäuende Kuh in der Familie haben.

Sie soll immer gut angezogen sein, (aber nicht besser als ich), sich die Kleider möglicher Weise selbst nähen. Komm schließlich billiger.

Sie soll die Liste aller von mir anerzogenen Eigenheiten unseres Sohnes, die ich ihr am Tage der Hochzeit übergeben werde, auswendig lernen und berücksichtigen. Sie sollte dafür sorgen, dass mein Sohn sich genauso wohl fühlt, wie bei mir.

Resümee: Sie soll gutaussehend, anpassungsfähig und katholisch sein, natürlich nicht geschieden. Vermögend sein, Akademikerin sowieso und dieselbe politische Einstellung haben, wie wir sie haben.

 

Diese einfachen 10 Gebote unter einen Hut, sprich an die Schwiegertochter zu bringen, sind scheinbar fast unmöglich. Obwohl ich jemand kenne, der sagt, er kennt jemand kennt, der eine solche Frau kennt!

 

Im vergangenen Monat fanden wir eine sehr hübsche, im Alter passende Frau; die war jedoch völlig mittellos und nicht katholisch.

Dann fanden wir eine Frau, katholisch, eine Super Hausfrau, gutem finanziellen Hintergrund, aber leider Nichtakademikerin.

Die nächste war liebenswürdig, Akademikerin, konnte aber überhaupt nicht kochen und hatte eine Abneigung gegen Hemden bügeln.

Eine sehr gute Hausfrau, Hobby-Schneiderin, mit Eigentumswohnung haben wir auch nicht in die nähere Wahl genommen. Sie entsprach nicht meinem Schönheitsideal und war außerdem geschieden, keine Akademikerin und mit extremer politischer Meinung.

 

Es gibt keine normalen, heiratsfähigen Frauen mehr!!

 

Neulich hat unser Sohn eine junge Frau kennen gelernt. Trotz näherer, eingehender Betrachtung konnte ich das Alter nicht genau definieren. Sie trägt meistens Jeans und kaut Kaugummi. Sie ist Verkäuferin in einem Kaufhaus. Ich glaube sie kann nicht kochen. Ich bemerkte anlässlich meiner Öfteren Besuche immer wieder leere Pizzakartons, oder Mc Donald-Schachteln in der Küche.

Wir tauften sie

 

„Hoffentlichnichtschwiegertochter“,

 

kurz HNST genannt.

HNST kam des Öfteren zu uns auf Besuch und wollte mir die Grundsätze einer emanzipierten Frau erklären. Diese Grundsätze kannte ich schon immer. Ich habe sie auf einen einfachen Nenner gebracht. Wir Frauen haben immer Recht und haben alle Rechte. Sie hat dieser meine Ausführungen sehr interessiert zur Kenntnis genommen.

 

Eine ebenfalls neue Beziehung dürfte mein Sohn zu einem jungen Mann aufgenommen haben. Ich traf die beiden gestern Mittag in einem Schnellimbiss. Sie unterhielten sich sehr angeregt und bemerkten mich nicht gleich. Erst als ich so quer durch das Lokal meinem Sohn ein „Huhu“ zurief, winkte er zurück. Sein Begleiter nickte nur und ich hatte Gelegenheit sein Outfit zu betrachten. Er hat langes Haar, das ihm auf die Schulter fällt, einen Rollkragenpullover und Jeans an. Also, nach Akademiker sah der nicht aus. Ob er geschieden ist, oder welche politische Meinung er hat, kann man so auch nicht feststellen. Er wird aber auch nicht kochen können und Hemden bügeln wird sicher nicht zu seinen Hobbys gehören!? In der Causa „Mitgift“ müsste man recherchieren.

 

Ich hoffe, nach diesen Erkenntnissen, dass es kein ernsthafter Kandidat ist. Ich habe ihn HNSS getauft, „HOFFENTLICHNICHTSCHWIEGERSOHN“.

 

Der Kasperl und das Krokodil.

 

Der Kasperl ist in unsere Kultur eingegangen, genauso wie sein Krokodil und der Polizist, die der Kasperl immer besiegt.

 

Warum nur? Wir identifizieren uns mehr oder weniger geknickt, mit dem Kasperl. Einerseits, weil wir doch immer wieder merken, dass auch wir im Leben manchmal einen solchen abgeben, andererseits, weil wir gerne eine Keule in der Hand hätten und den diversen Krokodilen rund um uns auf die Schnauze hauen würden; es nur nicht dürfen, weil wir eben in einem anderen Stück des Lebens spielen, als der Kasperl auf seiner kleinen Bühne.

 

„Aber morgen, da zeige ich es ihm….“, Solches sich vorzunehmen befreit uns vom momentanen Druck und lässt unser Auge blitzen und uns gleich zwei Meter groß zu werden.

Schon beim Einsteigen in die U-Bahn merken wir, dass wir auch nicht größer sind, als die anderen Fahrgäste und beim Eintritt ins Büro drücken wir uns schon ein wenig an der Wand entlang, weil die gewaltige Stimme des Chefs durch die gepolsterte Türe hindurch zu hören ist.

 

So um 10.ooh, nach der Kaffeepause ist es soweit. Wir atmen tief auf, nehmen als Waffe einen Akt in die Hand und stürmen, an der Sekretärin vorbei das Chefzimmer.

Wir grüßen kaum, den Blick über den Chefsessel hinweg in den blauen Himmel gerichtet beginnen wir energisch unsere Stimme zu erheben.

 

„Ich bin heute da, um Ihnen meine Meinung zu sagen und unterbrechen sie mich bitte nicht! Ich arbeite seit Jahren in ihrem Büro, sie kennen mich kaum. Ich heiße Berger und nicht Taler, wie sie immer meinen. Ich weiß schon, sie wollen mich nur auf eine gewisse Bedeutungslosigkeit zurück stutzen. Tal ist ja schließlich niedriger und unscheinbarer als ein Berg. Also merken sie es sich endlich, BERGER mein Name und ich arbeite in der Buchhaltung!“

 

Wir stampfen mit dem rechten Fuß leicht auf, um unseren Worten auch Nachdruck zu verleihen, und machen eine energische Handbewegung um eventuelle Einwänden des Chefs von Anfang an abzuwürgen.

 

„Jetzt rede ich! Da ich vor kurzem geheiratet habe und Nachwuchs erwarte, erwarte ich nun ihrerseits eine Gehaltserhöhung, denn sonst würde ich mir eine andere Stelle suchen müssen und sie können sich ihre Bücher selber halten.“

 

Ja, genauso werden wir morgen unser Begehren vortragen, wenn der Chef im Büro sein wird und um keinen Ton weniger laut und aggressiv. Dann legen wir den angeforderten Akt auf seinen leeren Schreibtisch und gehen tief einatmend wieder raus.

Das war die Generalprobe.

 

Abends, beim nach Hause fahren in der U-Bahn, nehmen wir uns nun vor, um wenigstens eine Teilbefriedigung zu erreichen, mit dem Drachen von einem Hauswart Schlitten zu fahren. Was bildet die sich denn ein? Immer hat sie was auszusetzen. Man streift die Schuhe nicht genügend ab, man schließt die Haustüre zu laut oder man pfeift auf der Treppe, wenn sie schläft! Schließlich hat man ja als Mieter auch seine Rechte!

 

Pfeifend und innerlich wieder zwei Meter groß, biegt man um die Ecke. Da steht sie schon, bewaffnet mit einem Besen und einem grimmigen Blick in unserer Richtung hebt sie den Kopf und sucht furchtlos unseren Blick. Die gepfiffene Melodie bleibt uns auf der Lippe stecken.

 

Wir straffen den Rücken, Schultern zurück und schließen die Hände in der Tasche zu Fäusten und zeigen dem Hauskrokodil unsere Zähne.

Lächeln ist sicher noch immer die angenehmste Art, Zähne zu zeigen.

Muss ja nicht heute sein, wir sind heute sowieso im Stress und außerdem beginnt ja gleich der Krimi im Fernsehen. Aber Morgen!

 

Pfeifend stürmen wir die Treppe hinauf, schließlich schläft der Hausdrachen ja erwiesener maßen nicht und man hat ja sicher auch seine Rechte als Mieter. Die Türe fällt uns leider aus der Hand und wir hoffen, dass der Knall doch bis unten hörbar war. Irgendwie müssen wir uns schon durchsetzen!

 

Das liebend Weib kann man nun auch nicht unbedingt als Krokodil bezeichnen, oder wenn doch, dann stillschweigend und nur im Innersten.

Zumindest verbal könnte man nun ja die Keule schwingen und lautstark nach dem Abendessen rufen, doch irgendwie überlegt man dann doch, dass der Kasperl auch schon einmal gegen die Hexe verloren hat, oder zumindest sehr verstrubbelt aus dem Kampf hervorging. Es war ein anstrengender Tag, man ist müde und resigniert.

 

Aber was ist denn das? Wieso schnappt denn der Goldfisch nach einen? Schwups, zwischen der Faust ein wenig gequetscht und links und rechts je ein Klaps. Was glaubt denn der, will nach dem Herrl schnappen? Ha, jetzt schwimmt er aber sehr schuldbewusst wieder im Kreise. Na also!

 

Schließlich ist man ja nicht der Wurstel oder Kasperl, mit dem man alles machen kann!