EDGAR RICE BURROUGHS

 

Die Schachfiguren

des Mars

Fünfter Band des MARS-Zyklus

 

 

 

Roman

 

 

 

 

 

 

 

 

Apex-Verlag

Inhaltsverzeichnis

Das Buch 

Der Autor 

 

DIE SCHACHFIGUREN DES MARS 

Einleitung: John Carter besucht die Erde 

Kapitel 1: Tara im Zorn 

Kapitel 2: Dem Sturm ausgeliefert 

Kapitel 3: Die kopflosen Menschen 

Kapitel 4: Gefangen 

Kapitel 5: Der perfekte Verstand 

Kapitel 6: In den Klauen des Grauens 

Kapitel 7: Ein abstoßender Anblick 

Kapitel 8: Enge Zusammenarbeit 

Kapitel 9: Über fremden Gebieten treibend 

Kapitel 10: Überlistet 

Kapitel 11: Taras Wahl 

Kapitel 12: Ghek spielt Streiche 

Kapitel 13: Eine Tat aus Verzweiflung 

Kapitel 14: Auf Befehl von Ghek 

Kapitel 15: Der alte Mann im Kerker 

Kapitel 16: Noch ein Namenswechsel 

Kapitel 17: Spiel um den Tod 

Kapitel 18: Ein Loyaliätsauftrag 

Kapitel 19: Gefahr durch einen Toten 

Kapitel 20: Der Feigheit angeklagt 

Kapitel 21: Aus Liebe riskiert 

Kapitel 22: Zum Zeitpunkt der Hochzeit 

 

Anhang: Jetan – bzw. Mars-Schach 

 

Das Buch

 

 

Ungestüm und eigensinnig ist Tara, Prinzessin von Helium und Tochter von John Carter. Tara trifft auf Prinz Gahan von Gathol; zunächst ist sie wenig beeindruckt von ihm und betrachtet ihn als eine Art Dandy. Später gerät sie mit ihrem Fluggerät in einen Sturm und verliert die Kontrolle über das Schiff - und der Sturm trägt sie in eine unbekannte Region von Barsoom.

Nach der Landung und der Flucht vor einem Rudel wilder Marslöwen wird sie von den schrecklichen Kaldanern gefangen genommen...

 

Der Roman Die Schachfiguren des Mars erschien erstmals im April 1916 (unter dem Titel The Chessmen Of Mars) als 3teilige Fortsetzungsgeschichte im The-All-Story-Magazin; die erste Buchausgabe folgte 1920. 

Der Apex-Verlag macht Die Schachfiguren des Mars zum ersten Mal seit über zwanzig Jahren wieder als deutschsprachige Ausgabe verfügbar, neu ins Deutsche übersetzt von Gabriele C. Woiwode. 

  Der Autor

 

Edgar Rice Burroughs - * 01. September 1875, † 19. März 1950.

 

Edgar Rice Burroughs war ein US-amerikanischer Schriftsteller, der bekannt wurde als Erzähler diverser Abenteuergeschichten, die sich vor allem dem frühen Fantasy- und Science-Fiction-Genre zuordnen lassen. Die bekanntesten von ihm eingeführten - und in der Folge von anderen in zahlreichen Filmen und Comics etablierten -  Heldencharaktere sind Tarzan, John Carter, Carson Napier.

Der Sohn des Fabrikanten und Bürgerkriegsveteranen Major George Tyler Burroughs (1833–1913) und der Lehrerin Mary Evaline Zieger (1840–1920) verlebte nach dem Besuch mehrerer Privatschulen den Großteil seiner Jugend auf der Ranch seiner Brüder in Idaho.

Nach seinem Abschluss auf der Michigan Military Academy im Jahr 1895 trat Burroughs in die 7. US-Kavallerie ein. Als ein Armeearzt bei ihm einen Herzfehler diagnostizierte und er deshalb nicht Offizier werden konnte, verließ Burroughs die Armee vorzeitig im Jahr 1897 und arbeitete bis 1899 wieder auf der Ranch seines Bruders. Danach ging er zurück nach Chicago und arbeitete in der Firma seines Vaters.

Am 1. Januar 1900 heiratete Burroughs seine Jugendliebe Emma Centennia Hulbert. Das Paar bekam drei Kinder: Joan Burroughs Pierce (1908–1972), Hulbert Burroughs (1909–1991) und John Coleman Burroughs (1913–1979). Da die tägliche Routine in der Fabrik seines Vaters Burroughs nicht zufriedenstellte, verließ das Ehepaar 1904 Chicago, um abermals in Idaho zu leben. Mit seinen Brüdern, die inzwischen ihre Ranch aufgegeben hatten, versuchte er sich erfolglos als Goldgräber. Kurze Zeit später arbeitete er als Eisenbahnpolizist in Salt Lake City. Auch diesen Job gab Burroughs auf und zog mit seiner Frau wieder zurück nach Chicago, wo er eine Reihe Jobs annahm, unter anderem als Vertreter. 1911 investierte er sein letztes Geld in einer Handelsagentur für Bleistiftanspitzer und scheiterte.

Burroughs, der zu dieser Zeit an schweren Depressionen litt und, nach einigen seiner Biographen, an Selbstmord dachte, kam auf die Idee, eine Geschichte für ein Magazin zu schreiben, in dem er zuvor Anzeigen für seine Bleistiftanspitzer geschaltet hatte. Seine erste Erzählung Dejah Thoris, Princess of Mars (unter dem Pseudonym Normal Bean für das All-Story-Magazin von Thomas Metcalf geschrieben) wurde zwischen Februar und Juli 1912 als Fortsetzung veröffentlicht.

Metcalf hatte sein Pseudonym in Norman Bean geändert, und auch der Titel seiner Geschichte wurde zu Under the Moon of Mars abgewandelt. Auf Burroughs Beschwerde bezüglich der Änderungen, lenkte Metcalf ein und bot an, Burroughs nächste Geschichte unter seinem richtigen Namen zu drucken. Eine weitere Beschwerde Burroughs betraf den Zusatz For all Rights auf seinem Honorarscheck. Nach längerem Briefwechsel erreichte er, dass die 400 Dollar nur für den Erstabdruck galten.

Burroughs zweite Geschichte, The Outlaw of Torn, wurde jedoch von All-Story abgelehnt. Der große Erfolg kam mit Burroughs drittem Anlauf, Tarzan of the Apes.

Die Geschichte von Tarzan wurde ebenfalls 1912 von All-Story veröffentlicht. Burroughs schrieb in der Folgezeit immer wieder neue Tarzan-Geschichten und konnte sich - kaum zehn Jahre nach der Veröffentlichung von Tarzan of the Apes - ein riesiges Stück Land in der Nähe von Los Angeles kaufen. Selbst nach Burroughs Tod im Jahr 1950 erschienen weitere Tarzan-Geschichten. Das Landstück bei Los Angeles ist heute die Gemeinde Tarzana.

In den frühen 1930er Jahren wurde sein schriftstellerischer Erfolg allerdings immer mehr von privaten Problemen überschattet. 1934 ließ er sich scheiden und heiratete ein Jahr später Florence Dearholt. Doch schon 1942 wurde auch diese Ehe geschieden. Nach der Bombardierung von Pearl Harbor begab sich Burroughs 1941 als Kriegsreporter nach Hawaii. Nach dem Krieg kehrte er nach Kalifornien zurück, wo er, nach vielen gesundheitlichen Problemen, 1950 einem Herzanfall erlag.

 

 In Burroughs Werk vermischen sich Science Fiction und Fantasy. Er etablierte Geschichten vor einem planetarischen Hintergrund in der Science Fiction. Dabei war Burroughs bewusst, dass seine Literatur bei den Kritikern nicht ankam. Er machte auch nie ein Hehl daraus, dass er schrieb, um Geld zu verdienen.

Die Helden seiner Romane und Erzählungen haben keine Alltagsprobleme. Bei den Charakterzeichnungen schwach, sprudeln Burroughs Geschichten über vor Ideen und Action. Die Helden seiner Romane haben verschiedene Merkmale gemeinsam, beispielsweise das Geheimnis um ihre Herkunft. Entweder haben die Helden nie eine Kindheit erlebt, oder können sich nicht daran erinnern, oder aber sie sind wie Tarzan und The Cave Girl Waisen. Ein weiteres Merkmal von Burroughs Geschichten ist der, wie Brian W. Aldiss es nennt, ausgeprägte sexuelle Dimorphismus. Das jeweils dominante Geschlecht ist hässlich.

Obwohl es in den Romanen und Geschichten Burroughs von schönen, nackten Frauen nur so wimmelt, werden sexuelle Beziehungen weder angedeutet noch erwähnt. Burroughs Welt scheint eine präpubertäre zu sein. Doch ist die Jungfräulichkeit immer in Gefahr (vgl. Aldiss). Fast schon zwanghaft mutet an, dass es in den Geschichten Burroughs, die zwischen 1911 und 1915 geschrieben wurden, nicht weniger als 76 Mal zu Vergewaltigungsdrohungen kommt, die natürlich alle abgewendet werden können. Zu den Bedrohern der weiblichen Unschuld gehören verschiedene Marsianer, Sultane, Höhlenmenschen, japanische Kopfjäger und Affen.

E. F. Bleiler schreibt über Burroughs, seine Texte seien „Fantasien von Erotik und Macht.“

 

Der Apex-Verlag veröffentlicht Burroughs' Venus-Romane (in der deutschen Übersetzung von Thomas Schlück), Neu-Übersetzungen des Tarzan- und des John Carter-Zyklus sowie als deutsche Erstveröffentlichung die Pellucidar-Serie.

DIE SCHACHFIGUREN DES MARS

 

  

 

 

  Einleitung: John Carter besucht die Erde

 

 

Wie üblich hatte Shea1 mich gerade im Schach geschlagen und – ebenfalls wie üblich – hatte ich gerade darüber sinniert, welch fragliche Befriedigung ich darin fände, ihn mit einem kleinen Hinweis auf das Versagen der Verstandeskräfte ein wenig zu veralbern.  

Ich könnte seine Aufmerksamkeit zum x-ten Male auf jene Theorie gewisser Wissenschaftler lenken, die auf der Behauptung basiert, phänomenale Schachspieler würden sich stets in Gruppen von Kindern unter zwölf, Erwachsenen über zweiundsiebzig oder unter den Geistesgestörten finden – eine Theorie, die bei den seltenen Gelegenheiten, bei denen ich gewinne, von der Wissenschaft tendenziell ignoriert wird.  

Shea war bereits zu Bett gegangen; da wir aber stets schon vor Sonnenuntergang im Sattel sitzen, hätte ich ihm längst folgen sollen. Stattdessen saß ich hier in der Bibliothek vor dem Schachbrett und blies stumpfsinnig Rauch an den entehrten Kopf meines geschlagenen Königs.  

Während ich auf diese Weise also hinreichend beschäftigt war, hörte ich, wie sich die Ost-Tür des Wohnzimmers öffnete und jemand eintrat. Ich dachte, es sei Shea, der zurückgekommen war, um mit mir über einige Angelegenheiten unserer morgigen Arbeit zu sprechen.

Als ich meine Augen aber auf den Türbogen richtete, der beide Räume miteinander verbindet, sah ich die Gestalt eines bronze-farbenen Riesen darin stehen. Sein ansonsten nackter Körper steckte in einem mit Juwelen bedeckten Leder-Harnisch. Von diesem hing an einer Seite ein reich verziertes Kurzschwert herunter, und an der anderen Seite steckte eine Pistole mit einem fremdartigen Muster. Das schwarze Haar, die stahlgrauen Augen mutig und lächelnd, die edlen Gesichtszüge – ich erkannte sie sofort, sprang auf und näherte mich mit ausgestreckter Hand.  

»John Carter!«, rief ich, »Du?« 

»Wer sonst, mein Sohn«, antwortete er, nahm meine Hand in seine und legte seine andere Hand auf meine Schulter. 

»Was machst du hier?«, fragte ich. »Es ist lange her, seit du die Erde besucht hast. Und noch nie zuvor sah ich dich in der Aufmachung eines Marsianers. Du meine Güte! Aber es ist schön, dich zu sehen. Und dein Äußeres ist keinen Tag gealtert, seit du mich als Baby auf deinen Knien hast hopsen lassen. Wie erklärt sich das John Carter, Kriegsherr des Mars, oder wie versuchst du das zu erklären?« 

»Warum versuchen, das Unerklärliche zu erklären?«, erwiderte er. »Wie ich dir früher schon sagte, bin ich ein sehr alter Mann. Wie alt genau, weiß ich gar nicht. Ich erinnere mich an keine Kindheit, nur daran, immer schon so gewesen zu sein wie jetzt und wie zu der Zeit, als du mich mit deinen fünf Jahren das erste Mal gesehen hast.  

Du selbst bist gealtert, wenn auch nicht in dem Maß wie die meisten Menschen in der gleichen Anzahl an Jahren. Was möglicherweise der Tatsache zuzuschreiben ist, dass in unseren Adern das gleiche Blut fließt, nur dass ich überhaupt nicht gealtert bin. Ich habe diese Frage mit einem renommierten Wissenschaftler vom Mars, einem Freund von mir, diskutiert. Aber auch seine Theorien bleiben lediglich Theorien. Allerdings bin ich mit diesen Gegebenheiten durchaus zufrieden – ich werde niemals älter, und ich liebe das Leben und die Frische der Jugend.« 

»Was deine verständliche Frage betrifft, was mich zurück auf die Erde führt und warum in diesem, aus Sicht von Erdenmenschen, merkwürdigem Gewand: Das haben wir Kar Komak zu verdanken, dem Bogenschützen von Lothar2 . Er war es, der mich auf eine Idee brachte, an der ich so lange herumexperimentierte, bis ich am Ende schließlich Erfolg hatte.  

Wie du weißt, besitze ich seit langer Zeit die Kraft, den leeren Raum des Weltalls zu überwinden – war aber bisher nicht dazu imstande, unbelebten Dingen eine ähnliche Kraft zu verleihen. Nun jedoch, siehst du mich zum ersten Mal exakt genauso wie meine Kameraden vom Mars mich sehen: Du siehst das Kurzschwert, welches das Blut so manch wilden Feindes geschmeckt hat, den Harnisch mit den Wappen von Helium und den Insignien meines Ranges. Die Pistole war ein Geschenk für mich von Tars Tarkas, dem Jeddak der Thark3 . 

Außer dich wiederzusehen, was der Hauptgrund meines Kommens ist, und meine Zufriedenheit darüber, unbelebte Dinge vom Mars zur Erde zu bringen und sie mit Leben zu füllen, wenn mir danach ist - gibt es keinen besonderen Grund für mein Kommen. Die Erde ist nicht für mich gemacht; meine Welt ist auf dem Barsoom – meine Frau, meine Kinder, meine Arbeit - alles ist dort. Ich werde einen ruhigen Abend mit dir verbringen und danach wieder in die Welt zurückkehren, die ich noch mehr liebe als das Leben selbst.« 

Während er gesprochen hatte, hatte er sich in den Stuhl auf der anderen Seite des Schachtisches fallen lassen.  

»Du hast von Kindern gesprochen«, sagte ich, »Du hast noch weitere, außer deinem Sohn Carthoris?« 

»Eine Tochter«, antwortete er, »nur wenig jünger als Carthoris, und von einer einzigen Ausnahme abgesehen, das schönste Wesen, das jemals die dünne Luft des sterbenden Mars geatmet hat. Nur Dejah Thoris, ihre Mutter, übertrifft noch die Schönheit von Tara von Helium.« 

Er berührte für einen Moment die Schachfiguren. »Wir haben ein Spiel auf dem Mars, das dem Schach sehr ähnlich ist«, sagte er, »sehr ähnlich sogar. Außerdem gibt es eine Rasse auf dem Mars, die dieses Spiel sehr blutig, mit Menschen als Schachfiguren und mit blanken Schwertern betreibt. Das Spiel nennen wir Jetan, es wird auf einem Brett wie diesem hier gespielt, nur dass es hundert Quadrate gibt und jeder Spieler zwanzig Figuren zur Verfügung hat. Ich habe noch nie erlebt, dass es gespielt wurde, ohne dabei an Tara von Helium zu denken und an das, was ihr durch die Schachfiguren des Barsoom widerfahren war. Möchtest du ihre Geschichte hören?« 

Ich bejahte, und so erzählte er sie mir.

Ich werde nun versuchen, die Geschichte für Sie mit ähnlichen Worten wiederzugeben, wie sie mir vom Großen Kriegsherrn des Mars erzählt wurde - soweit sie mir noch erinnerlich ist, nur in der dritten Person. Sollten Unstimmigkeiten und Fehler darin enthalten sein, so falle die Schande nicht auf John Carter, sondern auf mein ärmliches Erinnerungsvermögen, wo sie hingehört. Es ist eine merkwürdige Geschichte und sie ist ganz und gar typisch für Barsoom.  

 

 

 

 

  Kapitel 1: Tara im Zorn

 

 

Tara von Helium erhob sich von dem Stapel aus Seiden und weichen Fellen, auf den sie sich niedergelegt hatte, streckte träge ihren geschmeidigen Körper und durchquerte das Zimmer bis zur Mitte, wo über einem großen Tisch eine bronzene Scheibe von der niedrigen Decke hing.  

Tara von Helium war mit strahlender Gesundheit und körperlicher Makellosigkeit gesegnet, mit der mühelosen Harmonie vollkommener Koordination. Ein Schal aus hauchdünner Seide war, über einer Schulter gekreuzt, um ihren Körper gewickelt, und ihr schwarzes Haar türmte sich hoch auf ihrem Kopf.  

Mit einem hölzernen Stab schlug sie leicht gegen die Bronzescheibe. Ihr Zeichen wurde durch das Eintreten eines Sklavenmädchens beantwortet, das lächelnd eintrat und mit einem ebensolchen Lächeln von ihrer Herrin begrüßt wurde.  

»Sind die Gäste meines Vater schon gekommen?«, fragte die Prinzessin.

»Ja, Tara von Helium, sie treffen gerade ein«, antwortete die Sklavin. »Ich habe Kantos Kan, den Oberbefehlshaber der Marine gesehen, und Prinz Soran von Ptarth und Djor Kantos, den Sohn von Kantos Kan.«

Beim Erwähnen von Djor Kantos Namen warf sie einen spitzbübischen Blick auf ihre Herrin.

»Und – oh, da waren noch andere, es sind sehr viele gekommen.«

»Mein Bad dann also, Uthia«, erwiderte ihre Herrin. »Aber Uthia«, fuhr sie fort, »warum machst du bei der Erwähnung von Djor Kantos Namen so ein Gesicht und lächelst dabei 

Das Sklavenmädchen lachte fröhlich. »Es ist für alle so offensichtlich, dass er Euch anbetet«, erwiderte sie.

»Für mich ist das gar nicht offensichtlich«, sagte Tara von Helium. »Er ist der Freund meines Bruders Carthoris, deshalb ist er häufig hier, aber doch nicht, um mich zu sehen. Es ist die Freundschaft zu Carthoris, die ihn so oft in den Palast meines Vaters führt.«

»Aber Carthoris ist mit Talu, dem Jeddak von Okar4 im Norden auf der Jagd, brachte Uthia ihr in Erinnerung.  

»Mein Bad, Uthia, rief Tara vom Helium. »Deine Zunge wird dich noch mal in schwere Bedrängnis bringen.« 

»Euer Bad ist schon gerichtet, Tara von Helium«, antwortete ihr das Mädchen. Ihre Augen blitzten immer noch vor Vergnügen; sie wusste sehr gut, dass im Herzen ihrer Herrin kein Ärger je die Liebe zu ihrer Sklavin verdrängen würde.  

Der Tochter des Großen Kriegsherrn vorangehend, öffnete sie die Tür eines angrenzenden Raumes, in dem sich das Bad befand – eine schimmernde Fläche duftenden Wassers in einem Becken aus Marmor. Goldene Pfosten stützten eine Kette aus Gold, die das Becken umrandete und zu beiden Seiten der Marmorstufen bis ins Wasser hinunter reichte. Durch eine Glaskuppel fiel das Sonnenlicht ins Innere und spiegelte sich im glänzenden Weiß der Marmorwände und in einem Prozessionszug aus Badenden und Fischen, der, traditionell in Gold eingelegt, kreisförmig als breites Band den Raum umlief.  

Tara von Helium wickelte den Schal von ihrem Körper und reichte ihn ihrer Sklavin. Langsam stieg sie die Stufen ins Wasser hinunter und prüfte die Temperatur mit ihrem ebenmäßigen Fuß. Einem Fuß, der nicht durch enge und hochhackige Schuhe deformiert worden war – ein lieblicher Fuß, der, wie es selten vorkommt, so geformt war, wie Gott ihn beabsichtigt hatte.  

Das Wasser zu ihrem Gefallen befindend, schwamm das Mädchen gemächlich im Schwimmbecken hin und her. Sie schwamm mit der seidengleichen Leichtigkeit einer Robbe, mal an der Oberfläche, mal unter Wasser; ihre geschmeidigen Muskeln bewegten sich weich unter ihrer klaren Haut – ein wortloser Gesang auf Gesundheit, Glück und Anmut.  

Bald tauchte sie wieder auf und begab sich in die Hände des Sklavenmädchens, die den Körper ihrer Herrin mit einer süß-duftenden, halbflüssigen Substanz aus einem goldenen Tiegel einrieb, bis die schimmernde Haut gänzlich mit weichem Schaum bedeckt war. Dann ein kurzes Eintauchen in das Becken, ein Trocknen mit weichen Tüchern und das Bad war beendet.  

Die schlichte Eleganz ihres Bades ist typisch für das Leben der Prinzessin: kein Gefolge von Sklaven, kein Pomp, kein müßiges Verschwenden kostbarer Momente. Eine halbe Stunde später war auch ihr Haar getrocknet und in die seltsame, aber ihrer Stellung entsprechenden Frisur aufgetürmt. Ihre ledernen, mit Gold und Juwelen bestückten Hoheitszeichen waren an ihrem Körper angebracht und sie war bereit, sich unter die Gäste zu mischen, die zur Mittags-Festlichkeit in den Palast des Großen Kriegsherrn geladen waren.  

Als sie ihre Gemächer verließ, um sich auf den Weg in die Gärten zu machen in denen sich die Gäste versammelt hatten, folgten ihr, ein paar Schritte hinter ihr laufend, zwei Krieger in ihren Harnischen – Insignien des Hauses des Prinzen von Helium – kriegerische Mahnmale daran, dass des Mörders Klinge auf Barsoom niemals ignoriert werden darf. Sie gleicht die vergleichsweise lange, von der Natur vorgegebene Lebensspanne menschlicher Lebenszeit aus, die auf nicht weniger als tausend Jahre geschätzt wird.  

Im Bereich des Eingangs zu den Gärten angekommen, näherte sich ihnen eine ähnlich geschmückte Frau aus einem anderen Bereich des großen Palastes. Als sie näher kam, wandte Tara von Helium sich ihr mit einem Lächeln und einem herzlichen Gruß zu, während ihre Wachen mit gebeugten Köpfen in williger und spontaner Bewunderung für die Geliebte von Helium niederknieten.  

Auf diese Weise, alleinig dem Befehl ihrer eigenen Herzen folgend, wurde Dejah Thoris stets von den Kriegern von Helium begrüßt, deren unsterbliche Schönheit sie mehr als einmal in blutige Kriege mit anderen Völkern des Barsoom geführt hatte. Die Liebe des Helium-Volkes zur Gefährtin von John Carter war so groß, dass sie in schiere Anbetung gipfelte – ganz so, als wäre sie wahrhaftig die Göttin, der ihre Schönheit gleichkam.  

Mutter und Tochter wechselten den Kaor5 , den üblichen Gruß auf Barsoom, und küssten sich. Dann betraten sie zusammen die Gärten, wo die Gäste waren. Ein riesiger Krieger zog sein Kurzschwert und schlug mit der flachen Seite auf seinen metallenen Schild, dessen vorlauter Klang das Gelächter und Gemurmel der Gäste übertönte.  

»Die Prinzessin kommt!«, rief er. »Dejah Thoris! Die Prinzessin kommt! Tara von Helium!«  

Auf diese Weise werden königliche Hoheiten stets angekündigt. Die Gäste erhoben sich und die beiden Frauen neigten ihre Köpfe. Die Wachen begaben sich an die Seiten des Eingangs und eine Reihe von Adligen kam heran, um den beiden Prinzessinnen ihren Respekt zu erweisen. Dann wurden das Lachen und die Gespräche wieder aufgenommen und Dejah Thoris und ihre Tochter bewegten sich leicht und natürlich zwischen ihren Gästen.  

Im Verhalten derer die dort versammelt waren, war kein offensichtlicher Rangunterschied auszumachen, obwohl sich mehr als nur ein Jeddak unter den Gästen befand sowie viele gewöhnliche Krieger, deren Titel lediglich aus ihren tapferen Taten oder ihrem edlem Patriotismus bestand. So ist das üblich auf dem Mars, wo Männer an ihren eigenen Verdiensten gemessen werden und nicht an denen ihrer Ahnen - und sei der Stolz auf die Abstammung noch so groß.

Tara von Helium ließ ihren Blick langsam durch das Gewimmel der Gäste schweifen, bis ihr Blick plötzlich an dem verharrte, wonach sie Ausschau gehalten hatte. War die schwache Andeutung des Runzelns, das ihre Stirn überzog, ein Zeichen der Missbilligung des Anblicks, der ihre Augen traf? Oder hatten nur die hellen Strahlen der mittäglichen Sonne ihre Augen gepeinigt? Wer kann das schon sagen!

Sie war im Glauben groß gezogen worden, eines Tages Djor Kantos zu heiraten, den Sohn des besten Freundes ihres Vaters. Es war der innigste Wunsch von Kantos Kan und dem Großen Kriegsherrn gewesen, dass dies so sei, und Tara von Helium hatte es als gegebene Tatsache akzeptiert. Djor Kantos schien es ebenso hinzunehmen. Sie hatten gelegentlich darüber gesprochen als etwas, das irgendwann in einer fernen Zukunft ganz selbstverständlich stattfinden würde. So wie beispielsweise auch seine Berufung in die Marine, in der er derzeit im Rang eines Padwars stand, oder die feierlichen Zeremonien am Hofe ihres Großvaters Tardos Mors, dem Jeddak von Helium, oder auch der Tod.

Von Liebe hatten sie nie gesprochen, was für Tara von Helium bei den seltenen Gelegenheiten, zu denen sie darüber nachdachte, stets rätselhaft gewesen war. Sie wusste, dass für Leute die im Begriff standen sich zu verheiraten, die Liebe eine große Rolle spielte. Und da sie die ganze Neugier einer Frau besaß, fragte sie sich, was Liebe überhaupt sei. Sie mochte Djor Kantos sehr gerne und wusste, dass auch er sie mochte. Sie waren gerne zusammen, mochten die gleichen Dinge, die gleichen Leute, die gleichen Bücher, und es war ihnen eine große Freude zusammen zu tanzen - nicht nur für sie selbst, sondern auch für all jene, die ihnen dabei zusahen. Sie konnte sich nicht vorstellen, jemand anderen als Djor Kantos heiraten zu wollen.

So war es vielleicht doch nur die Sonne, die ihre Augenbrauen sich dieses winzige bisschen zusammenziehen ließ - im selben Moment als sie Djor Kantos in einer lebhaften Unterhaltung mit Olvia Marthis sitzen sah, der Tochter des Jed von Hastor.

Es gehörte zu Djor Kantos Pflichten, Dejah Thoris und Tara von Helium unverzüglich seinen Respekt zu erweisen, aber er hatte es nicht getan - was die Tochter des Großen Kriegsherrn tatsächlich die Stirn runzeln ließ.

Lange betrachtete sie Olvia Marthis und dachte daran, dass sie das Mädchen schon öfter gesehen hatte und sie eigentlich ganz gut kannte. Heute aber betrachtete sie Olvia Marthis mit anderen Augen, bemerkte offenbar zum ersten Mal, dass das Mädchen aus Hastor bemerkenswert schön war – selbst zwischen all diesen anderen schönen Helium-Frauen. Tara von Helium war reichlich verstört; sie versuchte ihre Gefühle zu ergründen, tat sich aber schwer damit. Olvia Marthis war ihre Freundin – sie mochte sie sehr und sie fühlte keinerlei Zorn auf sie. War sie böse auf Djor Kantos?

Nein, sie befand schließlich, dass sie es nicht war. Es war die pure Überraschung, die sie bei dem Gedanken daran verspürte, dass Djor Kantos mehr Interesse an einer anderen haben könnte, als an ihr. Sie wollte gerade durch den Garten gehen und den beiden Gesellschaft leisten, als sie die Stimme ihres Vaters direkt hinter sich hörte.

»Tara von Helium!«, rief er. Sie drehte sich nach ihm um und sah ihn mit einem fremden Krieger herankommen, dessen Harnisch mit dem gestanzten Wappen aus Metall ihr nicht vertraut war. Selbst zwischen all dem beeindruckenden Putz der Helium-Männer und Besucher aus entfernten Reichen, war die Aufmachung des Fremden durch ihren barbarischen Prunk bemerkenswert.

Das Leder seines Harnischs lag vollständig hinter Platin-Verzierungen verborgen, das ebenso wie die Scheiden seiner Schwerter und das kunstvolle Holster seiner langen marsianischen Pistole, dicht mit funkelnden Diamanten besetzt war. Während er sich an der Seite des Großen Kriegsherrn durch den sonnenhellen Garten bewegte, hüllten ihn die funkelnden Strahlen seiner zahllosen Edelsteine in eine Wolke aus leuchtendem Licht, die seiner edlen Erscheinung eine nahezu göttliche Ausstrahlung verlieh.

»Tara von Helium, ich bringe dir Gahan, den Jed von Gathol.«, sagte John Carter, dem schlichten Ritual für Vorstellungen entsprechend, wie es auf Barsoom üblich war.

»Kaor! Gahan, Jed von Gathol!«, erwiderte Tara von Helium. 

»Mein Schwert zu deinen Füßen, Tara von Helium«, sagte der junge Jed. 

Der Kriegsherr verließ sie und die beiden setzen sich auf eine einzeln stehende Bank unter einem ausladenden Sorapus-Baum.

»Das ferne Gathol«, sinnierte das Mädchen. »Von jeher war es in meiner Vorstellung mit Mysterien und Romantik und den fast vergessenen Überlieferungen unserer Ahnen verbunden. Ich kann mir gar nicht vorstellen, dass Gathol heute tatsächlich noch existiert – einfach deshalb, weil ich noch nie zuvor einem Gatholier begegnet bin.« 

»Und vielleicht auch wegen der großen Entfernung, die Helium und Gathol trennt, und ebenso wegen der vergleichsweisen Bedeutungslosigkeit meiner kleinen freien Stadt, die leicht in einer Ecke des mächtigen Helium verloren gehen könnte«, ergänzte Gahan. »Aber was uns an Macht fehlt, machen wir durch Stolz wieder wett«, fuhr er lachend fort. »Wir halten unsere Stadt für die älteste bewohnte Stadt auf Barsoom. Sie ist eine der wenigen, die sich ihre Freiheit noch erhalten hat6 , und das obwohl ihre antiken Diamantminen die reichsten sind, die man kennt. Und die – anders als die meisten anderen Minenfelder - heute so unerschöpflich sind wie niemals zuvor.« 

»Erzähl mir von Gathol«, drängte das Mädchen. »Schon der bloße Gedanke daran erfüllt mich mit Neugier.« 

So erfreut Gahan über diese willkommene Gelegenheit war, die es ihm erlaubte die Gesellschaft seiner schönen Gefährtin weiter für sich allein zu beanspruchen, so unwahrscheinlich war es, dass sich der junge Jed durch den Glanz des fernen Gathol vom  hübschen Gesicht von Tara von Helium ablenken lassen würde. Seine Augen schienen von ihrem entzückenden Anblick förmlich gefesselt zu sein und wanderten von ihren edlen Gesichtszügen weiter über die Rundungen der teilweise unter Juwelen verborgenen Brust, zur nackten Schulter bis zur Ebenmäßigkeit der perfekten Arme mit prachtvollen Armreifen von barbarischer Üppigkeit.  

»Eure antike Geschichte hat dich gewiss gelehrt, dass Gathol auf einer Insel im Throxeus errichtet wurde, dem mächtigsten der fünf Ozeane des alten Barsoom. Als sich der Ozean zurückzog, kroch Gathol an den Seiten des Berges herunter, dem Gipfel aus dem die Insel einst entstanden war. Heute bedeckt Gathol die Berghänge vom Gipfel bis zur Basis, während die Eingeweide des großen Hügels mit den Minengalerien im Inneren verwoben sind. Wir sind vollständig von einer großen Salzmarsche7 umgeben, die uns vor einer Invasion über Land schützt, während die zerfurchte und meist senkrechte Topographie unseres Berges das Landen feindlicher Luftschiffe zu einem höchst brenzligen Unterfangen macht.« 

»Dies, und eure tapferen Krieger?«, schlug das Mädchen vor.  

Gahan lächelte. »Über diesen Sonderfall sprechen wir natürlich nicht mit Feinden«, sagte er, »und wenn, dann eher mit stählernen Zungen als mit solchen aus Fleisch.« 

»Aber wieviel Praxis in der Kriegskunst hat ein Volk, das von der Natur so durch Angriffe geschützt wird?«, wollte Tara von Helium wissen.  

Die Antwort des jungen Jed auf ihre vorherige Frage hatte ihr gefallen. Dennoch hatte sich in ihrem Kopf die vage Überzeugung festgesetzt, ihr Gegenüber wäre möglicherweise verweichlicht – zweifellos entstanden durch die Herrlichkeit seiner Statussymbole und Waffen, die eher eine prächtige Show als einen kriegerischen Nutzen annehmen ließen.  

»Unsere natürlichen Barrieren, die uns ohne Zweifel vor unzähligen Niederlagen bewahren, haben uns keinesfalls immun gegen Angriffe gemacht«, erklärte er. »Denn der Reichtum des Diamantenschatzes von Gathol ist so groß, dass sich immer jemand findet, der für den Versuch unsere unbesiegte Stadt zu plündern, eine fast sichere Niederlage riskiert. So haben wir durchaus Gelegenheit, den Umgang mit unseren Waffen zu üben.  

Außerdem ist Gathol weit mehr als nur die Stadt am Berg: Mein Land erstreckt sich vom Polodona8 aus über zehn Karad9 weiter nordwärts und vom zehnten Karad westlich von Horz bis zum zwanzigsten Karad im Westen. Es umfasst also eine Fläche von einer Million Quadrathaad, von denen der größte Anteil bestes Weideland ist, auf dem wir unsere großen Herden Thoat und Zitidare laufen lassen.« 

»So umgeben von Räubern wie wir sind, müssen auch unsere Hirten durchaus Krieger sein, sonst hätten wir keine Herden. Sei versichert, dass sie in zahlreiche Kämpfe verwickelt sind.  

Und dann gibt es noch unseren fortwährenden Bedarf an Arbeitern in den Minen. Die Gatholier verstehen sich als eine Kriegerrasse und als solche ziehen sie es vor, nicht in den Minen zu arbeiten. Das Gesetz besagt jedoch, dass jeder männliche Gatholier jeden Tag eine Zode Arbeit an die Regierung ableisten muss10 . Das ist praktisch die einzige Steuer die ihnen erhoben wird. Sie ziehen es allerdings vor, einen Ersatz zu stellen, der diese Arbeit für sie leistet. Und da unser eigenes Volk sich nicht zur Minenarbeit anstellen lässt, wurde es notwendig Sklaven einzuführen.  

Ich brauche Euch sicher nicht zu erklären, dass man Sklaven nicht ohne Kämpfe erhalten kann?11 Diese Sklaven verkaufen wir auf dem öffentlichen Markt. Der Erlös geht zur Hälfte an die Regierung und zur Hälfte an den Krieger, der den Sklaven eingeführt hat. Die Käufer erhalten eine Gutschrift über die Höhe der Zoden an Arbeit, die ihr spezieller Sklave ableistet. Am Ende eines Jahres hat ein guter Sklave die Arbeitssteuer seines Herrn für sechs Jahre geleistet12 . Gibt es einen Überfluss an Sklaven, wird ihm die Freiheit geschenkt und er erhält die Erlaubnis zu seinem eigenen Volk zurückkehren zu dürfen.« 

»Ihr kämpft in Platin und Diamanten?«, fragte Tara, mit einem leicht spöttischen Lächeln auf seinen prachtvollen Schmuck anspielend.  

Gahan lachte. »Wir sind ein eitles Volk«, gab er gutmütig zu, »es ist durchaus möglich, dass wir zu viel Wert auf das eigene Erscheinungsbild legen. Wenn wir nur mit der Erfüllung der alltäglichen Pflichten des Lebens beschäftigt sind, wetteifern wir um die prunkvollste Ausstattung13 . Aber wenn wir ins Feld ziehen, ist unser Leder-Harnisch der schlichteste, der jemals von Männern des Kampfes auf Barsoom getragen wurde. Wir sind auch stolz auf unsere äußere Schönheit und ganz besonders auf die Schönheit unserer Frauen.  

Tara von Helium, darf ich es wagen zu sagen, dass ich den Tag herbeiersehne, an dem du Gathol einen Besuch abstattest und mein Volk eine Frau erblicken kann, die wahrhaft schön zu nennen ist?«

»Den Frauen von Helium wird beigebracht, vor der Zunge eines Schmeichlers in Missbilligung die Stirn zu runzeln«, erwiderte das Mädchen.

Doch Gahan, der Jed von Gathol bemerkte, dass sie lächelte, während sie sprach.

Der Klang eines Horns ertönte; klar und lieblich übertönte er das Gelächter und die Gespräche der Anwesenden. »Der Tanz von Barsoom!«, rief der junge Krieger aus. »Ich möchte dich dazu auffordern, Tara von Helium.«

Das Mädchen schielte in Richtung der Bank, auf der sie Djor Kantos zuletzt gesehen hatte, aber er war nicht zu sehen. Zum Einverständnis auf das Ersuchen des Gatholiers beugte sie leicht ihren Kopf.

Sklaven bewegten sich zwischen den Gästen und verteilten kleine Musikinstrumente mit einer einzigen Saite. Auf jedem Instrument waren kleine Zeichen angebracht, welche die Höhe und Länge seines Tons anzeigten. Die Instrumente waren aus Skeel-Holz, die Saiten aus Gedärm gefertigt, und sie waren so geformt, dass sie in den linken Unterarm des Tänzers passten, an den es jeweils fest geschnürt wurde. Ein mit einem Darmfaden umwickelter Ring wurde zwischen das erste und zweite Gelenk des Zeigefingers der rechten Hand gestreift, und damit über die Saite des Instrumentes gestrichen; so entstand der vom Tänzer gewünschte einzelne Ton.

Als Djor Kantos eilig auf Tara von Helium zusteuerte, hatten sich die Gäste gerade erhoben und bahnten sich ihren Weg zu der ausgedehnten, scharlachroten Rasenfläche am südlichen Ende des Gartens, wo der Tanz stattfinden sollte.

»Ich fordere dich zu...«, rief er aus, als er näher an sie herangekommen war. Aber sie unterbrach ihn mit einer Geste.

»Du bist zu spät, Djor Kantos«, rief sie in gespieltem Zorn. »Kein Zauderer wird Tara von Helium auffordern. Aber jetzt eil dich, damit du nicht auch noch Olvia Marthis verlierst. Ich sah sie noch nie lange auf eine Aufforderung zu diesem oder einem anderen Tanz warten.«

»Ich habe sie bereits verloren«, gestand Djor Kantos reumütig.

»Und du erdreistet dich, erst dann zu Tara von Helium zu kommen, nachdem du Olvia Marthis verloren hast?«, ereiferte sich das Mädchen, immer noch Unbill vorgebend.

»Ach, Tara von Helium, du weißt es doch besser«, verteidigte sich der junge Mann. »Ist es denn nicht vollkommen natürlich, dass ich annahm du würdest mich erwarten? Mich, der dich die letzten zwölf Male als Einziger zum Tanz von Barsoom aufgefordert hat?«

»Und dass ich dasitze und mit meinen Daumen spiele, bis du es angebracht findest, zu mir zu kommen?«, fragte sie. »Oh nein, Djor Kantos! Tara von Helium ist für Zauderer nicht gemacht!«

Sie warf ihm ein süßes kleines Lächeln zu und ging mit Gahan, dem Jed des fernen Gathol weiter in Richtung der sich bereits versammelnden Tänzer.

Der Tanz von Barsoom verhält sich zu den eher formalen Tanz-Veranstaltungen des Mars ähnlich wie der Triumphmarsch aus Aida zu unseren Tanzveranstaltungen - obwohl er ungleich komplizierter und schöner ist. Bevor die Mars-Jugend jeglichen Geschlechts an einer wichtigen gesellschaftlichen Festivität mit Tanz teilnehmen darf, muss sie mindestens drei Tänze ausreichend gut beherrschen: den Tanz von Barsoom, den Nationaltanz des eigenen Volkes und den Tanz der jeweiligen Stadt.

In diesen drei Tänzen stellen die Tänzer ihre eigene Musik zur Verfügung, die sich über die Jahre ebenso wenig verändert hat wie die Schritte und Figuren der Tänze, da sie seit Urzeiten so übermittelt wurden. Alle Barsoom-Tänze sind sehr herrschaftlich und schön, aber der Tanz von Barsoom ist ein erstaunliches Epos an Bewegung und Harmonie – es gibt keine grotesken Posen, keine vulgären oder zweideutigen Bewegungen. Er wurde als die Interpretation der höchsten Ideale beschrieben, die nach der Anmut, Schönheit und Sittsamkeit der Frau und der Kraft und Erhabenheit des Mannes streben.

Heute führt John Carter, der Große Kriegsherr des Mars zusammen mit seiner Gefährtin Dejah Thoris, den Tanz an. Wenn es je ein anderes Paar gegeben hat, das mit ihnen um die Gunst der stillen Bewunderung der Gäste wetteiferte, dann waren es der strahlende Jed von Gathol und seine schöne Partnerin.

In den ständig wechselnden Figuren fand sich der Mann mal mit der Hand des Mädchens in der seinen wieder, dann mit einem Arm um ihren zarten Körper gelegt, den der juwelenbesetzte Harnisch nur unzureichend bedeckte. Und dem Mädchen, das in der Vergangenheit bestimmt an die tausend Tänze getanzt haben mochte, wurde zum ersten Mal die intime Berührung eines Männerarmes auf ihrer nackten Haut bewusst, und es irritierte sie, dass es ihr so nahe ging.

Fragend, fast mit Unmut, sah sie zu dem Mann auf, als wäre es seine Schuld. Ihre Blicke trafen sich und sie nahm in seinen Augen etwas wahr, das sie in den Augen von Djor Kantos noch nie gesehen hatte. Es war ganz am Ende des Tanzes, als beide mitten in der Musik innehielten und sich gegenseitig in die Augen sahen. Es war Gahan von Gathol, der zuerst sprach.

»Tara von Helium, ich liebe dich!«, sagte er.

Das Mädchen drehte sich ins volle Licht. »Der Jed von Gathol vergisst sich selbst«, rief sie stolz.

»Der Jed von Gathol würde alles vergessen, außer dich, Tara von Helium«, entgegnete er. Fest presste er die weiche Hand, die er vom letzten Tanz immer noch hielt. »Ich liebe dich, Tara von Helium«, wiederholte er. »Warum sollten deine Ohren sich weigern das zu hören, was doch deine Augen sich nicht weigern zu sehen – außer vielleicht im jetzigen Moment – und darauf antworten?«

»Was soll das heißen?«, rief sie. »Sind die Männer von Gathol alle so flegelhaft?«.

»Sie sind weder Flegel noch Narren«, entgegnete er ruhig. »Sie wissen, wenn sie eine Frau lieben und wenn sie von ihr geliebt werden.«

Tara von Helium stampfte vor Zorn mit ihrem kleinen Fuß auf. »Geh!«, rief sie, »bevor ich meinem Vater von der Schändlichkeit seines Gastes Mitteilung machen muss.«

Sie drehte sich um und ging davon. »Warte!«, rief der Mann. »Nur ein Wort noch.«

»Der Entschuldigung?«, fragte sie.

»Der Weissagung«, sagte er.

»Ich will sie nicht hören«, antwortete Tara von Helium, und ließ ihn stehen wo er war.

Kurz darauf war sie in ihren Bereich des Palastes zurückgekehrt, aber sie war seltsam angespannt. Für eine lange Weile stand sie am Fenster und sah über den scharlachroten Turm von Groß-Helium hinweg in Richtung Nordwesten.

Bald drehte sie sich verärgert weg. »Ich hasse ihn!«, rief sie laut.

»Wen?«, erkundige sich Uthia, die sich mehr als andere Sklaven herausnehmen durfte. 

Tara von Helium stampfte mit dem Fuß auf. »Diesen missratenen Flegel, diesen Jed von Gathol«, antwortete sie.  

Uthia hob ihre schmalen Augenbrauen.

Beim Aufstampfen ihres kleinen Fußes, hatte sich ein großes Tier in einer Ecke des Raumes erhoben und durchquerte ihn jetzt, bis es vor Tara von Helium stehen geblieben war und nach oben in ihr Gesicht sah. Sie legte ihre Hand auf den hässlichen Kopf. »Lieber alter Woola«, sagte sie, »keine Liebe kann tiefer als deine sein, und doch ist sie nie verletzend. Ich wünschte, die Männer würden sich dich als Vorbild nehmen!«  

 

 

 

 

  Kapitel 2: Dem Sturm ausgeliefert

 

 

Tara von Helium kehrte nicht mehr zu den Gästen ihres Vaters zurück. Sie wartete in ihren Gemächern auf ein Wort von Djor Kantos, mit dem sie fest rechnete: er würde sie bitten in die Gärten zurück zu kommen – und sie würde sich voller Stolz verweigern.  

Aber die Bitte von Djor Kantos kam nicht. Zunächst war Tara von Helium ärgerlich. Dann war sie verletzt und vor allem verwirrt. Sie verstand es nicht. Zwischendurch dachte sie an den Jed von Gathol, stampfte dabei aber mit ihrem Fuß auf, da sie wirklich sehr wütend auf Gahan war. Was bildete sich dieser Mann ein! Er hatte angedeutet, in ihren Augen die Liebe zu ihm gelesen zu haben! Noch nie war sie so beleidigt und gedemütigt worden, und noch nie hatte sie einen Mann so abgrundtief gehasst. Unvermittelt wandte sie sich an Uthia. 

»Meinen Flieger-Harnisch!«, befahl sie. 

»Aber die Gäste!«, rief das Sklavenmädchen. »Euer Vater, der Große Kriegsherr, erwartet Eure Rückkehr.« 

»Dann wird er eine Enttäuschung erleben«, blaffte Tara von Helium.

Die Sklavin zögerte.

»Er erlaubt es nicht, dass Ihr alleine fliegt«, erinnerte sie ihre Herrin.

Die junge Prinzessin sprang auf, packte die unglückliche Sklavin bei den Schultern und schüttelte sie.

»Du wirst unerträglich, Uthia«, rief sie. »So langsam lässt du mir keine andere Wahl als dich auf den öffentlichen Markt zu schicken. Dann findest du vielleicht einen Herrn, der dir passt.«

Tränen traten in die weichen Augen des Sklavenmädchens.

»Es ist doch nur, weil ich Euch liebe, meine Prinzessin«, sagte sie sanft.

Tara von Helium schmolz dahin. Sie nahm die Sklavin in ihre Arme und küsste sie.

»Ich habe das Gemüt eines Thoat, Uthia«, sagte sie. »Vergib mir! Ich liebe dich doch! Es gibt nichts, was ich nicht für dich tun würde, und ich würde dich niemals verletzen. Ich biete dir, wie schon so oft in der Vergangenheit, nochmals deine Freiheit an.«

»Wenn sie mich von Euch trennt, will ich meine Freiheit nicht, Tara von Helium«, antwortete Uthia. »Ich bin hier glücklich mit Euch – ohne Euch würde ich sterben.«

Erneut küssten sich die Mädchen.

»Und Ihr werdet also nicht alleine fliegen?«, fragte die Sklavin.

Tara von Helium lachte und kniff ihre Gefährtin.

»Du hartnäckiger kleiner Plagegeist!«, rief sie. »Natürlich werde ich fliegen – macht nicht Tara von Helium stets das, was ihr gefällt?«

Uthia schüttelte sorgenvoll ihren Kopf.

»Leider!«, gab sie zu. »Der Große Kriegsherr von Barsoom ist jeglichen Einflüssen gegenüber hart wie Kruppstahl – mit zwei Ausnahmen: In den Händen von Dejah Thoris und Tara von Helium ist er wie der Ton eines Töpfers.«

»Dann benimm dich wie die brave und süße Sklavin die du bist, und lauf und hol meinen Flieger-Harnisch«, befahl die Herrin.

 

*

 

Jenseits der Zwillingsstädte von Helium schoss der pfeilschnelle Flieger von Tara von Helium hoch über die ockerfarbenen Weiten des früheren Meeresgrundes. Begeistert von der Geschwindigkeit, dem Auftrieb und der Gehorsamkeit ihres kleinen Luftschiffes bewegte sich das Mädchen in Richtung Nordwest.

Keine Sekunde lang dachte sie darüber nach, warum sie diese Richtung eingeschlagen hatte. Vielleicht, weil dort die noch wenig erschlossenen Gebiete von Barsoom lagen und daher auch Romantik, Geheimnis und Abenteuer warteten. In dieser Richtung lag aber auch das ferne Gathol – nur war ihr diese Tatsache nicht bewusst.

Trotzdem dachte sie gelegentlich an den Jed dieses fernen Königreiches, aber ihre Reaktionen auf diese Gedanken waren kaum vergnüglich zu nennen. Nach wie vor schoss die Schamesröte in ihre Wangen und eine Welle zornigen Blutes flutete ihr Herz - sie war wirklich sehr wütend auf den Jed von Gathol. Und obwohl sie ihn sicher niemals wiedersehen würde, wusste sie mit Bestimmtheit, dass in ihren Erinnerungen der Hass auf ihn für immer lodern würde.

Die meiste Zeit aber drehten sich ihre Gedanken um einen anderen: Djor Kantos. Und wenn sie an ihn dachte, dachte sie auch an Olvia Marthis von Hastor.

Tara von Helium dachte mit Eifersucht an die schöne Olvia, allein nur der Gedanke daran machte sie wütend. Sie war zornig auf Djor Kantos und auf sich selbst, aber eigentlich war sie alles andere als wütend auf Olvia Marthis, die sie liebte – und so war sie auch nicht wirklich eifersüchtig.

Das Problem war vielmehr, dass es Tara von Helium dieses Mal nicht gelungen war, ihren eigenen Kopf durchzusetzen. Djor Kantos war nicht, wie von ihr erwartet, wie ein williger Sklave angerannt gekommen – und das war der springende Punkt des Ganzen!

Und Gahan, der Jed von Gathol, ein Fremder, war Zeuge ihrer Demütigung geworden. Zu Beginn einer großen Festlichkeit hatte er sie ohne Tanzaufforderung erlebt und sie aus der Lage des unrühmlichen Mauerblümchens erretten müssen, wie er zweifellos gedacht haben muss. Jedes Mal, wenn dieser Gedanke aufkam, fühlte Tara von Helium ihren ganzen Körper in dunkelroter Scham entbrennen, um dann sogleich weiß und kalt vor Wut zu werden.

Beim Gedanken daran, wechselte sie so abrupt die Richtung ihres Fliegers, dass sie von der Takelage auf das flache und schmale Deck geschleudert wurde.

Kurz vor Einbruch der Dunkelheit erreichte sie ihr Zuhause. Die Gäste waren bereits abgereist und Stille hatte sich über den Palast gesenkt. Eine Stunde später leistete sie ihrem Vater und ihrer Mutter beim Abendessen Gesellschaft.

»Du hast uns im Stich gelassen, Tara von Helium«, sagte John Carter. »Das ist nicht gerade das, was die Gäste von John Carter erwarten würden.«

»Sie sind nicht wegen mir gekommen«, entgegnete Tara von Helium, »und ich hatte sie auch nicht um ihren Besuch gebeten.«

»Sie waren genauso deine Gäste«, antwortete ihr Vater.

Das Mädchen erhob sich, ging zu ihm, stellte sich an seine Seite und schlang ihre Arme um seinen Hals.

»Ach, du mit deinem Virginia-Anstand!«, rief sie und wuschelte durch seinen schwarzen Haarschopf.

»In Virginia würdest du über das Knie deines Vater gelegt und dir der Hintern versohlt werden«, sagte der Mann lächelnd.

Sie kroch auf seinen Schoß und küsste ihn.

»Du liebst mich nicht mehr«, verkündete sie. »Niemand liebt mich!«

Aber sie konnte sich nicht so weit beherrschen, um einen Flunsch zu ziehen – stattdessen brach ein glucksendes Lachen durch.

»Das Problem ist eher, dass es zu viele Männer gibt, die dich lieben«, sagte er, »und, dass es jetzt noch einen mehr gibt.«

»Na sicher doch!«, rief sie. »Wen meinst du damit?«

»Gahan von Gathol hat um Erlaubnis gebeten, dir den Hof machen zu dürfen.«

Das Mädchen setzte sich kerzengerade auf und hob ihr Kinn in die Luft.

»Ich heirate doch keine Diamanten-Mine«, sagte sie. »Daraus wird nichts.«

»Genau das habe ich ihm auch gesagt«, antwortete ihr Vater, »und, dass du bereits jemand anderem versprochen bist. Er reagierte sehr höflich, gab mir aber gleichzeitig zu verstehen, dass er gewohnt ist zu bekommen, was er möchte – und, dass er dich sehr begehrt. Ich gehe davon aus, dass dies einen weiteren Krieg bedeutet. Die Schönheit deiner Mutter bescherte Helium jahrelang Krieg.

Und - nun, Tara von Helium, wenn ich ein junger Mann wäre, wäre ich zweifelsfrei dazu bereit, ganz Barsoom in Brand zu stecken, um dich zu gewinnen. So, wie ich es heute noch tun würde, um deine göttliche Mutter zu behalten.«

Er lächelte über den Tisch aus Sorapus-Holz mit dem goldenen Geschirr darauf - mitten in die ungetrübte Schönheit der schönsten Frau des Mars.

»Unser kleines Mädchen sollte nicht mit derlei Angelegenheiten belastet werden«, sagte Dejah Thoris. »Vergiss nicht, dass du es nicht mit einem Kind der Erde zu tun hast, John Carter, dessen Lebenserwartung bereits zur Hälfte vorbei ist, während eine Tochter des Barsoom noch nicht einmal ein richtiges Erwachsenalter erreicht hat.«

»Aber heiraten die Töchter Barsooms nicht mitunter bereits mit zwanzig Jahren?«, hakte er nach.

»Schon, aber selbst vierzig Generationen nachdem das Erdenvolk längst zu Staub zerfallen ist, sind sie in den Augen der Männer noch immer begehrenswert. Wir haben in dieser Hinsicht keinerlei Eile, zumindest auf Barsoom nicht. Wir vergehen oder verwesen nicht, so du es mir von den Menschen deines Planeten erzählt hast. Obwohl du selbst ja deine eigenen Worte Lügen strafst. Tara von Helium wird Djor Kantos heiraten, wenn die Zeit reif dafür ist. Und bis dahin, lasst uns an diese Angelegenheit keinen weiteren Gedanken mehr verschwenden.«

»Genau«, sagte das Mädchen, »dieses Thema ärgert mich, und ich werde weder Djor Kantos noch sonst jemanden heiraten – ich habe überhaupt nicht die Absicht, zu heiraten.«

Ihr Vater und ihre Mutter sahen sie an und lächelten.

»Wenn Gahan von Gathol zurückkehrt, wird er dich möglicherweise entführen«, sagte John Carter.

»Er ist weg?«, fragte das Mädchen. 

»Sein Flieger nach Gathol wird in aller Früh aufbrechen«, antwortete John Carter. 

»Dann bin ich ihn wohl los«, seufzte  Tara von Helium erleichtert. 

»Er sagt etwas Anderes«, gab John Carter zurück. 

Mit einem Schulterzucken beendete das Mädchen die Angelegenheit, und die Unterhaltung wandte sich anderen Themen zu.  

Ein Brief von Thuvia von Ptarth war eingetroffen, die den Hof ihres Vaters besuchen würde, während ihr Ehemann Carthoris zum Jagen in Okar weilte. Ein Gerücht hatte sich verbreitet, dass die Thark und die Warhoon sich erneut im Krieg befanden. Oder besser gesagt, dass es ein erneutes Gefecht gegeben hatte, da Krieg ihr normaler Zustand war. In der Erinnerung der Menschen hatte es noch niemals Frieden zwischen diesen beiden wilden grünen Horden gegeben, allenfalls einen vorübergehenden Burgfrieden.  

In Hastor waren zwei neue Schlachtschiffe getauft worden14 .  

Eine kleine Gruppe heiliger Thern versuchte die antike und in Verruf geratene Religion von Issus wiederzubeleben15 . Sie behaupteten, ihr Geist wäre noch lebendig und hätte Kontakt zu ihnen aufgenommen.  

Es gab Gerüchte über einen möglichen Krieg mit Dusar16 .  

Ein Wissenschaftler behauptete, menschliches Leben auf dem Fernen Mond entdeckt zu haben17 .  

Ein Verrückter hatte versucht, die Atmosphären-Anlage zu zerstören18 .