Pentamuria-Saga Band 2

Die Säule des Lichts

Wolf Awert



zuerst erschienen bei Zaptos Media 2016

Cover Zaptos Media

Machandel Verlag Charlotte Erpenbeck

49740 Haselünne

2020

ISBN 978-3-95959-176-8

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Pentamuria-Saga Band 1

Die Macht der Magier

Wolf Awert



zuerst erschienen bei Zaptos Media 2016

Cover Zaptos Media

Machandel Verlag Charlotte Erpenbeck

49740 Haselünne

2020



Pentamuria, die Welt der fünf Königreiche, befindet sich im Wandel. Die Macht der Magier und der Adeligen wird bedroht. Krieg steht den Magiern bevor, doch wann und gegen wen, das wissen sie nicht. Darum sammeln sich die Magier in ihrer Hauptstadt, Ringwall, um sich gemeinsam auf jeden nur denkbaren Feind vorzubereiten. In diesen Tagen wird das Findelkind Nill von Druiden entdeckt. Seine magischen Fähigkeiten sind beachtlich, und so bringt man ihn nach Ringwall, wo er zusammen mit anderen Schülern zum Magier ausgebildet werden soll. Noch ahnt niemand, dass ausgerechnet in Nills Kräften der Schlüssel zum Schicksal Pentamurias liegen könnte..



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Pentamuria-Saga Band 2

Ringwalls Untergang

Wolf Awert



zuerst erschienen bei Zaptos Media 2015

Cover Zaptos Media

Machandel Verlag Charlotte Erpenbeck

49740 Haselünne

2020



Nach seiner Ernennung zum Erzmagier ist Nill in einer Zwickmühle. Einerseits bekleidet er nun das Amt eines mächtigen Magiers, andererseits aber sind seine tatsächlichen, magischen Fähigkeiten schwach. So bleibt Nill keine andere Wahl, als Ringwall zu verlassen und sich auf die Suche nach der alten Magie zu begeben. Doch diese Suche ist gefährlich... Nicht zuletzt wegen Nills altem Rivalen Sergor-Don, der sein Erbe als König des Feuerreichs angetreten hat. Der junge Herrscher ist mit seinem neuen Königreich jedoch noch lange nicht zufrieden. Er will das Feuerreich zu alter Stärke und Macht führen und kennt dabei nur ein Ziel: Ringwalls Untergang.




www.machandel-verlag.de




Epilog


Fünf Winter waren vergangen, seit Nill mit Bairne nach Ringwall zurückgekehrt war. Er hatte allen geholfen, die Runen und Glyphen lesen zu lernen, hatte ihnen erklärt, was er selbst bisher verstanden hatte, ihnen geholfen, sich in den Sälen und Kammern zurechtzufinden und war dann wieder aufgebrochen, um Pentamuria zu durchstreifen und alle Magiekundigen zu finden, die die Gabe der alten Magie in sich trugen. Es waren nicht viele und noch weniger wollten mit ihm nach Ringwall gehen. Binja und Rinja gehörten zu den ersten, zu Nills Überraschung schloss sich ihm auch der braune Sijem an, der als Halbkundiger zum inneren Kreis von Sergor-Don gehört hatte und als Nebenkönig Erdland verwaltete. Jetzt plante Nill seine letzte Reise. Am Waldrand entlang bis in die Metallwelt. Ein kurzer Besuch bei Brolok und dann auf dem schnellsten Weg wieder zurück. Er wusste, warum er diese Reise immer wieder aufgeschoben hatte.

„Geh einfach von hier bis zum Wald und halte dich dann rechts.“

Bei Bucyngaphos, was war das lange her, als sie noch unter der Last ihrer strengen, magischen Ausbildung in Ringwall gestöhnt hatten. Sie hatten gerade erst die Behaglichkeit ihrer kindlichen Unschuld verlassen und durften nun den herben und irritierenden Duft der Erwachsenenwelt schnuppern. Sie waren schneller erwachsen geworden, als sie es sich eingestehen wollten. Vielleicht war aber auch alles nur die Illusion einer verklärten Erinnerung, und keiner von ihnen je wirklich Kind gewesen. Und nun stand er erneut vor dem kleinen Weiler am Waldrand.

Es hatte sich viel verändert. Nills müder Blick sah Kinder durch das Dorf rennen. Wahrscheinlich waren sie mitten in einem Abenteuer, das sich in jeder dunklen Ecke, unter jedem Baum anbot und für das manchmal bereits ein merkwürdig geformter Schatten ausreichte.

Es waren auch Jungen darunter. Männer sah er nicht, aber Jungen. Die Oas, die er kennengelernt hatte, gaben ihre männlichen Nachkommen den Vätern mit oder setzten sie aus. Ein unbarmherziges Gesetz. Aber nun …

„Die Welt braucht keinen Wandler. Sie verändert sich ganz von selbst“, dachte Nill, ging ein paar Schritte, blieb wieder stehen und blickte sich um.

„Sagt“, wandte sich Nill an die nächstbeste Frau, die an ihm vorbeischritt. „Lebt Tiriwi noch an diesem Ort?“

„Ja, dort drüben, direkt am Waldrand.“

„Das war schon immer ihr Lieblingsplatz“, dachte Nill, bedankte sich und näherte sich vorsichtig einer etwas schief hängenden Tür. Doch bevor er anklopfen konnte, wurde die Tür aufgerissen, sodass er gerade noch ausweichen konnte, und eine Stimme schrie: „Könnt ihr nicht…“ Die Stimme brach ab. „Was machst du denn hier? Komm herein, und wirf deinen Krempel einfach in die Ecke und lass dich anschauen. Müde siehst du aus.“

„Müde bin ich auch. Unsagbar müde. Aber du hast dich nur wenig verändert.“

Nill blickte auf eine Tiriwi, deren Haar immer noch silbrig glänzte, die immer noch schlank wie eine hochschießende Grasblüte war, wenn sich auch an der einen oder anderen Stelle Muskeln und Sehnen nicht mehr ganz so unauffällig unter einer gleichmäßigen dünnen Fettschicht versteckten.

„Es tut gut, dich zu sehen“, sagte Nill, schaute in zwei große rauchgraue Augen und wusste nicht so recht, wohin mit seinen Händen.

„Dich auch“, sagte Tiriwi, schlang ihre Arme um seinen Hals und gab ihm einen herzhaften Kuss auf die Lippen, in dem noch sehr viel Wärme, Erinnerung und Zärtlichkeit wohnte, aber keine Leidenschaft mehr.

„Du scheinst kaum älter geworden zu sein“, sagte Nill, „Ich hingegen fühle mich, als stünden hundert Ernten hinter mir.“

„Hundert Ernten, hundert Winter, hundert Baumblüten. Wir können es nennen, wie wir wollen. Es ist immer dieselbe Zeit.“ Tiriwi lachte. „Wenn du dich ein wenig ausgeruht hast, wirst du dich ganz anders fühlen.“

„Ich weiß nicht. Wenn ich zurückblicke, dann bekomme ich Angst vor der Zukunft.“

„Setz dich und iss etwas. In der Zwischenzeit werde ich dir erzählen, wie die Zukunft aussieht.“

„Du kennst die Zukunft?“ Nill musste lächeln. Das war seine Tiriwi. Sie war sich ihrer immer so sicher.

„Es wird in Zukunft keine Druiden mehr geben, doch das kann dich nicht überraschen, wo doch jeder Kundige spürt, dass die Kraft der fünf Elemente abnimmt. Dakh-Ozz-Han, den alle nur noch Onkel Dakh nennen, wohnt im übernächsten Dorf. Und Oas wird es bald auch nicht mehr geben. Unsere Magie, so alt sie auch ist, war eine Verirrung. Himmel und Erde ist die alte Magie. Sie braucht den Menschen als Brücke nicht. Die neuen Oas werden mächtig werden, weil es ihnen leicht fällt, die alte Magie zu erlernen. Wenn du uns brauchst, frag nur. Es wird viele geben, die mit dir gehen würden, wenn du sie bittest, denn du hast einen guten Namen in meinem Volk. Doch werden sie auf ihrem Weg zu einer neuen Bedeutung auch viel zurücklassen müssen. Das wird vor allem die erste Generation schmerzen. Und sich mit anderen zusammenzutun, müssen sie auch noch lernen. Aber schau dir unsere nächste Generation an.“

Tiriwi zeigte auf zwei Jungen, kräftig für ihr Alter, behände und einander so ähnlich, dass wohl nur die Mutter sie auseinanderhalten konnte.

„Sie werden einmal starke Kämpfer“, sagte Nill.

„Das sehe ich auch so. Aber Kämpfer dürfen sie werden. Krieger nicht. Ich befürchte nur, sie werden sich nichts sagen lassen, wenn sie älter sind.“

„Es sind deine Söhne!“

„Bald wird es noch mehr von ihrer Art geben. Niemand weiß, was sie tun werden. Vielleicht werden sie bleiben, vielleicht ihr Dorf verlassen, aber sie werden nicht zu ihren Vätern ziehen. Und ich glaube auch nicht, dass sie in Welt hinauswollen. Wahrscheinlich ziehen sie nur bis in das nächste Dorf. Ja, es sind meine Söhne. Ich habe mich an sie gewöhnt und ich liebe sie. Ich könnte sie nie abgeben. Aber eines Tages werden sie mich verlassen. Der Schmerz dieser Trennung wird dann neu für mich sein.“

Nill kamen die Kinder bekannt vor. Nicht ihre Gesichter. Sie waren für ihn Kindergesichter, die er kaum von anderen unterscheiden konnte, obwohl … Dieses Zusammenkneifen der Augen … Nein, es war mehr die Art, wie sie sich bewegten. Klein, stämmig und trotzdem mit einer Art von Geschmeidigkeit, die ihm bekannt vorkam. Vielleicht war es aber auch nur eine zufällige Ähnlichkeit mit etwas, das er kannte, die ihm eine Vertrautheit vorspielte, die es nicht gab. „Wer ist ihr Vater?“, fragte er.

Tiriwi hatte Nills prüfenden Blick wohl bemerkt. Nein, sie würde Nill niemals verraten, dass es Broloks Kinder waren. Männer können da manchmal so unbegreiflich empfindlich werden. Dabei waren es doch richtige Prachtkerlchen. Und so strich sie Nill nur über die Wange und sagte: „Von wem meine Kinder sind, geht dich nichts an. Oas erinnern sich nicht an die Väter, und wenn sie es tun, dann sprechen sie nicht darüber. Aber auch das wird sich in Zukunft vielleicht ändern.“

„Sie will es mir nicht sagen, weil ich den Vater kenne“, dachte Nill. „Doch wenn die Kinder älter sind, wenn der Mann die weichen Züge des Kindes verloren hat, dann werde ich mich erinnern und den Vater in ihnen erkennen. Diese Geduld habe ich.“ Er lächelte etwas gequält und sagte: „Ja, es geht mich nichts an. Aber ich habe mir immer gewünscht, dass eines deiner Kinder von mir ist. Es hätte dann etwas gegeben, das bleibt. Und ich hätte dich gern für immer an meiner Seite gehabt, aber das Schicksal hatte anderes mit uns vor.“

„Oas gehören ihren Schwestern. Sie gehen keine lebenslangen Bindungen ein. Das hast du gewusst.“

„Ja, das habe ich gewusst. Aber heute weiß ich nicht mehr, ob mir meine Erinnerungen an uns genügen.“

Tiriwi lächelte. „Lass uns die weise Frau des Dorfes besuchen. Sie wird dir alles erklären. Auch daran hat sich bei uns nichts geändert.“

Nill sah etwas in Tiriwis Augen. Versteckte Freude. Schadenfreude oder einfach ein Funkeln von Lebenslust, das Aufblitzen einer Idee, ein verstecktes Lachen. Er konnte es nicht sagen.

Er ging hinter Tiriwi her. Leer gebrannt und müde gekämpft trug er zusätzlich noch an Tiriwis Worten, während sie mit federndem, langem Schritt und ruhigem Lächeln den Weg zur großen Stelzhütte zurücklegte.

„Frauen können grausam sein“, dachte Nill. „Und oft merken sie es noch nicht einmal.“

Tiriwi kletterte die paar Stufen hinauf, wartete einen Augenblick, bis Nill neben sie getreten war, klopfte an und trat ein, ohne auf eine Aufforderung der weisen Frau zu warten.

„Lill? Das hier ist Lill, Nill. Sie ist die weise Frau unseres Dorfes.“

Nill schaute verdutzt. Vor ihm stand eine junge Frau, viel jünger noch als er. Von mittlerer Größe, mit langen silberfeinen Haaren, die so leicht gesponnen waren, dass bereits der leiseste Windhauch sie in Bewegung versetzte. Das Gesicht war schmal, die Augen groß und von einem dunklen Blau, das Nill aus den Bergseen der Metallwelt her kannte. Der leicht geöffnete Mund ließ zwei Reihen kleiner Zähne hervorscheinen, die die Perlen der Wasserwelt an Glanz zu übertreffen schienen.

Geblendet von dieser sanften Schönheit begann Nill zu stottern. „Ich dachte, ich …“

„Ja, dass alle weisen Frauen alt und hässlich sind“, beendete Tiriwi den Satz für ihn.

Nill schüttelte den Kopf, nickte und schüttelte erneut den Kopf.

„Alt ja, aber nicht hässlich.“

„Alte Frauen sind immer hässlich“, sagte Tiriwi.

„So etwas kann auch nur eine Frau sagen“, dachte Nill und erinnerte sich an Grimala, Tiriwis Lehrerin und an die Hohe Dame in Ringwall, deren Schönheit er immer bewundert hatte.

„Lill ist ein seltener Name für eine Oa. Ich dachte, ihr tragt immer lange Name. Viele ähneln einem Vogelruf.“

„Sie hat einen langen Namen, aber den könntest du doch nicht aussprechen.“ Tiriwi stieß einen gellenden Laut aus, der in einem kurzen Triller endete. Es klang wie „Niiihilill“. „Zufrieden?“, fragte sie.

„Nihilill?“, fragte Nill ungläubig.

„Lill, das hier ist Nill, Erzmagier Ringwalls, Begründer einer neuen Magie, ein Narr und nebenbei auch noch dein Vater.“

Nill breitete seine Arme aus und ließ sie wieder fallen. Er wusste weder, was er sagen, noch was er tun sollte.

„Lill wird eines Tages das Volk der Oas vereinen. Ihre Magie ist stärker als die Brücke zwischen Himmel und Erde. Das hat sie von dir. Und sie versteht den Puls des Lebens besser als jede andere hier bei uns. Na ja, das hat sie nicht von dir.“

Lill ließ Nills Herz schlagen, bis sein Widerhall die Luft um ihn herum zum Schwingen brachte. Nill fühlte, wie die Luft sich ausdehnte und wieder zusammenzog und spürte zum ersten Mal in dem Herzschlag und in jedem Atemzug den harten Schlag und das weiche Nachgeben.

Lill trat vor ihn, umarmte ihn und Nill erlebte wie zwei Herzen gemeinsam schlugen, zwei Münder gemeinsam die Luft in sich hineinsogen und sie wieder losließen, so dass das Innere nach außen und das Äußere nach Innen trat. Nill spürte hart und weich, innen und außen und auf einmal auch – Licht und Dunkelheit.

Er drehte den Kopf und schaute Tiriwi an.

„Ja“, sagte sie. „Der Puls des Lebens ist deine alte Magie. Jeder Schlag, jedes Klopfen ist ein Licht. Und jede Pause dazwischen das Dunkel. Was du hast lernen müssen, war uns schon immer angeboren. Wir haben es nur nicht gewusst. Lill hat es sofort erkannt. Und jetzt komm mit und hilf mir die Zwillinge suchen. Auch wenn sie nicht von dir sind, so sind sie doch frech, dickköpfig und absolut verantwortungslos. Du wirst dich in ihnen wiedererkennen.“

Tiriwi schob Nill wieder aus der Tür hinaus. „Wenn du willst, kannst du übrigens gern bei uns bleiben. Für eine Zeit wenigstens“, sagte sie.

„Gerne“, antwortete Nill. „Für eine Nacht, einen Tag und vielleicht noch eine weitere Nacht. Aber dann muss ich weiter. Lill hat in Ringwall einen Halbbruder und eine Halbschwester. Von ihnen möchte ich dir gern erzählen.“



Ende



Kapitel I


Der Nebel kam wie jede Nacht und deckte das Sumpfland zu, sodass kein Menschenauge mehr sagen konnte, wann der Tag begann. Vielleicht war es der Moment, in dem die Bäume schwärzer erschienen als der Nachthimmel, vielleicht aber auch erst, als die Sonne sich als weißer Fleck im hellen Grau des Himmels zeigte. Meistens löste die Sonne den Nebel im Lauf des Morgens auf, aber heute würde es ein Tag werden, der die Menschen dazu brachte, wichtige Dinge auf einen späteren Zeitpunkt zu verschieben. Und trotzdem …

Nill hatte lange und tief geschlafen. Die letzte Schlacht war geschlagen und die Widersacher der Vergangenheit besiegt. Sogar das Rätsel um die Geburt des Nichts hatte sich aufgelöst. Sedramon-Per hatte es in die Welt gebracht. Oder das Falundron. Oder beide. Aber kam es darauf an? Wichtig war doch nur, dass die Welt jetzt wieder beruhigt ausatmen konnte. Dakh, der alte Druide, hatte Nill einmal erzählt, dass die Welt bei Schlachtenlärm stets ihren Atem anhält und erst dann ausatmet, wenn die Schlacht vorüber ist. Das war ein tröstlicher Gedanke, aber Nill befürchtete, dass die vergangene Schlacht nicht die letzte, sondern die erste in einer langen Reihe von weiteren Schlachten war und dass die gelösten Rätsel der Vergangenheit wenig helfen würden, die Zukunft zu bewältigen.

„Ich muss nach Ringwall zurück“, sagte er sich, während er in dem Nebel herauszufinden versuchte, wo sich seine Freunde gerade aufhielten. „In Ringwall liegt Kypt unter einem Haufen Trümmer begraben und in Kypt steht alles geschrieben, was ich wissen muss, um die Zukunft Pentamurias zu verstehen. Irgendwo in den Katakomben der Gründungsväter liegt es. Das Buch Kypt! Was soll ich also noch hier in den Sümpfen? Brolok hat es richtig gemacht. So wie er zu seinem Vater zurückgekehrt ist, muss ich nach Ringwall zurück.“

Kurz entschlossen kehrte Nill Nässe und Kälte den Rücken zu, betrat erneut die Hütte, wo ihn ein warmer Dunst willkommen hieß, und packte seine Sachen zusammen. Er tat dies heimlich und leise, um niemanden zu wecken, doch als er die Hütte wieder verließ, saßen die anderen bereits um ein qualmendes und zischendes Feuer. Ihre Stimmen klangen in dem Nebel nur gedämpft zu ihm herüber.

„He, Nill, bedien dich“, rief Sedramon-Per. „AnaNakaras Suppe ist angenehm heiß.“

Suppe, Brot und verschiedene gekochte Pflanzen. Reichhaltig, aber selten abwechslungsreich waren die Mahlzeiten im Sumpfland. Nill nahm sich eine Schüssel und wickelte sich in seinen Wollmantel, den der Nebel rasch mit winzigen Wassertröpfchen verzierte.

„Ich möchte mich bei euch allen bedanken, meine Freunde. Für euren Schutz, euren Beistand und nicht zuletzt auch für eure Gastfreundschaft. Ich habe hier Frieden und Kraft gefunden, aber nun jucken mir die Füße und ich muss euch verlassen.“

Morb-au-Morhg hob den Kopf. Ihn nannten die Menschen in Pentamuria nur den großen Morhg, wenn sie von ihm sprachen. Nach Morbs Ansicht übertrieben die Leute, denn er sah nichts Besonderes darin, in der Wildnis alt zu werden, wenn man sie kannte. „Genieße erst einmal dein Frühstück, Nill“, sagte er. „Wenn du jetzt aufbrichst, findest du weder Weg noch Richtung. Hör dir lieber an, womit Dakh uns den Tag vermiesen will.“

Nill suchte in dem Grau nach der untersetzten Gestalt seines Lehrmeisters. Der saß auf der anderen Seite des Feuers, aber Nebel und der Rauch des Feuers verhüllten seine Gestalt, sodass Nill nur Umrisse erkennen konnte.

„Es ist gut, dass du da bist, Nill. Da brauche ich nicht alles zweimal zu erzählen. Ihr wisst, mein halbes Leben habe ich damit zugebracht, den Willen des Schicksals zu ergründen. Und trotzdem gelang es mir nicht, die Bücher der Prophezeiung zu finden. Und was mich daran besonders schmerzt, ist, dass ich einmal direkt vor dem Buch Arun gestanden habe, ohne es zu merken. Es war mir nicht vergönnt, es zu lesen. Doch dafür bin ich den Menschen begegnet, die sie für mich gefunden haben. Dir, Nill, und dir, Sedramon-Per.“

Einige der Köpfe am Feuer drehten sich kurz zu Sedramon oder Nill, bevor sie ihre Aufmerksamkeit erneut Dakh-Ozz-Han schenkten. Es musste wichtig sein, was der Druide zu sagen hatte, denn er machte sonst nicht so viele Worte.

„Ihr wisst auch, dass ich die großen magischen Muster in Pentamuria studiert habe. Und die Veränderungen dieser Muster sagten mir, dass alle magischen Zeitlinien in einem Punkt zusammenlaufen würden, an dem eine Entscheidung fällt. Diesen Punkt haben wir nun erreicht. Vielleicht liegt er auch schon hinter uns. Auf den Tag genau möchte ich mich nicht festlegen. Es kann genau so gut die Zerstörung Ringwalls gewesen sein wie unser Kampf in den Sümpfen, wo wir alle zusammengefunden haben. Aber jetzt …“

Dakh machte eine Pause bevor er weitersprach. Er wusste, wie man Geschichten erzählte, und kannte jeden Kunstgriff, die Aufmerksamkeit seiner Zuhörer auf sich zu ziehen. Und deshalb hob er nun einfach die Hand und streckte einen Finger aus, mit dem er in die Luft deutete. Und die Spitze des Fingers leuchtete blass im Nebel. „Gaukler“, dachte Nill und lächelte. Aber auch sein Blick folgte der Fingerkuppe, als wäre in ihr die Wahrheit der Welt versteckt.

„Jetzt verändern sich diese Muster nicht mehr. Versteht ihr? Alle Zeitlinien, die in diesem einen Punkt zusammengelaufen sind, tun so, als wären sie eingefroren. Und die Zukunft hat sich in die Büsche geschlagen wie eine Bande übler Strolche. Ich sehe noch nicht einmal das Morgen vor mir. Ich frage mich, ob es überhaupt noch eine Zukunft für uns und die Welt gibt. Und ich kann euch sagen: Das macht mir mehr Angst als eine weitere Horde Schlammwesen aus den Randwelten.

Schlimmer noch, ich kann es nicht deuten. Im übelsten Fall haben wir nie eine Zukunft gehabt, die über diesen Punkt hinausgeht, und stehen nicht nur vor dem Ende von Pentamuria, sondern möglicherweise auch vor dem Ende von ganz Haimar, von dem Pentamuria nur ein Teil ist. Möglich ist aber auch, dass wir eine Zukunft hatten, sie uns aber verlorenging, weil jemand mit den Zeitlinien magische Spielchen getrieben hat und nicht wusste, was er tat. Hoffentlich ist es nicht mehr als ein Stillstand der Zeit, die sich zurückhält, weil das Schicksal sich besinnen möchte. Aber wenn ich um mich schaue und sehe, wie sich die Blätter im Wind bewegen, wie die Sonne den Himmel empor- und wieder herabsteigt, wie Sterne und Mond in der Nacht für uns leuchten, dann vermag ich nicht daran zu glauben, dass die Zeit stillsteht. Also, was steckt hinter alldem, frage ich euch?“

Es dauerte lange, bis sich jemand rührte. Dann bewegte sich Sedramon-Per. In dem Nebel ähnelte seine lange Gestalt eher einer geisterhaften Buckelkiefer als einer menschlichen Gestalt.

„Wenn du es nicht weißt, Dakh, wer sollte es dann wissen? Aber etwas kann ich dir sagen. Der Sammelpunkt der Zeitlinien war nicht die Zerstörung Ringwalls durch König Sergor-Don, sondern unser Zusammentreffen in den Sümpfen. Das weiß ich, weil ich viele Baumblüten mit AnaNakara in der Wasserwelt verbracht und nur auf den einen, entscheidenden Augenblick gewartet habe, von dem ich zwar nicht wusste, wie er aussah, aber den ich erkennen würde, wenn die Zeit reif war. Und so ist es auch geschehen. Ich wurde gerufen und ich kam. Und ich brachte AnaNakara und Bairne mit mir und kannte nur ein Ziel: Ich musste Nill in der Wasserwelt vor seinen Feinden beschützen. Dass er mir und AnaNakara einmal anvertraut war, mag mitgespielt haben, war aber nicht der Grund.“

„Mir ging es ähnlich. Auch wenn ich im Gegensatz zu euch lange Zeit gar nicht wusste, dass es ihn gab“, sagte Morb. „Ich musste ihm erst gegenüberstehen, um ihn zu bemerken. Aber Ringwall habe ich nur aus dem einen Grund verlassen, um Nill, dem Erzmagier des Nichts, seine übelwollenden Brüder vom Leib zu halten. Und da wusste ich noch nicht einmal, dass er möglicherweise mein Sohn ist.“

„Bitte, Freunde! Nicht das schon wieder.“ Nill machte ein gequältes Gesicht. „Ich bin das mit dem Erzmagier wirklich leid. Es ist so bedeutungslos wie ein Blatt, das von einer Sumpfbirke fällt. Ich habe dieses Amt nie ausfüllen können. Wie sollte ich auch? Ich bin noch immer ein Zauberschüler, der versucht, seinen Weg durch die Magie zu finden.“

„Und ich bin ein dummer Druide, der genau das gleiche macht, mein Junge“, brummte Dakh. „Mit zu viel Bescheidenheit kann man sich auch selbst im Weg stehen. Im Gegensatz zu dir kannte ich meinen Weg immer ganz genau, bis ich dann am Ende feststellen musste, dass er ein Irrweg war. Da sollte ich mich doch fragen, ob jemand wie ich überhaupt in der Lage ist, die Druiden anzuführen und durch die unruhigen Zeiten zu bringen, die nun vor uns liegen. Aber ich war zu jeder Zeit ein wichtiger Teil des großen Musters. Und deshalb mache ich weiter, bis ich abberufen werde.“

Nill schüttelte nur den Kopf. Das war es nicht, worum es ihm ging.

„Ach was. Bescheidenheit. Das ist es doch nicht. Erinnert euch an unseren Kampf im Sumpf. Ihr alle habt diesen Kampf gemeinsam gegen die Leute geführt, die mich gejagt haben. Ich konnte noch nicht einmal helfen. Ich saß träumend da oder spazierte durch die andere Welt. Die Sache mit dem Erzmagier ist ein Narrenspiel, und ich verstehe nicht, warum es für euch alle so wichtig ist.“

„Oh, das kann ich dir sagen, mein Junge. Auch wenn ich nur für mich allein spreche“, sagte Dakh. „Du nennst es ein Narrenspiel? Nun - vielleicht ist es das. Aber wer von einem Narrenspiel spricht, muss das Spiel auch verstehen, mein lieber junger Freund. Willst du leugnen, dass du als Einziger die Legitimation hast, nach Ringwall zurückzukehren?“

„Nein, aber …“

„Kein aber. Und wer hieß Sedramon-Per warten, bis du in die Wasserwege kamst?“

„Das weiß ich doch nicht, nur ist …“

„Woher, sagtest du, kam der Dämon, der uns vor den Schlammwesen rettete?“

Nill bekam einen roten Kopf.

„Das ist eine Geschichte für sich, Dakh.“

„Siehst du? Genau das meine ich. Dein gesamtes Leben ist eine einzige Ansammlung von Geschichten. Und jede einzelne davon eine Geschichte für sich. Mir macht niemand weis, dass sich bei dir eine Fügung an die andere reiht, ohne dass das eine tiefere Bedeutung hat. Ich muss diese Bedeutung nicht verstehen. Mir reicht es zu wissen, dass das Schicksal um dich herumzukreisen scheint.“

Nill stand auf. „Ich muss gehen.“ Ihm war die Rederei um seine Bedeutung so angenehm wie einem Sumpfreiher Krätzmilben im Brustgefieder. „Hier herumzustehen und zu reden hilft uns nicht. Wir brauchen das Buch Kypt und ich weiß, wo es sich befindet. Und wenn ich es gefunden und euch erzählt habe, was in ihm geschrieben steht, dann mache ich mich auf den Weg und suche meine Mutter. Jetzt, da ich weiß, wo ich sie suchen muss, wird mich nichts mehr davon abhalten.“

Er drehte sich zu Morb-au-Morhg und umarmte ihn. „Eines Tages werde ich dich einmal Vater nennen. Ich wünsche es mir so sehr. Aber noch kann ich es nicht.“

Dann verabschiedete er sich von Sedramon-Per und AnaNakara, die über seine ersten Lebensjahre gewacht hatten, und hielt als letztes Bairne an beiden Händen.

„Ich weiß nicht, woher du gekommen bist, und auch nicht warum. Aber du warst da. Gerade noch rechtzeitig. Und darüber habe ich mich gefreut.“

Bairne schaute auf den Boden, als würde sie sich schämen. Aber dafür gab es eigentlich keinen Grund. Dakh beobachtete die beiden jungen Leute mit einem Blick, der aussah, als wollte er etwas fragen. Aber dann winkte er Nill noch einmal aufmunternd zu und begab sich zu seinem Schlafplatz. Er würde Sedramon und AnaNakara ebenfalls noch heute verlassen, aber sein Weg führte ihn nicht nach Ringwall. Er musste die Druiden zusammenrufen und befürchtete, dass es dafür bereits zu spät war.


Bereits nach wenigen Schritten musste Nill sich seinen Weg suchen, denn der Nebel versteckte alle Wegmarken und ließ selbst vertrautes Gelände fremd erscheinen. Es dauerte bis zum späten Vormittag, bevor die Sicht sich soweit klärte, dass er mehr als nur den nächsten Baum, das nächste Gestrüpp erkennen konnte. Mit Ramsker an seiner Seite zog er zunächst erd-, dann feuerwärts und folgte damit jenem dünnen Streifen zwischen nassem und trockenem Land, wo auch die Oas der Wasserwelt siedelten. Nach den Tagen im Halbdunkel genoss er die Sonne mit ihrer Wärme und ihrem Licht. Und doch wollte der Frohsinn nicht zu ihm kommen, der sich doch sonst immer so schnell einstellte, wenn zu einem neuen Ziel aufbrach. Dafür trug er zu viele düstere Gedanken mit sich herum, die sich immer mehr zu einer großen Wolke verdichteten.

„Ich müsste doch jetzt endlich zufrieden sein“, sagte er zu Ramsker, der bei den unerwarteten Tönen stehen blieb. „Ich verstehe das Wesen des Nichts, kenne die alte Magie der Vorväter und weiß sogar, wie sich die Magie der fünf Elemente daraus entwickelt hat. Und ich bin auf einem guten Weg, die Magie wirklich zu verstehen. Das habe ich doch immer gewollt. Sag mir, warum ich nicht zufrieden bin, Ramsker.“

Ramsker riss einige Blätter ab und drehte Nill sein Hinterteil zu.

Was für ein seltsamer Gedanke ist doch die Frage nach dem Glück, schoss es Nill durch den Kopf. Niemand in seinem Dorf hätte jemals eine solche Frage gestellt. Wenn die Familie genug zu essen hatte, die Kinder gesund blieben und niemand vor seiner Zeit starb, dann gab es nichts, worüber man sich Sorgen zu machen brauchte. Als wenn das nicht genug wäre im Leben. Aber er wollte unbedingt wissen, ob er glücklich war. Es ging ihm gut, besser als vielen anderen. Und trotzdem. Etwas quälte ihn schon die ganze Zeit. Vielleicht hatte er einmal gewusst, was es war. Aber wenn er es gewusst hatte, dann hatte er es nun vergessen. Würde er sich erinnern?

Nill streichelte Ramsker über das Fell. Der wunderte sich über die unerwartete Liebkosung und drehte sich verwundert um. „Na, mein Bester? Wir werden es schon schaffen.“ Ramsker hasste Nills Momente der Unentschlossenheit und trottete weiter. Nill blieb nichts übrig, als seinem Bock zu folgen. Aber die Gedanken blieben in seinem Kopf und machten ihn taub und blind für das, was um ihn war.

Er hörte kein Zwitschern der Vögel, sah nicht, wie im Wind tanzende Blätter mit dem Sonnenlicht spielten, roch weder die frische Luft, die ihm zurief, dass er das Sumpfland verlassen habe, noch den Duft der Blumen. Er sah nur den Weg vor sich, den er zu gehen hatte, und ging ihn mit den Schritten eines Bauerns, der von seinem Acker lebte. Es war nicht Kypt, das ihm Sorgen bereitete, auch nicht die Ungeduld, weil er die Suche nach seiner Mutter erneut aufgeschoben hatte. Er würde Kypt finden und dann die Prophezeiung lesen. Das würde allen helfen, sich auf die dunklen Zeiten einzustellen. Dann wäre das Interregnum nicht schlimmer als eine Missernte. Nur länger. Und seine Mutter würde er auch finden, wenn sie noch lebte.

Blieben nur Dakhs Worte über die unbekannte Zukunft. Sie beunruhigten ihn. Keine Zukunft zu haben war schlimmer als eine Katastrophe vor den Augen, denn die würde man nehmen müssen, wie sie kam. Doch was ihm zu schaffen machte, hatte nichts mit den Ereignissen der letzten Zeit zu tun. Es war alt. Vielleicht hatte er es schon als Schüler mit nach Ringwall gebracht.

Er kam gut vorwärts und genoss in jedem Dorf die herzliche Gastfreundschaft, für die die Oas so berühmt waren. Doch obwohl sich immer genügend Frauen fanden, die ihm gern beim gemeinsamen Abendwesen die Speisen vorlegten und nur auf ein Zeichen von ihm warteten, verbrachte er die Nächte im Haus der Geselligkeit stets allein. Er genoss die Schönheit der Frauen, aber keine konnte an Tiriwi heranreichen. Und das hohe Ansehen, das er bei den weisen Frauen der Oas genoss, verhinderte jede Aufdringlichkeit.

„Es ist uns eine große Ehre, Erzmagier“, begrüßte ihn eine Oa mit hohem Rang und Nill spürte bei dieser Anrede wieder den alten Ärger in sich aufsteigen. Schnell rief er sich zur Ordnung, atmete einige Mal tief durch und antwortete: „Die Ehre liegt ganz auf meiner Seite, denn die Magie der Oas ist ohne Beispiel.“

Etwas später im Haus der Geselligkeit fragte er sich, warum er immer so heftig darauf reagierte, wenn ihn jemand mit Erzmagier ansprach. Es war immer respektvoll gemeint und doch … In seinem Kopf entzündete sich ein kleiner Funke.

Mah Bu. Ihn hatte er im Kampf besiegt, was niemand für möglich gehalten hatte. Bis heute verstand er selbst nicht, was da passiert war.

Der Wandler. So hatte der Erzmagier der anderen Welt ihn gesehen, bekämpft und gegen ihn verloren. Aber der Wandler konnte er nicht sein, denn Sergor-Don hatte Ringwall zerstört. Nill erinnerte sich noch daran, wie sich grenzenlose Erleichterung mit seiner Trauer verband, als er davon erfuhr. Die Trauer über den Verlust von denen, die ihm in Ringwall wohlgesinnt gewesen waren, konnte das Gefühl der Befreiung nicht zurückhalten. Wenn er aber nicht der Wandler war, wer war er dann? Seine Freunde sahen in ihm ein Werkzeug des Schicksals. Aber ein Werkzeug des Schicksals wollte er nicht sein. Er glaubte an den freien Willen, der seinen eigenen Weg innerhalb der Grenzen fand, die das Schicksal ihm steckte. Und wenn er sich täuschte? Dakh hatte recht, wenn er darauf hinwies, wie viele Merkwürdigkeiten es in seinem Leben gab, die sich nicht einfach wegerklären ließen. Zufall? Er glaubte an Zufälle, aber nicht, wenn sie sich zu einem Haufen von der Größe einer Gewitterwolke auftürmten. „Wie frei bin ich?“, fragte Nill sich. „Und wie finde ich das heraus?“


Nill erreichte endlich die Holzhalte und wandte sich nun erdwärts. Sein Weg führte ihn durch offenes Gelände, durch fruchtbares Ackerland und an Dörfern vorbei, in denen die Menschen keine Not gekannt hatten. Aber was war aus diesem Land geworden? Die Höfe heruntergekommen, viele Äcker nicht bestellt und überall zogen Soldaten in kleinen Trupps durch das Land und drangsalierten seine Bewohner. Nill schlüpfte in den grauen Umhang, den die Oas ihm aus den Fäden der Königs- und der Nachtspinnen gewebt hatten, und reiste während der Morgen- und Abenddämmerung wie ein unsichtbarer Geist durch das Land. So dauerte seine Reise länger als geplant, aber dafür reiste er in sicherer Deckung. Und endlich erreichte er Raiinhir.

Strahlendes Raiinhir. Wenn Ringwall die Krone des Knor-il-Ank war, dann lag Ring Raiinhir wie eine Amtskette um seinen Hals. Diese Stadt hatte vor noch nicht allzu langer Zeit Ringwall versorgt. Und Ringwall? Nill schaute bestürzt auf die Trümmer dessen, was einmal die mächtigste Stadt der fünf Königreiche gewesen war. Aus der Krone auf dem Haupt des Knor-il-Ank, an der sich die untergehende Abendsonne gebrochen hatte, war ein grauer Reif aus Schutt geworden. Und Raiinhir war mit Ringwall untergegangen und nur noch ein Schatten seiner selbst. Zwar standen die Häuser noch, aber durch die einst bunt bevölkerten Geschäftsstraßen patrouillierten nun die Krieger des Feuerreiches. Lediglich der Rauch aus einigen Schornsteinen verriet, dass immer noch jemand in der Stadt wohnte.

Zwei breite Ringstraßen führten um den Fuß des Berges herum, fünf Ausfallstraßen verbanden Raiinhir mit den fünf Königreichen. Die sechste breite Straße führte vom inneren Ring zum Aufstieg nach Ringwall. Dort hielten sich nur einige Wachposten auf. Alle anderen Straßen waren deutlich schmaler und ließen kaum zwei Karren aneinander vorbei. Jetzt lagen sie verlassen im Schatten der späten Sonne und dienten als Lagerplatz für Abfall und Dreck. Ihre einzigen Bewohner waren Mäuse und Ratten. Nill wartete auf den Abend und den Schutz der Dunkelheit, um sich den ersten Häusern zu nähern.

Er legte den grauen Umhang ab und den schwarzen aus den Fäden der Nachtspinnen an und war, solange kein voller Mond die Nacht beleuchtete, für kein menschliches Auge mehr zu erkennen. Aber Ramskers Fell war nicht unsichtbar und seine Hufe klopften hin und wieder viel zu laut auf das Pflaster. Nill presste sich ganz eng an seinen Gefährten, deckte ihm den Rücken mit seinem Umhang ab und gemeinsam verschwanden sie in einer der engen Gassen, wo sie sich an den Hauswänden entlangschoben, bis sie die erste Ringstraße erreichten. Dort herrschte ein ständiges Kommen und Gehen. Die Fußpatrouillen trugen Fackeln und einzelne Reiter sorgten für die Verbindung zwischen ihnen. Obwohl die Fackeln die Nacht nicht völlig erhellen konnten, reichte ihr Licht aus, jede Bewegung zu erkennen, die nicht zur militärischen Routine gehörte.

„Wie kommen wir ungesehen über diese Straße, Ramsker?“, flüsterte Nill. Aber dann wünschte er sich, den Mund gehalten zu haben, denn Ramsker beantwortete seine Frage dadurch, dass er sich losriss und mit gesenktem Gehörn über die Straße stürmte, auf der ein Lanzenträger gerade noch erschrocken zur Seite springen konnte.

So schnell wie der Bock den Soldaten erschienen war, so schnell verschwand er auch wieder in der nächsten schwarzen Gasse.

„He!“ Ein Reiter riss sein Pferd herum. „Was war das denn?“

„Sah aus wie ein Rams“, ertönte eine andere Stimme.

„Den Braten hole ich mir“, schrie der Reiter und galoppierte hinter Ramsker her.

Nill nutzte das kurze Durcheinander und überquerte die Straße mit leichten Schritten. Auch die zweite Ringstraße war in Aufruhr und hatte kein Auge für eine dunkle dahinhuschende Gestalt. Nill horchte noch einmal in die Dunkelheit, aber Ramsker schien bereits auf der sicheren Seite der Stadt zu sein. Hufgeklapper ließ ihn aufhorchen.

„Hast du ihn erwischt?“

„Das letzte, was ich sah, war, wie er den Hang hinaufrannte. Ich habe keine Lust, dass mein Pferd sich die Beine bricht. Aber wo es ein Rams gibt, gibt es auch noch andere. Wir sollten die Stadt noch einmal gründlich durchsuchen. Es gibt immer noch Leute hier, die glauben, sie könnten etwas vor uns verstecken.“ Der Mann lachte dreckig, als er das sagte.


Nill stieg langsam den Hang des alten Berges hinauf. Immer wieder stolperte er, denn in der Dunkelheit war nicht zu erkennen, wo der Fuß aufsetzte. Er würde auf den Morgen warten müssen, um herauszufinden, wo er sich befand. Alles, was er brauchte, war ein Schlafplatz, der von Raiinhir so weit entfernt war, dass ihn keine neugierigen Augen beobachten konnten. Nill bereitete sich auf eine kühle Nacht vor.

Mit den ersten Strahlen der Sonne stand er auf und packte seine wenigen Habseligkeiten zusammen. Raiinhir, auf das er nun herabschaute, einige vertraute Vorsprünge, wo der Fels sich durch die Grasdecke gebohrt hatte, und eine Handvoll Furchen, durch die bei starkem Regen, das Wasser den Hang hinabfloss, reichten ihm zur Orientierung. Er war seitlich des alten Aufstiegs zur Mauer heraufgekommen und würde nun um den halben Berg herumgehen müssen, um zu einem versteckten Eingang in die Stadt zu gelangen. Und während er noch seinen Blick über den Knor-il-Ank schweifen ließ, fühlte er plötzlich, wie er nach der Hand von Dakh-Ozz-Han tastete, sah sich neben dem großen Druiden stehen und voller Ehrfurcht auf die düstere Doppelmauer schauen, die den Gipfel des Berges zierte wie ein Krönungsreif das kahle Haupt eines greisen Königs. Den Weg zum großen Tor gab es noch, aber er führte nirgendwo mehr hin. Trümmer, Schutt und Asche waren alles, was von Ringwall noch übrig geblieben war. Er seufzte und machte sich auf den Weg.

Er betrat Ringwall an der Stelle, an der er die stolze Stadt einst verlassen hatte: durch den geheimen Gang, der aus den alten Fundamenten durch den Knor-il-Ank hinaus ins Freie führte. Ramsker beäugte misstrauisch das schwarze Loch in der Bergflanke und zog es vor, sich den Bauch in der Sonne vollzuschlagen.

Das Ausmaß der Zerstörung war gigantisch, auch wenn sie in den tiefsten Teilen der Stadt nicht angekommen war. Das alte Ringwall, auf dessen Fundamente die Magier ihre Stadt erbaut hatten, hatte König Sergor-Dons Magie getrotzt. Nill kam es vor, als ob in dieser Grabesstille der magische Strom des Knor-il-Ank nun nur um so lauter rauschte, weil er den Kundigen direkt und nicht über die Ohren erfasste. Über den intakten Fundamenten stand kein Stein mehr auf dem anderen. Als Nill aus dem Gang den untersten Flur Ringwalls erreichte, musste er sich durch einen Spalt quetschen, den ihm die eingestürzte Decke offen gelassen hatte. Er wusste nun, wo er war. Rechts ging es zu dem ehemaligen Eingang mit dem großen Tor und geradeaus und dann links eine Treppe hinunter zu den Katakomben. Aber der Flur bis zu dieser Treppe war verschüttet.

Er begann sich mit den bloßen Händen durch den Schutt zu graben und erkannte rasch die Fruchtlosigkeit seines Bemühens. Doch dann musste er lachen. Er erinnerte sich nur zu gut an seinen ersten Zauberspruch, den er gewirkt hatte. In der Küche von Ringwall war es ihm gelungen, Erdreste von Pflanzenwurzeln zu entfernen. Wie stolz er damals gewesen war. Jetzt brauchte er diesen Spruch um zurückzukehren. Die Magie war so schwach, dass niemand sie bemerken würde.

„Erde leicht, Luft schwer“, sprach er und begann erneut zu graben. Er musste sich ein Tuch vor Nase und Mund binden, denn der Staub wirbelte schnell hoch, ließ sich leicht beiseiteschaffen, aber sank nur widerwillig ab.

Herabrutschende Steine schob er vorsichtig beiseite, mächtige Blöcke stabilisierte er durch andere Steine und nach einem halben Tag Arbeit hatte er sich durchgegraben. Ein freier Zugang sah anders aus, aber nun waren die Lücken zwischen den größten Trümmern offen. Immer wieder blieb Nill mit Hemd und Hose an spitzen Ecken und scharfen Kanten hängen, aber schließlich erreichte er völlig verdreckt und in zerrissener Kleidung die Höhle, in der er als Zauberschüler zusammen mit Brolok und Tiriwi gewohnt hatte. Es war noch alles so, wie er es verlassen hatte. Sogar die Wasserkrüge waren gut gefüllt.

Als erstes wusch er sich, dann überprüfte er seinen Proviant. Mit seinem Wassersack würde er drei Tage auskommen können. Als er die Krüge, deren Wasser er für seine Wäsche verbraucht hatte, erneut überprüfte, konnte er feststellen, dass sie sich langsam wieder füllten. Die alte Magie Ringwalls wirkte also immer noch. Nill kannte den Spruch nicht, der die Krüge füllte, aber er fühlte die Verbindung vom Krug zum Inneren des Knor-il-Ank, wo sich in Klüften und kleineren Höhlen das Regenwasser sammelte. Verdursten würde er hier nicht. Dass ihm auch jeden Morgen ein Frühstück auf dem Tisch erscheinen würde, war allerdings unwahrscheinlich. Denn Essen war damals aus dem Küchentrakt gekommen und der bestand nur noch aus Schutt. Doch trotz allem hatte Nill das Gefühl, zu Hause angekommen zu sein.

Verwundert hielt er inne. Ringwall seine Heimat? Lachhaft! Seine Zeit als Erzmagier war eine Zeit voller Unruhe und durchwachter Nächte gewesen. Und Angst hatte er gehabt, denn Mah Bu stand mit seiner Meinung über den Wandler nicht allein. Ein Anschlag auf sein Leben war zu jedem Augenblick möglich gewesen. Wirklich sicher hatte er sich nur in Esaras Blütenhaus im Erdland gefühlt. Und in den Hügeln, wo seine Ramsherde ihn mit ihrer Unruhe vor allem gewarnt hätte, was ungewöhnlich war. Nill setzte sich auf sein Lager, vergrub sein Gesicht in den Händen und spürte seinen Gefühlen nach. „Wo ist meine Heimat? Gibt es für ein Findelkind überhaupt einen Ort, an den es gehört?“ Und je länger er auf den alten Decken saß, desto klarer wurden ihm seine Gefühle. Heimat war nicht dort, wo man am glücklichsten war. Heimat war, wo man die ersten Jahre seines Lebens verbrachte. Für seinen Körper war das in Erdland. Doch sein magisches Leben hatte erst in Ringwall begonnen. Zufrieden, eine Antwort auf seine Fragen gefunden zu haben, ließ er sich einfach auf die Seite fallen und schlief sofort ein.


*


Bairne schaute Nill noch lange hinterher. Ihr Blick folgte ihm, bis er im Nebel verschwand. Seine Aura leuchtete noch, als seine Umrisse bereits verschwunden waren. Dann hatten die winzigen Wassertröpfchen auch sie verschluckt. Doch immer noch spürte sie seine Nähe. War es ihr Herz, das ihr half, als Augen und Ohren nicht mehr weiterwussten?

„Ich muss hier weg!“, dachte sie. Nills letzter Blick hatte sie überrumpelt. Zu spät hatte sie die Augen niedergeschlagen und den Kopf gesenkt. Bisher hatte er immer nur flüchtig über sie hinweggeschaut und sie dabei kaum wahrgenommen. Aber dieses Mal hatte es sich anders angefühlt. So, als ob er sie zum ersten Mal richtig gesehen hätte. Und das durfte nicht sein. Unter gar keinen Umständen!

Es war dumm, ihn allein nach Ringwall gehen zu lassen. Wenn sie ihn schon nicht begleiten durfte, hätte sie ihm zumindest folgen sollen. Doch sie wusste nicht, ob sie das durfte oder es ihr ebenfalls verboten war. Wie sollte sie jemals ihre Schuld begleichen, wenn ihr Meister nichts von sich hören ließ? Und wie sollte sie ihren Auftrag erfüllen, wenn er sie nicht leitete?

Bairne verließ den See am späten Nachmittag. Mit ihr war auch der letzte Gast gegangen und Sedramon blieb mit seiner Familie allein zurück.

„Warum brach Bairne so spät am Tag auf?“, fragte AnaNakara.

„Sie ist eine Sumpfhexe“, antwortete Sedramon. „In einer sternenklaren Nacht ist ihr Fuß sicherer als am Tag, wenn der Nebel alles erstickt.“ Er wusste, dass diese Erklärung so gut war wie jede andere, und AnaNakara, die ihren Mann besser kannte, als er sich selbst, fragte nicht weiter. Wenn es einen Grund für Bairnes Eile gab, dann hatte sie diesen für sich behalten.

Bairne ging zunächst den Weg in die Richtung zurück, aus der sie alle gekommen waren. Im Schlamm des Kampfplatzes verharrte sie einen Moment, um sich zu orientieren. An dieser Stelle reichte die Macht der Randwelten weit in das Land hinein. Der Sumpf war schon gefährlich genug. Sie musste sich nicht auch noch mit einer kranken Magie auseinandersetzen. Allein schon die Erinnerung an die Schlammwesen ließ sie frösteln.

Sie umging diesen Teil des Sumpfes und wandte sich der Küste zu. Die Wasserarme wurden breiter, der Schlamm unsicherer, aber überall gab es verborgene Sandbänke, über die der kundige Wanderer sicher vorwärtskam. Und so erreichte sie nach einigen Tagen das Meer, wo sie ein Lager aufschlug.

Jetzt konnte sie nur noch warten. Sie nutzte die reine Magie des Wassers, um ihre Gedanken über das Meer zu schicken. Hier erstreckte sich die Kraft der Wasserwege weit über die Fläche des festen Landes hinaus, als wolle sie sich zurückholen, was sie an anderer Stelle an die Randwelt verloren hatte. Die Nähe der gestörten Magie war eine ständige Versuchung. Es war besser, ihr aus dem Weg zu gehen, denn sie hatte nicht die Kraft einer Malachiris, den Schlammwesen zu befehlen. Sie war noch nicht einmal stark genug, dort allein zu überleben. Bairne zitterte. „Ich warte auf Euch“, dachte sie und sandte ihren Ruf erneut über die Wellen, die mit trägen Zungen über den Strand leckten. Drei Tage blieb Bairne am Ufer des Meeres.

Als die Sonne am vierten Tag aufging, hatte sie es nicht eilig, den höchsten Punkt des Himmels zu erreichen. Stattdessen schüttete sie ihr Licht über das Meer. So jedenfalls kam es Bairne vor, als das Meer erst in der Ferne erglühte und dann der Glanz der Sonne von Wellengipfel zu Wellengipfel eilte, um sich zusammen mit dem Wasser an der Küste zu brechen. Aus ihrem Schaum wuchs eine Lichtsäule empor, die Himmel und Erde miteinander verband.

„Hal, kleine Hexe“, sprach die Säule mit warmer Stimme.

„Nill hat die Sümpfe verlassen und ist auf dem Weg nach Ringwall.“

„Ich weiß.“

„Hätte ich ihn begleiten sollen oder ihm folgen? Euer Wunsch war, dass ich die Wasserwege nicht verlasse, aber wie kann ich ihn beschützen, wenn Ihr uns trennt?“

„Es ist alles gut, so wie es ist.“

„Nein, es ist nicht gut. Ich möchte meine Freiheit zurück. Ich verspreche Euch, dass ich auch weiterhin über Nill wachen werde, bis meine Schuld abgetragen ist, aber das kann ich nicht, wenn ich in den Wasserwegen bleiben muss.“

„Irgendwann werde ich dich freigeben, kleine Sumpfhexe. Hab’ Geduld. Du hast noch eine Aufgabe zu erfüllen, doch wann der rechte Zeitpunkt kommen wird, weiß allein die Zukunft. Vergiss nie unseren Handel und was ich für dich getan habe. Dein Leben dafür, dass du mir einen Teil deiner Zeit schenkst.

Dass du über Nill wachst, ist nicht alles. Wäre es nur deine bescheidene magische Hilfe, die ich brauche, ich könnte dafür auch ein Wesen aus der anderen Welt rufen, das meinen Befehlen gehorcht. Nein, das ist es nicht. Ich brauche vor allem jemanden, der im entscheidenden Augenblick für mich spricht, der mich liebt und der Welt sagt, dass ich ihr Freund bin. Und bin ich das nicht auch? Geht nicht Liebe von mir aus? Will ich nicht für jeden und alle das Beste? Ist der Preis, der Liebe zu dienen, so hoch, dass du nicht bereit bist, ihr einen Teil deiner Lebensspanne zu schenken? Sag mir, dass du nicht vergessen hast, was du mir schuldest.“

Bairne senkte den Kopf. Er hatte ja recht, wollte für alle immer das Beste und sie dachte nur an sich selbst. Wie selbstsüchtig von ihr.

„Aber ich werde dir für eine begrenzte Zeit einen Teil deiner Freiheit zurückgeben“, sagte die Stimme. „Damit du in Pentamuria überall umherziehen kannst. Ich lasse es dich wissen, wenn es soweit ist, aber es wird bald sein. Und vergiss nicht, ich bin zwar jemand, der einfach durch die Randwelten wandern kann. Aber nur eine einzige kleine Unaufmerksamkeit und ich werde zu einem der ihren. Als ich dich auf meinem Weg fand, musste ich kämpfen. Um dich, um mich und um den richtigen Weg, denn zur Hälfte gehörtest du bereits ihnen. Du schuldest mir viel mehr als du glaubst.“

Ihr Herr sprach so überzeugend. Wie sollte sie ihm da nicht gehorchen?


*


Wie lange Nill geschlafen hatte, konnte er nicht sagen. Die magische Unruhe, die früher alle Zauberschüler bei Tagesanbruch geweckt hatte, war mit Ringwalls Untergang verstummt. Aber er fühlte sich erfrischt und eilte sofort zu der großen Tür mit dem magischen Siegel, die den Eingang zum Gang der Schwäche verschloss. Er löste die fünf Schichten der fünf Elemente und fühlte die Erleichterung, als er das Falundron wie in schwarzes Eisen gegossen auf dem Schloss hocken sah.

„Deine Zeit als Wächter ist vorüber, mein Freund“, sagte er laut. „Du wirst Zeuge sein für das, was nun geschieht, oder du wirst mir zeigen, wo das letzte Buch der Prophezeiung verborgen liegt.“

Mit diesen Worten hob er das Falundron von dem Schloss, setzte es sich auf die Schulter und durchschritt den Gang der Schwäche. Das Gestein vor ihm öffnete sich, ohne dass er etwas hätte tun oder sagen müssen. Nill zog seinen Dolch, drehte die Seite der Dunkelheit zum Licht, um dessen Strahlkraft zu brechen, drückte sich durch den Riss im Gestein und betrat erneut die große Halle.