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Über dieses Buch

Ding-dong! Als der Paketbote bei Karl-Heinz und Bisy klingelt, stehen die Kreuzspinne und die Stubenfliege vor einem Rätsel. Denn das Paket enthält … ein Ei! Ob sie wollen oder nicht: Der Familienzuwachs steht an. Und die Adoptivtochter bringt mächtig Schwung in das Familiennetz – kann das auf die Dauer gut gehen?

Ein neues Abenteuer von Karl-Heinz und Bisy vom Bestseller-Autor Kai Pannen!

Der Autor und Illustrator

Kai Pannen wurde am Niederrhein geboren. Er studierte Malerei und Film in Köln und arbeitet seitdem als Autor, Illustrator und Trickfilmer. Er hat zahlreiche Bücher für verschiedene Verlage illustriert. An der Animation School Hamburg war er Dozent für Animation und Storyboard. Daneben betätigt er sich als Produzent für animierte Kinderkurzfilme. Kai Pannen lebt mit seiner Familie in Hamburg. Mehr auf www.kaipannen.de

Inhalt

Ei aus der Kiste

Überraschung aus dem Ei

Chips mit Chilisoße

Gesprengt!

Ein Name für Wasauchimmer

Party für Mia

Fliegen fliegen

Der Falter und die Nachtigall

Vier plus zwei macht sechs

Die Stippvisite

Grundschule Summ-Summ

Fliege hin, Spinne her

Diagnose: Theraphosidae

Mias Höhenflüge

Soloflug

Die liebe Tante Kassandra

Flucht in die Tropen

Im Dschungel

Der Verrat

Nichts ist so, wie es scheint

Rettung vor dem Abendessen

Heimwärts

Kleines Ei, große Überraschungen

Impressum

Ei aus der Kiste

»Erholungszeit, mit sechs Buchstaben«, rätselte Karl-Heinz, der dicke fette Kreuzspinnerich.

Er fläzte sich auf seinem gemütlichen Sofa in der Mitte des Spinnennetzes und grübelte angestrengt über einem Rätselheft. Etwas weiter oben schaukelte Bisy in der Spinnfaden-Hängematte und studierte einen Reisekatalog.

Normalerweise hätte er dort eingewickelt in Spinnweben hängen müssen oder wäre schon längst von Karl-Heinz aufgefressen worden. Denn Bisy war eine Stubenfliege, eine köstliche Stubenfliege, ein Festtagsbraten für so eine gefräßige Spinne wie Karl-Heinz. Doch waren die beiden die allerbesten Freunde, auch wenn sie natürlich irgendwie nicht zusammenpassten. Karl-Heinz war Bisy zuliebe sogar zum Vegetarier geworden. Und der quirlige Bisy verzichtete darauf, herumzufliegen und Abenteuer zu erleben, vielmehr leistete er Karl-Heinz im Spinnennetz Gesellschaft.

»Ich komm einfach nicht drauf«, stöhnte Karl-Heinz.

»Versuchs mal mit Urlaub«, sagte Bisy genervt.

»Ich will aber nicht in den Urlaub, das weißt du doch.«

»URLAUB ist das Lösungswort, du Schlaumeier. Und ich würde sehr gerne in den Urlaub!«

»Schon wieder? Waren wir doch gerade erst.«

»Das war doch kein Urlaub! Diese Schnecke hat uns mit Müh und Not bis zum Gemüsebeet gebracht und sich dann dort festgefuttert.«

»Wir waren immerhin sechs Tage unterwegs. Und wie heißt es doch so schön: Der Weg ist das Ziel.«

»Den Weg zum Gemüsebeet schaffe ich in einer Minute, wenn ich fliege. So nah will ich doch keinen Urlaub machen.«

»Im Urlaub soll man sich erholen. Und erholen können wir uns auch hier zu Hause, im gemütlichen Spinnennetz in der schön ruhigen Buchenhecke«, war sich Karl-Heinz sicher.

Doch prompt wurde die Gemütlichkeit unterbrochen.

DINGDANGDUNGDONG.

»Hat da jemand an der Tür geläutet?«, fragte Karl-Heinz träge.

»Jahaaa, Besuch. Wie schön, endlich mal was los!«, rief Bisy und hüpfte aus seiner Hängematte.

So schnell er konnte, flog er zum äußersten Faden des Netzes, um den ach so seltenen Besuch zu empfangen.

»Wer war das?«, fragte Karl-Heinz, als Bisy zurückkam.

»Keine Ahnung, hab niemanden gesehen.«

»Immer dasselbe, viel Lärm um nichts«, murmelte Karl-Heinz.

Bisy kletterte zurück in die Hängematte und versank in den Urlaubskatalog mit seinen wunderbaren Bildern ferner Länder.

DINGDANGDUNGDONG.

»Diesmal gehst aber du«, grummelte Bisy.

Karl-Heinz erhob sich widerwillig aus dem Sofa, schlüpfte in seine Pantoffeln und krabbelte schwerfällig davon.

»Und?«, fragte Bisy, als Karl-Heinz sich kurz darauf wieder in sein Sofa plumpsen ließ.

»Hm, Kinder«, brummte der, »machen wohl mal wieder ihre Klingelstreiche.«

DINGDANGDUNGDONG.

»Haha, lustig. Darauf falle ich nicht noch mal herein«, versicherte Karl-Heinz.

»Ich auch nicht.«

DINGDANGDUNGDONG.

Keiner von beiden regte sich.

DINGDANGDUNGDONG. DINGDANGDUNGDONG.

Das Klingeln wurde drängelnder. Endlich platzte Karl-Heinz der Kragen.

»So, Schluss jetzt. Diesmal schnapp ich mir diese kleinen Würstchen. Und dann tunke ich sie in Tomaten-Ketchup und verspeise sie!«

»Schon vergessen? Du bist Vegetarier!«, rief Bisy ihm hinterher.

Doch Karl-Heinz war bereits an der Tür, stürzte hinaus und wäre um ein Haar mit dem Paketboten zusammengeprallt.

»Na endlich, ich dachte schon, dass keiner zu Hause ist. Wäre schade, der Inhalt des Paketes ist schnell verderblich!«

Und damit drückte er Karl-Heinz das Päckchen in die Hand, ließ sich eine Empfangsbestätigung unterschreiben und verschwand in der gewohnten Eile eines Paketboten.

 

»Und, hast du die kleinen Schlawiner erwischt?«, erkundigte sich Bisy, als Karl-Heinz zurückgeschlurft kam.

»Nö, es war der Postbote. Guck mal, wir haben ein Paket bekommen.«

Neugierig öffneten sie den Deckel. Obenauf lag ein kleiner Zettel.

»Herzlichen Glückwunsch, Sie haben gewonnen! Lassen Sie sich überraschen!«, las Karl-Heinz.

Bisy verzog das Gesicht: »Karl-Heinz, du hast doch nicht etwa schon wieder bei irgendeinem Gewinnspiel mitgemacht?«

»Tja, ähm, weiß ich auch nicht mehr so genau … muss schon ’ne Weile her sein«, stammelte der verlegen.

Die Schachtel war mit Holzwolle gefüllt und mittendrin ertastete Karl-Heinz etwas Rundes.

»Hmm, eine Kugel oder ein Ball. Vielleicht ein Bonbon?«, freute er sich.

»Lass mal sehen«, sagte Bisy. »Nee, das ist kein Bonbon.«

»Sieht aus wie ein Ei – auch lecker!«, stellte Karl-Heinz fest. »Sollen wir Rührei oder Spiegelei machen?«

»Jetzt warte doch erst mal ab. Wer weiß, ob es noch gut ist.«

»Dann sollten wir es lieber schnell essen, bevor es schlecht wird.«

»Vielleicht ist es ja gar nicht zum Essen. Da stand doch was von Überraschung, oder?«, fragte Bisy.

»Also ein Überraschungsei? Dann ist bestimmt nur Kinderkram drin«, kombinierte Karl-Heinz.

»Wer weiß. Manchmal haben kleine Dinge ja große Wirkung«, sagte Bisy.

Überraschung aus dem Ei

»Ich fürchte, die Überraschung ist die, dass es gar keine Überraschung gibt«, grummelte Bisy und betrachtete das geheimnisvolle, auf einem Kissen gebettete Ei.

»Wir sollten es essen, vielleicht schmeckt es ja überraschend«, murmelte Karl-Heinz, der sich gerade eine Pfanne voll Pilze briet.

»Kannst du bitte einmal nicht an Essen denken?«, maulte Bisy.

Konnte er nicht, denn Karl-Heinz hatte immer Hunger. Außerdem passte Ei ganz wunderbar zu gebratenen Pilzen.

Auf die Überraschung zu warten war tatsächlich so spannend, wie sich mit einem Kieselstein über das Wetter zu unterhalten, und so döste Bisy allmählich ein.

Daher bemerkte er nicht, wie das Ei anfing, ganz leicht zu
wackeln. Es knisterte und knackte, dann riss mit einem Ruck das obere Ende der Schale auf und ein kleines feistes Köpfchen reckte sich heraus.

Sofort erblickte es Bisy und quiekte: »Mama.«

Bisy riss die Augen auf und starrte in ein kleines, freudestrahlendes Gesicht.

»Uiiik, Mama«, wiederholte es.

»Mama? Wo ist deine Mama?«, wunderte sich Bisy.

Das kleine Ding zog einen winzigen Stummelarm aus der Eierschale hervor und zeigte damit auf Bisy.

»Nein«, antwortete Bisy entschieden. »Ich bin nicht deine Mama! Nicht einmal dein Papa. Was bist denn du überhaupt für ein Tierchen?«

»Wie du«, piepte es.

»Wie ich? Eine Fliege?«, fragte Bisy.

»Fiege«, wiederholte es, »Fiege, ich auch Fiege!«

»Mit wem redest du?«, wunderte sich Karl-Heinz.

»Mit dem Überraschungsei. Oder besser gesagt, mit der Überraschung!«

Karl-Heinz krabbelte herbei.

»Auweia, was ist denn das? Hab ich’s nicht gesagt? Wir hätten das Ei sofort essen sollen. Jetzt ist es zu spät.«

Das Kleine bemerkte den dicken Spinnerich und begann lauthals zu weinen.

»Karl-Heinz, du machst ihm Angst«, ermahnte ihn Bisy.

»Na klar, ich hätte auch Angst vor mir. Bin nun mal eine gefährliche Spinne.«

»Wuaaah. Pfui Pinne«, schrie es und streckte seine kurzen dicken Ärmchen Hilfe suchend in Bisys Richtung.

»Aaarm. Mama, Aaaarm!«, bettelte es.

»Na los doch, Mama, es will auf deinen Arm. Mag dich anscheinend lieber als mich«, stichelte Karl-Heinz.

»Jetzt fang du auch noch an. Ich bin nicht seine Mama. Wie soll das denn gehen?«

Bei den Worten jammerte das kleine Ding noch ein bisschen lauter.

»Wie kannst du nur so etwas Herzloses sagen? Eine gute Mama beschützt ihr Baby, wenn es Angst vor einer gefährlichen Kreuzspinne hat.«

»Haaahaaa, mach dich nur lustig«, grummelte Bisy.

Aber um das verängstigte Wesen zu beruhigen, nahm er es samt Kissen und Eierschale hoch und wog es sanft in seinen Armen. Aus dem Schreien wurde Schluchzen und schließlich war es still. Dann drehte es sich zu Karl-Heinz um und streckte ihm seine Zunge raus: »Pfffffui Pinne, doof!«

»Hast du das gehört, es hat doof zu mir gesagt.«

»Plöde fette Pinne, ääätschi«, sang das Kleine.

»Das ist doch wohl die Höhe, das geht zu weit«, schnauzte Karl-Heinz. »Du solltest mal etwas besser auf die Erziehung dieses kleinen … Was auch immer … achten.«

»Dieses kleine ›Was auch immer‹ ist ein Fliegenbaby. Aber was verstehst du schon von Babys, obendrein von Fliegenbabys«, ätzte Bisy.

Wieder drehte sich das Wasauchimmer um und streckte Karl-Heinz die Zunge raus.

Der verzog sich schmollend auf sein Sofa.

»Ja, lass mich nur alleine. Ist doch immer das Gleiche, die
Erziehung bleibt Sache der Mama«, schimpfte Bisy und wog das kleine Wasauchimmer im Arm.

Das strahlte ihn mit großen Augen an und jauchzte: »Mama lieb.«

Chips mit Chilisoße

Karl-Heinz ärgerte sich doch! Wie immer, wenn er mit Bisy Spinne ärgere dich nicht spielte.

»Hihi, eine Fünf«, freute sich Bisy.

»Das ist gemein. Wieso hast du immer so ein Glück beim Würfeln?«, maulte Karl-Heinz.

Gerade wollte Bisy genüsslich seine letzte Figur ins Zielfeld rücken, als das kleine Wasauchimmer jämmerlich zu weinen begann.

»Ich hab nix gemacht«, entschuldigte sich Karl-Heinz.

Bisy stellte sein Figürchen zurück.

»Wir spielen gleich weiter«, stöhnte er und nahm den Schreihals hoch, um ihn ein wenig zu schaukeln.

»Bei dem Geschaukel würde ich auch schreien«, meinte Karl-Heinz und setzte heimlich Bisys Spielfigur zwei Felder zurück. Der warf ihm einen bösen Blick zu, dann stupste er dem kleinen Wasauchimmer aufmunternd die Nase. Blitzschnell schnappte es zu und saugte laut schmatzend an Bisys Finger.

»Ich glaube, es hat Hunger«, vermutete Bisy.