Anja Hilling
Protection
Ein Stück in drei Teilen
FELIX BLOCH ERBEN
Verlag für Bühne, Film und Funk
Inhaltsverzeichnis
Title Page
Zitat
Personenverzeichnis
I. Protection
1. Das Fleisch
2. Das Lächeln
3. Die Tasse
4. Das Gesicht
5. Die Angst
6. Die Nacht
7. Die Wache
8. Der Tag
9. Das Geschenk
10. Der Morgen
11. Die Kälte
12. Der Aufbruch
13. Die Sonne
14. Die Aussicht
II. Phantome
1. Die Fahrt
2. Die Hose
3. Die Namen.
4. Die Wimper
5. Das Spiel
6. Der Druck
7. Der Schrei
8. Die Angst
9. Das Schweigen
10. Der Käfer
11. Die Scherbe
12. Der Ausgang
13. Der Rücken
III. Nazifes Augen
1. Die Tür
2. Das Motto
3. Die Party
4. Der Müll
5. Das Tempo
6. Die Tür
7. Die Augen
8. Die Schuhe
9. Der Blick
10. Der Körper
11. Der Andere
12. Der Name
13. Der Weg
14. Der Kopf
15. Das Blut
16. Die Frage
17. Der Mut
18. Die Blumen
19. Der Tag
Über die Autorin
Über das Stück
Impressum
„I can’t change the way you feel
But I could put my arms around you”
(Massive Attack: Protection)
I. Protection
II. Phantome
III. Nazifes Augen
Lucy/Ross
Marc/Marco
Nazife/Leon
Personen: Ross/Lucy
Ort: Draußen
Lucy
Am Anfang war die Sache mit der Haut.
Eine Verfärbung.
Erst die Armbeuge dann der Knöchel.
Nach und nach war mein Gesicht befallen.
Unter der Augenbraue am Mundwinkel.
Kleine Stellen Sprenkel Sprossen.
Eigentlich kaum zu sehen.
Eigentlich schön.
Erst rot dann blau.
Ross
Seit zwei Wochen baut sie ab.
Lucy
Die ersten Flecken waren Wunder.
Plötzlich da ohne Zeichen.
Jetzt kann ich sie spüren vorher.
Kurz vorm Blühen ein Prasseln.
Ein Regenguss unter der Haut.
Dann kommen sie raus die Flecken.
Als wär ich eine Wiese im Frühling.
Ross
Sie sieht fertig aus seit zwei Wochen echt fertig.
Mitten im Sommer im Juli.
So hab ich sie noch nie gesehen.
Lucy
Auch mein Geruch hatte sich verändert.
Ross
Seit vierzehn Monaten geh ich sofort um acht
Wenn Karstadt die Türen schließt
Zu ihr.
Lucy.
Wo sie immer sitzt.
Möckenbrücke zwischen U eins und U sieben.
Lucy
Manchmal leg ich mein Gesicht auf meinen Arm.
Tauch ein mit der Nase in die Haut.
Meine Zunge tastet kostet klebt am Arm.
Der viel kälter ist als die Zunge.
Tiefkühlfleisch.
Ich stell mir vor so zu bleiben
Die Nase im Fleisch.
In mich verklebt.
Ich schmecke Salz.
Ross
Seit zwei Wochen begleitet mich was.
Irgendwas Schweres.
Vielleicht ist es das Gefühl übrig zu bleiben.
Lucy
Ich weiß. So bleibt es nicht.
Ich bleib nicht so.
Ross
Jeden Tag sitzt sie da. Spielt Kontrabass.
Aber jeden Tag. Seit zwei Wochen.
Denk ich. Vielleicht.
Vielleicht ist sie heute nicht mehr da.
Und dann. Wenn ich sie seh.
Auf der Erde mit diesem Monsterbass.
Dann ist das nicht. Sie zu sehen. Nicht was es früher war.
Ich weiß auch nicht.
Vielleicht fehlt mir ihr Lächeln.
Lucy
Irgendwann muss ich husten.
Ross
Ihr Lächeln hat sich verändert.
Die Art und die Farbe der Lippen.
Lucys Lippen.
Die sind blau geworden.
Lucy
Der Husten ist so.
So als ob in mir ein Sandstrand wäre.
Der Sand treibt hoch in meiner Kehle.
Und ich frag mich wie weit es ist
Von hier bis zum Meer.
Ross
Die sind nicht ruhig Lucys Lippen.
Sie zittern im Winkel da wo der Ausschlag ist.
Wer sie nicht kennt.
Lucy.
Könnte denken das wär ein Lächeln das Zittern.
Aber ich.
Ich weiß wie das ist.
Wenn Lucy lächelt.
Lucy
Mit dem Husten wird etwas nach innen gezogen.
Zurück zur Mitte da wo ein Herz rast.
Eine Art Strudel.
Der Anfang einer Welle.
Schnell. Laut.
Atmen hat mich noch nie glücklich gemacht.
Ross
Lucy.
Die lächelt immer.
Nicht breit und auch nicht laut.
Die lächelt einfach.
Ohne was sagen zu wollen.
Ohne zu wissen
Dass ihr Lächeln ein Vechia Romana ist im ewigen Eis.
Lucy
Mit dem Husten kommt eine Art rostbrauner Schleim.
Ross
Seit vierzehn Monaten hab ich ein Auge auf sie.
Lucy
Neben mir steht einen Tasse.
Auf der Tasse ist ein Hase in Badehose auf einem Surfbrett.
Unten auf der Tasse steht Sommerhäschen.
Der Griff hat die Form von Hasenohren.
Die halt ich fest.
Beim Husten.
Den Sandstrand in mir
Spuck ich direkt in die Tasse
Rostbraun.
Dickflüssig.
Ganz anders als innen sieht das hier aus.
Der Inhalt der Lunge in der Hasentasse.
Ein Rotz mit blutigen Fäden.
Und ich frag mich.
Wohin mit dem Schleim aus mir.
Ross