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Sonja Wittig, Markus Brand, Rainer Krumm (Hrsg.)

WERTE MESSEN –
CHANGE ERFOLGREICH
GESTALTEN

21 Praxisbeispiele mit
den 9 Levels of Value Systems®

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© 2020 GABAL Verlag GmbH, Offenbach

Das E-Book basiert auf dem 2020 erschienenen Buchtitel »Werte messen – Change erfolgreich gestalten« von Sonja Wittig, Markus Brand und Rainer Krumm ©2020 GABAL Verlag GmbH, Offenbach.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der
Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

ISBN Buchausgabe: 978-3-96739-007-0

ISBN epub: 978-3-95623-990-8

Lektorat: Eva Gößwein, Berlin | www.textstudio-goesswein.de

Umschlaggestaltung: Martin Zech Design, Bremen | www.martinzech.de

Satz und Layout: Das Herstellungsbüro, Hamburg | www.buch-herstellungsbuero.de

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Inhaltsverzeichnis

Vorwort der Herausgeber

Sonja Wittig / Markus Brand / Rainer Krumm

Wir machen Werte messbar!

Einführung in die 9 Levels of Value Systems®

Christian Albat

Werte erheben, Werte erleben und Werte leben!

Einblick in die werteorientierte Team- und Organisationsentwicklung der Jochen Schweizer Corporate Solutions GmbH

Markus Brand

Typisch Organisationsentwickler?!

Biografische Muster in der Weiterbildungsszene

Jana Britzwein / Stefan Krause / Peggy Schmidt / Martin Wagner

Erfolgreicher Wandel von einer funktions- zu einer prozessorientierten Organisation

Teamspezifische Offsites als integrales Element einer tiefgreifenden Werte- und Kulturtransformation

Christian Buchholz

Innovationskultur aus 9 Perspektiven

Spannende Erkenntnisse aus der Arbeit mit den 9 Levels in der Innovationspraxis

Andreas Buhr

Vertrieb geht heute anders – Wertschätzung vor Wertschöpfung

Erfolg im digitalen Vertrieb durch Passung zur grün-gelben Wertekultur des Kunden

Karin Burmeister

Wer wollen soll, muss auch dürfen!

Kulturwandel erfordert Top-down-Commitment

Pietro Calò

Gib deinem Leben Wert!

Erfolgreich im Beruf und erfüllt im Leben durch biografische Wertereisen

Andreas Eichhorn

OneCOSMO

Eine integrale Unternehmenstransformation mithilfe der 9 Levels of Value Systems®

Pierre Michel Ernest

Von Ackerbau und Viehzucht

Entwicklung einer Organisations- und Führungskultur einer Bauernorganisation in Burkina Faso

Sabri Eryigit

Integrating Perspectives

Widerstände als Chance im Change-Prozess

Harald Firlinger

Transformation unter den Farben des Regenbogens

Nachhaltige Unternehmensentwicklung am Beispiel eines europäischen Finanzdienstleisters

Max Görner / Dr. Simon Dischner

Kundenzentrierung im stationären Handel

Unternehmenskultureller Wandel auf Basis der 9 Levels of Value Systems®

Sabine Grebien

Veränderung im Dickicht der neuen Arbeitswelt … Mission Impossible?

Wertebasierter Kulturwandel im Öffentlichen Dienst

Anja Hofmann

Werteorientierte Talententwicklung von Mitarbeitern der Generation Y

Kulturwandel durch Führungskräftewandel

Guido Jakobs-Neumeier

Wie viel Führung darf’s denn sein?

Eine neue Führungskultur für ein ambitioniertes Start-up auf dem Weg zum Marktführer

Bettina Kahlau

Das ist kein Projekt – das ist unsere Zukunft!

Ein Praxisbeispiel für integrales Change-Management im stetigen Wandel

Rainer Krumm

Werte, auf die man bauen kann

Organisationsentwicklung am Beispiel eines Bauunternehmens

Steffen Powoden / Jochen Sell

Knack die Lern-DNA!

Durch werteorientierte Lerndesigns zu mehr Wirkungskraft

Miriam Prinke

Das Logo als sichtbares Herz des Unternehmens

Wie durch Werteanalysen eine authentische Unternehmenssichtbarkeit entsteht

Jürgen Ruff

Werteorientierung im Projektmanagement

Impulse für die Gestaltung organisationaler Veränderung

Sonja Wittig

»Hier bin ich richtig!« – Verbundenheit durch gemeinsame Werte

Unterstützung von Mitglieder- und Kulturwandel im BDVT e. V. durch Werteanalyse und -workshop

Allgemeine Literaturhinweise

Vorwort der Herausgeber

Liebe Leserin, lieber Leser,

»Culture eats strategy for breakfast.« Das Peter Drucker (1909 – 2005) zugeschriebene Zitat ist heute in aller Munde. Google findet über zwei Millionen Treffer dazu. Man liest es auf Buchcovern, in Zeitschriften- und Blogartikeln und kann auf Amazon sogar eine entsprechende Tasse bestellen. Es kursiert im Internet als Meme, das heißt als meist humoristisch aufgearbeitetes Bild oder Video. Auf einem Foto zückt beispielsweise Samuel L. Jackson in seiner Rolle als Auftragsmörder im Film »Pulp Fiction« seine Pistole mit den Worten: »Say ›Culture eats strategy for breakfast‹ one more time – I dare you!« Durch zahlreiche Picture Quotes im Pacman-Stil hat das Zitat quasi schon Einzug in die Popkultur gefunden – oft auch in der erweiterten Form: »Organisational Culture eats strategy for breakfast, lunch and dinner.«

Dass ein Zitat wie dieses mehr oder weniger viral geht, zeigt, wie ausgeprägt heute das Bewusstsein dafür ist, dass Werte und Kultur für die Erfolgsaussichten von Organisationen eine grundlegende Bedeutung haben. Die vorhandene Kultur bestimmt entscheidend mit, wie die Beteiligten zum Beispiel über aktuelle Transformationsvorhaben denken. Das wiederum legt die Basis dafür, ob und welche Schritte im Change unternommen oder unterlassen werden. Jedes Veränderungsvorhaben, jedes Ziel kann noch so ambitioniert und durchdacht sein – wird es von der Kultur nicht mitgetragen, ist das Projekt von vornherein zum Scheitern verurteilt.

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Aus eigener Erfahrung wissen wir, dass die fundamentale Bedeutung von Kultur erst vor Kurzem in das breite gesellschaftliche Bewusstsein gerückt ist. Als Rainer Krumm 2004 begann, sich mit dem Wertemodell von Professor Clare W. Graves auseinanderzusetzen, war er einer der Pioniere im deutschsprachigen Raum. Zwar hat Graves selbst schon in den 1950er-Jahren geforscht und seinen zentralen Artikel »Deterioration of Work Standards« 1966 im Harvard Business Review publiziert. Doch damit war er ein Vordenker und seiner Zeit weit voraus. Das gilt auch für die Veröffentlichung und Weiterentwicklung von Graves’ Ansätzen durch Don Beck und Christopher Cowan, die sich über zehn Jahre mit Graves beschäftigten und sein Vermächtnis sicherten, indem sie 1996 das Buch »Spiral Dynamics« veröffentlichten. Unter diesem Namen ist der Ansatz heute weltweit bekannt und anerkannt.

Rainer Krumm ahnte schon früh, welches Potenzial sich in Graves’ Erkenntnissen für die Entwicklung von Einzelpersonen, Teams und ganzen Organisationen verbirgt. Als erfahrenem Strategieberater und Organisationsentwickler war ihm jedoch auch klar, dass das Metamodell an sich an weite Teile der Businesswelt noch nicht anschlussfähig war. Es brauchte noch einen pragmatischen Hebel für die Verortung im Modell. So entstand die Idee für die 9 Levels of Value Systems® als wissenschaftlich fundierte Analyseinstrumente zur Erhebung der Werte und Kultur von Einzelpersonen, Teams und Organisationen.

2007 reiste Rainer Krumm deshalb nach Kapstadt, wo er eine intensive Spiral-Dynamics-Ausbildung bei Christopher Cowan und dessen Frau Natasha Todorovic durchlief. Wieder zu Hause und inspiriert von seinen Erfahrungen, veröffentlichte er gemeinsam mit seinen Co-Autoren Martina Bär-Sieber und Hartmut Wiehle das Buch »Unternehmen verstehen, gestalten, verändern« im Springer Gabler Verlag, das erstmals das Graves-Modell in der unternehmerischen Praxis beschreibt. 2011 folgte dann die Gründung des 9 Levels Institute for Value Systems® in Ravensburg sowie die weitere Entwicklung der Fragebögen. Bereits ein Jahr später wurden die ersten 9-Levels-Berater zertifiziert und die Onlineplattform wurde live geschaltet.

In den darauffolgenden Jahren wurden die 9 Levels stetig weiterentwickelt und 2015 um die Messung von Widerständen gegen die einzelnen Levels ergänzt. 2016 folgte schließlich die Gründung der 9 Levels Deutschland GmbH als Lizenzinhaber für die 9 Levels in Deutschland mit Sonja Wittig und Markus Brand als Geschäftsführer. Als Mitinhaber des Instituts für Persönlichkeit, Experten für Persönlichkeitsanalysen sowie erfahrene Berater, Trainer und Coaches hatten sie die 9 Levels bereits seit Längerem erfolgreich in der Praxis eingesetzt. Seit 2014 wurden im Institut für Persönlichkeit auch andere Interessierte im Rahmen einer dreitägigen Zertifizierung für die 9 Levels ausgebildet. Mit Christian Albat (ALBATrosse HR-Beratung) und Bettina Kahlau ([BK] BETTINA KAHLAU – EXECUTIVE CONSULTING) ist das Instruktorenteam bis heute auf fünf Personen angewachsen.

In der 2017 von managerSeminare durchgeführten Methodenstudie »WeiterbildungsSzene Deutschland« erreichten die 9 Levels in einer Übersicht zur Verbreitung lizenzierter Instrumente bereits den 9. Rang. Inzwischen sind die Fragebögen und Reports zur Werteanalyse in sieben Sprachen verfügbar – Deutsch, Englisch, Französisch, Spanisch, Portugiesisch, Italienisch und Chinesisch – und die Internationalisierung des Modells schreitet stetig voran.

Von dieser Erfolgsgeschichte konnte Rainer Krumm nur träumen, als er die 9 Levels 2012 zum ersten Mal auf den Petersberger Trainertagen vorstellte. Die meisten Besucher am 9-Levels-Stand waren zwar grundsätzlich sehr interessiert, hatten aber wenig bis kein Vorwissen zum Graves-Modell. Auch das Thema »Werte messbar machen« war für viele neu, da die etablierten Diagnostikinstrumente am Markt eher Verhaltenstypologien oder Tools zur Erfassung von Motiven oder Kompetenzen waren. Wenn wir hingegen heute auf Messen, Kongressen und Veranstaltungen die 9 Levels of Value Systems® vorstellen, ist Clare W. Graves vielen ein Begriff und die Analyse von Werten und Kultur wird gezielt angefragt.

Vermutlich ist ein immer größer werdender Veränderungsdruck und -wunsch dafür verantwortlich, dass seit einigen Jahren mehr und mehr Menschen beginnen, sich wirklich intensiv mit »soften« Themen wie Werten und Kultur zu beschäftigen. Denn für viele der heutigen Herausforderungen auf individueller, organisationaler und gesellschaftlicher Ebene gibt es bislang keine passenden Antworten. Traditionelle Konzepte (oft über »harte« Faktoren wie Kennzahlen) führen nicht mehr zu den gewünschten Ergebnissen. Schlagworte wie Digitalisierung, New Work, Transformation, Agilität, Selbstorganisation und Co. zeugen von aktuellen Themen und der Suche nach Lösungen.

Die 9 Levels of Value Systems® bieten die Möglichkeit, über wissenschaftlich fundierte Fragebögen »softe« Werte auf eine »harte« und oftmals handhabbare Ebene von Zahlen, Daten und Fakten zu heben. Dabei ist die Analyse vergleichbar mit einem Computertomografen: Sie erzeugt mit großer Detailschärfe ein Bild von dem, was ist. Während im Beispiel ein Arzt das Bild interpretiert, eine Diagnose erstellt und Empfehlungen zur Weiterbehandlung abgibt, liegt diese Verantwortung bei den 9 Levels of Value Systems® in der Hand zertifizierter 9-Levels-Berater. In den letzten Jahren haben wir viele Hundert Personen insbesondere im deutschsprachigen Raum dafür ausgebildet, die 9 Levels einzusetzen. Die Berater, Trainer, Coaches, Organisationsentwickler, Change-Manager, Geschäftsführer, Personalentwickler etc. nutzen die 9 Levels als ein Instrument, um Veränderung zu initiieren und zu begleiten. Je nach ihren Qualifikationen, Erfahrungen und natürlich auch ihrer Persönlichkeit haben sie jedoch ihre ganz eigenen Wege, die 9 Levels in der Praxis einzusetzen.

Während wir bereits verschiedene Bücher rund um die 9 Levels und ihre allgemeinen Anwendungsfelder wie Führung, Vertrieb oder Teamentwicklung veröffentlicht haben, fehlte es bislang an etwas, das die Vielfalt der individuellen Praxisansätze einem breiten Publikum zugänglich macht. Wir freuen uns, dass wir 23 der erfahrensten 9-Levels-Berater dafür gewinnen konnten, Ihnen in diesem Buch ihren ganz persönlichen Zugang zu den 9 Levels vorzustellen. Zahlreiche ausführliche Praxisbeispiele ermöglichen Ihnen, den 9-Levels-Beratern quasi über die Schulter zu blicken und mitunter auch sehr persönliche Einblicke in Erfolge, aber auch Lernerfahrungen zu erhalten. Die meisten Beiträge setzen den inhaltlichen Schwerpunkt auf Organisationsentwicklung und Transformationsbegleitung. Andere Artikel geben einen Einblick in Coaching, Teamentwicklung oder »ungewöhnlichere« Ansätze wie Lerndesign oder Logoentwicklung. Selbstverständlich erheben wir damit keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Die Einsatzmöglichkeiten der 9 Levels sind so vielfältig wie die Persönlichkeiten der zertifizierten Berater. Falls Sie noch tiefer ins Thema eintauchen wollen, nehmen Sie gern direkt Kontakt mit uns und / oder den einzelnen Autorinnen und Autoren* auf! Sie finden die Kontaktdaten jeweils am Ende der Beiträge.

Falls Sie die 9 Levels noch nicht im Detail kennen, erhalten Sie im ersten Kapitel eine ausführliche Einführung in das Graves’sche Modell, die 9 Levels als Analyseinstrument und die einzelnen Werteebenen. Dieses Wissen brauchen Sie, um in den anschließenden Beiträgen zusammen mit den Autoren tief in die Praxis einzutauchen, neue Methoden kennenzulernen, Reflexionsimpulse zu erhalten, die Lernpunkte der Autoren zu verstehen und vielfältigste Anregungen für das Gelingen Ihrer eigenen Transformationsprojekte zu sammeln.

Gern möchten wir noch die Gelegenheit nutzen, uns ganz herzlich bei all den Personen und Organisationen zu bedanken, ohne die es dieses Buch niemals in dieser Form geben würde:

imageDanke den Autorinnen und Autoren Christian Albat, Jana Britzwein, Christian Buchholz, Andreas Buhr, Karin Burmeister, Pietro Calò, Dr. Simon Dischner, Andreas Eichhorn, Pierre Michel Ernest, Sabri Eryigit, Harald Firlinger, Max Görner, Sabine Grebien, Anja Hofmann, Guido Jakobs-Neumeier, Bettina Kahlau, Stefan Krause, Steffen Powoden, Miriam Prinke, Jürgen Ruff, Peggy Schmidt, Jochen Sell und Martin Wagner für eure Expertise, euren Mut, euch auf das mitunter neue Thema Schreiben einzulassen, die professionelle Zusammenarbeit, all die angenehmen Kontakte im Abstimmungsprozess und natürlich die tollen Beiträge. Wir freuen uns auf die nächsten Begegnungen und Praxisprojekte mit euch!

imageDanke dem Team des GABAL Verlags, insbesondere Dr. Sandra Krebs und Eva Gößwein, für die erneut hervorragende Begleitung und Unterstützung dieses Buchprojektes sowie unserer früheren Veröffentlichungen.

imageDanke unserem 9-Levels-Deutschland-Team, insbesondere Johanna Büsgen und Susan Schöbel, für eure Tatkraft, eure Ideen und die umfassende, kompetente und liebevolle Betreuung der Autoren und Herausgeber und des ganzen Buchprojekts an sich. Ohne euch wäre dieser Band und so vieles mehr nicht einmal im Ansatz machbar!

Wir wünschen Ihnen, liebe Leserin und lieber Leser, nun eine gute Lektüre mit vielen wertvollen Erkenntnissen!

Herzliche Grüße

Sonja Wittig, Markus Brand, Rainer Krumm

*Der besseren Lesbarkeit halber und um eine gewisse Einheitlichkeit der Beiträge sicherzustellen, haben wir uns dafür entschieden, im Folgenden das generische Maskulinum zu verwenden. Bitte fühlen Sie sich jeweils gemäß Ihrer Identität angesprochen.

image Sonja Wittig / Markus Brand / Rainer Krumm

Wir machen Werte messbar!

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Einführung in die 9 Levels of Value Systems®

Die 9 Levels of Value Systems® sind wissenschaftlich fundierte Analysetools. Basierend auf der Forschung von Professor Clare W. Graves machen sie die Wertesysteme von Einzelpersonen, Teams und ganzen Organisationen sichtbar. Pragmatisch wie praxistauglich zeigen die 9 Levels Entwicklungsimpulse für Change-Prozesse, Einzelcoachings sowie für die Themen Führung, Kulturwandel, Recruiting, Teamentwicklung, Vertrieb und mehr auf. In dieser Einführung geben wir Ihnen einen Überblick über das Graves’sche Modell, stellen die einzelnen Levels im Detail vor und erklären den Unterschied zwischen den drei Analyseinstrumenten Personal Value System, Group Value System und Organisation Value System. Dieses Kapitel liefert Ihnen das Grundlagenwissen für die nachfolgenden Beiträge zu den 9 Levels in der Praxis, die Sie dadurch vor Ihrem persönlichen Erfahrungshintergrund einordnen können.

Wertesysteme und ihre Bedeutung

Werte sind unser ständiger Begleiter in allen Lebenssituationen. Sie bestimmen, ob wir etwas gut oder schlecht finden, ob wir etwas annehmen können oder ablehnen, welches Verhalten wir angemessen finden und welches nicht. Können wir unsere Werte leben, fühlen wir uns glücklich und zufrieden. An diesen Werten setzen die 9 Levels of Value Systems® an. Während viele Modelle und Tools sich auf die Verhaltensweisen von Personen fokussieren, gehen die 9 Levels eine Ebene tiefer und nehmen die Beweggründe für Verhalten in den Blick. Unsere Werte sind dabei sehr individuell. Während der eine danach strebt, in Harmonie zu leben – auch wenn das bedeutet, eigene Interessen hintenanzustellen –, will der andere seine gesteckten Ziele um jeden Preis durchsetzen. Dazu kommt, dass ein und derselbe Wert völlig unterschiedlich interpretiert werden kann, denn jeder von uns hat ein eigenes Werteverständnis. Nehmen Sie zum Beispiel den Wert Aufrichtigkeit: Für die eine Person bedeutet das Wort, anderen gegenüber immer ehrlich und authentisch aufzutreten. Andere sehen darin die Möglichkeit, kompromisslos den eigenen Standpunkt zu vertreten.

Unterschiedliche Wertvorstellungen sind ein idealer Nährboden für Konflikte zwischen Menschen. Wertekonflikte können aber auch innere Konflikte in uns auslösen, zum Beispiel wenn wir etwas tun, was uns eigentlich widerstrebt. Werte können demnach sowohl der Auslöser als auch die zentrale Instanz für die Bewältigung von Belastungen sein. Sie sind zugleich Antreiber und Bremser unserer Fähigkeiten.

Die Ursprünge des Modells

Das Modell der 9 Levels of Value Systems® basiert auf den Erkenntnissen von Clare W. Graves (1914–1986), einem Psychologieprofessor am Union College in Schenectady bei New York (USA). Er war nicht nur in der Forschung tätig, sondern auch viele Jahre als Berater in Wirtschaftsunternehmen, Kliniken und Bildungsinstituten aktiv. Den Anstoß zu seinen Forschungen bekam Graves von seinen Studenten, die wissen wollten, wer von den vielen Theoretikern (Maslow, Freud, Jung, Rogers, Watson etc.) denn nun recht habe. Graves konnte diese Frage nicht eindeutig beantworten, wollte dafür aber einen Weg finden und startete eigene Untersuchungen. Eines seiner zentralen Forschungsvorhaben war die Ergründung der psychologischen Entwicklungsstufen des menschlichen Wesens. Er gab seinen Studenten dafür die Aufgabe, einen Bericht über das »erwachsene menschliche Wesen« zu schreiben. Bei der Auswertung der Aufsätze fiel ihm auf, dass die Beschreibungen der Studenten zwar sehr unterschiedlich waren, sie sich aber gruppieren ließen, da wiederkehrende Muster zu erkennen waren.

image Übung: Ein erwachsenes menschliches Wesen?

Wie würden Sie ein »erwachsenes menschliches Wesen« beschreiben? Durch welche Merkmale zeichnet es sich für Sie aus?

Vergleichen Sie Ihre Antwort mit den kennzeichnenden Werten der einzelnen Levels, die wir an späterer Stelle in diesem Kapitel vorstellen. So erhalten Sie eine erste Idee, an welcher Stelle sich Ihr persönliches Wertesystem im Graves’schen Modell verorten lässt.

Graves veröffentlichte seine Erkenntnisse 1966 in einem Harvard-Business-Review-Artikel mit dem Titel »Deterioration of Work Standards« – es ging also um die Verschlechterung der Standards in der Geschäftswelt. In diesem Artikel bezeichnete er sein Modell als »Levels of Human Behaviour«. Später beschrieb er seine Theorie als »Emergent, cyclical doublehelix model of adult biopsychosocial systems development«. Frei übersetzt: eine aufwärtsstrebende zyklische Doppelhelix der Entwicklung des erwachsenen Menschen in dessen biopsychosozialem System. Dieses Modell beschreibt die menschliche Entwicklung nicht nur sehr komplex, sondern auch multiperspektivisch, und es verdeutlicht, wie unterschiedlich Menschen auf sich, andere und die Welt schauen können.

Die 9 Levels of Value Systems® sind eine Vereinfachung der Graves’schen Theorie und ermöglichen die Verortung eines konkreten Wertesystems in seinem Entwicklungsmodell. Dabei kombinieren sie das theoretische Modell mit einem validen wissenschaftlichen Analysetool sowie der langjährigen Erfahrung mit dem Modell in der Beratungs- und Coachingpraxis.

Drei Analyseperspektiven: PVS, GVS und OVS

Wie bereits beschrieben, funktionieren die 9 Levels of Value Systems® sowohl für einzelne Personen als auch für Teams und Organisationen. Über einen wissenschaftlich validen Analysebogen wird der aktuelle Ist-Zustand und / oder der Soll-Zustand des Wertesystems einer Person, Gruppe oder Organisation erfasst. Es wird einerseits analysiert, wie stark die jeweilige Stufe – im Folgenden »Level« genannt – ausgeprägt ist. Andererseits wird auch beleuchtet, ob und wie stark ein Widerstand gegen den jeweiligen Level vorhanden ist, das heißt wie sehr die Person, Gruppe oder Organisation nicht mit den Werten und den daraus abgeleiteten Denk- und Verhaltensweisen übereinstimmt.

Das Personal Value System (PVS) analysiert das Wertesystem einer individuellen Person, fokussiert auf einen ausgesuchten Lebensbereich. Denn je nach Rolle und Aufgabe kommen bei uns verschiedene Wertesysteme zum Tragen und verändern so unsere Bewertungen und Verhaltensweisen. Je nachdem, welche Herausforderungen die Lebenswelt mit sich bringt.

Beim Group Value System (GVS) steht ein definiertes Team im Fokus: Wie sieht das Wertesystem der Abteilung oder der Projektgruppe aus? Das Group Value System gibt eine Antwort darauf, welche Werte die befragten Personen subjektiv im Team wahrnehmen. Diese Einschätzungen können einheitlich, aber auch sehr unterschiedlich ausfallen – und ergeben damit spannendes Reflexionsfutter, zum Beispiel für eine Teamentwicklung.

Das Organisation Value System (OVS) erfasst das Wertesystem einer Organisation. Auch hier geht es primär darum, welche Werte die Befragten in ihrer Organisation wahrnehmen. Ob und welche Übereinstimmungen und Diskrepanzen so zum Beispiel zwischen einzelnen Abteilungen, Standorten, Hierarchieebenen oder zu den definierten Unternehmenswerten aufgedeckt werden, kann dann ein Impuls für Change-Projekte, Transformationsvorhaben und Co. sein.

Abgrenzung zu anderen diagnostischen Verfahren

Im deutschsprachigen Weiterbildungs- und Beratermarkt gibt es eine Vielzahl ganz unterschiedlicher diagnostischer Verfahren. Um zu verstehen, wie sich das Personal Value System in deren Gesamtheit einordnen lässt, bietet sich ein einfacher Vergleich an: Stellen Sie sich die menschliche Persönlichkeit wie eine aufgeschnittene Zwiebel mit mehreren Schichten vor. Die äußerste Schicht ist unsere von außen beobachtbare Wirkung. Darunter folgt die Schicht unseres Verhaltens. Noch tiefer in unserer Persönlichkeit verwurzelt sind unsere Werte. Den »Kern« unserer Persönlichkeit machen schließlich unsere Motive aus.

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Abb. 1: Zwiebelmodell der menschlichen Persönlichkeit (Quelle: Institut für Persönlichkeit)

Jede dieser Schichten kann durch diagnostische Instrumente näher erfasst werden:

imageMotivanalysen, wie die auf den Forschungsergebnissen von Professor Steven Reiss basierenden Tools, erfassen die zeitstabilen Motive eines Menschen. Sie geben eine Antwort darauf, warum ein Mensch etwas tut.

imageWerteanalysen wie die 9 Levels of Value Systems® erheben die Werte eines Menschen, die sich im Laufe des Lebens dynamisch weiterentwickeln. Sie verdeutlichen, wofür ein Mensch etwas tut.

imageVerhaltensanalysen nehmen die Verhaltenspräferenzen eines Menschen in den Blick und damit, wie ein Mensch etwas tut.

imageWirkungsanalysen fokussieren die Wirkung und Wahrnehmung eines Menschen und beantworten damit die Frage, wie das, was ein Mensch tut, auf andere wirkt.

Wie bereits erwähnt, werden auch über das Group Value System und das Organisation Value System jeweils Analysen auf der Werteebene vorgenommen. Da es sich jedoch um eine Erhebung der Werte eines Teams bzw. einer Organisation handelt und damit nicht der einzelne Mensch im Fokus steht, haben sie im Vergleich zu klassischen diagnostischen Verfahren ein Alleinstellungsmerkmal.

Eine Wendeltreppe als Ausdruck von Wertedynamik

Professor Clare W. Graves hat mit seiner Forschung gezeigt, dass Wertesysteme nicht statisch sind, sondern einer dynamischen Entwicklung unterliegen. Weil sich unsere Welt in einem ständigen Wandel befindet, müssen sich auch Menschen, Teams und Organisationen ständig neu orientieren und anpassen. Dabei passieren Veränderungen in den Wertesystemen natürlich nicht von einer Minute auf die andere. Sie sind langsame und schleichende Prozesse, die jedoch oft an einem symbolhaften Punkt »kippen« können. Bei Menschen kann ein solcher Trigger der plötzliche Verlust eines Jobs, ein beruflicher Wechsel, die Geburt eines Kindes, eine Trennung, eine Krankheitserfahrung oder Ähnliches sein. In Teams können zum Beispiel neue Zielsetzungen, Regelungen, Vorgesetzten- oder Mitarbeiterwechsel, neue Vergütungsmodelle oder Misserfolge den finalen Wechsel auf einen anderen Level auslösen. Analog dazu führen auf organisationaler Ebene beispielsweise Wechsel in der Geschäftsführung, Verluste großer Kunden, Umstrukturierungen, neue Wettbewerber im Markt oder technologische Innovationen zu einem Auf- oder Abschwung auf einen anderen Level.

Im 9-Levels-Modell nutzen wir die Darstellung einer Wendeltreppe, um diese Wertedynamik zu verdeutlichen. Auf einer Wendeltreppe ist man immer in Bewegung – es gibt kein Podest, auf dem man verweilen könnte. Auch wenn wir uns scheinbar auf einem Level »ausruhen«, sind wir darin doch ständig in Bewegung und streben weiter in unserer Entwicklung. Jede Ebene hat dabei ihre Berechtigung. Ziel ist nicht, möglichst schnell höher und weiter voranzukommen, sondern eine gute Passung der Wertesysteme zu den Herausforderungen der Lebenswelt zu erreichen.

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Abb. 2: Die 9-Levels-Wendeltreppe (Quelle: 9 Levels)

Auf der 9-Levels-Wendeltreppe gibt es – vergleichbar mit dem zentralen Treppenhaus eines Gebäudes – zwei Seiten: Links ist mit den Levels Purpur, Blau, Grün und Türkis die Seite mit Wir-Bezug. Dieser ist geprägt von der Orientierung an einer Gemeinschaft. Wer sich auf einem dieser Levels befindet, erwartet nicht sofort und unmittelbar ein Nutzen oder Mehrwert für sich selbst. Im englischen Sprachgebrauch wird auch von »sacrifice now – reward later« gesprochen: Das Engagement erfolgt jetzt, die Belohnung kann später erfolgen. Es wird eher versucht, sich an die Umwelt anzupassen.

Im Gegensatz dazu sind die Levels Beige, Rot, Orange, Gelb und Koralle auf der rechten Seite von einem Ich-Bezug geprägt. Das eigene Wohl steht im Vordergrund. Auf diesen Levels fokussiert man sich stark auf die eigenen Interessen und versucht daher, die Umwelt an sich anzupassen.

In der Entwicklung wechseln sich Levels mit Wir- und Ich-Bezug ab. Jede neue Ebene entsteht aus der Reaktion auf die bisherige Ebene. Ein Überspringen einer Ebene ist nicht möglich – es gibt keinen Aufzug! Da die Levels nacheinander durchlaufen werden, implizieren die oberen Ebenen die unteren Ebenen, und die Komplexität nimmt immer weiter zu. Auch befinden sich Menschen, Teams oder Organisationen nie nur auf einem Level. Sie sind bezogen auf die Werteebenen eher »wie musikalische Akkorde, nicht wie einzelne Noten« (Beck et al., 2019, S. 27).

Die 9 Levels im Überblick

Im Folgenden stellen wir die einzelnen Levels von Beige bis Koralle in ihren Grundzügen vor (vgl. Krumm, 2017, S. 25 ff.). Dabei sind alle Ebenen des Modells absolut gleichwertig, kein Level ist besser oder schlechter. Es kommt vielmehr auf die Passung mit der Umwelt an.

1. Level: Beige

Der Mensch auf dem ersten Level befindet sich auf der fundamentalsten Stufe des Lebens und des Bewusstseins. Er lebt in kleinen Gruppen oder Verbänden, die einen gewissen Schutz geben und zur Sicherung seiner Grundbedürfnisse, wie Nahrung, Wasser, Wärme und Fortpflanzung, dienen. Beige ist instinktgesteuert und handelt intuitiv. Die Urangst, der Verlust der überlebenswichtigen Kräfte, begleitet ihn. Auf diesem Level gibt es keine organisierten Lebensformen oder sozialen Systeme. Demzufolge gibt es auch keine Unternehmen, die sich auf dieser Entwicklungsstufe befinden. Daher ist der Level Beige nicht Bestandteil der 9 Levels als Analyseinstrument und wird nicht gemessen.

2. Level: Purpur

Der Mensch auf dem zweiten Level sieht sich als Mitglied einer Gemeinschaft, eines Clans, eines Tribes, mit dem Patriarchen oder Häuptling als Führer. Der Clan bietet Schutz, Sicherheit und Zugehörigkeit. Alles läuft nach einem Regelwerk, das festgelegt, aber meist nicht festgeschrieben ist. Es wird nicht hinterfragt. Aufopferung und Gehorsam werden vorausgesetzt. Bei Purpur ist das Bewusstsein magisch-mystisch. Traditionen und Brauchtum werden gepflegt – Aberglaube hat ebenso seinen Platz. Im Wirtschaftsumfeld sind hier häufig patriarchalische Familienunternehmen zu finden, die wenig funktionale Strukturen aufweisen.

Eine Gruppe auf dem Level Purpur hat eine klare Struktur mit festgelegten Rollen und Aufgaben. Wer welche Aufgabe übernimmt, bestimmt letztendlich das Oberhaupt der Gruppe.

Purpurne Organisationen haben meist wenige Mitarbeiter und werden von einem Geschäftsführer geleitet, der als Patriarch agiert.

Kennzeichnende Werte von Purpur sind unter anderem:

imageTradition

imageBlutsverwandtschaft

imageBrauchtum

imageHeimat

imageRituale

imageGehorsam

imageGeborgenheit

imageSchutz

imageOpferbereitschaft

imageBindung

3. Level: Rot

Der Mensch auf dem dritten Level sieht sich als Eroberer und Herrscher von neuen Gebieten. Das Streben nach Macht, Unabhängigkeit und Ansehen zeichnet ihn aus. Die Ressourcen werden zum eigenen Vorteil genutzt, im Zweifelsfall ohne Rücksicht auf Verluste. Rot kann schnell die Initiative ergreifen – und oft kraftvoll und innovativ wirken. Regeln und Gesetze kennt und will er nicht. Der Stärkere setzt sich durch. Eroberungsmärkte oder harte Strukturvertriebe sind hier zu nennen. Das Handeln zielt auf den eigenen Vorteil ab – ohne Rücksicht auf andere.

In einer roten Gruppe hat praktisch jeder die Möglichkeit, Oberhaupt zu sein oder zu werden. Unter der Führungsperson gibt es eine »erkämpfte« Hierarchie von Macht, in der jeder seine Position immer wieder verteidigen muss.

Unternehmen auf dem Level Rot sind zum Beispiel dort zu finden, wo es darum geht, neue Märkte zu erschließen. Sie zeichnen sich durch Schnelligkeit, Schlagfertigkeit und Durchsetzungsvermögen aus und haben oft viele Mitarbeiter, die leicht und schnell ausgetauscht werden können.

Kennzeichnende Werte von Rot sind unter anderem:

imageMut

imageStärke

imageDominanz

imageEhre

imageAggression

imageEinforderung von Respekt

imageGewinnen um jeden Preis

imageAnsehen

imageVermeiden von »Schande«

imagePersönlicher Erfolg

4. Level: Blau

Der Mensch auf dem vierten Level sucht nach Regeln und Gesetzen und sieht sich als Teil eines Ordnungssystems. Dieses zeigt klare Zuständigkeiten auf, nach denen gelebt und gehandelt wird. Gerechtigkeit ist ein hohes Gut und wird vorausgesetzt. Loyalität wird belohnt. Blau zeichnet ein hohes Maß an Pflichtbewusstsein und Disziplin aus. Die Identität wird über das Kollektiv gewonnen. Hierarchien werden betont, Stellenbeschreibungen sind bedeutsam und Regeln sowie Strukturen spielen eine zentrale Rolle.

Eine blaue Gruppe hat tendenziell viele Mitglieder und eine stark untergliederte Struktur, die auf einer wohldurchdachten Arbeitsteilung basiert. Zuständigkeitsbereiche und Aufgaben sind klar verteilt. Die Abläufe sind fest vorgeschrieben, gegebene Gesetze und Vorschriften werden eingehalten, sodass alles »mit rechten Dingen« vor sich geht.

Unternehmen in Blau haben einen festen Platz in Märkten, die schon seit längerer Zeit bestehen und ihnen eine gewisse Sicherheit bieten. Die hergestellten Produkte sind komplex und erfordern hohe Präzision und Zuverlässigkeit. Was auch immer in der Organisation getan wird, orientiert sich an aufgestellten Regeln, zum Beispiel in Form von Arbeitsanweisungen und Qualitätsstandards.

Kennzeichnende Werte von Blau sind unter anderem:

imageQualität

imageDisziplin

imageLoyalität

imageOrdnung

imageZuverlässigkeit

imageSicherheit

imagePflicht

imageStabilität

imageWahrheit

imageSchuld und Unschuld

5. Level: Orange

Der Mensch auf dem fünften Level ist stets auf den eigenen Erfolg fokussiert mit dem Ziel, seinen Wohlstand zu erhalten und zu mehren. Er hat viel Energie und ist zielstrebig. Dabei richtet er den Blick auf das Ganze. Sein Erfolg geht nicht zwangsläufig auf Kosten der anderen. Die Weiterentwicklung mit einer klaren Zielorientierung und ständiger, rasanter Leistungssteigerung zeichnet ihn aus. Er ist rastlos. Prozessorientierung und Zielvereinbarungen prägen die Zusammenarbeit.

Mitglieder einer orangen Gruppe fühlen sich für deren Erfolg mitverantwortlich. Vorschriften halten sich in Grenzen, denn man will sich nicht unnötig durch einengende Maßnahmen bremsen. Wettbewerbe spornen zu Höchstleistungen an. Prämien oder Incentives machen deutlich, wer hohe Anerkennung genießt.

Im Umfeld eines orangen Unternehmens sind Innovationen gefragt. Es wird auf eine Win-win-Strategie gesetzt. Hierarchien sind flach und schlank, es wird Wert gelegt auf eine hochwertige Projektorganisation und markt- und kundenorientiertes Arbeiten. Mitarbeiter erhalten Ziele, an denen sich Personalentwicklung, Gehaltsanpassungen etc. orientieren.

Kennzeichnende Werte von Orange sind unter anderem:

imageLeistung

imageVerantwortung

imageStatus / Statussymbole

imageWettbewerb

imageProduktivität

imageZielorientierung

imageProzessorientierung

imageErgebnisorientierung

imageUnternehmerisches Denken

imageWertschöpfung

6. Level: Grün

Der Mensch auf dem sechsten Level sieht Erfolg als das Ergebnis der richtigen Teamkonfiguration. Sein Denken ist auf Zielerreichung ausgerichtet – dies aber kombiniert mit Teamdenken, gemeinsamem Handeln und Konsensbildung. Das Ziel ist die langfristige gemeinsame Erfolgssicherung. Begegnungen, Personen und Beziehungen sind ihm wichtiger als die Sache. Er befindet sich im ständigen Dialog mit seiner Umgebung. Im Vergleich zu Blau und Orange denkt Grün weniger absolut, sondern wägt verschiedene Meinungen ab. Partizipation und Einbeziehung sind wichtige Begriffe in der Zusammenarbeit.

Eine Gruppe in Grün zeichnet sich durch eine heterogene Zusammenstellung aus. Die Zusammenarbeit ist geprägt von Toleranz, gegenseitiger Wertschätzung und Akzeptanz. Menschliche Werte stehen im Vordergrund. Erfolge werden als das Ergebnis der richtigen Kooperation mit der richtigen Teamzusammenstellung gewertet.

Grüne Unternehmen agieren meist in einem Nachfragemarkt rund um hochqualitative Produkte. Die Anzahl an Mitarbeitern ist eher gering, viele Arbeiten werden extern erledigt. Aufgaben und Funktionen sind in einer Matrixstruktur abgebildet, die eine hohe Koordination aller garantieren soll. Es gibt viele Governance-Prozesse, um die gemeinsamen Unternehmensziele sicherzustellen. Das Wohl der Mitarbeiter wird angestrebt.

Kennzeichnende Werte von Grün sind unter anderem:

imageKooperation

imageToleranz

imageKonsens

imageDialog

imageEmpathie

imagePartizipation

imageGleichwertigkeit

imageWertschätzung

imageFairness

imageGemeinschaft

7. Level: Gelb

Ab dem siebten Level beginnt der sogenannte zweite Rang. Das bedeutet, ab hier wiederholen sich die Levels, jedoch auf einer anderen Ebene unter Einbeziehung der Erkenntnisse der Levels 1 bis 6. Gelb ist also das Beige des zweiten Rangs. Der Fokus liegt nun nicht mehr auf Mangelbedürfnissen der eigenen Lebenswelt, sondern auf Sinnbedürfnissen.

Der Mensch auf dem siebten Level ist als Erster in der Lage, die Vorzüge der vorhergehenden Levels zu erkennen, zu nutzen und zu kombinieren. Die bisherigen Levels haben die Welt nur aus ihrer Perspektive betrachtet und nur ihr eigenes Weltverständnis als das richtige angesehen. Die Multiperspektivität war ihnen verschlossen. Bei Gelb liegt der Fokus auf Wissensvermehrung, Flexibilität, Kompetenz und Unabhängigkeit. Materieller Besitz, Macht und Status sind zweitrangig. Es wird multiperspektivisch und systemisch mit großem Abstraktionsvermögen gedacht. Netzwerken und wechselnde Kooperationen sind an der Tagesordnung. Rang und Status sind nicht wichtig, der Fokus liegt auf Kompetenz und Wissen.

Eine Gruppe in Gelb orientiert sich an intensivem Networking bei hoher Flexibilität. Es werden ganz unterschiedliche Lern- und Arbeitsformen einbezogen. Strukturen, Abläufe und Regeln anderer Levels werden so kombiniert, dass sie optimal zur Erreichung des eigenen Ziels beitragen. Die Gruppe stellt sich immer wieder neu zusammen, um punktuell und zielgerichtet zu kooperieren.

Gelb sprengt den Rahmen klassischer Organisationen. Es wird das qualitativ Beste und Innovativste gesucht – dafür werden auch andere Unternehmen »angezapft«. Das Produkt oder die Dienstleistung steht über dem Unternehmen selbst. IT spielt eine zentrale Rolle, auch um dem Einzelnen viel Flexibilität und Freiheit zu bieten.

Kennzeichnende Werte von Gelb sind unter anderem:

imageSelbstreflexion

imageMultiperspektivität

imageWissen

imageKreativität

imageVernetzung

imageAutonomie

imageIndividualität

imageSystemische Integration

imagePersönliche Entwicklung

imageProfunde Kompetenz

8. Level: Türkis

Der Mensch auf dem achten Level denkt holistisch-global, ökologisch und intuitiv. Nachhaltigkeit und Ganzheitlichkeit sind richtungsweisende Maximen seines Handelns. Er konzentriert sich auf das Wohlergehen der Welt und richtet sein Leben und Arbeiten danach aus. Durch seine altruistische Haltung kann er sowohl Beobachter als auch Gestalter sein. Türkis ist das Purpur des zweiten Rangs. Das Netzwerken findet auf diesem Level seine Vollendung. Eine türkise Gruppe sieht sich wirklich als ganzheitliches Team ohne jegliche Konkurrenz und mit dem Ziel eines langfristigen Gesamtnutzens für die Welt.

Unternehmen auf diesem Level gibt es quasi noch nicht bzw. nur ansatzweise. Die Zeit für Türkis wird aber kommen!

Kennzeichnende Werte von Türkis sind unter anderem:

imageNachhaltigkeit

imageHolon (Ganzes als Teil eines anderen Ganzen)

imageVerantwortung für die Zukunft des Lebens

imageAkzeptanz globaler Komplexität

imageVerbesserung für die Lebensbedingungen aller Lebensformen

imageKollektive Intuition

imageSpirituelles Bewusstsein

imageGlobale Aussöhnung

imageWeitsichtigkeit

9. Level: Koralle

Der Mensch auf dem neunten Level ist ichbezogen und lebt mit dem Wissen, dass alle Grenzen durch menschliches Tun und Sein erzeugt werden. Durch und durch mit Liebe und Respekt zu allen lebenden Wesen erfüllt, motiviert er durch sein Charisma die Menschen, neue Wege zu gehen und Grenzen zu überschreiten. Koralle ist das Rot des zweiten Rangs.

Wie der erste Level ist auch der neunte Level nicht Teil der 9 Levels als Analyseinstrument. Er wird nicht erfasst, weil er sich bisher erst ansatzweise abzeichnet und daher in der Praxis heute noch nicht relevant ist.

Typische Kurvenverläufe

Im Ergebnis einer 9-Levels-Analyse zeigt sich, wie sehr einem Level und seinen jeweils kennzeichnenden Werten zugestimmt wird. In der Reflexion und Interpretation ist es unter anderem interessant und erkenntnisreich, zu beleuchten:

imagewelche Level dominant sind, wie sich dies bemerkbar macht und welche Vorteile und ggf. auch Nachteile sich daraus ergeben,

imagewelche Level am schwächsten ausgeprägt sind, wie sich dies zeigt und welche Vorteile und Nachteile jemand daraus für sich ableitet,

imagemit welchen Levels jemand persönlich Probleme hat, was genau die Person daran stört und was sie von genau diesen Levels lernen könnte.

Zusätzlich zu den Ausprägungen der einzelnen Levels ist auch der Kurvenverlauf der Ausprägungen insgesamt aussagekräftig. Im Folgenden stellen wir fünf spezifische Kurvenverläufe vor.

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Glocke: Das klassische 9-Levels-Profil stellt eine Art Glockenkurve dar. Ein Level ist am stärksten ausgeprägt und die benachbarten Levels sind am zweit- und drittstärksten ausgeprägt (wie ein Kopf zwischen zwei Schultern). Die Levels links vom höchsten Punkt der Glocke nehmen in ihrer Ausprägungshöhe von Level zu Level immer weiter ab. Sie hatten zu einem früheren Zeitpunkt ihre Hochphase und sind nun zwar etwas abgeklungen, aber immer noch gut in das Wertesystem integriert. Rechts vom höchsten Punkt sind die Levels ebenfalls niedriger. Sie kündigen sich an, sind aber noch nicht erreicht.

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Zinne: Bei einem Zinnen-Profil gleicht das Ergebnisbild einer Turmzinne. Hoch und weniger hoch ausgeprägte Levels wechseln sich ab, sodass eine klare Orientierung entweder zum Ich- oder zum Wir-Bezug vorliegt.

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Plateau: Wir sprechen von einem Plateau-Profil, wenn die Levels ähnlich hoch ausgeprägt sind und sich keine klare Wertepräferenz im Ergebnisbild feststellen lässt. Häufig weist ein solches Profil auf eine aktuelle Change-Situation hin (oder auf die Zeit kurz davor oder danach), in der sich vieles neu sortiert und wenig Klarheit vorhanden ist. Womöglich ist die Person, das Team oder die Organisation zwischen mehreren Levels »zerrissen«, was sehr viel Energie kosten kann.

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Ausreißer: Ein Level durchbricht durch seine besonders starke Ausprägung das Ergebnisbild einer Glockenkurve. Dieser Level hat im Regelfall eine außergewöhnlich hohe Bedeutung. Aktuell erleben wir in vielen Personal Value Systems Purpur als Ausreißer. Es könnte sein, dass durch die aktuelle, von schnellem Wandel und Wertepluralität geprägte Zeit Themen wie Zugehörigkeit und Bindung neu entdeckt und etabliert werden.

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Canyon: Ein Level durchbricht durch seine besonders niedrige Ausprägung das Ergebnisbild einer Glockenkurve. Es könnte sein, dass mit diesem Level in der Vergangenheit schlechte Erfahrungen gemacht wurden, sodass er kaum ins Wertesystem integriert ist, sondern bewusst vermieden wird.

Widerstände gegenüber Levels

Das Ergebnisbild »Canyon« deutet es bereits an: Neben der Zugehörigkeit zu einem Wertelevel können Menschen auch Abneigungen und Widerstände gegenüber bestimmten Werten aufweisen. In diesem Fall stimmt die Person den Werten und den daraus abgeleiteten Denk- und Verhaltensweisen nicht zu. Das Gegenteil ist der Fall: Es gibt eine Gegenreaktion. Je nach den Ausprägungen des individuellen Wertesystems kann dies unterschiedliche Dimensionen und Intensitäten annehmen. Wie stark ein solcher Widerstand ist, kann durch eine 9-Levels-Analyse ebenfalls sichtbar gemacht werden, da neben den Ausprägungen auch erfragt wird, ob und wie stark einzelne Levels abgelehnt werden.

Widerstände können Ausdruck einer Schutzfunktion sein, die Individuen, Teams und Organisationen entwickeln, um sich vor Überforderungen und vermeintlich unsinnigen oder schädlichen Veränderungen zu schützen. Im Rahmen eines Veränderungsprozesses kann Widerstand sogar wünschenswert sein, da Beteiligte dadurch Interesse und Betroffenheit signalisieren. Außerdem kann er als Informationsquelle für Führungskräfte dienen, weil diese so die Bedürfnisse ihrer Mitarbeiter erkennen können.

Grundsätzlich gibt es vier Möglichkeiten des Zusammenspiels von Ausprägung und Widerstand auf dem gleichen Level (vgl. Abb. 3):

Kombination 1 – geringe Ausprägung und geringer Widerstand: In dieser Kombination ist das Wertesystem nicht stark ausgeprägt und gleichzeitig existiert auch kein Widerstand dazu. Die Werte des Levels werden als nicht sonderlich wichtig erachtet, die Person hat aber auch keine Probleme damit. Ein Geschäftsführer mit dieser Kombination im Personal Value System bei Blau sagte dazu beispielsweise: »Ich weiß, dass das vielen Menschen wichtig ist – mir nicht. Ich freue mich daher, wenn sich andere darum kümmern!«

Kombination 2 – hohe Ausprägung und geringer Widerstand: In dieser Kombination sind die Werte eines Levels stark ausgeprägt und gleichzeitig gibt es keinen Widerstand innerhalb dieses Levels oder gegen diesen Level. Hat jemand beispielsweise eine hohe Ausprägung bei Purpur, ist er vermutlich ohne Wenn und Aber stark heimatverbunden, liebt Rituale und den Zusammenhalt über lange Zeit.

Kombination 3 – geringe Ausprägung und hoher Widerstand: Hier ist das Wertesystem nicht stark ausgeprägt, es liegt aber ein starker Widerstand gegen den Level vor. Wir kennen beispielsweise das Personal Value System eines Unternehmers, das diese Kombination bei Orange aufweist. Der Unternehmer begründete seine strikte Ablehnung oranger Werte damit, dass sein Vater früher ebenfalls Unternehmer gewesen war und nach dem Konkurs seiner Firma Suizid begangen hatte. Aufgrund dieser Erfahrung hat sich unser Kunde geschworen, dass für ihn orange Werte wie Erfolg und Wohlstand nie eine große Wichtigkeit haben werden.

Kombination 4 – hohe Ausprägung und hoher Widerstand: Diese Konstellation steht für eine Ambivalenz. Ein Wertesystem ist sehr ausgeprägt, gleichzeitig wird auch eine starke Ablehnung gegenüber diesem Level erlebt. Bei Rot kann dies beispielsweise bedeuten, dass jemand Werte wie Dominanz, Kraft, Macht und impulsives Durchsetzungsvermögen stark präferiert – es jedoch gleichzeitig nicht mag, wenn eine andere Person mit den gleichen Werten auf ihn zukommt und damit möglicherweise sogar dominanter und kraftvoller unterwegs ist als er selbst.

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Abb. 3: Vier Möglichkeiten der Kombination von Zustimmung und Ablehnung gegenüber einem Level (Quelle: 9 Levels)

Das Delta, das heißt die Differenz von Ausprägung und Widerstand auf einem Level, kann einen Hinweis darauf geben, ob und wie handlungsleitend ein Level aktuell ist. Heben sich Ausprägung und Widerstand in etwa auf (Kombination 1 und 4), könnte es sein, dass sich das Verhalten nur wenig am jeweiligen Level orientiert. Ist das Delta positiv (Kombination 2), zeigen sich die kennzeichnenden Werte des Levels mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit im Verhalten der Person. Ist das Delta hingegen negativ (Kombination 3), könnte es sein, dass es die Person bewusst unterlässt, sich dem Level entsprechend zu verhalten, oder sogar gegenteilige Handlungsmuster zeigt. Diese Interpretationen sind jedoch nur als Hypothesen zu verstehen und müssen in der Praxis immer im Dialog hinterfragt und überprüft werden!

Die 9 Levels in der Praxis

Wir haben bereits in unserem Vorwort erwähnt, dass eine 9-Levels-Analyse mit einer Computertomografie vergleichbar ist: Es wird immer ein Bild erzeugt von dem, was ist. Es braucht jedoch eine Interpretation des Ergebnisses, eine Verknüpfung mit früheren Ereignissen und zukünftigen Plänen, ein Ableiten konkreter Maßnahmen zur Zielerreichung und ein wirkliches Arbeiten mit den Analyseergebnissen, damit Erkenntnisse und Veränderungen entstehen.