Das Buch

Ein Gaunerpärchen im Frankreich der Zwischenkriegszeit: Bichette, die erotische Königin der käuflichen Damen von Paris, und ihr Freund Henri, genannt Fec, Zuhälter und Kleinganove, der ohne Skrupel und Moral seine übertölpelten Opfer ausnimmt. Bichette und Fec – sie sind wohl nicht ineinander verliebt, sondern stellen ihre Liebe nur gegenüber anderen zur Schau, um sie leichter übers Ohr hauen zu können. Oder? Das Spiel wird Ernst, eine heftige Amour-Fou bricht sich Bahn. Auftakt zu einem riskanten Spiel, das in den Luxushotels und Casinos von Paris und Nizza eskaliert.

Treffsicher schreibt Alfred Döblin in einer Rezension: »Die Tigerin ist ein ausgezeichnetes Kunstwerk … Es ist der Kampf zweier menschlicher Naturwesen, die jenseits der bürgerlichen Moral stehen … wie sie sich finden … wie sie dann auf ihre Art parasitär über die Umgebung herfallen, währenddessen der tigerhafte furchtbare Liebeskampf weitergeht …«

Schon 1931 sollte das frivole Werk, dem engstirnigen Kleinbürgertum ein Dorn im Auge, gerichtlich verboten werden. Das Gericht lehnte das Ansinnen ab; doch nur zwei Jahre später, nach der Machtergreifung der Nazis, landeten Serners Werke, wie so viele andere, im Feuer.

© Redaktion eClassica, 2020

Der Autor

Walter Serner (1889–1942) gehört zu den bekannten deutschen Autoren der Zwischenkriegszeit, wie Döblin, Brecht oder Zweig. Der Sohn des Herausgebers der ›Karlsbader Zeitung‹ studierte ab 1909 in Wien und Greifswald Jura, und schloss mit einer, wie sich später herausstellte, fast vollständig plagiierten Promotion ab. Ab 1908 schrieb er Kunstkritiken und Buchbesprechungen für Zeitschriften. Durch sein Manifest ›Letzte Lockerung‹ wurde er zum Mitbegründer der literarischen Schule des Dadaismus, von der er sich allerdings bald wieder abwandte. Sogar Schriftstellerkollegen nannten den radikalen Freidenker Serner einen »größenwahnsinnigen Außenseiter«; manche seiner Bücher waren so obszön, dass sie nur privat per Post vertrieben werden konnten. All das sind Gründe, warum Serner niemals in den Kanon der Bildungsbürger- Literatur avancierte – obwohl viele seiner Werke brillant sind. Im August 1942 wurde Walter Serner in Lettland bei einer Massenerschießung von den Nazis ermordet.