© 2020 Fabian Nowakowski

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Phillip-Kühner-Straße 2

99817 Eisenach

Korrektorat: Tatjana Weber

Lektorat: Schreibbüro Knös

Covergestaltung: Dennis Nowakowski

E-Book-Erstellung: mach-mir-ein-ebook.de

 

Table of Contents

Table of Contents      2

Take Off      7

Kapitel 1 Der Anfang vom Ende      11

1.2 Isolation      18

1.3 Absolute Kontrolle      23

1.4 Aufgabe      27

1.5 Erleuchtet      30

Kapitel 2 Spiritueller Wahnsinn      33

2.2 Das dritte Auge      36

2.3 Kurzfristige Heilung      40

2.4 Stimmen im Kopf      42

2.5 Das Ende ist der Anfang      45

Kapitel 3 Am Anfang      47

3.2 Die Ursachen      50

3.3 Das Ende naht      56

3.4 Power      58

3.5 Gib und dir wird gegeben      62

Kapitel 4 Das Leben anderer      68

4.2 Endlich      70

4.3 Der Kampf geht weiter      73

4.4 Hyper oder hoch?      76

4.5 Der tanzende Vater      78

Kapitel 5 Überleben      82

5.2 Paranoia      84

5.3 Abschluss      86

5.4 Schon wieder      89

5.5 Betäubungsfalle      92

Kapitel 6 Transformation      95

6.2 Von null auf hundert      98

6.3 Ruhe      100

6.4 Heile dich selbst      102

6.5 Fokussiere dein Ich      105

Nichts kann den Willen eines Menschen brechen der sogar seine Existenz aufs Spiel setzt, um sein erklärtes Ziel zu erreichen.

Benjamin Disraeli

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Vorwort

Dieses Buch ist die Dokumentation einer wahnsinnigen Reise mit dem Ziel, meinen eigenen Willen endlich zu leben. Ich zeige, wie es dazu kommen konnte, dass ich von einem Narzissten buchstäblich in den Wahnsinn getrieben wurde, und wie ich den Weg in ein neues, freies Leben fand. Damit will ich meine Reise für all die festhalten, die selbst krank gemacht worden sind und sagen: Wir müssen die Wahrheit erkennen, die Vergangenheit loslassen und unsere Zukunft selbst gestalten, um ein glückliches Leben zu führen. Dieses Buch zeigt meine Transformation für jeden, der frei leben will.

Ich habe erkannt, welche Rolle meine Erziehung, mein Selbstbild und die Meinung der Gesellschaft spielen, wenn es um Sucht und Wege aus der Sucht geht.

Ich spreche in diesem Buch über meine Erfahrung mit einer Selbsthilfegruppe, die für mich keine Hilfe war. Ich habe vielmehr Parallelen zu einer Sektengemeinschaft erkannt und spreche hier auch von einer Sekte, wenn ich von dieser Gruppe berichte.

Meine Art zu schreiben ist unkonventionell. An der einen oder anderen Stelle werden Sie schockiert sein. Dieses Buch wird Sie aufrütteln und das ist gut so!

Fabian Nowakowski

Take Off

Da kniete ich jämmerlich in meinem alten Kinderzimmer. Mein Kopf zappelte hin und her. Auf meine Mitmenschen wirkte ich immer nervös in diesen Tagen. Dieses Zucken und Zappeln konnte ich nicht kontrollieren. Eine Stimme in meinem Kopf jagte die nächste. »Bin ich das oder wer ist das jetzt?« Diese Frage quälte mich. Wann würde dieser Albtraum endlich ein Ende nehmen? Wann würde dieser Virus aus meinem Kopf verschwinden.

Mein Vater packte die wenigen Sachen, die mir geblieben sind, sorgfältig, nach seinen Vorstellungen, in die Schubladen und erklärte mir sachgerecht, wie man das richtig macht. »Junge, guck mir zu und lerne!« Wieder wurde ich belehrt, bevormundet, erniedrigt. »Wie viele Erniedrigungen kann ein Mensch aushalten?«, jagte es wieder durch meinen Kopf. Es sollte definitiv nicht die letzte sein.

Eine weitere Nacht mit endlos vielen Stimmen in meinem Kopf lag noch vor mir. Diese Nächte waren zu einer quälenden Routine geworden, die mein Leben zerstörten. Stimmen von Selbsthass, Zweifel und Angst, die mich auf Versager programmierten. Alles nur, weil ich zu lange auf die falschen Menschen gehört habe. »Wie kann ich diese Scheiße auflösen?« »Wie verbanne ich diese Stimmen aus mir?« Kein Morgen brachte Fortschritte. Ich wachte auf, versuchte aufzustehen und brach zusammen.

Du stehst das allein durch, sagte ich mir. Wenn du jemandem davon erzählst, gehst du sofort in die Klapse und kommst da nie mehr wieder raus! »Wäre das denn nicht das Beste?«, ertönte eine andere Stimme in mir. War ich das jetzt? »Wir wollen doch nur dein Bestes.« »Wir machen uns doch nur Sorgen.« »Hört auf!« »Hört auf!« »Hört auf!« Schrie das Letzte von meinem ich. Du musst jetzt nach oben, überstehe das Frühstück und lege dich wieder hin. Die Stufen nach oben in die erste Etage waren eine Qual. Sack nicht zusammen Junge, redete ich mir ein. Geschafft! Jetzt nur noch die Tür überwinden, den Flur lang, setz dich hin und du hast es geschafft.

Als ich die Küche betrat, kamen schon erste Anweisungen meiner lieben Eltern. »Setz dich hin.« »Schütte den Kaffee ein.« »Wie siehst du denn aus?« »Vorsichtig beim Einschütten.« Es donnerte in mir, ein Gefühl der Machtlosigkeit und der nie aufhörenden Erniedrigung stieg in mir hoch. Ich legte meine Hände auf die Arbeitsfläche, um nicht umzufallen. Wortlos und zitternd ging ich in den Keller. Mein einziger Rückzugsort. Nur hier musste ich die Blicke und Kommentare meiner Eltern nicht ertragen. »Was hat der denn?«, hörte ich noch auf dem Flur meine Mutter meinen Vater fragen.

»Lasst mich in Ruhe!«, schrie wieder die innere Stimme in mir. Ich legte mich wieder hin. Vollkommen verzweifelt, nach Antworten ringend, lag ich da. »Es hat keinen Sinn mehr«, schoss es mir durch den Kopf. »Du wirst es nicht schaffen, beende es und du bist erlöst.« Nein! So kann es nicht zu Ende gehen. Ich fixierte den Gegenpol in meinen Gedanken. Der Gegenpol zu diesem Wahnsinn war ein gesundes, freies Leben. Mir wurde bewusst, wenn es diesen Tiefpunkt gibt, muss es auch ein Hoch geben. Es muss eine Lösung geben. Ein langer Weg stand mir bevor, das war mir klar. Du musst die Ursachen herausfinden, um es zu verstehen und zu lösen. Der größte Kampf meines Lebens stand mir bevor. Mit vielen Rückschlägen und Enttäuschungen geebnet, bis ich es endlich verstanden hatte.

Alles braucht seine Zeit. Man kann nicht erwarten, dass sich die Dinge von heute auf morgen verändern. Man braucht Mut und Willensstärke, die Vergangenheit loszulassen. Loslassen heißt nicht aufgeben, sondern die Kontrolle über ein Ereignis der Vergangenheit erringen.

Das erfordert die Wahrheit, deine absolute Wahrheit. Die Wahrheit zu erkennen ist kein Vergnügen, es schmerzt und ist enttäuschend. Nur wenige Menschen sind dazu bereit, diesen Weg zu gehen, doch am Ende erwarten dich Klarheit und Freiheit.

Die Vergangenheit ist abgeschlossen, sie ist nicht mehr veränderbar. Alles was war, musste so geschehen. Um die Dinge zu akzeptieren, wie sie sind, habe ich lange gebraucht. Ich musste mir eingestehen, dass mein Ego größer als meine Welt war und dass Unwissenheit immer bestraft wird. Mir wurde klar, wenn ich aus der Scheiße raus will, muss ich die volle Verantwortung übernehmen, meine Gedanken überprüfen und bewusst wählen.

Das ist das Mindset des Lebens und die ersten Schritte in ein selbstbestimmtes Leben. Jedes Mal, wenn man außen einen Schuldigen sucht, gibt man die Macht über sein Leben ab. Unsere Psyche versucht, den einfachsten Weg zu gehen, deshalb zeigen wir auf andere. Wir wurden alle enttäuscht auf irgendeine Art und Weise. In jeder Enttäuschung steckt Erkenntnis, da man nicht mehr getäuscht wird. Immer wieder zu hoffen, dass sich etwas verändert, obwohl man schon getäuscht worden ist, ist der reinste Wahnsinn*. Wenn wir wieder die gleiche Art von Menschen oder Ereignissen in unser Leben ziehen, die uns nicht positiv bereichern, dann liegt es an uns, diese Muster zu durchbrechen.

Wenn wir Vergangenes nicht loslassen, verfolgt uns dies unser ganzes Leben lang. Wir sind regelrechte Meister der Verdrängung und Kompensation*. Irgendetwas zu verdrängen oder nicht auszuleben führt zu anderen Kompensationen und Rechtfertigungen, die wir brauchen, um uns selber aufzuwerten und unsere Psyche zu regulieren. Eins kann ich Ihnen versprechen, der innere Druck wird irgendwann so mächtig werden, dass nichts mehr hilft. Da können Sie sich noch so sehr betäuben. Sie haben dann nur die Wahl, zu kämpfen oder sich mit Ihrem Schicksal abzufinden, Ihr jämmerliches Dasein zu akzeptieren oder gar den Freitod zu wählen. Ich sage Ihnen: Kämpfen Sie für das Leben und Ihre Freiheit, auch wenn es nicht leicht wird!

Verdrängung ist nur Betäubung auf Zeit. Es wird alles zurückkommen. Einsamkeit und Krankheit sind meist die Folgen von Verdrängung. Wenn wir nicht bereit sind, den natürlichen Verlauf des Lebens zu trauen, werden wir leiden. Wir werden geboren und wir sterben, auf den Tag folgt die Nacht und nach dem Winter kommt der Sommer.

Wir brauchen Liebe, ein positives Umfeld, Gesundheit und Selbstverwirklichung.

Akzeptieren wir dies nicht, muss unsere Psyche sich entweder betäuben oder uns aufwerten, indem wir andere Menschen abwerten.

Betäuben können wir uns mit vielen Substanzen, sei es Essen, Nikotin, Alkohol, Drogen, Arzneimittel und vieles mehr. Meist als Belohnungseffekt oder aktiv, um Gefühle nicht aushalten zu müssen, zum Beispiel nach Schicksalsschlägen, um das Geschehene zu verdrängen und die Schmerzen zu lindern.

Wenn wir nicht die Verantwortung für unser Leben übernehmen, finden wir uns meist in der Opferrolle wieder. Wir geben allen und jedem die Schuld und verstehen die Welt nicht mehr.

Unsere Aufgabe besteht darin, das Vergangene zu verstehen und unseren Körper, Geist und die Seele zu harmonisieren.

Fakt ist leider, die meisten Menschen sind so mit ihren Vorurteilen aus ihrer persönlichen Geschichte behaftet, dass sie die Wirklichkeit nicht wahrnehmen wollen. Wie viel Schmerz und Leid noch auf viele Menschen zukommen wird, ist ihnen nicht bewusst.

Unsere Glaubensmuster* und Ideale bestimmen unser Leben. Wenn Sie morgens nicht aufwachen und glücklich sind, am Leben zu sein, um das Leben zu erfahren, dann machen Sie etwas falsch!

»Glücklich zu sein ist kein Zielzustand, sondern der Weg«

Sie tragen nicht nur für sich selbst die Verantwortung, sondern auch für die Menschen, die in Ihrer Nähe sind. Das ist Ihr Wirkungsradius, Ihr Universum und genau dort verändern Sie die Welt, indem Sie sich selbst verändern.

Lösen Sie sich von negativen Fremdeinwirkungen, am besten sofort. Glauben Sie nicht anderen Menschen, die nur Ihr „Bestes wollen“. Jeder will immer nur das Beste für sich. In unserer Gesellschaft gilt es als richtig, wenn Eltern für die Kinder und Lehrer für die Schüler entscheiden. Wir sollen dem anderen helfen, um nicht als Egoist zu gelten. Doch genau das macht uns krank. Wir lernen nicht, für uns selbst zu sorgen und uns um unser eigenes Leben zu kümmern. Die wahren Egoisten sind die, die selbst nicht ihren eigenen Weg gehen und andere lenken müssen, um ihrem Leben einen Sinn zu geben.

»Wir wollen nur das Beste für Dich!« »Du? Der passt gar nicht zu Dir!« »Du kannst das doch gar nicht!« »Äh, meinst Du wirklich, mmmhh.« Zugedachtes Zweifeln, das die meisten von uns kennen. Von unseren Familien, Freunden und Lehrern.

Pures Gift für die Seele. Sie leben das Leben von anderen Menschen und das ist in meinen Augen nicht lebenswert.

Gerade in schwierigen Phasen in Ihrem Leben brauchen Sie keine Menschen um sich, die Sie abwerten und die Sie nicht verstehen.

Jede Zelle in unserem Organismus will leben. Sie möchte nicht krank sein.

Der Weg zu sich selbst kann viele Routen nehmen. Es gibt so viele Möglichkeiten, sich selbst zu erfahren. Wir können uns in unsagbar viele Richtungen entwickeln und erfolgreich werden.

Wir alle haben nur zwei Optionen! Entweder wir leben unser Leben und entwickeln uns zu einem selbstbewussten Menschen oder wir werden fremdbestimmt. So lange fremdbestimmt, bis wir unser eigenes Selbst und die Orientierung verlieren. In ganz harten Fällen werden wir Sklave unserer negativen Gedanken, der eigenen Dämonen.

»Wie verbannen Sie nun die Dämonen?« »Gehen Sie doch in eine Therapie!« »Lassen Sie sich doch dort am besten betäuben.« »Mit ein wenig Glück sind Sie für immer krank.« Die Erfolgschancen stehen da recht gut. Bei genauer Betrachtung sind konventionelle Therapien genau das für mich: Wege der Betäubung. Nicht selten sind Medikamente, die die Stimmung aufhellen, negative Gefühle dämpfen, vom Problem ablenken, das Mittel der Wahl.

Diagnosen sind selbsterfüllende Prophezeiungen*. Sie denken so viel an Ihre Diagnose, dass Sie die Symptome selbst erkennen und die Krankheit Realität wird. Noch schlimmer ist es, wenn die Diagnose Teil Ihrer eigenen Identität wird. Dann haben Sie verloren, haben Sie aufgegeben und die Krankheit wird die Ausrede für alles sein.

Die Welt folgt Naturgesetzen*, doch wir leben nach althergebrachten Konditionierungen*. Machen Sie sich bewusst, dass Sie meist nur die Erwartungen Ihrer Umwelt erfüllen. Das heißt, Sie müssen nicht den Erwartungen der anderen Menschen und Institutionen entsprechen. Sie müssen nicht trauern oder in eine tiefe Depression verfallen. Es ist Ihre Entscheidung.

Unser Fokus, unsere Gedanken lenken unser Leben und unsere Gefühle. Wenn Sie Ihre Gedanken kontrollieren, dann kontrollieren Sie Ihr Leben.

Eine weitere Art, seinen Problemen aus dem Weg zu gehen, ist, sie schönzureden. Wenn Sie dann Ihr engeres Umfeld in Ihrer Verdrängung weiter bestärkt, Ihnen vermeintlich Trost schenkt und die böse Welt für Ihren Kummer verantwortlich macht, dann betreiben Sie Betäubungspsychologie*.

Es wird sich nichts an Ihrer Lage verändern. Sie werden dann nur ein weiterer Puppenspieler und irgendwann beginnen auch Sie, andere Menschen von Ihrem Leid zu überzeugen und Sie nach Ihren Wünschen zu benutzen, um unterschwellig ihren Willen durchzusetzen.

»Keine Sorge «, es wird sich rächen.

Ob Sie es bewusst oder unbewusst machen, spielt keine Rolle.

Man muss absolut ehrlich zu sich sein und der Wahrheit ins Auge sehen. Sie haben nur ein Leben in diesem Körper.

Das Leben hat Sie mit einem Willen und einem unendlichen Bewusstsein ausgestattet.

Es liegt an Ihnen, diesen Schlüssel in die Hand zu nehmen und die Türen zu öffnen.

Die Ketten der Vergangenheit zu lösen, ist kein leichter Weg, aber der einzige, der in die Freiheit führt.

Kapitel 1
Der Anfang vom Ende

1.1 Beginn der Infizierung

»Oh Mann!« »Sind es schon wieder drei Monate?« »Verdammt!« Schoss es mir durch den Kopf, der noch benommen von Amphetaminen und Alkohol war.

Ich verliere wieder eine ganze Woche, bis ich klar bin und weiterarbeiten kann.

Ich lag auf meinem Bett im Keller von meinem Bruder, wo ich ein kleines Arbeitsbüro eingerichtet hatte. Fokus auf das Spiel. Ich muss meine Pokerhände spielen, um mein erklärtes Ziel zu erreichen. Dafür habe ich mich von allem Luxus einer Wohnung verabschiedet.

Mein großes Ziel: Endlich durch Europa reisen, Menschen kennenlernen und einfach das Leben genießen. Doch diesen permanenten Kontrollverlust, exakt alle drei Monate, konnte ich mir nicht erklären. Er ist mir ein Dorn im Auge, die größte Bremse auf dem Weg zum Ziel. Diszipliniert ging ich sonst meiner täglichen Morgenroutine nach. Stand um 5:00 Uhr auf, joggte, ernährte mich gesund und arbeitete an meinem Pokerspiel. Aber ohne irgendeinen Ausgleich zur Arbeit zu haben. Erholung sollte erst kommen, wenn ich vom Pokern leben kann. Ich erkannte nicht, warum ich mir Pausen einbauen sollte oder keinen Ausgleich hatte. Das sollte sich rächen, und zwar schnell und bitter. Bald hörte ich das erste Mal in unteren Milieus von einem alten Bekannten, den ich schon seit Ewigkeiten kannte. Wir teilten damals die Leidenschaft für den Wrestling Sport und den exzessiven Drogenkonsum von jeglichen Substanzen, die wir in die Finger bekamen. Jugendlicher Leichtsinn, der mich an tiefe Abgründe brachte.

Wenn sein Name fiel, war oft auch von Sucht und Besessenheit die Rede. Man versuchte, mich indirekt vor ihm und seinem Einfluss zu warnen, aber ich konnte nur müde lächeln. Ich stand über den Dingen. Ich war der Schlauste.

Der äußere Druck in meinem näheren Umfeld wuchs, da nur wenige Menschen meine Art zu leben verstanden. Immer wieder gab es Konflikte innerhalb der Familie. Ich begann mich zu rechtfertigen. Ich merkte, wie meine Familie mich spüren lassen wollte, dass sie alles besser wüssten als ich. Mit ihren Jobs und ihrem normalen Leben. Ich tat, was ich immer tat. Ich ging mit dem Kopf durch die Wand.

Wahnsinn halt, der sich wie ein nie endendes Muster durch mein Leben zog. Ich wollte endlich wer sein und doch lief ich rastlos durch die Welt wie ein Hund, hechelnd nach Anerkennung, die ich niemals kriegen sollte. Der ständige Energieverlust durch den Krieg innerhalb der Familie, der mit aberwitzigen Diskussionen und Machtkämpfen ausgelöst worden war, bereitete mir teils schlaflose Nächte. Ich fragte mich so oft, wie Menschen ohne einen Schein von Empathie* sich richtig fühlen konnten. Sehen sie nicht den Schaden, den sie anrichten? Anscheinend nicht. Ich rebellierte wie ein kleines Kind auf familiären Feierlichkeiten, indem ich mir erst mal ein paar Lines zog, meist Speed oder in den seltensten Fällen Koks, um die repräsentative Rolle innerhalb der Machtstruktur zu befriedigen.

Nach ein paar Weizen und Sambuca hatte ich das Gefühl, in einer intakten Familie zu sein. Es war schon Gewohnheit, ebenso wie die ständigen Erniedrigungen, die ich und mein Bruder von unserem alten Herrn erfuhren. Gelegentlich versuchte er, uns gegeneinander aufzuhetzen. Oh Mann! Heute lache ich darüber. Früher hat das meine Welt erschüttert.

Dass ich damals stark an Hochsensibilität* litt, war mir nicht bewusst. So dachte ich, dass alle Menschen so wären und empfinden müssten wie ich. Niemand klärte mich darüber auf, dass es hochsensible Menschen gibt, und ich lebte mein Leben und war blind für so viele Fallen, die folgen sollten. Dafür aber bekam ich finanzielle Unterstützung von meiner Familie, wenn Not am Mann war. Für das Leiden bekam ich immerhin Geld, größtenteils aber nicht, um mir zu helfen, sondern um ihren gesellschaftlichen Status aufzuwerten. Es war ein Mittelding denke ich. So haben wir uns gegenseitig betäubt und alles, was war, wie viele andere Familien verdrängt. So können sich Türen der Vergangenheit im Unterbewussten schließen, doch ein Sturm kann die Tür öffnen, wie ich noch schmerzhaft erfahren sollte.

Ich war im Einkaufscenter am Hauptbahnhof in Mühlheim, einer an meinen Geburtsort angrenzenden Stadt, als ich unverhofft einen Anruf von einem engeren Freund erhielt. Wir verabredeten uns für den späteren Verlauf des Abends bei ihm.

Als ich die Wohnung betrat und den kurzen Flur entlang zum Wohnzimmer ging, überraschte mich der Anblick eines Mannes aus der Vergangenheit.

»Was machst du denn hier?« Fragte ich ihn. »Was wohl?« Die Schulter hebend und auf den Tisch blickend, wo sich neben dem Aschenbecher und einer Flasche Bier ein nicht so geringes Häufchen Speed befand. Einige sorgfältige Bahnen waren schon für den Verzehr bereitgelegt.

Die Gerüchte stimmten. Ich hatte ihn dürrer in Erscheinung, er hatte an Masse zugelegt und eine anziehende Wirkung auf mich. Schnell zog er mich in seinen Bann und überredete mich, die Nacht zum Tag zu machen. Mein Körper erinnerte sich an die vermeintliche Erholung, die mir die Drogen früher brachten. Die Wiedersehensfreude war groß. Ja, es waren wieder diese verdammten drei Monate. Drei Monate hatte ich ohne Pause gearbeitet und nun bot sich die willkommene Gelegenheit zum Abschalten.

Egal was für eine Grundhaltung man in Bezug auf Amphetamine* hat, sie verbinden alle, die sie gerade konsumieren, auf emotionaler Ebene. Die Gespräche sind meist nicht oberflächlich, sondern gehen oft in emotionale Tiefen. Man ist hemmungsloser gegenüber Fremden und offenbart ihnen Sachen, worüber man aus Scham in einem normalen Zustand überhaupt nicht reden würde. Man empfindet mehr Mitgefühl gegenüber dem Gesprächspartner. Je länger man diese Verbindungen aufrechterhält, desto schwieriger kann man sie lösen. Die Wirkung von Amphetaminen beruht im Wesentlichen auf der Freisetzung der Hirnbotenstoffe Dopamin und Noradrenalin und greift damit in das Belohnungszentrum des Gehirns ein. Bei niedriger Dosierung stellen sich Gefühle entspannter Aufmerksamkeit und Stärke ein.

Auch in dieser Nacht gingen wir eine tiefe Verbindung ein. Wir sprachen von seiner langen Abstinenz und dass er in dieser Zeit an Status gewann. Er war nicht mehr der Looser, der nur auf Drogen ist. Er hat sein Ding als Wrestler durchgezogen, reiste mit dem Wrestling Verein, in dem er tätig war, und kam weit herum. Sein nächstes Ziel war eine berufliche Karriere als Fitnesstrainer. Sein Erfolg als Wrestler machte ihn in meinem Augen glaubwürdig und sein fester Glaube an sein neues Ziel faszinierte mich. Er verkaufte sich gut, war sehr wortgewandt.

Wir teilten beide das gleiche Interesse für Politik und verurteilten das Geldsystem. So entstand auch auf der Sachebene vieler Unterhaltungen eine starke Sympathie füreinander. Wir verstanden uns und ich fühlte mich in meiner Auffassung von der Welt bestärkt und wir beschlossen, weiterhin in Kontakt zu bleiben. Heute verstehe ich, dass ich mir einfach Bestätigung geholt und dafür einen hohen Preis gezahlt habe. Das war mir damals nicht bewusst.

Endlich sah ich ein, dass ich Urlaub brauchte, um wirklich an mein Ziel zu gelangen. Es sollte eine Reise in die Türkei werden.

Kurz vor meinem Urlaub vermehrten sich die Konfrontationen innerhalb der Familie. Sie drückten alle auf die richtigen Knöpfe. Es kam vermehrt zu Kontrollverlusten. Jeder versuchte, dem anderen sein Weltbild aufs Auge zu drücken. Jeder mit der vollsten Absicht, den anderen zu überzeugen. Ein Kampf ums Rechthaben ohne Respekt und Verständnis und wieder war mein Verständnis von Familie erschüttert.

Meine engste vertraute Person Baris war ebenfalls mit enormem psychischem Stress behaftet, sodass ich kaum oder selten Kontakt zu ihm hatte. So kam es, dass sich der Kontakt mit dem Mann aus der Vergangenheit namens Markus häufte, er hatte Verständnis für meine Situation und stabilisierte so meine Gefühlslage.

Der Kontakt im Urlaub blieb weiter bestehen, bis dann der erste Manipulationsversuch von ihm mich eiskalt erwischte. Eine kleine harmlose Nachricht, schleichend wohlfühlend in meinem Kopf verankert. Der erste Widerspruch, den ich bewusst wahrnahm und mir selbst gegenüber rechtfertigte. »Eigentlich hat er recht.« Viele Monate Arbeit hat er in mir investiert, um mein Vertrauen zu gewinnen, und jetzt wird langsam geerntet.

Nun war die Tür offen, er hatte genug Informationen gesammelt und versuchte langsam mit wiederkehrenden hypnotischen Sprachmustern*, die Sucht und dessen Besessenheit von meinen Freunden sowie Familie als Schuldigen darzustellen.

Er hatte in den letzten Monaten genug Informationen aus meinem Umfeld gesammelt und verknüpfte sie geschickt miteinander, sodass vieles, von dem er sprach, einen Sinn ergab.

Der Disput in meiner Familie war ja auch da, er sah den gleichen Konflikt, der so lange innerhalb meines Umfeldes lag. Wir alle tranken gern und viele meiner Freunde haben sich den Drogen hingegeben. Er war auch über meine Kontrollverluste informiert und setzte dieses Wissen gegen mich ein.

»Du brauchst jetzt nicht darauf zu achten.« »Es macht jetzt sowieso keinen Sinn.« Es gibt da nur einen Weg, um komplett mit der ganzen Sache aufzuhören.

»Meetings«

Kurz nach meinem 30. Geburtstag, den ich zusammen mit meinem Bruder im großen Kreis feierte, ging es mit kurzem Abstand vom ersten Urlaub in den zweiten. Wir fuhren, zusammen mit meinem Vater und der Lebensgefährtin meines Bruders Valentina, nach Bayern, wo wir schon seit frühester Kindheit hinfuhren. Ich assoziierte viele positive Kindheitserinnerungen mit diesen Urlauben. Früher reisten wir noch mit meiner Großmutter väterlicherseits, die schon seit etlichen Jahren mit meinem Großvater dorthin fuhr.

Es war eine lange Tradition, die wir alle mit diesem Ort verknüpften. Aber auch einige tragische Erinnerungen meiner Kindheit waren damit verbunden. Die Todesmitteilung meines Großvaters mütterlicherseits spülten wir bei einem solchen Aufenthalt mit mehreren Gläsern Wodka Bitter Lemon herunter. Alkohol spielte eine bedeutende Rolle in der Familie, genau wie Gewalt, die nicht nur mein Vater, seine vier Brüder und die liebe Schwester durch ihren Vater erfahren haben.

Als jugendlicher Drogenfreak verbrachte ich die meiste Zeit in Bayern in Ekstase, warf mir viele Pillen ein und ätzte meine Nasenhöhle mit unzähligen Lines weg. Ich fuhr einige Male allein hin, um meinen damaligen Lifestyle mit dem Verkauf von Ecstasy und Speed* zu finanzieren.

Schon kurz nach dem Beginn des Urlaubes wurde mir klar, dass sich dort einiges verändert hatte. Es waren ungefähr 12 Jahre nach dem letzten Aufenthalt vergangen. Selbst die Zeit in einem althergebrachten Dorf ging nicht spurlos an den Menschen vorbei. Selbst feste Traditionen und Gewohnheiten veränderten sich, was meinem Vater zu schaffen machte. Er lebte wie gewohnt in der Vergangenheit und so handhabte er wie schon immer die Sachen auf seine Art. Schon sehr früh musste ich mich seiner Realität anpassen und seinem Weltbild entsprechen. Ich musste abermals meine Rolle spielen und den Menschen ins Gesicht lügen, was meinen Status anging. Ich war Koch und weiß der Geier, was ich den Menschen vorspielen musste. Nach einigen Tagen hielt ich es nicht mehr aus und das erste Mal wurde mir bewusst, ich brauche jetzt was, um die ganze Scharade auszuhalten.

Ein paar Gramm Speed hatte ich von meinem Geburtstag übrig und warf mir was ein. Das erste Mal in meinem Leben hatte ich die folgende ernüchternde Erkenntnis:

»Ich bin süchtig«

Hier war ich nun im Familienurlaub und doch war der Einfluss meines alten Freundes größer, als ich es erkennen wollte. Überall sah ich seinen Blick auf meine Familie, seine abschätzige Meinung. Es war nicht nur der Alkoholkonsum jeden Abend, sondern wieder diese Machtkämpfe, die ich in meiner Familie gewohnt war. Wir waren alle nicht glücklich und so erniedrigte einer den anderen, um sein Unglück nicht spüren zu müssen. Ich hielt mich raus, wenn es mich nicht betraf, bis zu dem Abend, als es dann eskalierte.