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T. Stern

GÖTTERBLUT: Dauðasvindur





BookRix GmbH & Co. KG
80331 München

Titel

Handlung

 

Die Zeit drängt und die Lande müssen sich vereinen. Nur gemeinsam können sie sich der dunklen Armee entgegenstellen und die südlichen Gefilde der Welt beschützen.

Währenddessen reisen der Göttererbe und seine treuen Begleiter gen Norden, um sich dem Feind dort zu stellen. Nur ein Sieg an beiden Kampflinien wendet Ragnarök ab.

Auf ungewöhnlichem Weg treten Fannar, Eirik und Myrkur die Weiterreise nach Ísbygg an. Wissend um die Armee der Verderbnis, welche auf die eiskalten Lande zuhält, ihre Verfolger weiterhin im Nacken, reiten sie vom eisigen Wind unterstützt.

Was Fannar dort erwartet, ist mehr als sein Schicksal. Die Riesen frostklirrenden Blutes, Kuldaborgs Katakomben, die Wahrheit, Norðurljós und ein übermächtiger Feind, der droht, diese Welt und all ihre Wunder zu vernichten.

Das Horn bläst zur letzten Schlacht um Leben und Tod.

Vorwort

 

Willkommen in der Welt von Götterblut, meiner kleinen Fantasy-Reihe. Mit Dauðasvindur geht die Reise durch die Götterwelt weiter.

Was erwartet euch?

Die Fortsetzung der Reise durch eine Welt, die inspiriert ist durch die nordische Mythologie. Diese Sagenwelt hat mich schon immer fasziniert. Ich dachte mir, es wird Zeit, eine eigene zu erschaffen. Sich inspirieren lassen bedeutet nicht, dass man sich zwingend an Vorgaben hält. Deswegen nennt es sich inspiriert und nicht auf Tatsachen beruhend. Erwartungsgemäß findet man Parallelen zu den Inspirationsquellen, das bleibt nicht aus.

Allumfassend ist Götterblut schlicht und einfach: Fantasy.

Fernab der Realität, in einer Zeit, die keine festen Vorgaben hat, in einem Land, welches ich erbaut habe, wo all das möglich ist, was meine Vorstellungskraft dieser zuschreibt.

Es gibt Monster, mysteriöse Wesen, Magie und Götter.

Neben einer langen Reise erwartet euch so allerlei. Diese Welt hat ihre Geschichte und einen Teil davon werdet ihr kennenlernen. Ebenso haben die Hauptprotagonisten ihre gelebte Zeit und gleicherweise wird es da so manches zu erfahren geben.

Für die alte Sprache, die hin und wieder genutzt wird, diente Isländisch als Inspirationsquelle. Wer diese beherrscht, möge nicht erwarten, dass alles grammatikalisch korrekt ist.

Der Sinn von Götterblut ist nicht der, mit realem Wissen zu trumpfen, sondern es geht darum, in eine fremde Welt zu entführen. Mein Wunsch ist es, euch Bilder sehen zu lassen, während ihr dabei seid und mit den Protagonisten ein Abenteuer erlebt. Taucht erneut ab und seht, was sie sehen, erlebt, was sie erleben, fühlt, was sie fühlen. Kämpft, wenn sie kämpfen. Hofft und bangt, empfindet Freude und Erleichterung, betrachtet die Zauber, die sie wirken.

Fantasy sollte nicht an die Realität gebunden sein müssen, sondern eben diese vergessen lassen können.

Genug der Rede, ich schweige jetzt und wünsche jedem fantastisches Lesevergnügen mit Götterblut und eine magische Fortsetzung, sowie einen krönenden Abschluss der Reise durch die Götterwelt.

Danksagung

 Danke an all jene, die in vier Jahren das Ausmerzen diverser Fehler übernommen haben. Seit meinem ersten Buch hat sich einiges geändert und ich habe im Laufe der Zeit gelernt, so manche Macken zu vermeiden oder gar abzustellen.

Das bedeutet nicht, dass ich keine Fehler mehr mache.

Warum ich das anmerke? Ich werde ab jetzt versuchen, meine Bücher selbstständig zu bearbeiten. Das gewährt keine fehlerlosen Texte, da mir – dank Konzentrationsschwäche und Eigener-Text-Blindheit – sicher das ein oder andere Chaos durchrutschen wird, was vorher, mit der Zusammenarbeit von freiwilligen Korrekturelfen und Betafeen, gewiss ausgemerzt worden wäre.

In dem Fall gilt ab jetzt dann wohl wieder: „Ein Chaoskaterchen ohne Fehler, wäre perfekt. Und Perfektion ist kein Chaos.“

Daher gilt mein Dank an jene, die über Fehlerchen hinwegsehen können. Dem Rest kann ich nur sagen: Sorry, aber es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen.

 

Selbstverständlich gilt mein Dank auch genau dir, der du dieses Buch erworben hast.

Herzlichen Dank für deine Unterstützung.

 

Ich wünsche dir ganz viel Lesevergnügen bei Götterblut: Dauðasvindur.

 

Mögen die Götter dich geleiten, in die Welt der Fantasie.

31.

 

Fünf Nächte ist es her, dass die Armee der Kinder der Natur auftauchte, König Eskil seine Unterstützung im nahenden Kampf zusicherte und jedem offenbart wurde, wen Fannar verkörpert. Derjenige, der damit am wenigsten umgehen kann, ist er selbst.

Die Schwere auf seinen Schultern hat nicht abgenommen, wenngleich er jetzt klarere Vermutungen über sich anstellen kann. Im Gegenteil. Die Last hat sich vermehrt. Fannar ist das letzte Siegel. Ein Kind, geboren um diese Welt vor dem Untergang zu bewahren. Hinzukommt, dass er anders ist, als all die Siegelgeborenen vor ihm. Nur was ihn von seinen Brüdern und Schwestern unterscheidet, das vermag er sich nicht zu beantworten.

Eirik und Myrkur sind meistens zu beschäftigt, um mit ihm Gespräche zu führen. Dafür hat Fannar durchaus Verständnis. Es geht darum, Ragnarök zu verhindern.

König Eskil auf jeden Fall hat Wort gehalten. Das Tor zu Eldingar ist geöffnet. Sie nehmen die Flüchtenden aus Lifgard auf. Einige Krieger der Börn náttúrunnar sind freiwillig an die Grenze geritten, um mögliche Angreifer zurückzuschlagen und die Fliehenden zu beschützen.

Seit einiger Zeit schon steht er hier an einem Fenster und beobachtet alles, wenn er nicht damit beschäftigt ist ins Nichts zu starren und seinen Gedanken zu erliegen, die ihn gnadenlos niederziehen.

Fjöllborg bereitet seine Truppen auf einen Kampf vor. Waffen und Rüstungen werden gesammelt, die Versorgung der Menschen muss gesichert sein. Als sicherer Anlaufpunkt für die Alten und Kinder sollen die erschöpften Mienen unter der Herrscherstadt dienen. Kampffähige Männer und Frauen werden mit in die Schlacht genommen. Jede Kraft wird gebraucht.

Bitter wiegt dieser Gedanke in Fannars Kopf, denn er weiß, was das bedeutet. Familien werden auseinandergerissen. Es werden unzählige Tränen fließen und kein Wort der Hoffnung kann diese trocknen oder Trost spenden.

Kämpfe fordern Opfer. Kriege bringen Zerstörung und Leid.

Immer wieder fragt er sich, ob seine Entscheidungen zu dieser Entwicklung beigetragen haben. Hätte es eine Änderung herbeigeführt, wenn seine Fluchtversuche aus Freyvik nicht nur so halbherzig gewesen wären? Ob das Schicksal Eirik dann eher zu ihm geführt und durch einen frühzeitigen Aufbruch zu ihrer gemeinsamen Reise, andere Umstände herrschen könnten? Ist letzten Endes Fannar schuld daran, dass es diesen unausweichlichen Krieg geben wird?

„Hier steckst du also“, ertönt Eiriks raue Stimme. Schon spürt der Junge einen Griff an seiner Schulter, wird bestimmend umgedreht und sieht sich seinem Eiskrieger gegenüber.

Ihre Blicke werden eins, fühlt sich Fannar wieder aufgefangen, festgehalten und beschützt. Vor sich selbst und den unzähligen Gedanken, die ihn zermürben.

„So etwas darfst du nicht denken, Kleiner. Gleich, was du getan hättest, es wäre dennoch so gekommen. Manches ist nicht abzuwenden, so sehr wir es uns auch wünschen.“

Der Krieger greift behutsam an Fannars Kinn, beugt sich tiefer und haucht ihm einen Kuss auf die Lippen. Zärtlich und flüchtig, doch wieder mit dieser immensen Bedeutung und einer nicht anzuzweifelnden Aussage.

Seufzend schlingt der Junge die Arme um den Körper vor sich, schmiegt sich an diesen und genießt dieses Gefühl unzertrennlicher Verbundenheit. Dennoch kann er nicht verhindern diese eine Frage zu stellen, deren Antwort er nach wie vor vergebens sucht: „Wer bin ich, Eirik?“

Der Krieger atmet tief durch, drückt seinen geliebten Schützling an sich, haucht einen Kuss auf dessen Kopf und vergräbt seine Nase in den blonden Haaren.

„Für die einen bist du Fannar aus Freyvik, für die anderen der letzte Siegelgeborene. Für die Nächsten bist du ein Abkömmling der Götter, mit unvorstellbarer Macht.“ Eirik verstummt einen Moment, dann greift er beherzt in Fannars Nacken, zieht ihn ein wenig von sich weg und sucht den direkten Augenkontakt zu ihm.

„Es mag nichts bedeuten, Kleiner, aber für mich bist du alles. Mein Antrieb zu atmen. Das Herz, welches in meiner Brust schlägt. Der Grund, warum ich hier bin und kämpfen werde! Für diese Welt, die Menschen und vor allem für dich. Für uns. Einen Funken Hoffnung in mir tragend, dass ich dich nicht schon wieder verlieren werde. Sollte die Spindel der Schicksalsweberin erneut entscheidet, dass es so sein soll, dann werde ich dich wieder suchen und finden. Koste es, was es wolle. Dir gehört mein Herz, mein Sein, mein Denken. Ich bin dein. Ewig.“

Zärtlich lässt Fannar seine Finger über Eiriks Wange streicheln, folgt dem Kieferknochen bis zum Kinn und spielt mit den geflochtenen Zöpfen des Bartes.

„Eirik“, flüstert er leise, lächelt und streckt sich zu den verführerischen Lippen des Kriegers, „ich liebe dich.“

„Daran habe ich nie gezweifelt, mein König“, haucht dieser ihm zu und unterbindet jegliches Nachfragen, indem er Fannar erneut küsst.

Myrkur steht etwas abseits und beobachtet alles, nickt zufrieden, als er den diesmal innigeren Kuss sieht.

Er spürt das Näherkommen einer Person, blinzelt aus den Augenwinkeln neben sich, als er die Stimme der jungen Prinzessin vernimmt: „Gibt es etwas Schöneres als die Liebe?“

„Eine Zukunft in der diese Liebe existieren kann“, wispert Myrkur rau, kann den Blick zu Eirik und Fannar nicht unterbinden, löst ihn aber schnell wieder und wendet sich dann Naya zu. Das junge Mädchen steht direkt neben ihm, ihr Augenmerk auf die beiden Männer gerichtet, die sich nach wie vor in den Armen halten.

„Wo ist dein Platz in dieser Zukunft?“, will sie wissen und sieht wieder zu dem dunklen Magier.

„Auf dem Schlachtfeld“, gesteht dieser ehrlich. Er atmet tief die frische Luft ein, stößt sie aus und fragt sie: „Und wo ist deiner?“

Sie schüttelt kurz den Kopf, zumindest kann Myrkur das erahnen, denn wie immer, wenn sie außerhalb der Bibliothek unterwegs ist, trägt sie den Umgang, der ihren entstellten Körper vor verächtlichen Blicken schützen soll.

„Vermutlich auf ewig im Kreis der Bücher und Schriftrollen, wo eine verkrüppelte, schwache Frau hingehört, wenn sie schon leben muss. Ich kann nicht mit der nötigen Schönheit dienen, ein Herz für mich begeistern zu können. Einen Mann werde ich nie finden, geschweige denn eine Familie mit eigenen Kindern gründen. Nicht einmal zum Kampf bin ich tauglich.“

Myrkurs dunkles Lachen lässt sie zu ihm sehen, begegnet sie dem Blick aus eisblauen Augen und vermag nicht mehr, sich zu bewegen. Der Faszination des Magiers kann selbst sie sich nicht entziehen. Als sie dann seine Finger an ihrem Kinn spürt, wie er dieses zärtlich greift und es höher zieht, die Kapuze dabei nach hinten rutscht, fängt ihr Herz an, schneller zu schlagen.

„Du bist die stärkste junge Frau, der ich seit langer Zeit begegnet bin, Prinzessin Naya. Es mag sein, dass du anders bist. Aber stell dich nicht in den Schatten. Wissen und Weisheit ist ein wertvolleres Gut, als makelloses Aussehen. Mit Schönheit schlägt man keine Feinde in die Flucht.“

Myrkurs Worte schaffen es, Naya einen leichten Rotschimmer auf die Wangen zu zaubern. Gegen das verräterische Lächeln der Verlegenheit auf ihren Lippen ist sie machtlos.

„Sieh an, dieses Lächeln ist bezaubernd, wie deine Absichten. Wahre Schönheit fängt im Inneren an. Sie liegt im Herzen und in den Gedanken eines Menschen. Du hast Kampfgeist, nutze ihn.“

Myrkurs Hand lässt von ihr ab, doch sein Blick bleibt an ihr haften. Er spürt, wie es in dem Mädchen rumort.

„Ich bin keine Kämpferin, habe nie ein Schwert geführt. Wie soll ich die Gegner besiegen? Sie mit Büchern bewerfen?“, hört er sie dann sagen und wieder entweicht ihm ein kurzes amüsiertes Lachen.

„Wie wäre es mit dem, was in den Büchern steht? Die Geschichte wiederholt sich. Es liegt an unseren Entscheidungen, sie zu ändern“, lässt er sie wissen, seufzt sie und wendet sich von ihm ab, schaut doch wieder zu Eirik und Fannar, die sich an den Händen halten und in die Ferne blicken.

„Selbst wenn du recht hast, Myrkur, wer sagt, dass jemand auf mich hört? Ich bin nur die verkrüppelte Schwester des Königs und ...“

„Als wir ankamen, hast du dich eingemischt. Du hast deinem Bruder, dem König, und allen Anwesenden die Stirn geboten, dich für Fannar eingesetzt. Das hat mir imponiert. Wo ist diese mutige Kriegerin geblieben? Hinter welcher Unsicherheit verbirgt sie sich?“, unterbricht sie der Magier.

Schuldbewusst senkt sie den Kopf: „Ich befürchte einfach das Schlimmste. Nicht nur für Eldingar, sondern für unsere Welt. Was passiert, wenn Ragnarök alles zerstört?“

„Dann haben wir versagt“, antwortet Myrkur mit rauer Stimme, richtet den Blick zu Eirik und Fannar. „Ich möchte, wenn der Moment meines Todes gekommen ist, nicht zurückblicken und bereuen, was ich nicht getan habe, sondern voller Stolz betrachten, was ich alles versucht habe, um das Ende der Welt abzuwenden. Ich werde kämpfen! Koste es, was es wolle. Und wenn ich das Spinnrad der Schicksalsnorne zerschmettern muss.“

Einen Moment herrscht Stille zwischen ihnen, bricht Naya diese: „Ich wäre gerne so mutig wie du, Myrkur.“

Er dreht sich zu ihr, legt eine Hand auf ihre Wange, sieht ihr tief in die Augen: „Das bist du, Naya.“

Schon beugt er sich vor, haucht ihr einen Kuss auf die Stirn und wendet sich dann von ihr ab, entfernt sich.

Naya benötigt eine gefühlte halbe Ewigkeit, bis sie sich wieder gesammelt hat, greift sie ein, ruft Myrkurs Namen, stoppt der dunkle Magier, grinst, denn damit hat er gerechnet.

„Hast du einen Rat, nach was genau ich suchen soll?“, fragt sie.

„Die große Schlacht um Ísbygg. Die Geschichte wiederholt sich. Es liegt an unseren Entscheidungen, sie zu ändern. Du musst kein Krieger sein, um das Richtige zu tun, kleine Königin.“

Naya steht da, sieht Myrkur hinterher, der sich immer weiter entfernt.

„Kleine Königin“, haucht sie. „Danke, Myrkur. Ich verstehe es.“

Mit einem Lächeln setzt sie sich überzeugt in Bewegung und weiß, dass sie Antworten finden kann, wenn sie nur die richtigen Fragen stellt. Die Bücher wissen all das, was mittlerweile in Vergessenheit geraten ist. Naya wird es herausfinden. Das ist, was sie beitragen kann, um Ragnarök zu verhindern.

Myrkur steht im Schatten einer Säule, lehnt lässig mit dem Rücken dagegen und beobachtet Naya, die entschlossenen Schrittes in die Bibliothek marschiert. Er grinst und flüstert leise: „Tut mir leid, Eirik, jetzt beginnt mein Spiel.“

Ein weiterer Tag ist vergangen. Die Sonne steht hoch oben am Himmel, während Eirik, Myrkur und Fannar dieses Mal alle drei zur Besprechung mit König Eskil und dessen Beratern gehen. Ira und einige Börn náttúrunnar nehmen ebenso teil.

Der alte Holztisch, den Eskil mit einem Kriegshammer spaltete, ist nach wie vor der Versammlungspunkt. Die grüne Schneise des Lebens, die Fannars Magie hinterließ, ist der Antrieb für das Vorhaben.

„Um was wird es heute gehen?“, richtet ein Berater das Wort an den König, der sofort gen Tür blickt, als die drei den Raum betreten und auf ihre Plätze zuhalten.

„Etwas sehr wichtiges“, sagt er und lässt sich eine alte Pergamentrolle reichen. Er löst das Siegel und entrollt das Schriftstück. Nicht jeder kann die Details sehen, doch erkennt man, dass es eine alte Landkarte ist.

Ida steht neben ihm, hält einige Figuren in der Hand.

„Eldingar, Draugur, Sundur und Barádans. Diese Länder haben sich vereint“, sagt er, stellt auf jedes genannte Land eine kleine Kriegerfigur.

„In Eldfjöll ist unser Feind. Lifgard ist gefallen.“ Symbolisch nehmen zwei Flammenfiguren den Platz auf der Karte ein.

„Galdurjan“, setzt Eskil an, verstummt und sieht zu Eirik, ehe er weiterspricht, „hat sich gespaltet.“

Fannar zuckt merklich zusammen, als er diese Worte hört, richtet seinen Blick zuerst zu Eskil, dann neben sich auf seinen Krieger.

„Wir können nur mit einem Teil Hilfe rechnen. Die Kriegergilde ist mit allen Magiern, die unterstützen wollen, nach Kuldaborg unterwegs. Was uns zu Ísbygg bringt.“ Eskil wartet das zustimmende Nicken seitens Eirik ab, dann atmet er tief durch und lässt sich von Ida die letzte Figur geben.

Er platziert diese auf dem Land des Eises.

Fannar spürt eine seltsame Wärme in seinem Brustkorb, als er den Drachen erkennt, der auf Ísbygg steht.

„Wir kümmern uns gemeinsam um die Sicherheit der Lande, das bedeutet, wir müssen die Grenze zwischen Lifgard und Draugur schützen, verhindern, dass die dunkle Armee passieren kann. Gulborg hat längst reagiert und die Bewohner der Dörfer, die nicht zu verteidigen sind, in die Königsstadt gerufen. Wie ist der Stand, Ira?“

„Die Dörfer Skóholt, Trévik und Sidarheim sind seit zwei Tagen auf dem Weg nach Gulborg. Wir können sie nicht halten. Wie wir es besprochen haben, patrouillieren die Kinder der Natur an den Flüssen Skó und Runa. Solange wir können, werden wir die Brücken aufrechthalten. Sobald es nötig ist, werden wir sie zerschlagen.“

„Was? Ihr wollt die Übergänge zerstören?“, bricht es aus einem Berater und er schüttelt ungläubig den Kopf.

„Den Skó zu überqueren ist gefährlich. Es ist ein reißender Fluss, dessen Bedrohlichkeit in der Tiefe verborgen liegt. Ihn zu passieren endet für die meisten tödlich. Wir müssen das in der bevorstehenden Schlacht zu unseren Gunsten nutzen!“, ist es Eskil, der es kurz und knapp erklärt.

„Runa, der kleine, unscheinbare Fluss, der von Lifgards Dorf Runaholt gen Süden nach Draugurs Sidarheim führt, ist an Gefahr ebenso wenig zu unterschätzen. Er mündet in den Gebirgen Draugurs. Der unterirdische Sog macht diesen Fluss ebenso unberechenbar, wie den Skó. Unsere Feinde können beide Flüsse nicht passieren! Das heißt, wir haben den Fokus auf dem Land dazwischen. Wir müssen nur verhindern, dass sie vordringen.“ Eskil markiert die besagte Stelle, indem er die Figuren der Lande nimmt und sie in einer Linie aufstellt.

„Áinheim, Gurvik, Asaholm und Lifvik haben ihre Unterstützung geschickt. Sie trafen gestern Abend und heute früh ein. Das heißt Fjöllborg und die Börn náttúrunnar werden morgen bei Sonnenaufgang aufbrechen. Vaskurholt und Steivik werden zu uns stoßen. Und am Grenztor erwartet uns Eldheim. Gulborgs erste Truppe ist schon am genannten Punkt eingetroffen. Weitere werden losgeschickt. Wir wissen, dass Tyrborg auf dem Weg nach Draugur ist. Vasborg wird ebenfalls morgen ausrücken.“

Eisernes Schweigen herrscht. Entweder sind alle einverstanden oder niemand wagt es König Eskil zu widersprechen.

„Eirik, Myrkur und Fannar werden nicht mit uns reisen.“

Kaum hat der junge Herrscher dies gesprochen, bricht doch wildes Gerede los. Empörung und wütende Worte, dass genau das befürchtet worden wäre, überschlagen sich.

Anstatt wieder zu seinem Kriegshammer zu greifen, schmettert Eskil die Faust auf den Tisch: „Ruhe!“

Das wilde Gerede verstummt, doch die hasserfüllten Blicke, welche vor allem Fannar treffen, sind nicht zu übersehen.

„Ihr Narren!“, schnaubt Eskil wütend. „Der Landweg nach Ísbygg ist zu gefährlich! Ihre einzige Möglichkeit, die eisigen Lande zu erreichen, ist der Seeweg. Die Tücken der Gewässer muss ich kaum jemandem erklären, oder etwa doch?“

„Das nicht, mein König. Aber weshalb sondern die drei sich ab? Warum kämpfen sie nicht an unserer Seite? Waren es nicht diese Männer, die uns um Hilfe ersuchten? Wieso flüchten sie vor der Schlacht?“ Das der Berater die Meinung vieler am Tisch sitzenden vertritt, wird deutlich, als diese alle zustimmend nicken.

„Wir werden viele sein. Doch sie sind alleine“, ist es Ira, die das Wort ergreift und alle Blicke auf sich zieht.

„Es ist Fannars Gnade, die uns erlaubt zusammen zu kämpfen, während er, nur mit der Kraft zweier Männer nach Ísbygg reisen muss, um seinen Platz einzunehmen“, führt sie fort und der junge Magier senkt den Kopf. Er weiß, dass sie es nicht verstehen wollen, macht ihnen aber keinen Vorwurf.

„Wo ist denn sein Platz?“, grummelt einer der älteren Männer schnippisch.

„Auf dem Thron in Kuldaborg“, antwortet Eirik mit rauer Stimme.

„Das letzte Siegel ist zudem ein König. Natürlich. Was für ein Zufall!“, schnarrt der Mann und Myrkur ballt beide Hände zu Fäusten, kämpft gegen den inneren Drang diesem törichten Menschen die Luft abzuschnüren.

„Das ist kein Zufall. Es ist Prophezeiung. Das Kind göttlichen Blutes gehört auf den Thron im Hain der Götter, auf dass er die alten Geschlechter magischer Abstammung in die große Schlacht um Ísbygg führen wird. So wird ihm folgen, was Jahrhunderte im Verborgenen lebte, möge auferstehen, was im Eis gefangen den Schlaf der Ewigkeit schläft. Denn Ragnarök ist nah und die Finsternis droht diese Welt zu verschlingen. Möge seine Hoffnung das Licht sein, welches das Ende abwendet oder die Gnade eines schnellen Todes, für all jene, die hier leben.“

Schweigen herrscht, erhebt sich Myrkur und stützt beide Hände vor sich auf den Tisch, sieht eindringlich in die Gesichter der Versammelten: „Ich sehe hier einen Haufen alter, verbitterter, verwöhnter Männer, die zeit ihres Lebens nie kämpfen mussten. Euch fiel alles in den Schoß. Ihr sprecht von Ehre, doch besitzt ihr sie nicht. Ihr habt nicht verdient, dass er für euch kämpft. Das wir für euch kämpfen!“

„Was erlaubst du dir, du verdammter Lügner? Ich glaube weder dir, geschweige denn diesen beiden anderen! Wer weiß, was ihr im Schilde führt und welche Absichten ihr insgeheim hegt! Ich werde in keiner Schlacht sterben!“

Myrkur hält dem Blick des Beraters stand, verfinstert sich sein Gesichtsausdruck. Seine Augen verfärben sich und glühen rot.

Seine Aura entfacht, düster und bedrohlich.