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Cover

Vorspann

Die Hauptpersonen des Romans

Prolog

1.

2.

3.

4.

5.

6.

7.

8.

9.

Epilog

Glossar

Impressum

PERRY RHODAN – die Serie

 

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Nr. 2012

 

Die Neue USO

 

Quinto-Center erwacht – ein Mann von Lepso spielt Schicksal

 

von Rainer Castor

 

 

 

Pabel-Moewig Verlag GmbH, Rastatt

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Auf der Erde und den Tausenden von Planeten in der Milchstraße, auf denen Menschen leben, schreibt man das Jahr 1303 Neuer Galaktischer Zeitrechnung – das entspricht dem Jahr 4890 alter Zeit. In jüngster Zeit haben die Spannungen zugenommen, vor allem durch das aggressiv auftretende Kristallimperium.

Einige zehntausend Kampfraumschiffe besetzten das kleine Sternenreich der Topsider und gliederten es ins Imperium ein. Als eine starke arkonidische Raumflotte allerdings Olymp angreifen wollte, wurde sie zum Opfer der neuesten Geheimwaffe der Terraner: Die Aagenfelt-Barriere half dabei, den Arkoniden eine vernichtende Niederlage beizufügen.

Perry Rhodan weiß, dass er gegen das Vormachtstreben der Arkoniden etwas unternehmen muss. Gleichzeitig muss er allerdings noch an einer ganz anderen Front aktiv werden. Gegen die mysteriöse Geistesmacht Morkhero Seelenquell nämlich, über deren Absichten man bislang noch nichts weiß. Aus diesem Grund fliegt Rhodan mit seinem Flaggschiff, der LEIF ERIKSSON, in die Eastside der Milchstraße.

Um die Schwierigkeiten mit den Arkoniden kümmert sich währenddessen eine ganz andere Organisation, die erst seit einigen Jahren von sich reden macht. Es handelt sich um DIE NEUE USO …

Die Hauptpersonen des Romans

 

 

Monkey – Der Oxtorner baut mit seinen Mitstreitern die Neue USO auf.

Yart Fulgen – Der alte Kämpfer aus der Zeit der Monos-Diktatur findet eine neue Aufgabe.

Arto Bonning – Der junge Kadett von Lepso macht auf sich aufmerksam.

Cory Varynne – Die junge Frau will in der USO Karriere machen.

Roi Danton – Perry Rhodans Sohn.

Prolog

Camelot, 9. Juni 1291 NGZ

 

Sturmsegler kreischten beim Flug über die Wellen, Böen zerrten an den gefiederten Leibern. In monoton erscheinendem Gleichklang rauschten die Wogen heran, zischten mit schaumigen Ausläufern auf den Strand, zogen sich zurück und leckten abermals bis knapp vor die Füße des Mannes. Seine klobige Gestalt wirkte in Dunst und diffusem Licht wie ein Fremdkörper.

Hätte der Mann über Humor verfügt, wäre ihm die feine Ironie der Situation bewusst geworden. Nicht einmal nächtliches Dunkel bestimmte die Szenerie dieses konspirativ anmutenden Treffens, zu dem er »geladen« worden war.

Er war Nacht. Aber auf einer Welt wie dieser wurde es nie so richtig dunkel. Sogar in den Randzonen eines Kugelsternhaufens von 120 Lichtjahren Durchmesser waren viele der Sonnen am Tag zu erkennen, und mit dem Untergang von Ceres erschienen dicht gedrängt die des Haufens.

Camelot.

Vor nicht allzu langer Zeit hätte er noch viel dafür gegeben, die Koordinaten dieser Welt zu kennen, mehr noch, sie zu betreten. Camelot war, als zum Mythos gewordenes Refugium der Unsterblichen, von ungezählten Leuten seiner Art gesucht, jedoch nie gefunden worden.

Dabei war die Welt unter anderem Namen längst bekannt gewesen. Phönix war sie genannt worden, damals, in der Schlussphase des Kampfes gegen Monos.

Phönix – jener mythische Vogel, der aus der eigenen Asche wieder auferstand, Symbol der Unsterblichkeit. So offensichtlich, so naheliegend. Niemand hatte deshalb daran gedacht, dass sich die Unsterblichen ausgerechnet hierher zurückziehen würden, als sie sich 1240 Neuer Galaktischer Zeitrechnung von der galaktischen Bühne zurückzogen.

Der Mann war ein Agent des Terranischen Liga-Dienstes gewesen. Überdies ein ehemaliges Mitglied der streng geheimen Abteilung Null. Ausgebildet zum Töten. Offiziell hatte es diese Abteilung nie gegeben, und sogar intern war sie schließlich aufgelöst worden. Verblieben waren aber ihre Mitglieder, in anderen Funktionen und Aufgaben eingesetzt, letztlich aber jederzeit wieder zu »reaktivieren«.

Vorbei, wie so vieles …

Inzwischen war die Position kein Geheimnis mehr. Perry Rhodan selbst hatte sie vor dem Galaktikum bekanntgegeben. »Vertrauensbildende Maßnahmen« nannten so etwas Politiker. Den auf Camelot Lebenden, selbst enge Freunde und langjährige Wegbegleiter Rhodans, kamen deftigere Umschreibungen in den Sinn. »Verrat« war hierbei vermutlich noch eine der harmloseren gewesen.

Der Mann stieß ein Grunzen aus. Er respektierte Rhodans Erfahrung, aber viele seiner Entscheidungen konnte er nicht nachvollziehen. Er wollte es auch gar nicht. Er hatte seine eigenen Vorstellungen, und diese setzte er im allgemeinen um, hart, schnell, kompromisslos.

Um so mehr irritierte ihn dieses Treffen. Jedem anderen hätte er wohl eine Absage erteilt. Aber der Initiator war niemand Geringeres als Lotho Keraete, der Gesandte von ES. Ein Geschöpf mit einem schier unzerstörbaren Metallkörper, hervorgegangen aus einem normalen Menschen, nun aber kaum weniger rätselhaft und geheimnisvoll als die Superintelligenz selbst, in deren Auftrag Keraete agierte.

ES hatte angeblich die Notwendigkeit im Zuge der Entstehung von Thoregon gesehen, auf einen materiellen Boten statt auf eine materielle Projektion zurückzugreifen, wie sie beispielsweise Ernst Ellert verkörperte.

Der Mann versuchte nicht, sich die mit alldem verbundenen Konsequenzen vorzustellen. Aber sein Instinkt sagte ihm, dass der Rückzug von insgesamt sechs Superintelligenzen für unbestimmte Zeit in den Bereich des PULS' kaum ohne Folgen bleiben konnte.

Mochten die Randbedingungen auch im Abkommen von DaGlausch festgelegt sein, ein Zugriff der Kosmokraten und ihrer Beauftragten somit unterbunden – aber das sagte ja nichts über jene Kräfte, die sich unter Umständen von dem verbliebenen Machtvakuum in den Mächtigkeitsballungen der Superintelligenzen angezogen fühlen würden. Und erst recht nichts über solche, die möglicherweise auf ganz andere Weise aktiv werden konnten.

Der Mann dachte und handelte gemäß seiner Ausbildung. Höhere Mächte erschienen ihm von vornherein als suspekt. Gegen sie konnte er nicht antreten, selbst wenn er gewollt hätte. Etwas anderes dagegen war die von normalen Wesen betriebene Politik. Hier konnte er ansetzen, hier kannte er sich als ehemaliger TLD-Agent aus.

Am Vortag erst waren sie auf Camelot gelandet, zurückgekehrt in die Milchstraße nach dem Flug von DaGlausch hierher. Alaska Saedelaere hatte den Kreuzer der im Mega-Dom verschwundenen SOL mit der KYTOMA – so nannte er sein Virtuelles Schiff – huckepack befördert, eingehüllt in ein Kraftfeld, das die VIRTUA/18 mit dem Kreuzer quasi zu einer Einheit verschmolz.

Perry Rhodan, Reginald Bull, Gucky, Tautmo Aagenfelt, Blo Rakane und all die anderen, die den Flug der SOL nicht mitgemacht hatten, waren nun wieder in der Heimat. Das nächste Ziel war die Erde, und der Gedanke an die Zerstörungen, die man morgen dort vorfinden würde, erzeugte Beklemmung.

Die Kosmische Fabrik WAVE hatte das HQ-Hanse und einen Großteil der subplanetarischen Anlagen des ehemaligen Imperium-Alpha vernichtet, bis auf Cistolo Khan sämtliche Regierungsmitglieder getötet. Natürlich hatte Perry Rhodan diese Geschehnisse alle bereits bei der Begegnung im PULS geschildert, aber das war nur ein mündlicher Bericht gewesen.

Die auf Camelot zusammengestellten Nachrichten und Bilder hatten sogar den Oxtorner nicht unberührt gelassen. Ihm wurden Härte und Emotionslosigkeit nachgesagt, und bis zu einem gewissen Grad stimmte das sogar, aber selbst bei rein sachlicher und logischer Betrachtung konnte sich niemand dem kaum vorstellbaren Leid entziehen.

Zu viele waren gestorben, ausgelöscht mit einem Handstreich, von einem Diener der Materie, der in seiner ganzen Art und Weise scheinbar unendlich weit vom Alltagsleben Normalsterblicher entrückt war. Frösteln durcheilte den Körper des Oxtorners, als er an Ramihyn dachte, an das, was die potentielle Unsterblichkeit aus dieser Kreatur im Verlauf der Jahrmillionen seines Lebens gemacht hatte.

Die Sehhülsen von Monkeys Kunstaugen klickten leise, während er sich umsah und misstrauisch über den Strand und die heranrollenden Wogen starrte. Trotz der Empfindlichkeit dieser Mechanismen erkannte er die sich lautlos nähernde Gestalt beinahe zu spät. Ein ärgerlicher Impuls stieg für einen Augenblick in ihm auf. Schon vorhandenes Misstrauen wurde noch stärker.

»Ich bin da«, sagte er knapp. »Was gibt es?«

Der Gesandte der Superintelligenz sah ihn an, lange und nachdenklich, dass sogar dem Oxtorner fast mulmig zu werden drohte. Er wusste, dass er selbst eine solche Wirkung auf andere hatte, ohne etwas daran ändern zu können oder zu wollen. Lotho Keraete gegenüber fühlte er sich nun aber zutiefst unterlegen; gegen dieses Geschöpf half ihm weder die Kraft seines umweltangepassten Körpers noch sein Verstand. Ein ES-Gesandter war ihm in allen Belangen überlegen. Nicht zuletzt auch und vor allem hinsichtlich des Wissens.

In Monkey machte sich die erstickende Ahnung breit, dass er in diesen Augenblicken einen Wendepunkt in seinem Leben erreicht hatte. Danach würde nichts mehr so sein wie zuvor.

Weniger die Tatsache an sich entsetzte ihn – jemand wie er stellte sich Herausforderungen und nahm sie an –, als vielmehr die damit verbundene Unausweichlichkeit. Monkey wusste plötzlich, dass es keinen Widerspruch geben würde, egal was Lotho Keraete tat oder sagte. Und es war die mit dieser spontanen Erkenntnis verbundene Ohnmacht, diese Hilflosigkeit, die den Oxtorner mehr als alles andere bis ins Innerste traf.

Der ES-Gesandte sagte leise: »ES und die anderen Superintelligenzen sind im PULS gebunden, dessen Stabilisation eine unbestimmte Zeit beanspruchen wird. In dieser Phase ist die Gefahr am größten. ES kann sich weder um seine Mächtigkeitsballung noch um die Menschheit direkt kümmern und benötigt deshalb weitere Helfer. Du sollst einer davon sein.«

»Das war mir klar.«

Ein Lächeln erschien auf dem dunklen Metallgesicht. Es war kein humorvolles Lächeln.

»Du verkennst die Lage, Oxtorner. Auf die Milchstraße und ihre Bewohner kommen schwere Zeiten zu; Gefahren, die von Perry Rhodan allein kaum bewältigt werden können. Deine Aufgabe ist es, dann bereit zu sein. Aus diesem Grund …«

Lotho streckte die Hand aus, auf der Handfläche erkannte Monkey einen kleinen, eben mal fingernagelgroßen Gegenstand. Das schon vorhandene Unbehagen verstärkte sich noch.

Der Umweltangepasste wich unwillkürlich einen Schritt zurück, während Keraete wiederholte: »Aus diesem Grund wird dir ES die relative Unsterblichkeit verleihen! Dieser Zellaktivatorchip gehörte einmal Mila Vandemar, er kehrte bei ihrem Tod zu ES zurück. Vom heutigen Tag an wird er dir Langlebigkeit und Lebenskraft sichern.«

Der Oxtorner schien zu erstarren; nun war er wirklich fassungslos – für wenige Augenblicke. Dann schüttelte er energisch den Kopf, fand zu seiner gefühlskalten, kontrollierten Art zurück.

»Nein!«

»Wie bitte?«

»Ich sagte nein! Steck dir den Chip sonst wohin! Ich will ihn nicht!«

Lotho Keraete lachte leise.

»Das zu entscheiden, mein Lieber, liegt nicht an dir. Es wird dir kein Trost sein, aber ich weiß, wovon ich rede, habe es in etwas anderer Weise am eigenen Leib erfahren – im wortwörtlichen Sinn.«

Er machte eine Pause. Der Zellaktivator hüllte sich in ein goldenes Leuchten und schwebte von Lothos ausgestreckter Hand langsam zu Monkey herüber, näherte sich unaufhaltsam seiner linken Schulter.

»Nein, Monkey! Du hast keine Wahl, es ist nicht nur ein Angebot, denn ES hat entschieden!«

Der Oxtorner wollte fliehen, mit aller Kraft. Doch plötzlich konnte er sich nicht von der Stelle rühren, wurde von einer merkwürdigen Lähmung erfasst, die ihn bannte und diesem unheilvollen Treiben unterwarf. Er fühlte, dass der Zellaktivator in seine Haut eindrang, als existiere weder Kleidung noch sonst ein Widerstand. Nicht einmal der oxtornische Körper in Kompaktkonstitution half ihm.

Kraftvolles Pulsieren setzte ein, rieselte als belebender Strom durch den Leib, lud ihn mit vitaler Energie auf, griff nach jeder einzelnen Faser, jedem Molekül, jedem Atom, verschmolz mit Monkey und wurde zu einem Teil von ihm.

Vage trudelten Bilder durch sein Bewusstsein; für Sekundenbruchteile glaubte Monkey die Kunstwelt Wanderer zu sehen, dann eine Insel, über der riesige Schmetterlinge mit Spiralzeichnungen auf den Flügeln gaukelten, und dann war es vorbei – oder begann …

»Nein!«

Der gellende Schrei des Mannes hallte ungehört über den Strand, niemand achtete auf ihn und seine Qual. Die schrillen Rufe der mit abgehackt wirkenden Bewegungen über den rauschenden Wellen flatternden Sturmsegler erschienen ihm fast wie eine Verhöhnung.

Das hatte er nicht gewollt …

 

*

 

Yart Fulgen: Zahlen, Zenturien, Ziele und Zeugnisse – aus der Arbeit des Historischen Korps der Neuen USO; QC-Archiv, 1300 NGZ

… etwa auf halber Höhe zwischen dem Kernbunker und der Nordpol-Hauptschleuse gelegen und »Monkeys Hölle« genannt, ist der Haupttrainingsbereich von Quinto-Center ein mehrere Quadratkilometer großer Sektor, in dem gefährliche Umweltbedingungen, Angreifer und dergleichen simuliert werden können. Trainingseinsätze in Monkeys Hölle sind gefürchtet, weil stets »äußerst anstrengend« – höflich formuliert; die Kadetten verwenden diesbezüglich derberes Vokabular …

Spezielle QuinTech-Designer sind dafür verantwortlich, Monkeys Hölle immer neu zu gestalten, zugleich die Sicherheit der Kadetten zu gewährleisten und dennoch höchste Anforderungen bei großer Realitätsnähe zu stellen: Es sollen zwar realistische Bedingungen vorgefunden werden, die die Kadetten bis an die Grenze zur Lebensgefahr fordern, doch ihr Leben darf nicht bedroht werden.

Dennoch kann es zu Unfällen kommen, das liegt ganz einfach in der Natur der Sache. Diese Unfälle sprechen sich natürlich herum – von den Mentoren der Kadetten häufig sogar forciert –, so dass jedem bekannt ist, dass das vielzitierte Restrisiko niemals auszuschalten ist. Mit Blick auf die späteren Einsätze der angehenden USO-Spezialisten ein wichtiger psychologischer Aspekt: Niemand, der Monkeys Hölle betritt, darf sich in der trügerischen Sicherheit wiegen, im Ernstfall doch gerettet zu werden; nur so sind wirklich Höchstleistungen zu erbringen.

Dass selbstverständlich alles getan wird, die Leute zu retten, wenn es hart auf hart kommt, ist klar – aber das muss »man«, wie Kommandant Monkey meint, den Kadetten gegenüber ja nicht an die große Glocke hängen … Sollte der Oxtorner mitunter doch Spuren eines skurrilen Humors entwickeln?

1.

Bericht USO-Kadett Arto Bonning

Trainingssequenz 945 in Monkeys Hölle, 12. Mai 1303 NGZ

 

»Sie kommen!« Ich hob das Visier des Helms und starrte zu den Pinien, die sich als düstere Schatten aus der simulierten Morgendämmerung erhoben. Graue Nebelschwaden krochen vom Tal hoch und hüllten alles in dichte Schleier. Feuchtigkeit tropfte und perlte auf Ästen und Felsen.

»Robotsicherung?«, sagte ich ins Helmmikrofon und lauschte der Bestätigung, bevor ich das Visier wieder schloss.

Auf der semitransparenten Flüssigkristallschicht entstand das kombinierte Original- und Falschfarbenbild, von der Minikamera des Helms nach positronischer Aufarbeitung geliefert. Rasterlinien und Zahlenreihen gaben Entfernungen an, am Bildrand erschienen knappe Kommentartexte. Vom normalen Bild stachen hellgelb Thermogramme von Gestalten ab, die sich im Schutz des Nebels näherten.

Ich befahl: »Angreifer bis auf hundert Meter herankommen lassen, dann zuschlagen! Gruppe zwei übernimmt im Rücken der Angreifer die periphere Grundstücksabsicherung.«

»Verstanden«, tönte es aus den Lautsprechern.

Ich hob den Impulsstrahler und verfolgte die Fadenkreuzprojektion auf der Visiereinblendung. »Cory? Bei dir alles klar?«

»Ja.«

Zwei Sekunden später überschritten die Angreifer die genannte Markierungslinie. Hunderte Robotkugeln emittierten tödliche Impulse, der ausgelegte Minenteppich detonierte. Lautes Krachen erfüllte die Luft, Bäume wurden zerfetzt, Flammen zuckten durch Nebel und hinterließen grelle Thermogramme, obwohl die Positronik des Kampfanzugs sofort Filter zwischenschaltete.

Nach erstem Überraschungsmoment setzten sich die Angreifer zur Wehr. Ein feuriger Kometenstrom zuckte aus dem Lauf meiner Waffe; überall, wo die Impulse feste Materie trafen, tobten Sekundärdetonationen. Holz zerbarst laut knallend, und Gestein spritzte in Fontänen.

Eine Robotstimme meldete: »Peripherie ist abgesichert.«

Ich wechselte den Standort, huschte zum Torbogen und ging hinter der Mauer in Deckung. Schrill pfeifend durchschnitt ein Thermostrahl den Nebel und riss eine Glutfurche in die Mauerkante. Die thermische Spannung sprengte kleine Brocken aus dem Bruchstein, ich sah kurz um die Ecke und gab einen Feuerstoß ab. Anschließend hechtete ich zum Graben, der nach wenigen Metern von Stahlbetonplatten überdeckt war.

»Durchbruch in Sektor drei und der Nordperipherie«, hörte ich eine Meldung. »Gegner erhält Nachschub per Transmitter!«

Ich fluchte, wurde von einem Strahlgewitter in die Deckung gezwungen und wich langsam zurück. Eine Detonation erschütterte das Haus; das halbe Dach flog davon, rote Schindelsplitter prasselten in den Innenhof.

»Plan B!«, rief ich. »Die Roboter sollen die Stellung halten, wir setzen uns ab.« Ich lief durch den Graben, erreichte die Treppe und stolperte Stufen hinab.

Dynas Stimme klang eisig, als sie sagte: »Verschwindet, schnell! Ich bleibe – ihr benachrichtigt das HQ!«

Zusammen mit Cory erreichte ich den unterirdischen Saal, in dem der primitive Helikopter geparkt war; ein Vehikel, das hauptsächlich aus einer Glassitkanzel und dem nach hinten ragenden »Drahtgestell« bestand. Klickend rastete das Sicherheitsgurtschloss ein, ich beendete den Schnellcheck und fuhr die Turbine hoch. Vibrationen rüttelten am Flugschrauber, bis höhere Touren erreicht waren.

»Sie brechen durch!«, schrie Dyna über Funk. »Ich leite die Sprengung ein.«

Während ich einen Fluch zwischen den Zähnen zerbiss, tauschte ich einen fiebrigen Blick mit meiner Freundin. Dass die Angreifer derart schnell reagieren würden, hatten wir nicht erwartet – ein deutliches Zeichen, dass die QuinTechs mal wieder Überraschungen in die Trainingssequenz eingebaut hatten.

Uns bleibt nur die Flucht!, dachte ich. Der dreiblättrige Rotor gewann Fahrt, gleichzeitig öffnete sich die Hallendecke wie Lamellen einer Kamerablende. Von oben war der getarnte Hangar ein gepflegter Rasen vor der Hausterrasse. Vielleicht gelingt es uns …

»Viel Glück!«, rief Dyna, dann war die Leitung tot.

Ich zog den Pitch und gab gleichzeitig Gas; mit Verstellung des Anstellwinkels der Rotorblätter ging ein Ruck durch den Flugschrauber – und wir schwebten. Mit den Fußpedalen justierte ich den Heckrotor, der das enorme Drehmoment der Hauptblätter ausglich.

Eine weitere Bewegung des Pitchs: Wir rasten senkrecht nach oben, erreichten Baumwipfelhöhe. Ich drehte den Flugschrauber um die senkrechte Achse und sah mich um. Der Wald brannte an vielen Stellen, Qualm durchzog Nebelschwaden. Nadelfeine Lichtblitze geisterten durch Dunst, und Kugelroboter rasten in Schwärmen vorbei.

Ich schob den Stick nach vorne, woraufhin die Maschine leicht kippte und in den Vorwärtsflug überging. Nach einer Kehre beschleunigte ich und flog dicht über die Bäume ins Tal hinab. Keine fünf Sekunden vergingen, dann donnerte hinter uns die Explosion. Ohne dass ich es sah, war mir klar, dass der Stützpunkt jetzt zum gewaltigen Feuerball wurde. Cory fluchte erbittert, und auch ich fühlte mich beschissen. Versagt! Wir haben versagt!

Es kam noch schlimmer: Obwohl ich den Flugschrauber mit Volllast flog, waren wir offensichtlich nicht schnell genug. Metallisches Kreischen gellte in meinen Ohren.

Cory krächzte. »Getroffen!«

Ich sah das Abfallen der Turbinen-Umdrehungszahl und schrie: »Krall dich fest! Ich versuch' eine AR-Landung!«

Autorotation