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Cover

Vorspann

Die Hauptpersonen des Romans

Prolog

1.

2.

3.

4.

5.

6.

7.

Epilog

Glossar

Impressum

PERRY RHODAN – die Serie

 

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Nr. 2039

 

PR 2039 – Traumzeit

 

Der Imperator hat ein Ziel – er will das Göttliche Imperium

 

von Rainer Castor

 

 

 

Pabel-Moewig Verlag GmbH, Rastatt

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Spätestens nachdem die Truppen des Kristallimperiums den offiziell selbstständigen, aber mit der Liga Freier Terraner verbündeten Planeten Ertrus besetzt haben, warten die Bewohner der Milchstraße mit großer Furcht auf den Ausbruch eines großen galaktischen Krieges. Doch nach wie vor schrecken Perry Rhodan und die Führung der Liga davor zurück; ein offener Konflikt mit Arkon würde Milliarden von Todesopfern kosten und die Milchstraße in ein einziges Schlachtfeld verwandeln.

Die Terraner setzen deshalb im Sommer und Herbst des Jahres 1303 NGZ auf geheimdienstliche Vorstöße und auf Diplomatie. Der Versuch von Julian Tifflor, dem Residenz-Minister für Liga-Außenpolitik, in der Eastside der Galaxis ein Bündnis mit den Blues-Nationen zu schmieden, ist ohne Ergebnis zu Ende gegangen. Dabei weiß niemand außer den Teilnehmern der Geheimkonferenz, was auf dem abgeschiedenen Planeten Santanz wirklich geschehen ist …

Währenddessen aber beginnen die Arkoniden mit ganz neuen Aktivitäten im Zentrum ihres Imperiums. Welten werden zu Sperrgebieten erklärt, seltsame Entscheidungen getroffen.

Im Zentrum aller Arbeiten steht ein Mann: Bostich I., der Imperator. Einen Teil seines Lebens widmete er dem Aufenthalt in der TRAUMZEIT …

Die Hauptpersonen des Romans

 

 

Gaumarol da Bostich – Ein junger Arkonide wird zum Herrscher über das Kristallimperium.

Aktakul – Ein junger Kolonialarkonide wird zum Freund des künftigen Imperators.

Kiz da Bostich – Der Adelige billigt den Plan seines Sohnes.

Jasmyne da Ariga – Die Tochter der Imperatrice verfolgt ein eigenes Lebensziel.

Nur ein verbrecherisch veranlagter Narr kann der Meinung sein, bedrohlich erscheinende Konflikte allein mit Waffengewalt lösen zu können. Gönne deinem vermeintlichen Gegner das Wort; biete ihm deine Hand zum Gruß; lege sie vertrauensvoll in artfremde Hände – und du verdienst es, Mensch genannt zu werden. Die Waffe wird dem Wort aus verhandlungsbereitem Mund niemals überlegen sein …

MUNTUS KLERIKIN, terranischer Philosoph, 24. Jahrhundert n. Chr.

 

Prolog

 

Sein Auftreten vor den vollbesetzten Rängen des Galaktikums war betont sachlich. Imperator Bostich I. verzichtete an diesem 2. November 1303 NGZ bewusst auf sämtlichen Prunk und Pomp.

Sogar auf einen Herold oder Zeremonienmeister, der sonst minutenlang die ihm traditionell zustehenden Titel und Ehrenbezeichnungen verkündete. Er war nicht einmal von einer Leibgarde begleitet worden, als er in den Versammlungssaal kam, um die offizielle Klage vorzutragen.

Aber gerade durch diese Art des Auftretens zeigte Seine Erhabenheit, welche Macht sich in seiner Person wirklich verkörperte. Er war der Herrscher des Gos'Tussan, und sämtlichen Anwesenden war nur zu gut bewusst, was das bedeutete.

Die Zahl der direkt zum Kristallimperium gehörenden Welten näherte sich in diesen Tagen der 13.000, die unter wirtschaftlichem Einfluss stehenden Planeten wurden mit fast 22.000 beziffert. Auch dieser Wert stieg permanent weiter, stand für den prosperierenden Wirtschaftsraum Kristallimperium.

Schon die mit den kristallimperialistischen Flottenbewegungen verbundene Präsenz reichte inzwischen im allgemeinen aus, früher einmal zum Tai Ark'Tussan zählende, längst selbständig gewordene Arkon-Abkömmlinge »zu überzeugen«.

Wiedervereinigungsprojekt wurde das von den Gos'Tussanii genannt.

Bostich I. lächelte kühl. Schon vor mehreren hundertstel Tontas hatte ein Automat die Sitzung des Galaktikums eröffnet und ihm das Wort erteilt. Er ließ sich Zeit, wartete in respektlos gelangweilter Manier darauf, dass sich die letzte Unruhe unter den Vertretern der galaktischen Völker legte. Bedrückende Stille breitete sich in dem trichterförmigen Saal aus.

Der Imperator kannte keine hinderlichen Skrupel. Was allein zählte, war das Ergebnis, waren eindeutige Zahlen und Fakten, und Huhany'Tussan – das Göttliche Imperium.

Er wusste, dass viele der alten Imperatoren, die das Große Imperium zur einzig führenden Großmacht der damals bekannten Milchstraße aufgebaut hatten, bei ihren Aktionen wenig zimperlich gewesen waren. Sie hatten allerdings auch diplomatisches Geschick bewiesen, durch ihr Charisma überzeugt – oder sich als degenerierte, weinerliche Versager herausgestellt.

Viele Höchstedle verfuhren im Sinne eines Ausspruchs, der einer toten Sprache Terras entstammte: divide et impera – teile und herrsche! Gaumarol Bostich I. da Arkon, Tai Moas des Gos'Tussan, hatte die Praktiken seiner Vorgänger auf dem Kristallthron ebenso genau studiert und verinnerlicht wie ihre Fehler.

Seine Kenntnis alter Stammbäume, die bis in die Zeit der Erstbesiedlung oder des legendenumwobenen Arbaraith zurückreichten, ließ sich höchstens mit der ausgesprochener Fachleute und Ahnenforscher vergleichen. Von speziellem Interesse waren für ihn stets die Techniken imperialer Machterhaltung und -erweiterung gewesen.

Unnachgiebige Härte zeigte er gegenüber allen, die sich ihm und seinen Plänen offen oder verdeckt widersetzten. Nicht nur in der Blutnacht waren alte Rechnungen beglichen worden; Jahrzehnte am Gängelband, Demütigungen und Vertrauensbruch hatten sich mit persönlicher Rache verbunden. Blasse Gesichter entstiegen seinen Erinnerungen, Namen erschienen, versanken wieder.

Der Freundeskreis der prägenden ARK-SUMMIA-Zeit hatte sich in unterschiedliche Richtungen entwickelt, dennoch blieben die Einzelschicksale auf vielfältige Weise miteinander verknüpft. Bostich I. fand in ihnen seine erbittertsten Gegner – und seine engsten Vertrauten.

Wer sich vorbehaltlos auf seine Seite stellte, konnte sich seines Wohlwollens sicher sein. Loyalität wurde belohnt, Treue honoriert. Das betraf Einzelpersonen wie ganze Sonnensysteme. Seine Erhabenheit beherrschte die Klaviatur der Macht inzwischen perfekt wie ein Tai-Laktrote des Garrabospiels.

Mit jedem Prago stieg die Zahl der Mitarbeiter und Begünstigten, die exakt in seinem Sinne agierten – einige selbstverständlich aus Ehrgeiz und mit Blick auf die eigene Karriere, andere dagegen aus voller innerer Überzeugung.

In manchen Fällen gab sich Bostich I., wenn es taktisch klug war, betont großzügig. Bei traditionell seit Jahrtausenden als widerspenstig und stolz bekannten Arkon-Abkömmlingen führte zu großer politischer Druck eher zum Gegenteil. Hier hieß es, die Zügel lockerer zu lassen.

Nicht umsonst besaßen deshalb die Traversaner und viele andere, obwohl zum Gos'Tussan gehörend, eine eigene Botschaft in Mirkandol. Ausdruck einer Souveränität, die doch nur eine scheinbare blieb, denn auf imperialer Ebene bestimmte allein er, der Höchstedle, den Kurs. Zuckerbrot und Peitsche hatte es der verhasste terranische Liga-Außenminister und Galaktische Rat Julian Tifflor einmal genannt. Eine in jeder Hinsicht zutreffende Umschreibung.

Die Stille bekam etwas Beklemmendes. Tausende Augen richteten sich auf den Imperator – und er genoss es! Mochten sie mehr oder weniger offen murren, ihn hassen, nur fürchten oder verabscheuen: Er war der Zhdopanthi des Kristallimperiums, Gebieter über Leben und Tod, der nur vor den She'Huhan den Kopf beugte.

 

*

 

Dreihundert Meter war der Hauptsitzungssaal des Galaktikums hoch; die stufenförmig abgesetzten Sitzreihen stiegen in einer Neigung von 45 Grad an, Schwebelogen und formenergetische Möbel für die Galaktischen Räte, ihre Mitarbeiter, Attachés und Diplomaten von Hunderten Völkern der Milchstraße. Im Laufe der Zeit vorgenommene Erweiterungen gestatteten es, bei einer Vollversammlung vielen zehntausend Personen selbst der unterschiedlichsten Umweltansprüche komfortablen Platz zu bieten.

Der Imperator saß in seiner Prunkloge, die hoch über den Rängen auf der dem Haupteingang gegenüberliegenden Seite schwebte. Über einer fast schlicht wirkenden weißen Paradeuniform trug er sein wirkungsvoll drapiertes Cape von purpurner Farbe, zwischen dessen Falten als Edelsteinstaubmuster der Kugelsternhaufen Thantur-Lok aufgeprägt war.

Die kristallbeschichtete Gürtelschnalle von doppelter Handgröße war der einzige Hinweis darauf, dass der Höchstedle keineswegs schutzlos vor das Galaktikum zu treten beliebte: Jedem war klar, dass es sich weniger um ein kostbares Kunstobjekt – das es selbstverständlich auch war – als vielmehr um den prächtig verkleideten Generator eines extrem starken Individualfeldes handelte.

Bostich stand langsam auf und trat an die Brüstung der Schwebeloge. Der gut aussehende, 1,92 Meter große Mann war eine beeindruckende Gestalt; ebenso elegant wie trainiert. Bostich besaß ein kantiges Gesicht mit langer, gerader Nase, vortretenden Wangenknochen und schmalen Lippen. Die für einen Arkoniden ungewöhnlich kurzen weißblonden Haare reichten kunstvoll gewellt nur bis zum Kragenansatz.

In der im Galaktikum gültigen Normzeitrechnung war der Imperator nun 91 Jahre alt – bei einer Lebenswartung von 200 oder mehr Jahren also im besten Mannesalter. Er war am 27. August 1212 NGZ hier auf der Kristallwelt geboren worden, getreu dem uralten Privileg und der Verpflichtung aller Mitglieder der Kleinen, Mittleren und Großen Khasurn.

Kein wahrer Erhabener, Edler oder Hochedler, der nicht auf Gos'Ranton im jeweiligen Stammsitz der Familie das Licht der Welt erblickt hätte, selbst wenn ihre Baronien, Grafschaften oder Fürstentümer Tausende von Lichtjahren entfernt lagen. Arkoniden stammten ausschließlich von Arkon, einst glorifiziertes Synonym für Tiga Ranton, die drei Synchronwelten.

Für die Diplomaten im Saal unsichtbar in der Logenbrüstung montierte Spots folgten Seiner Erhabenheit Bewegungen: Eine effektvolle Komposition aus Licht und Schatten, die die charismatische Ausstrahlung des Zhdopanthi unterstrich, modellierte sein Antlitz. Die bei normaler Beleuchtung eher düsteren und im Schatten liegenden Augen wurden effektvoll hervorgehoben, erinnerten an glühende Kohlenstücke.

»Das Gos'Tussan«, sagte Bostich I. mit leiser, eindringlicher Stimme, die von der Kommunikationsanlage bis in den hintersten Saalwinkel übertragen wurde, »sah sich nach dem zutiefst kriminellen Akt gegen die GILGAMESCH, der viele tausend Opfer forderte, gezwungen, eine von den höchsten Gremien des Gerichtsplaneten Celkar eingehend geprüfte und einstimmig für rechtmäßig und angemessen erklärte Strafexpedition vorzunehmen.«

Eine Reihe kleiner Monitore am Brüstungsrand zeigte die Gesichter wichtiger Galaktischer Räte, allen voran das des terranischen Aktivatorträgers. Für eine ganze Weile war der Residenz-Minister nicht auf Arkon I gewesen; seit seiner Rückkehr machte er, genau wie jetzt, auf Bostich einen verdächtigen, ungewöhnlich gelassenen Eindruck – so als ginge ihn das alles eigentlich gar nichts an.

Schon einmal hatte Bostich das Todesurteil ausgesprochen, sich mittlerweile jedoch entschieden, Tifflor vorerst am Leben zu lassen. Dessen Gelassenheit hatte ihn misstrauisch gemacht, und er wollte zunächst weitere Informationen heranziehen. Bei Bedarf konnte er neu über die Exekution entscheiden …

»Die Beweise lassen keinen Zweifel daran, dass die Verbrecher aus dem Kreit-System kamen – die Unterlagen stehen den ehrenwerten Mitgliedern des Galaktikums zur Verfügung. Dennoch hat die Liga Freier Terraner der Vierten Imperiumsflotte bei der Ausführung ihrer Aufgabe widerrechtlich schwere Verluste beigebracht. Nachdem sich die Gos'Tussan-Truppen gegen die Übergriffe der LFT zur Wehr gesetzt hatten, kam es zu terroristischen Aktionen seitens der abgestraften Ertruser. Diese Uneinsichtigkeit bedingt ein zeitlich unbefristetes Verweilen der Vierten Imperiumsflotte im Sektor Kreit! Wir mussten das System unter arkonidische Verwaltung stellen, und dies wird so lange der Fall sein, bis sämtliche Reparationsansprüche des Kristallimperiums nach anzuwendendem Arkonrecht abgegolten sind.«

Der Imperator machte eine Pause und fügte deutlich süffisanter hinzu: »Einschließlich jener, die dem Galaktikum durch den unersetzlichen Verlust der GILGAMESCH entstanden sind – eine erste Abschlagszahlung wurde gestern auf das Konto des Galaktikums bei der Bank von Arkon überwiesen!«

Das Schweigen im Saal gewann eine neue Qualität. Die meisten der Anwesenden fragten sich in diesem Augenblick wohl, wie es Bostich gelang, einen derartigen Unsinn völlig ernsthaft und gelassen auszusprechen. Extremer konnten die wahren Fakten schwerlich verbogen und entstellt werden. War es das Wissen, dass ihm niemand offen Widerstand leisten würde? Bostich spielte mit dem Galaktikum, und es störte ihn offensichtlich nicht einmal, dass es alle wussten.

Einigkeit unter den galaktischen Völkern, eine gemeinsame Allianz gegen Arkon, hätte vielleicht sogar jetzt noch das Ruder herumreißen können – wenn auch zweifellos auf Kosten eines galaktischen Krieges, dessen Opfer gewaltig sein mussten. Aber diese Einigkeit bestand nicht. Nicht zuletzt deshalb, weil ein maßgeblicher Faktor in Gestalt der Blues-Völker nicht an einem Strang zog.

Arkon III ist nicht vergessen!, dachte Bostich und musterte aus den Augenwinkeln die Monitore, auf denen die Galaktischen Räte von Gatas, Apas und anderen Blues-Nationen zu sehen waren.

Ein Machtpolitiker wie Bostich wusste natürlich, dass starke Kräfte wie zum Beispiel die Haluter oder die Posbis durchaus im Hintergrund bereitstanden und zweifellos auf Seiten der LFT eingreifen würden, sollte es hart auf hart kommen.

Die Analysen des Flottenzentralkommandos besagten jedoch ebenso eindeutig, dass die Wahrscheinlichkeit einer aus eigener Initiative gestarteten Offensive gering war und blieb. In der Solaren Residenz zauderte man, weil der über allem schwebende Krieg nur die absolut letzte aller Möglichkeiten war.

Erneut lächelte der Imperator; es war ein eisiges Lächeln, dessen Anblick wohl mehr als einem ein Schaudern den Rücken hinabjagte. Bostich plante für die nahe Zukunft einen umfassenden Paukenschlag, nach dem man Ertrus keine Nachrichtenzeile mehr widmen würde. Denn in diesen Pragos trat das Projekt Huhany'Tussan in seine entscheidende Phase.

Während sich Julian Tifflor als erster Gegenredner meldete und die LFT-Loge unter erstaunlich spärlichem Beifall zur Mitte des riesigen Amphitheaters steuerte, drehte sich der Imperator um und verließ den Saal durch den logeneigenen Ausgang mit einem um so stärker beachteten Abgang.

Das war ein weiterer kalkulierter Affront gegen Tifflor und die Liga. Deutlicher hätte Bostich I. nicht zum Ausdruck bringen können, dass eine Beachtung der Rede für jemanden wie ihn nur pure Zeitverschwendung war.

 

*

 

Keine zwei zehntel Tontas später befand sich der Imperator, von einem Transmitter versetzt, an Bord der THEK-LAKTRAN, dem fliegenden Palast der Thronflotte ARK'IMPERION. Als Geleitverband fungierten neben der ZHYM'RANTON acht Träger-Schlachtkreuzer. Die Kommandanten waren vorab informiert worden – im Sublichtflug rasten die Einheiten der Thronflotte in Richtung Außenzone des Arkon-Systems, später würde es eine kurze Metagrav-Etappe geben. Ziel war abermals der zwanzigste Planet, den Bostich erst am Tag zuvor verlassen hatte.

Mehrere Audienztermine im Kristallpalast und der Auftritt in Mirkandol hatten es erforderlich gemacht, Subtor den Rücken zu kehren. Der Imperator nahm die Reise in Kauf, da sein Ka'Marentis ohnehin erst für diesen Tag jene ersten Ergebnisse ankündigte, die der Chefwissenschaftler mit dem Einsatz des sündhaft teuer erworbenen CV-Embiniums erzielt hatte.

Aktakul – Freund seit seiner Jugend; mit der frischen Investitur nunmehr offiziell Aktakul da Ertrus, als Ta-moas ein Lehensträger im höchsten Adelsstand eines Erzfürsten.

Während Bostich auf die Dachterrasse seiner Gemächer hinaustrat, sah er nicht den Kristallgarten auf der gewölbten Oberseite des fliegenden Palastes, nicht den funkelnden Wald mit der integrierten Seenlandschaft, auch nicht den Weltraum darüber, an dem die Sterne Thantur-Loks leuchteten.

In Gedanken versunken, schoben sich zunächst vage Bilder und Szenen in sein Wachbewusstsein. Mit jedem Atemzug gewannen sie jedoch an Kraft, erinnerten den Arkoniden an die Vergangenheit, die Jugend, wie alles begann – und an Huhany'Tussan.

 

*

 

In der vom Heroldsamt gebilligten offiziellen Zählweise der Imperatoren – neben der viele andere, selten korrekte, meist von den jeweils am Ergebnis interessierten Khasurn verfälschte, deshalb um so klangvoller und bombastischer erscheinende existieren – sind insgesamt 493 Höchstedle namentlich aufgeführt, bis mit Zoltral XII. der letzte vom Robotregenten abgesetzt wurde. Dies geschah im 18.958. Jahr unserer Geschichte. Orcast XI. und Orcast XII., die nachfolgten, waren lediglich unwürdige Marionetten des großen Koordinators.

Fast neunzehn Jahrtausende, in denen die verschiedensten Persönlichkeiten vom Kristallthron aus die Geschicke des Tai Ark'Tussan lenkten. Häufig in weiser Voraussicht, gerecht und aufopferungsvoll, aber auch als tyrannische Egozentriker, größenwahnsinnige Irre oder brabbelnde Idioten. Es gab Könner und Genies, Schwächlinge und feige Schurken, Intriganten, Massenmörder, wahrhaft Große, Weise, Philosophen und solche, deren Name nur Schande bedeutet.

Überliefert sind die Namen und Taten, vor allem der insgesamt siebzig noblen alten Familien, aus deren Reihen die Imperatoren stammten, die große Politik machten, riesige Flotten kommandierten und zahllose Schlachten gewannen. Ungezählt und von der Geschichte vergessen dagegen die Unbekannten, ohne die das alles niemals möglich gewesen wäre, von denen allerdings das Bild unseres Volkes geprägt wurde.

Manch ein Zhdopanthi hätte sich an diesen ein Beispiel nehmen sollen, andere lebten genau in diesem Sinne: tapfer, diszipliniert, pflichtbewusst, unerschütterlich treu, ergeben dem Imperator und mehr noch dem Imperium als Ganzes.

GAUMAROL DA BOSTICH, Privatlog, gespeichert am Prago seines 15. Geburtstages gemäß arkonidischer Zeitrechnung, dem 13. Tartor 21.360 da Ark. (Zusatz: Ich hasse zunehmend diesen terranischen Einfluss; wir Arkoniden haben eine eigene Kultur von bedeutender Größe und brauchen uns angesichts unserer weit zurückreichenden Geschichte keine fremde Zeitrechnung aufzwingen zu lassen.)

1.

Galerie der Imperatoren

 

Der Junge war begeistert.

So begeistert, wie ein Fünf-, fast Sechsjähriger nur sein konnte, der erstmals eine Ahnung davon erhielt, wie groß die Welt außerhalb seiner gewohnten familiären Umgebung wirklich war. Ja, dass sie vermutlich noch viel, viel größer sein musste, als er es sich vorzustellen vermochte.

Fast fiebrige Aufregung hatte schon von ihm Besitz ergriffen, seit er erfuhr, dass er seinen ersten bewussten Raumflug zu einem anderen Planeten mitmachen durfte. Und dass es nicht ein gewöhnlicher Planet sein würde, sondern Arkon I! Die märchenhafte Kristallwelt, von der er schon vieles gehört hatte und auf der er geboren worden war. Von der sein Vater Kiz da Bostich leise, eindringlich und mit vibrierender Stimme sprach, den Blick verklärt in die Ferne gerichtet. Paradiesische Wohnwelt der Arkoniden, ein wundersamer Garten, wie es in dieser Form keinen zweiten in der Öden Insel gab.