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Nr. 2798

 

Phase 3

 

Terraner wollen den Richter stürzen – und entdecken ein Geheimnis

 

Oliver Fröhlich

 

 

 

Pabel-Moewig Verlag KG, Rastatt

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Seit die Menschheit ins All aufgebrochen ist, hat sie eine wechselvolle Geschichte hinter sich: Längst sind die Terraner in ferne Sterneninseln vorgestoßen, wo sie auf raumfahrende Zivilisationen und auf die Spur kosmischer Mächte getroffen sind, die das Geschehen im Universum beeinflussen.

Mittlerweile schreiben wir das Jahr 1517 Neuer Galaktischer Zeitrechnung (NGZ). Die Milchstraße steht weitgehend unter dem Einfluss des Atopischen Tribunals. Dessen Richter behaupten, nur sie könnten den Weltenbrand aufhalten, der sonst unweigerlich die Galaxis zerstören würde.

Doch wer sind diese äußerlich sehr unterschiedlichen Richter überhaupt, wovon leiten sie ihre Autorität zur Rechtsetzung ab, und woher stammen sie? Diesen Fragen geht Perry Rhodan nach, der von den Richtern als Kardinal-Fraktor – Hauptverantwortlicher – für den angeblich bevorstehenden Untergang der Milchstraße verurteilt wurde.

Aus der fernen Galaxis Larhatoon bringt Rhodan die Erkenntnis mit, dass sich die Basis der Richter in den Jenzeitigen Landen befindet und diese nur mittels eines Richterschiffes und eines Piloten erreicht werden können, der bereits jenseits der Materiequellen gewesen ist. Perry Rhodan, Atlan, der ehemalige arkonidische Imperator Bostich und der Lare Avestry-Pasik arbeiten nun zusammen an der Eroberung der CHUVANC, des Raumers von Richter Chuv, der sich im Arkonsystem aufhält. Ihr Plan tritt ein in PHASE 3 ...

Die Hauptpersonen des Romans

 

 

Perry Rhodan und Atlan da Gonozal – Die Unsterblichen gehen als leuchtendes Beispiel voran.

Gucky – Der Ilt muss kräftig zupacken.

Samu Battashee – Den Nosmoner begleitet eine sonderbare Reisegefährtin.

Gholdorodyn – Der Kelosker findet einen Faden.

Chuv – Der Atopische Richter bekommt Besuch.

Die Kunst, Pläne zu machen, besteht darin, den Schwierigkeiten ihrer Ausführung zuvorzukommen.

(Luc de Clapiers Vauvenargues)

 

 

1.

»Falls etwas schiefgeht ...«

CHUVANC, 16. November 1517 NGZ

 

Die Welt ertrank in Gold.

Tropfen perlten an den Innenwänden der SAMY GOLDSTEIN herab, raubten ihnen die Substanz, lösten sie auf und schälten hervor, was dahinter lag.

Die Luft pulsierte.

Schlieren überzogen Decke und Boden, verwirbelten sie.

Tropfen, Luft, Schlieren – alles bestand aus flüssigem Gold.

Das ist er also, dachte Samu Battashee. Der Goldene Schlag, der uns in den Einsatz führt.

Keine Übung, kein Training, wie die Male zuvor, sondern der Moment, dem er seit Wochen entgegenfieberte. Anfangs mit Begeisterung wegen der Aussicht, Geschichte zu schreiben. Später jedoch – nachdem er sie zum ersten Mal gesehen hatte – voll Besorgnis, voll Zweifel, ob er wirklich für die Mission geeignet war.

Er hatte sich normal verhalten und niemandem davon erzählt. Keinesfalls wollte er seine Chance, im Leben einmal etwas Großes zu bewirken, achtlos wegwerfen. Nicht wegen einer Halluzination. Nicht wegen kleinerer mentaler Unregelmäßigkeiten. Die Zweifel blieben.

Gefährde ich den Einsatz, weil ich geschwiegen habe?

Battashee drängte den Gedanken beiseite. Für einen Rückzieher war es ohnehin zu spät.

Das Gold verlor an Glanz, eine andere Welt schob sich über die erste, kämpfte gegen sie an, existierte für einen Augenblick gleichberechtigt neben ihr und gewann endlich die Oberhand.

Unruhe erfasste die Körper, die sich auf der Plattform von Gholdorodyns kleiner Bastelei drängten. Der Kelosker nannte sie den Kran, tatsächlich handelte es sich um einen mobilen Fiktivtransmitter, der sich selbst und einige Passagiere auf die CHUVANC versetzt hatte.

Samu Battashee glaubte, das Erzittern der anderen zu spüren und ihren Schweiß zu riechen. Unfug, schließlich trugen sie mit Ausnahme der beiden TARA-VIII-UH alle einen SERUN. Dennoch konnte er das Gefühl nicht abschütteln.

Neben den Robotern bildeten der Haluter Avan Tacrol und der massige Gholdorodyn die unterste Schicht auf dem Kran. Auf ihren Schultern und Rücken saßen Perry Rhodan, Atlan, Farye Sepheroa und Battashee. Gucky hatte sich irgendwo dazwischengequetscht.

Das war sie, die Vorhut beim Angriff auf die CHUVANC. Ein Arkonide, dessen Aufenthalt hinter den Materiequellen ihn als Einzigen befähigte, das Richterschiff in der Synchronie zu steuern, und drei zu Pseudo-Geniferen ausgebildete Piloten für den Normalflug. Mit anderen Worten: die wichtigsten Personen der Mission, denen keinesfalls etwas zustoßen durfte, gingen zuerst.

Battashee hatte Rhodan vorgeschlagen, einen Trupp Raumlandesoldaten vorauszuschicken, der sie bei der Ankunft gegen Onryonen, feindliche Roboter und sonstiges Geschmeiß absicherte, doch der Unsterbliche hatte abgelehnt.

»Falls etwas schiefgeht«, hatte er erklärt, »und der Kran nach dem ersten Sprung beschädigt wird, müssen wir es auf die CHUVANC geschafft haben, sonst ist alles verloren.«

Wie sie es in diesem Fall ohne Unterstützung vollbringen sollten, den Atopischen Richter zu infizieren, dessen Schiff zu übernehmen und dadurch die dritte Phase des Projekts Ultima Margo erfolgreich abzuschließen, verriet Rhodan hingegen nicht. Aber bestimmt hatte er einen Plan. Er musste einen Plan haben, immerhin war er Rhodan.

Konzentrier dich!, ermahnte sich Battashee.

Die letzten Goldschlieren verwehten, und die CHUVANC eroberte die Wirklichkeit für sich. Das Missionsteam hatte es geschafft. Es war ins Richterschiff vorgestoßen.

Doch etwas stimmte nicht. Die Wände des Gangs lagen weiter auseinander als in den Simulationen. Die Abzweigungen führten von den falschen Stellen aus in die falschen Richtungen. Die Decke wies faustgroße Ausbuchtungen auf statt des Rautenmusters im Training. Der Boden bestand aus einem schwarz glänzenden Material und nicht aus einem matt weißen, wie es das Einsatzteam erwartet hatte.

Falls etwas schiefgeht ..., hallten ihm Rhodans Worte durch den Sinn.

»Wo auch immer wir gelandet sind«, rief dieser prompt und bestätigte Battashees Befürchtung, »das ist nicht die Zentrale der CHUVANC!«

 

*

 

Während Battashee darüber nachdachte, ob es nicht das Beste wäre, auf die SAMY GOLDSTEIN zurückzukehren und einen zweiten, hoffentlich zielgenaueren Anlauf zu unternehmen, rief Rhodan: »Alle runter vom Kran! Wir machen weiter wie geplant.«

Battashee kletterte von Avan Tacrols Rücken, sprang zu Boden und zog den Strahler. So, wie sie es unzählige Male geübt hatten.

Neben ihm landete Farye Sepheroa, schenkte ihm ein kleines Lächeln, hob ebenfalls die Waffe an und sicherte zur anderen Seite ab.

Nicht einmal zehn Sekunden später hatten alle Passagiere den Kran verlassen. Die mit Bomben bestückten TARAS schwebten davon.

Sie sollten in Arealen explodieren, in denen nach Berechnung der Semitronik ANANSI kein extremer Schaden für den Schiffsbetrieb entstand. Nur zu verständlich, schließlich wollte Rhodans Team die CHUVANC nicht zerstören, sondern mit ihr in die Synchronie fliegen, und dazu brauchten sie das Schiff intakt.

Mit etwas Glück stifteten die Detonationen genügend Chaos, um die Aufmerksamkeit der inneren Sicherheitssysteme von dem Enterkommando wegzulenken und diesem so die Zeit zu verschaffen, die Zentrale des Richterschiffes zu übernehmen. Chuv musste mit Optogenetischen Agenten – kurz OptAg – infiziert und dadurch in ein willfähriges Werkzeug der Eindringlinge verwandelt werden.

Kein schlechter Plan.

Wenn der Kran das Team in die Zentrale gebracht hätte und nicht irgendwo anders hin, wie weit vom Ziel entfernt auch immer.

Und wenn die TARAS von dem veränderten Ankunftsort aus die Explosionsareale fanden und nicht an den falschen Stellen detonierten, wo sie mehr schadeten als nutzten.

Und vor allem, wenn das Team die gewonnene Zeit dazu hätte verwenden können, die Zentrale zu erobern – und nicht dafür, sie erst einmal zu suchen.

So viel zum Thema Glück.

Battashees Magen verkrampfte. Säure stieg hoch, brannte im Rachen.

Rhodan und Atlan hingegen schien die geänderte Ausgangslage nicht aus der Ruhe zu bringen. Zumindest merkte Battashee ihnen nichts an. Wie geplant schickten sie den Kran unbemannt zur SAMY GOLDSTEIN zurück.

Sie haben auch ein paar Jährchen mehr Erfahrung im Umgang mit solchen Situationen als ich, rief er sich ins Gedächtnis. Ein paar Tausend Jährchen mehr.

Battashee starrte den Gang entlang, einen zehn Meter breiten Korridor mit elfenbeinfarbenen, von zahlreichen Schotten und Quergängen durchbrochenen schmucklosen Wänden. Aus den Einbuchtungen in der Decke drang weiches, grünlich gelbes Licht, wie es Anuupi verströmten.

Onryonenbeleuchtung.

Der Gedanke an das spitzohrige Hilfsvolk des Atopischen Tribunals und die Vorstellung, dass jeden Augenblick einer seiner Vertreter durch ein Schott treten mochte, beschleunigte Battashees Herzschlag.

Er musste sich zwingen, die Finger um den Griff des Strahlers zu lockern, damit sie nicht verkrampften.

»Alles klar, Samu?«, fragte Farye Sepheroa über Internfunk. »Dein Anzug misst erhöhte Stresswerte.«

»Geht schon.« Innerlich schimpfte er auf den SERUN-Verbund, der die Vitalwerte jedes Teammitglieds auf die Helminnenseiten der anderen projizierte. Verdammte Petze! »Man kann eine Simulation eben doch nicht mit dem Echteinsatz vergleichen.«

»Was ist passiert, Gholdorodyn?«, erklang Rhodans Stimme. »Warum hat der Kran das Ziel verfehlt?«

»Ohne exakte Analyse kann ich nur Vermutungen anstellen«, antwortete der Kelosker. »Da kein zentraler Projektor die Raumschale um die CHUVANC etabliert, sondern unzählige in die Schiffshülle eingewobene Mikroprojektoren, spricht viel für eine Überlappung der parastrukturellen Gezeitenschichten. Womöglich hat eine semireziprok abschwellende Verlagerungsfront der ...«

»Gholdo!«, ermahnte Gucky. »Bitte so, dass auch ein durchschnittlich begabter Ilt es versteht.«

»Dann wird es aber sehr ungenau.«

»Das nehme ich in Kauf.«

»Irgendetwas muss den Kran abgelenkt und ihn gehindert haben, an dem Ort zu rematerialisieren, wo sich die Zentrale befindet.«

»Eine Abwehrvorrichtung?«, fragte Atlan. »Oder ein technischer Fehler?«

»Eher das Ergebnis unzureichender Information. Ein Fehlsprung sollte nur möglich sein, wenn um die Zentrale ein eigener Schirm liegt, von dem wir nichts wussten. Die Überlappung mit den multiprojektorinduzierten Strukturen der Raumschale etabliert eine Gezeitenschicht, die ...«

»Wo bleibt der Kran?«, fiel Rhodan ihm ins Wort. »Er müsste längst zurück sein.«

Battashee warf einen Blick auf die Zeitanzeige im Helm. 7.20 Uhr Terrania-Standardzeit.

Zwei rasch aufeinanderfolgende Explosionen erschütterten den Boden. Die TARAS hatten ihre Aufgabe erfüllt.

Zu früh. Das Enterkommando aus hundert Raumlandesoldaten, etlichen Posbis und TARA-VIII-UH sowie zwanzig Laren war bisher nicht eingetroffen. Das Ablenkungsmanöver verpuffte nicht nur wirkungslos, sondern machte die Besatzung der CHUVANC erst auf den Angriff aufmerksam.

»Wir müssen uns allein durchschlagen«, sagte Rhodan. Seine Vitalwerte zeigten weder einen gestiegenen Puls noch erhöhten Blutdruck.

War er wirklich so abgebrüht? Nicht nur unsterblich, sondern auch emotional unberührbar? Battashee wusste nicht, ob er ihn dafür bewundern, darum beneiden oder deswegen verabscheuen sollte.

»Der Umgebungsscan behauptet«, fuhr Rhodan fort, »dass wir entweder in Planquadrat A-23 oder B-16 gelandet sind.«

Battashee aktivierte das Hologitter, das sich wie ein Raster über das Helmdisplay legte und anhand fortwährender Messungen von Ganglänge und -breite, Schottabständen, Wandstruktur und anderen Parametern die eigene Position in der CHUVANC bestimmte.

Aus den Erinnerungen der entführten und mittels SEMT-Haube verhörten Onryonin Vayden Cenneroyd hatte ANANSI einen Plan des Richterschiffes erstellt. Da für die Geniferin nicht alle Decks, Gänge und Kabinen gleich bedeutsam waren, wies der Plan jedoch an einigen Stellen Ungenauigkeiten auf. Etwa zwanzig Prozent bestanden aus weißen Flecken, über die man gar nichts wusste.

Das Hologitter kam zu keinem eindeutigen Ergebnis, weil sich die Gänge in den Planquadraten zu sehr ähnelten. Dummerweise lagen sie auf unterschiedlichen Seiten der Zentrale, sodass nicht einmal die Richtung feststand, in die das Team gehen musste.

»Da entlang!« Rhodan deutete nach links. Souverän vorgetragen, aber vermutlich geraten.

Sie kamen drei Schritte weit, bevor eine Stimme über Funk erklang. Sie verharrten.

»Wo seid ihr? Warum habt ihr nicht gewartet?«

Die Stimme gehörte Avestry-Pasik, dem Laren.

 

*

 

»Wir haben uns nicht vom Fleck gerührt«, antwortete Rhodan. »Es gab Probleme mit dem Kran. Offenbar seid ihr woanders angekommen als wir. Was meldet der Umgebungsscan?«

Ein paar Sekunden vergingen.

»Planquadrat B-14«, sagte Avestry-Pasik. »Ein Wartungsgang zwei Decks oberhalb des Hypertakt-Triebwerks. Und eure Position?«

»Nicht genau bestimmbar. A-23 oder B-16, sagen unsere Hologitter. Also entweder in eurer Nähe – oder am entgegengesetzten Ende des Schiffs. Warte einen Augenblick.«

Rhodan klinkte sich aus dem verschlüsselten Kanal für den gesamten Landetrupp aus, und die entsprechende Anzeige in Battashees Helm erlosch. Stattdessen benutzte er die Frequenz, die dem Vorauskommando vorbehalten war. »Gucky?«

Der Ilt verstand sofort. Er schloss die Augen, konzentrierte sich, stöhnte leise.

Die Übersicht der Vitalwerte in Battashees Display zeigte, wie sehr sich der Mausbiber abmühte. Erhöhter Herzschlag, steigende Körpertemperatur. Ein erneutes Stöhnen. Täuschte er sich, oder zitterten Guckys Barthaare vor Anstrengung?

»Es ist schwierig«, ächzte der Ilt. »Mit meinen kastrierten Fähigkeiten komme ich ... nicht richtig durch. Es ist ... ich weiß auch nicht ... als ob ein Gespinst das Schiff durchzöge. Fäden von Spinnweben, an denen ich kleben bleibe. Aber ... halt, doch. Jetzt espere ich Bilder des Einsatzkommandos. Undeutlich, verschwommen. Ich sehe den Kran, Avestry-Pasik und ... und ...«

Er öffnete die Augen. »Ich bin mir nicht sicher, aber ich glaube, unsere Leute sind in der Nähe.«

Rhodan klinkte sich wieder in den allgemeinen Kanal. »Wir sind in B-16 gelandet. Ich schlage vor, ihr wartet beim Kran und schickt uns ein Dutzend Soldaten entgegen.«

»Sind bereits unterwegs. Sie dürften euch jeden Augenblick erreichen.«

Battashee wunderte sich, wie Avestry-Pasik das vorhergesehen haben konnte, stellte jedoch keine Fragen.

»Also los!«, sagte Rhodan. »Tacrolos, du sicherst nach hinten ab.«

Der Haluter bestätigte, und sie gingen los.

Bei jedem Schott, an dem sie vorbeikamen, erwartete Battashee insgeheim, dass es aufglitt und eine Meute schwer bewaffneter Onryonen ausspie.

»Gholdorodyn?«, fragte der unsterbliche Terraner. »Konntest du schon Kontakt mit dem Kran herstellen?«

»Wie geplant. Sofort nach seiner Rückkehr hat er sich in die Datenströme und Informationskanäle der CHUVANC eingeloggt. Ich schalte es euch auf die Helme.«

Im Randbereich des Displays baute sich ein kleines Holo auf. Es zeigte das All aus der Perspektive des Richterschiffes. Einige Hundert Fragmentraumer der Posbis flogen Angriffe auf das Transmitterportal im Orbit von Naatsdraan.

Die CHUVANC verteidigte das Portal, feuerte auf die Posbiraumer. Geräuschlose Explosionen flammten auf. Wrackteile rasten auf die optische Erfassung zu, wuchsen an, beanspruchten die gesamte Größe des Holos und verschwanden aus dem Bild. Eine Transportbarkasse drohte zwischen den Fronten aufgerieben zu werden und sendete Notsignale.

Eine Orgie der Zerstörung, nur sichtbar in einem winzigen Ausschnitt.

Der Angriff der Posbiraumer stellte ein weiteres Ablenkungsmanöver dar, das dazu diente, die Barkasse über den Transmitter ins Arkonsystem einzuschleusen.

Wenigstens das scheint wie geplant zu laufen, dachte Battashee.

»Sehr gut«, sagte Rhodan. »Nutzen wir die Zeit, in der die CHUVANC beschäftigt ist.«

In diesem Augenblick bekam die Barkasse die Erlaubnis, durch den Transmitter zu gehen und ...

Ein Trupp von terranischen Soldaten stürmte dem versprengten Einsatzkommando durch den Gang entgegen und lenkte Battashees Aufmerksamkeit von dem Holo ab.

Für eine Sekunde erlaubte er sich die Hoffnung, in den relativ sicheren Schoß des großen Teams zu gelangen, bevor die CHUVANC gegen die Eindringlinge vorging.

Doch die Hoffnung barst.

Decken und Wände zwischen ihnen und den Soldaten warfen Blasen. Scheinbar glutflüssige, tatsächlich jedoch kalte Metalltropfen klatschten auf den Boden und erwuchsen in Bruchteilen von Sekunden zu drei bizarren Gebilden. Roboter in der Form zweier menschlicher, am Handgelenk verbundener Hände, allerdings mit insgesamt zwölf Fingern.

Sie griffen sofort an.

Und dazwischen, unbeeindruckt von der Gefahr, stand sie.

O nein!, dachte Battashee. Nicht schon wieder. Nicht ausgerechnet jetzt!

Sie wandte sich ihm zu, lächelte ihn mit traurigem, sehnsuchtsvollem Blick an und legte den Finger an die Lippen. Eine Aufforderung, zu schweigen.

Battashee schwieg.

Stattdessen sprachen die Strahler der Angreifer und Verteidiger.

Das erste Gefecht an Bord der CHUVANC begann.

2.

»Es hängt allein von dir ab«

Sechs Wochen zuvor

 

Samu Battashee nahm die SERT-Haube ab und stemmte sich aus der Kuhle im Boden. Obwohl er während der letzten drei Stunden regungslos dagelegen und nur mit Geisteskraft versucht hatte, eine Simulation der CHUVANC zu steuern, fühlte er sich ausgelaugt und kraftlos.

Schweiß rann ihm über das Gesicht, das Hemd klebte an seinem Körper. Wahrscheinlich stank er wie ein nosmonisches Goldstreifenfrettchen während der Brunft.

Er schaute zu den anderen Kuhlen – Nachbildungen der Pneumoliegen in der Zentrale des Richterschiffes. Sein zukünftiger Arbeitsplatz. Und der seiner Mitstreiter.

Tauro Lacobacci, Erster Pilot der RAS TSCHUBAI, und Farye Sepheroa kletterten aus ihren Mulden. Sie wirkten frisch und ausgeruht.

Avan Tacrol, dessen Pneumoliege – wie es auch auf der CHUVANC sein würde – trotz der Größe des Haluters die gleichen Ausmaße aufwies wie die der anderen, stemmte sich ebenfalls hoch.

»Beim nächsten Mal«, verkündete er, »werde ich das Ordinärhirn noch weiter zurückfahren und dem Planhirn die Führung überlassen. Dann schlage ich deine Ergebnisse, Tauro.« Er lachte dröhnend auf.

»Wie willst du hundert Prozent überbieten, mein Freund?«, gab der Erste Pilot mit einem Grinsen zurück.

Ein winziger Funke Neid glomm in Battashee auf. Von solchen Werten konnte er nur träumen.

Manchmal fragte er sich, ob LAOTSE, OTHERWISE und ANANSI nicht einen Fehlgriff getan hatten, ausgerechnet ihn auszuwählen. Andererseits, wer war er, dass er das Urteil der drei großen Positroniken anzweifelte?

Er schaute sich in dem runden Raum um, dessen Wände mit Rechnern, Kontrollpulten und Dutzenden Holos mit Grafiken angefüllt waren, von denen er vielleicht ein Viertel interpretieren konnte. Wenn überhaupt.

Locker an eines der Pulte gelehnt stand Joma Chenier, ihr Ausbilder, ein kleiner, extrem muskulöser Terraner mit Glatze. Immer wieder zwirbelte er den zehn Zentimeter langen, mehrfach verknoteten dünnen Kinnzopf um den Zeigefinger.

Chenier war ein Allrounder, der sie nicht nur zu Quasi-Geniferen machen sollte, sondern ihnen auch die Grundzüge von soldatischen Fähigkeiten vermittelte. Fitness, Taktik, Umgang mit Waffen.

Ein Mann mit einem sonderbaren, womöglich auch gar keinem Humor.

Als er in der ersten Woche des Trainings Farye und Battashee durch einen Parcours jagte, der die Sporteinheiten des Studiums an der Flottenakademie wie einen Sonntagnachmittagsspaziergang erscheinen ließ, hatte Battashee sich erdreistet zu fragen, wozu das gut sein solle. Schließlich wollten sie lernen, wie man die CHUVANC steuerte, und nicht, wie man die Flugstrecke zu Fuß zurücklegte.

»Wenn du glaubst«, hatte Cheniers Antwort gelautet, »dass die Geniferen ihren Platz räumen, nur weil du sie nett darum bittest, hast du an der Akademie die falschen Fächer belegt. Traumtänzerei mit Schwerpunkt auf naivem Denken, wie ich vermute. Du bist gebürtiger Nosmoner, richtig?«