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Julie Smith

Blues in New Orleans

Roman


Ins Deutsche übertragen von
Susanne Levin


Edel eBooks

Der Boston Club

1

Bitty würde man stützen müssen, und weiß der Himmel, was Henry anstellte. Wenn sie selbst auch noch auf die Nase fiel, hatten drei Leute von dreien total versagt. Wenigstens sie sollte auf den Beinen bleiben. Außer ihr war Chauncey sowieso allen scheißegal. Vielleicht Tolliver nicht, aber er gehörte nicht zu den St. Amants.

Wie viele Drinks waren zuviel? Drei hatte sie intus, vielleicht vier, und es war noch vor elf. Es würde noch eine knappe Stunde dauern – fast bis Mittag –, bis die Parade vorbeikam und anhielt, damit ihr Vater seiner jugendlichen Königin zuprosten konnte. Sie mußte langsamer machen – schließlich war sie nicht die Trinkerin in der Familie Aber es war Karneval. Wer würde überhaupt etwas merken?

Wahrscheinlich alle. Weil heute aller Augen auf den St. Amants lagen. In anderthalb Stunden würde die Hälfte der Bevölkerung zum Balkon hochstarren, auf Rex’ reizende Familie, die ihrem Patriarchen zuwinkte und wahrscheinlich wie ein Haufen Flüchtlinge aus den fünfziger Jahren aussah – bis zu den Frisuren und den Kleidern. Alle drei im Kostüm oder Anzug – Sohn Henry, Ehefrau Bitty und Tochter Marcelle. Ehefrau und Töchter des Rex trugen immer ein Kostüm, und die Königin war immer eine Debütantin und Tochter einer wichtigen Persönlichkeit. Dieses Jahr war es Brooke Youngblood, Mitglied von Kappa an der Louisiana State University – auch sie im Kostüm.

Marcelle fragte sich, ob man eine Frau im Kleid oder in Hosen überhaupt auf den Balkon lassen würde. Aber diese Frage stellte sich gar nicht erst. Man ging auch nicht im kleinen Schwarzen zu seinem ersten Ball.

Marcelle trug ein Kostüm mit schwarzrosa Hahnentrittmuster, einen knielangen Rock mit kurzer, enger Jacke. Falls sie es jemals wieder anzog, würde sie den Rock vorher um mindestens fünf Zentimeter kürzen. Brooke Youngblood hatte einen Rock mit Kellerfalten an und trug eine Pagenfrisur.

Weil Marcelle schon Ende zwanzig war, blieb ihr der Pagenschnitt erspart, aber sie hatte ihr kurzes schwarzes Haar glattkämmen müssen. Heute hatte sie weder Gel noch Schaum, noch Farbspülung verwendet. Sie sah wie Papis braves kleines Mädchen aus, auch wenn sie es nicht war, was jeder wußte.

Nicht daß es irgend jemanden interessiert hätte. Ihre Mutter jedenfalls nicht. Was Bitty interessierte, mußte bernsteinfarben und flüssig sein. Und Henry, der war eine noch größere Schlampe als Marcelle. Aber Chauncey wäre überhaupt nicht aufgefallen, daß seine Tochter erwachsen war, wenn sie nicht bereits einen vierjährigen Sohn hätte. Er würde ihr noch immer das Haar zerzausen und Himbeereis kaufen. Als sie klein war, ging er mit ihr spazieren und kaufte ihr Eiswaffeln. Das war so ziemlich die einzige angenehme Erinnerung an ihre Kindheit.

Marcelles Glas war immer noch halbvoll. Chaunceys wegen, dachte sie. Chaunceys wegen konnte sie sich noch eine ganze Stunde an ihrem Drink festhalten. Es war merkwürdig still hier. Ein gleichmäßiger Stimmenpegel und das leise Klingen der Gläser waren die einzigen Geräusche. Man merkte kaum etwas vom Mardi Gras, und in gewisser Weise fand er hier ja auch gar nicht statt. Die Party im Boston Club hatte so lächerlich wenig mit all dem zu tun, was sonst an diesem Tag in der Stadt los war. Kein Mensch war kostümiert – wenn man von den beiden Frauen aus Mississippi im Clownskostüm absah. Die hatte jemand mitgebracht.

Und niemand randalierte, niemand benahm sich daneben oder sah auch nur betrunken aus, obwohl Marcelle annahm, daß mindestens fünfzig Prozent der Gäste mit einem Alkoholpegel angekommen waren, der weit über der Promillegrenze für Autofahrer lag. Das waren die Leute, die sich auch alkoholisiert unter Kontrolle hatten und so taten, als ob ihre Leber unverwüstlich wäre. Ihr Großvater zum Beispiel. Sie hatte ihn in ihrem ganzen Leben noch nie betrunken gesehen, obwohl er immer ein Glas in der Hand hielt und alle seine Küsse nach Bourbon schmeckten. Der alte Knabe hatte in den letzten vierzig Jahren ganz ordentlich abgekippt. Was seinem sicheren Auftreten anscheinend nichts anhaben konnte – die alten Trottel, die sich regelmäßig in diesen dunkel getäfelten Räumen zusoffen, hatte er Zeit seines Lebens in den Schatten gestellt. Wie schade, daß Bitty seine Fähigkeit nicht geerbt hatte, im sturzbesoffenen Zustand aufrecht stehenzubleiben.

Marcelle fragte sich, wo ihr Großvater war, und hoffte, daß er ihr nicht über den Weg lief. Aber er lief sowieso nicht mehr viel. Wahrscheinlich hatte er einen ledernen Ohrensessel gefunden und saß da im Kreise seiner Speichellecker. Das Abbild einer Kröte auf einem Blatt – Wanst und Brustkorb riesig, winzige Beine, großer, häßlich fleckiger Kopf und scharfe, gefährliche kleine Augen. Kein Wunder, daß Bitty jemanden geheiratet hatte, der so anders war, so elegant und zuvorkommend.

Ach, Chauncey, hoffentlich machen dir Henry und Bitty nicht alles kaputt. Oder ich, wer weiß. Das ist absolut drin. Aber was soll man hier machen, außer trinken? Hier ist es so öde.

Geschlagen schlenderte Marcelle zur Bar und holte sich ihren vierten Drink an diesem Morgen. (Vielleicht war es auch ihr fünfter.) Eigentlich, fiel ihr auf, war der Raum hübsch – überhaupt nicht öde. Fast wie ein Wintergarten. Ansonsten sah der Club so aus, wie sie sich einen Herrenclub in der St. James Street in London vorstellte – dunkles Holz, Ledersessel, Orientteppiche. Stattlich. Elegant. Im Moment mit lauter Forsythien und hübschen Frühlingsblumen dekoriert. Der Boston Club war für seine kunstvollen Blumenarrangements am Mardi Gras berühmt. Marcelle mußte fast lächeln.

Im Venus Club und bei Endymion trugen die Damen (880 an der Zahl) fremdländischen Federschmuck auf dem Kopf, aber den Mardi-Gras-Indianern mit ihrem Federschmuck konnten sie nicht das Wasser reichen. Und die Indianer wurden ihrerseits von den Transvestiten weit übertroffen. Doch wenn man sich beim Boston Club richtig ins Zeug legte, ließ man ein paar Blumen kommen.

Marcelle sah sich um und fragte sich, warum sie die Atmosphäre so öde fand. Vielleicht lag es wirklich an den Kleidern. Die Männer trugen alle dunkle Anzüge – nur das Empfangskomitée war im Cut. Die Kostüme und Seidenkleider der Frauen sahen aus, als hätten sie ebensoviel wie Marcelles Auto gekostet, und waren von ausgesucht tadellosem Geschmack. Marcelle allerdings fand sie fade – kein Rocksaum endete wesentlich über oder unterhalb des Knies.

In diesen dunklen, dumpfen Räumen fühlte man sich wie auf einem Mittelstreifen in der Stadt. Auf neutralem Boden. So nannte man in New Orleans die Mittelstreifen, die die Straßen teilten. Der Satz schien plötzlich zu beschreiben, was an der ganzen Sache faul war – jeder versuchte, neutral zu bleiben. Man mußte neutral aussehen, sich neutral benehmen, ein gelangweiltes Gesicht machen – während die ganze Familie zusammenbrach, obwohl der Vater Karnevalskönig war. Plötzlich fand sie es komisch. Der Drink begann zu wirken.

»So ist es schon besser.« Das war Jo Jo Lawrence, strohblondes Haar und Schultern wie ein Footballspieler. Er rempelte sie leicht an und schüttete dabei Weißwein über ihre rosa Seidenbluse. »O Gott, das tut mir leid.« Er betupfte sie mit einem Papiertaschentuch und berührte dabei sanft ihre Brust.

»Ist schon gut.« Marcelle strich sich selbst über die Bluse. »Ist nur Weißwein. Wird kaum zu sehen sein, wenn es trocken ist.« Sie sah zu ihm auf. »Wie ist es schon besser?«

»Mit dem kleinen Lächeln. Ich habe dich beobachtet. Warum so traurig am Mardi Gras? Und ausgerechnet diesmal?«

»Kümmere dich um deinen eigenen Kram, Jo Jo!«

»Ich habe gehört, daß deine Scheidung durch ist.«

Marcelle antwortete nichts. Manchmal wünschte sie sich, sie hätte Jo Jo geheiratet. Nach Lionels Wutausbrüchen, wenn er getrunken hatte, fand sie Jo Jo mit seiner nichtssagenden Liebenswürdigkeit wesentlich anziehender als damals auf der High School. Sie konnte sich ohnehin nicht erinnern, warum sie Lionel geheiratet hatte. Oder warum sie Jo Jo nicht geheiratet hatte. Wahrscheinlich hatte er sie nicht gefragt. Sie waren sowieso zu jung gewesen. Aber er war der erste, mit dem sie ins Bett gegangen war – bloß war es kein Bett gewesen, sondern das Seeufer.

»Wie wär’s mit einem Kuß für Jo Jo? Auf die alten Zeiten?«

Warum nicht? Er war so ziemlich der einzige Mann in der Stadt, den sie in den letzten sechs Monaten nicht geküßt hatte. Warum nicht Jo Jo? Sie hob ihm ihr Gesicht entgegen.

Er küßte sie zart, liebevoll. Dann nahm er sie in die Arme und küßte sie richtig. Mitten im Boston Club, vor allen Leuten. Aber wer achtete schon darauf? Sie hätte sich gewundert, wenn es jemand bemerkt hätte. Einen kleinen Kuß doch nicht. Jeder küßte jeden an Karneval. Niemand würde sich erinnern, wen er selbst geküßt hatte, und noch viel weniger, wer wen geküßt hatte. Es konnte passieren, daß man am Aschermittwoch in der Kirche neben jemandem saß, mit dem man Gott weiß was getrieben hatte, ohne sich auch nur dunkel daran zu erinnern.

Jo Jos Körper fühlte sich überraschenderweise angenehm vertraut an. Vertraut und trotzdem verboten. Jo Jo war inzwischen verheiratet. Aber alle anderen waren auch verheiratet, und das schien sonst niemanden zu stören. Sogar ihren eigenen Vater nicht. Marcelle hatte es auch nie gestört.

Es muß zwei Wochen her sein, seit ich mit einem Mann geschlafen habe – eigentlich ein Rekord für mich.

Jo Jo preßte seinen schweren Körper gegen sie und schob sie nach hinten auf die Wand, auf die nächste Tür zu, sein Atem verströmte den Duft von Bloody Marys. Ich brenne, dachte sie. Ich verbrenne. Ihre Kostümjacke klebte, die Korsage erdrückte sie.

Das kann ich nicht machen, das ist verrückt.

Aber in letzter Zeit schien sie sich nicht besonders in der Gewalt zu haben. Ach, zum Teufel. Sie wollte sowieso nicht in diesem scheußlichen Getümmel bleiben, mit ihrer Mutter und Henry und diesem Fossil von einem Großvater. Sie ekelten sie an.

Warum sollte sie nicht mit Jo Jo vögeln, wenn sie wollte? Alles, was sie heute tat, tat sie für ihren Vater. Warum sollte sie nicht dieses eine Mal etwas für sich selbst tun? Zeit war noch genug bis zu dem glorreichen Auftritt der St. Amants. (Reichlich Zeit, falls sich Jo Jo nicht geändert hatte.) Es würde ein sehr langer Tag werden. Sie würde in den nächsten Stunden alle Hände voll zu tun haben. Warum sollte sie nicht erst die günstige Gelegenheit wahrnehmen? Sie fragte sich, ob Jo Jo einen Gummi dabeihatte, wie damals, in der High School.

2

Henry war stocknüchtern. So nüchtern, daß er lieber tot gewesen wäre. Andererseits war er bis obenhin zugekokst. Mußte er sein, bei der bevorstehenden Feuerprobe. Aber er fühlte sich so elend, als ob er literweise Martinis getrunken hätte.

»Henry, alter Knabe, weißt du, was ein Zehner ist?«

»Ein Zehner?«

»Wie in Zehn – Die Traumfrau.«

»Ach so, aus dem Film! Weiß ich nicht.«

»Vier Fuß groß, Plattkopf mit ‚nem Sechserpack drauf und keine Zähne.«

Noch ein paar von der Sorte, und er würde ausflippen. Zu viel von dem tiefsinnigen Gequatsche mit diesen Oberschichttrotteln, und er würde sie einfach mit den Köpfen aneinanderknallen, statt bloß umzufallen. Umfallen war sowieso eher Bittys Stil. Und Marcelles, wenn sie sich aus dem Staub machen wollte. Passiver Widerstand. Bei dem Gedanken mußte er beinahe lachen. Genaugenommen war er von ihnen dreien der passivste gewesen, keiner hatte sich so... nein, das war nicht richtig. Bitty schon. Er wünschte, er könnte ihr wieder zurückgeben, was Chauncey ihr genommen hatte.

Ach Bitty, Bitty, Bitty, bist du in Ordnung? Wirst du das hier überstehen?

Wo war sie eigentlich?

Ihretwegen hatte er einen Anzug und eine Krawatte angezogen, sogar eine normale Krawatte, nichts Extravagantes, nichts Auffallendes. Und wie gerne hätte er etwas Aufregendes angezogen. So daß seinem Vater vor Schreck die Hosen runtergerutscht wären, und all diesen Sportskanonen auch, die jetzt als Banker, Rechtsanwälte und Ärzte Karriere machten.

Glücklicherweise waren nicht allzu viele junge Leute da. Henry wäre selbst wahrscheinlich auch nicht gekommen, wenn sein Großvater nicht wäre. Sogar der Status seines Vaters als König für einen Tag hätte ihm keinen Zutritt verschaffen können – männliche Nichtmitglieder waren im Boston Club nicht gern gesehen. Aber mit Haygood Mayhew diskutierte man einfach nicht, man unterwarf sich und tat so, als ob man sich geehrt fühlte. Selbst den vereinigten Mitgliedern des Boston, Pickwick, Bienville und Louisiana Clubs wäre es nicht gelungen, Henry von irgendeinem Ort fernzuhalten, wenn sein Großvater ihn dort zu sehen wünschte.

Um so schlimmer für Henry. Er hätte alles dafür gegeben, um an diesem Tag irgendwo anders auf der Welt zu sein. Aber um Bittys willen war er hier.

Doch es sah so aus, als gehe es Bitty ausgezeichnet. Sie hatte bisher keinen einzigen Schluck getrunken. Warum sie sich aus dieser Farce irgend etwas machte, wußte er nicht, aber sie hatte sich zusammengerissen und durchgehalten, wie die Heldin in einem englischen Roman aus dem neunzehnten Jahrhundert. Chauncey hatte das nicht verdient, aber vielleicht war es ein neuer Anfang für sie – vielleicht würde es sich am Ende doch lohnen.

Wenn er sich bloß von diesem Haufen Arschlöcher loseisen könnte – den unglaublich öden und dämlichen Begleitern der Hofdamen. Er sah sich um, auf der Suche nach der einzigen Person außer seiner Mutter, die er liebte. Wo zum Teufel war Tolliver, wenn er ihn brauchte? Nur mit Tolliver kann man das Leben tolerieren. Diesen Spruch hatte Tolliver ihm beigebracht, als er knapp sechzig Zentimeter groß war. Wenn er seine Eltern nicht mehr ertragen konnte, hatte Tolliver ihn hochgenommen, ihn umarmt und geküßt und ihm das Gefühl gegeben, einen richtigen Vater zu haben, nicht bloß Chauncey.

Und Henry hatte sich sicher und geliebt gefühlt. Tolliver war groß, aber schmächtig – nicht annähernd so stattlich wie Chauncey, und doch kräftig genug, um sich wie ein Vater anzufühlen. Henry glaubte auch immer, er sähe Tolliver ähnlich – in seiner Vorstellung waren Chauncey und Marcelle immer die dunklen, er selbst und Bitty und Tolliver die blonden, die wirkliche Familie.

Er hatte sogar seine Mutter gefragt, ob nicht vielleicht Tolliver sein Vater sei. Sie hatte gelacht und auf all die kleinen Ähnlichkeiten mit Chauncey hingewiesen – das runde Gesicht, das starke, eckige Kinn, die braunen Augen – im Gegensatz zu Tollivers länglichen, eleganten, beinahe traurigen Gesichtszügen mit den wässrigen, glanzlosen blauen Augen. Es war grausam, hatte Henry damals gedacht. Er wollte so gern glauben, daß Tolliver sein Vater war.

Das Leben läßt sich nur mit Tolliver tolerieren. Es war noch nicht lange her, daß er erkannt hatte, wieviel Wahrheit in diesem kindlichen Unsinn steckte.

Einer der Idioten von der High School gesellte sich zu der Gruppe junger Männer. »Henry! Der Mann der Stunde. Wie läuft’s denn, Kumpel?«

»Und wie läuft’s bei dir, Jack? Ich hab gehört, du gehst mit einer Charmer*.«

»Ich vernasch jedes appetitliche Häschen, Mann. Sag mal, wie geht’s dir denn sonst so? Arbeitest du immer noch bei Brennan?«

»Hilft mir bei meiner Hauptbeschäftigung.«

»Ich hab schon gehört, daß du ziemlich guten Shit verteilst.« »Ich meinte die Schauspielerei.«

»Hä?« Jack machte ein verständnisloses Gesicht. »Ach ja, das hatte ich vergessen.«

»Ist nicht so einträglich wie Schiffahrtsrecht, fürchte ich.«

»Sag mal, trittst du zur Zeit irgendwo auf? Vielleicht komme ich mit Doreen. Ich könnte sie überreden, ’ne Freundin mitzubringen, wir gehen hinterher aus, trinken was – und du kannst dein Yat ’n bißchen aufmöbeln.«

»Yat ist in ›Maß für Maß‹ nicht sehr gefragt.«

»›Maß für ...‹? Ach ja – da spielst du j a mit. He, Shakespeare ist nicht alles – vielleicht schreibt irgendwann einer ’n Yat-Stück. ›Die Verschwörung der Idioten‹. Genau! Und du spielst den Ignaz.« Jack grinste, offensichtlich hocherfreut über seine literarische Anspielung.

»Klar, Jack, bring Doreen mit. Würd mich freuen, sie kennenzulernen.«

Jack würde Doreen nicht mitbringen. Henry bezweifelte, daß er sie jemals irgendwohin mitnahm, außer in ihre Eckkneipe, zwecks Lockerung. Und Jack würde sich auch keine kleine Theaterproduktion von ›Maß für Maß‹ ansehen. Verflucht, Jack würde nicht einmal in Stratford-upon-Avon ins Theater gehen. Im Gegensatz zu Henrys Vater. Chauncey rannte andauernd ins Theater – solange Henry mit der Produktion nichts zu tun hatte.

»He, Mann, hast du noch was von dem Koks?«

»Ich hab’s alles weggegeben. Tut mir leid.«

Jack zuckte mit den Schultern. »Mir auch, Mann. Weißt du, du solltest es mal mit ’ner Charmer probieren – prima im Bett, kostet nicht viel, hat keine Nervenkrisen.«

»Entschuldige mich bitte. Ich muß mich nach meiner Mutter umsehen.«

Verdammt. Warum hatte er das gesagt? Es klang, als ob er meinte, er müsse sich um sie kümmern und aufpassen, daß sie sich nicht zu sehr besoff und auf dem Aussichtsbalkon auf den Arsch fiel. Er fing an durchzudrehen. Er brauchte frische Luft. Länger hielt er es hier nicht aus. Selbst Bittys wegen nicht. Er mußte sich für die bevorstehenden endlosen Stunden wappnen.

3

»Bitty!«

Sie drehte sich nicht um, wahrscheinlich hatte sie nichts gehört.

Tolliver gab auf und ging nach oben zur Männertoilette. Er machte ein Papierhandtuch naß, wrang es aus und hielt es sich gegen die Stirn.

»Tolliver, geht’s dir nicht gut?«

Er hörte sich selbst nach Luft schnappen – ein lautes »Aaah!«, fast ein Schrei. Das Papierhandtuch fiel ihm aus der Hand, im Spiegel sah er sein verängstigtes Gesicht. Das war absurd, lächerlich. Er drehte sich um. Der Mann, der hinter ihm hergeschlichen war, war einer seiner Kunden, ein Mann namens Billy Ambrose.

»Du hast mich erschreckt.«

»Tut mir leid.« Billy grinste ihn belustigt an. »Ich wußte gar nicht, daß ich so beeindruckend bin. Geht’s dir nicht gut? Kopfschmerzen?«

Tolliver versuchte zu lächeln, hatte aber den Verdacht, daß es eher wie eine Grimasse aussah. Mit einer Handbewegung bedeutete er Billy, zu den Kabinen weiterzugehen. »Alles in Ordnung«, flüsterte er und wußte, daß Billy ihn nicht verstehen konnte. Er hatte seine Tabletten zu Hause vergessen. Verdammter Mist. Ausgerechnet heute hatte er sie vergessen. Die Sorge um Bitty zerrte an seinen Nerven – schlimmer als erwartet, obwohl er damit gerechnet hatte, daß es ein schwieriger Tag werden würde. Er hatte nach ihr gerufen, weil er sah, wie sie stolperte. Er hätte es wissen müssen. Vorher hatte sie sich wunderbar gehalten, aber wieviel konnte man von einem schwachen menschlichen Wesen verlangen? Von einer sehr schwachen, unglücklichen Alkoholikerin, die seit mindestens zwanzig Jahren so gut wie nie nüchtern war. Von Zeit zu Zeit zog sie jedoch einen Schlußstrich, und es ging ihr eine Weile gut.

Zweifellos gönnte sie damit ihrer Leber eine Pause, aber lange hielt sie niemals durch. Jahrelang hatte ihre Familie versucht, sie zu überreden, den Anonymen Alkoholikern beizutreten, ohne Erfolg. Bitty hatte Angst, mit dem Trinken aufzuhören. Das Leben bereitete ihr ohne den süßen Nebel des Alkohols keine Freude mehr. Ohne ihn wollte sie nicht mehr leben. Und so hielt der Alkohol sie mehr oder weniger am Leben, worüber sie alle froh sein sollten. Aber in letzter Zeit, in den letzten Wochen, hatte es so ausgesehen, als gehe es ihr schlimmer denn je. Oder war das nur Einbildung?

Wahrscheinlich nicht. Der heutige Tag hatte sie wahrscheinlich beunruhigt. Er mußte zu ihr gehen... ihr helfen, den Tag durchzustehen. Er wußte, daß sie nüchtern bleiben wollte, und dabei brauchte sie reichlich Unterstützung.

Aber mit diesem quälenden Kopfschmerz, mit dieser Unruhe war er nutzlos. Er mußte hier raus. Er war müde, fühlte sich benebelt, verbraucht.

Schwankend, obwohl es ihm kaum bewußt wurde, bahnte sich Tolliver seinen Weg zur Straße. O Gott, er haßte den Karneval! Er haßte die Masken, und er haßte die Kostüme, und er haßte die Sauferei und den Lärm und die gezwungene, verzweifelte Fröhlichkeit und den Druck und die Massen und die abscheuliche, haltlose Gewöhnlichkeit der Veranstaltung. Es gab noch etwas, was er genausosehr haßte – oder noch jemanden. Was war es nur? Der Haß war ihm vertraut, aber er konnte im Moment nicht sagen, was es war.

Was hatte er sich dabei gedacht, nach draußen zu gehen? Die Menge stand so dichtgedrängt, daß man keinen Schritt vorwärtskam. Aber er mußte durchkommen. Er mußte nach Hause und seine Tabletten holen, und da war noch etwas, was er tun mußte... es hatte irgendwas mit Bitty zu tun.

Genau. Jetzt erinnerte er sich. Er mußte seinen Wagen holen, nach Hause fahren, seine Tabletten holen und tun, was er sich vorgenommen hatte, sich nämlich um Bitty kümmern. Wie immer. Er hatte sich um sie gekümmert, solange er denken konnte, und heute war ein wichtiger Tag.

Er fragte sich, wo Henry war. Würde er den Tag gut überstehen? Bei dem Gedanken an Henry – er war so jung und so verletzlich (dabei hielt er sich selbst für so weltgewandt) – wurde es Tolliver plötzlich ganz warm ums Herz, und er war glücklich. Wenn Bitty den Tag gut überstand, dann ging es auch Henry gut und Tolliver vielleicht auch. Es war allein dieser Gedanke, der ihn aufrecht hielt.

Sein Kopf begann, sich zu klären. Er fühlte sich jetzt besser. Er war lange gelaufen – sehr langsam. Als kleiner Junge war er an der Hand seiner Mutter gelaufen, erinnerte er sich, aber ohne sie sehen zu können. Und das war auf der St. Charles Avenue gewesen, wo es friedlicher zuging. Hier war die Menge am dichtesten, direkt auf der Canal Street. Er mußte ja nicht schnell gehen. Er kam prima vom Fleck. Er hatte das Gefühl, immer weiter und weiter und weiter zu gehen. Aber die Gesichter kamen ihm bekannt vor. Die gleichen Federn, die gleichen Münzen – oder trug jeder Exhibitionist in der Stadt einen Geldbeutel mit roten Federn am Hosenlatz und Hosenträger mit Silbermünzen? Das gleiche Sklavenmädchen, der gleiche Zauberer mit dem Zylinder und dem gleichen schäbigen Kaninchen zum Aufziehen. Du lieber Himmel! Das gleiche Mädchen auf dem gleichen Balkon. Die gleiche brüllende Menge: »Zeig uns deine Titten!« Sie hatte sich Sonnenräder draufgemalt.

Wie lange ging er schon durch die Straßen? Er hatte die Orientierung verloren. Hatte er seine Tabletten bekommen? Seine Gliedmaßen fühlten sich nicht mehr so schwach an. Als ob er die Zittrigkeit weggelaufen hätte. Die Schmerzen in seinem Kopf hatte er schon lange nicht mehr gespürt. Hatte er seinen Plan ausgeführt? Er mußte wieder zurück. Er mußte den Weg zurück finden.

Bitty würde sich fragen, was mit ihm geschehen sei. Henry würde bei dem Versuch, auf sie aufzupassen, beinahe durchdrehen und sich fragen, wo Tolliver war. Er hielt einen Mann im Gorillaanzug an und fragte nach dem Weg.

4

Bitty verteilte Make-up auf den leichten Tränensäcken unter den Augen, dann trug sie Eyeliner und Mascara auf. Ihre Hand war ganz ruhig, als ob sie in ihrem Leben nie getrunken hätte. Sie konnte sich zusammenreißen, wenn sie wollte, und sie würde diesen Tag mühelos überstehen, als ob sie genauso jung und leistungsfähig wie Henry wäre.

Sie war auf dem Weg zur Damentoilette gestolpert, und das hatte ihr Sorgen gemacht. Die Leute könnten denken, sie sei betrunken. Sollten sie nur. Dieser eine kleine Fehltritt war alles, was sie für ihr Gerede zu sehen bekamen. Sie hatte sich sechs Wochen lang auf diesen Tag vorbereitet und nicht vor, jetzt alles zu verderben. Sie hatte sich sogar dieses neue pflaumenblaue Kostüm gekauft, obwohl sie Einkaufen nicht ausstehen konnte. Aber Gus Mayer und Godchaux waren inzwischen out, und sie brauchte etwas Neues zum Anziehen. Sonst würden die Leute wirklich denken, daß es mit ihr bergab ging. Sie sah darin außerdem verdammt gut aus, falls sie nicht total danebenlag.

Ihr Haar war noch genauso blond wie an ihrem Hochzeitstag und ihre Augen ebenso klar – zumindest heute. Vorsichtig wusch sie ihre Hände – sehr, sehr vorsichtig. Anne-Marie Delamore, die gerade in eine der Kabinen gegangen war, hatte sie so seltsam angesehen, als ob sie überlegte, in der Nähe zu bleiben, um sie aufzufangen, wenn sie umfiel. Aber da war nichts zu befürchten – absolut nichts. Sie hatte lediglich das Bedürfnis, sich die Hände zu waschen, das war alles. Hatte Anne-Marie noch nie gesehen, daß sich jemand Zeit ließ?

Sie dachte flüchtig darüber nach, wo Marcelle und Henry und Tolliver waren. Weit konnten sie nicht sein, das wußte sie genau. Heute war Chaunceys großer Tag. Heute war er Rex, Herrscher der Heiterkeit, König Karneval und der erste Bürger von New Orleans. Es war der Höhepunkt seines Lebens – der Tag, für den er gekämpft hatte, seit sie ihn kannte. Wie hart er tatsächlich dafür kämpfte, hatte sie erst viel später erkannt, und es war eine ziemlich bittere Erkenntnis gewesen, aber heute war unwiderruflich Chaunceys Tag. All seine kleinen Vasallen – die reizende Familie, auf die er so stolz war, der beste Freund, der mit Bitty und Chauncey die härtesten Zeiten durchgestanden hatte, die eine Familie überhaupt erleben kann –, sie waren alle in seiner Nähe.

Normalerweise fühlte sie sich im betrunkenen Zustand sicherer, aber im Moment war sie stocknüchtern und kam sich so lebendig vor, als ob sie zu allem fähig wäre. Sie trat zur Seite, damit Anne-Marie ihre Hände waschen konnte, dann suchte sie nach ihrem Lippenstift. Sie würde ihn langsam und sorgfältig auftragen, damit Anne-Marie sehen konnte, was sie für eine brave, nüchterne kleine Ehefrau war.

»Mrs. St. Amant? Ist Bitty St. Amant hier?«

»Ja, bitte?«

Das war Skip Langdon, für eine Party im Boston Club absolut unpassend angezogen. Wie eine junge Kuh sah sie in diesem Aufzug aus. Skip war bestimmt einen Meter achtzig groß und würde wahrscheinlich ein Leben lang unter Übergewicht leiden. »Mrs. St. Amant?«

»Ja, Skip. Was ist los?« Prüfend sah sie der jungen Frau ins Gesicht, und dann fiel ihr ein, was Skip jetzt tat – das war kein Karnevalskostüm, was sie anhatte. Skip sah so traurig aus, so furchtbar traurig, als ob sie kaum ein Wort herausbringen könnte.

»Skippy, erzähl’s mir. Was ist passiert?« Bitty wußte, daß ihre Stimme wie ein Wimmern klang, aber sie konnte nichts dagegen tun. Sie sah Anne-Marie Delamore an, die kreidebleich geworden war. Also hatte Anne-Marie das gleiche Gefühl. Irgend etwas Entsetzliches war passiert.

»Mrs. Delamore«, sagte Skip, »würden Sie uns bitte entschuldigen?«

Bitty würde nicht mit ihr alleinbleiben. Nein. Sie weigerte sich. In keinem Fall. Hinter der fliehenden Anne-Marie verließ sie auf unsicheren Beinen den Waschraum, lief durch den Vorraum mit dem hübschen Kaminsims und zur Party zurück.


* Erläuterungen zu Begriffen aus dem Slang von New Orleans finden sich im Anhang; (Seite 409f.); Anm. d. Übers.

Der Herrscher der Heiterkeit

Die Stille war betäubend. Skip hatte ihren Text vergessen, obwohl sie schon einmal am Mardi Gras hiergewesen war, als Gast von Tricia Lattimore, als sie beide das McGehee College besuchten und keiner ihrer Altersgenossen sie irgendwohin eingeladen hatte. Sie war heute nur deshalb hier, weil sie diese Leute kannte, sie gehörte hierher – jedenfalls glaubten das ihre Kollegen bei der Polizei. Ja, ihr Vater hatte sich den Weg bis zur Rex Krewe freigekämpft, aber natürlich nicht bis in diese Bastion blauen Blutes. Und das war nicht einmal der Anfang der Geschichte. Skips eigene, sonderbare Identitätskrise mußte mitberücksichtigt werden. Aber davon wußte Sergeant Pitre nichts, und es würde ihn auch nicht interessieren. Sie war greifbar, und das war alles. Sie war greifbar gewesen, und von den anderen traute sich keiner in die Höhle der oberen Zehntausend.

Skip war für die Paraderoute abgeordnet worden, zusammen mit einem Drittel aller Bullen der Stadt, und sie war wie alle anderen für eine Zwölf-Stunden-Schicht eingeteilt. Das System war eigentlich gar nicht schlecht. An Karneval tat ein Drittel seinen normalen Dienst im Revier von sechs Uhr morgens bis sechs Uhr abends, ein Drittel übernahm den Dienst von sechs Uhr abends bis sechs Uhr morgens, und damit blieb der Rest für die Paraderoute übrig.

Für Skip hatte der Tag mit der Zulu-Parade und einem Streit zwischen drei Männern und einer Frau angefangen. Der Begleiter der Frau war offensichtlich »von auswärts«, wie man in New Orleans sagt. »Die Münzen kannst du vergessen«, hörte Skip sie erklären. »Aber wenn du eine Kokosnuß erwischst, dann hüte sie wie deinen Augapfel.«

Zunächst stand Skip mit dem Rücken zur Parade und beobachtete vorschriftsmäßig die Menge. Die Sprecherin war eine blonde Frau in einem bedruckten Sweatshirt der University of New Orleans. Ihr Freund trug eine Jeansjacke. Skips Blick schweifte über die Menge, als eine Kokosnuß, die ein Zulu-Krieger geworfen hatte, über ihre Schulter hinwegzischte. Der Mann in der Jeansjacke, von der Wertschätzung seiner Bekannten offensichtlich beeindruckt, sprang hoch, fing sie und klemmte sie sich unter den Arm wie ein Footballspieler, der einen zugespielten Ball erwischt. »Gut gemacht!« rief Skip. Ein paar Leute applaudierten und brüllten.

»He, was soll das!« schrie der Mann mit der Kokosnuß, und plötzlich war er unten. Die Menge teilte sich. Zwei gutgekleidete Männer versuchten, ihm die Kokosnuß zu entreißen. Skip bewegte sich auf sie zu. »Alles klar, und jetzt ist Schluß damit!«

Die Blonde sah kurz zu ihr herüber, zögerte nur eine Sekunde, dann warf sie sich auf den Haufen und grub ihre Zähne in den polobehemdeten Bizeps des obersten Mannes. Skip tat gar nichts und gab den dreien eine Chance, ihre Differenzen auszutragen. Sie trat zurück, um den beiden Schurken den Fluchtweg freizugeben. Von der Stimmung mitgerissen rief sie: »Eine Runde Applaus, meine Damen und Herren!« Die Menge schrie, die Blonde verneigte sich, und ihr höflicher Freund überreichte ihr die wohlverdiente Kokosnuß.

Ein befriedigender Vormittag. Im Gegensatz zu den meisten ihrer Kollegen mochte sie den Streifendienst bei Paraden. Sie empfand ihn als Erholung von dem gezwungenen Smalltalk mit Marcelle St. Amant-Gaudet und ihresgleichen, bei denen sie den eisblauen Schleier hinter den Augen nie übersehen konnte.

Er brachte Erholung von vielen Dingen. Sie erinnerte sich an eine Party bei Pontalba, wo der Gastgeber einen Eimer vom Balkon herabließ und rief: »Almosen für die Reichen.« Seine Freundin, die das nicht komisch fand, versuchte ihn zu stoppen, und er schleppte sie ins Badezimmer. Man hörte ein paar Schläge und Schreie, dann nichts mehr. Schließlich kam der Gastgeber mit Büscheln von gefärbtem, dauergewelltem und frischgeschnittenem Haar in den Händen wieder heraus, das er unter den Gästen verteilte.

Die geschorene, offensichtlich unverzagte Freundin verbrachte den Nachmittag damit, systematisch alle männlichen Familienmitglieder des Gastgebers zu verführen, wobei ihr nach Skips Zählung ein älterer Bruder, ein jüngerer Bruder und zwei Cousins zum Opfer fielen. Später erzählte sie ihren Freundinnen, daß auch der Vater gern gewollt hätte, aber zu besoffen war, um ihn hochzukriegen.

Schon als präpubertäre Göre war Skip an Karneval gern auf der Straße gewesen. Nicht gerade auf der Canal Street, wo die Menge so dichtgedrängt war, daß die Leute nur wenige Zentimeter vor den Umzugswagen standen – buchstäblich dagegenknallten, so daß die komplette amerikanische Armee und erst recht die Polizei von New Orleans hilflos war, wenn es Ärger gab. Man konnte nichts auffangen, weil man die Hände nicht hochbekam, und wenn man wegen Klaustrophobie in Ohnmacht fiel, drohte man totgetrampelt zu werden, weil man unmöglich den Kopf zwischen den Knien schützen konnte.

Sie mochte die St. Charles Avenue, die wie die Canal Street für die Rex-Parade gesperrt wurde. Aber auch hier, beim sogenannten »Familien-Mardi-Gras«, konnte es brutal zugehen. Sie hatte vergessen, wie brutal, wie gewalttätig die Leute werden konnten, und an diesem Morgen wurde es ihr wieder bewußt. Doch in früheren Jahren hatte sie den Bullen das Leben ebenso schwergemacht, wie manche besoffene, randalierende Collegeschwester ihr heute.

Die dichtgedrängten Menschen standen zu Hunderten hintereinander auf beiden Seiten der Straße, einige hatten Leitern für ihre Kinder oder sich selbst dabei, andere trugen Kleinkinder auf den Schultern und riskierten ihrer Meinung nach deren Leben – ein kräftiger Stoß, und das Baby läge am Boden. Als Polizistin – im Gegensatz zu ihrer früheren Rolle als begeisterte Krawallmacherin – war sie ehrlich entsetzt über die Art und Weise, wie die Leute schubsten und drängten und tobten, um irgendwas von den Wagen zu ergattern. Sie schrien und bettelten tatsächlich – genauso, wie man es in den Stadtführern lesen konnte. Anscheinend gehörte das zur Karnevalsetikette. Von den Aristokraten – den männlichen jedenfalls –, die hochherrschaftlich auf Umzugswagen transportiert wurden, erwartete man, daß sie ihre Größe demonstrierten, indem sie Plunder in die Menge warfen. Hauptsächlich kleine Perlenketten und Karnevalsmünzen.

Sie fragte sich, nach welchem Prinzip Rex’ Hofstaat den einen oder anderen mit dem begehrten Tand bedachte. Suchten sie sich die hübschesten Mädchen aus? Oder die schrillsten Tunten? Oder kleine Kinder, die am wenigsten aggressiv aussahen? Die Mittelfeldspieler, diejenigen, die fingen und weiterwarfen, feilschten natürlich um Nacktheit. In den letzten Jahren war es in Mode gekommen, daß Frauen für Perlen die Bluse auszogen.

Wenn Skip auf einem Wagen mitfahren dürfte, würde sie darauf bestehen, daß die originellsten Kostüme belohnt wurden. Wie der Mann auf der anderen Straßenseite, der sich anscheinend als italienisches Restaurant kostümiert hatte. In Bauchhöhe befand sich ein runder, tischartiger Aufbau mit rotkariertem Tischtuch, darauf stand ein Teller mit Spaghetti und eine Weinflasche aus Pappmaché, auf der sogar die bunten Wachsnasen nicht fehlten. Und der Grashüpfer gefiel ihr auch, mit dem kleinen Grashüpfer, der ihm bis zum Knie reichte. Wenn man sich schon wie ein Idiot benahm, was schließlich Sinn und Zweck des Karnevals war, dann wenigstens richtig.

Es gab etliche Päpste in diesem Jahr, Seine Heiligkeit hatte die Stadt vor kurzem mit seinem Besuch beehrt. Hier und da gab es eine Dose Dixie-Bier auf zwei Beinen und den unförmigen Effetball, der sich mit Gold oder Silber besprüht hatte. Das unvermeidliche Filmteam bemühte sich vergeblich, Bilder in einer sinnvollen Abfolge einzufangen. Skip fragte sich, ob es den Filmleuten etwas ausmachte, daß sie zahllose Jugendliche in College-Sweatshirts vor die Kamera bekamen, die massenweise Hurricane-Drinks und Bier dabeihatten – manchmal sogar in erlaubten Plastikbechern – und sich gegenseitig vollkotzten. Das Alkoholverbot war kürzlich auf einundzwanzig raufgesetzt worden, aber das inoffizielle Mindestalter hatte immer noch der erreicht, der an die Bar heranreichen konnte. Und auf der Straße durfte man trinken, so viel man wollte, solange man keine Flaschen oder Gläser dabeihatte, aber wer sollte für Mardi Gras ein Plastikbecher-Verbot durchsetzen?

Skip war davon überzeugt, daß die meisten Karnevalssäufer nur deshalb Schaden anrichteten, weil sie von den Football- und Biersäufer-Horden dazu angefeuert wurden. Sie mußte es wissen, da sie sich in früheren Zeiten oft genug selbst daran beteiligt hatte. Sie war sich der legendären Verwandtschaft von Bullen und Kriminellen wohl bewußt. Sie stand erst seit kurzem auf der Seite von Recht und Gesetz.

Ein Aufbrausen ging langsam durch die Menge vom unteren Ende der Straße her. Der herrschaftliche Wagen, auf dem sich König Karneval befand, rollte heran. Je näher er kam, desto mehr drängten und schubsten die Leute. Skip war klar, daß dies nicht der richtige Zeitpunkt war, die Gedanken schweifen zu lassen – und nur allzugut wußte sie, daß sie der Menge nicht den Rücken zuwenden durfte – aber einer der Pagen rief nach ihr.

»He, Skip, alles klar, Süße?« Wahrscheinlich der kleine Bruder von Tricia Lattimore, der gerade in dem Alter war, wo es die Kids komisch fanden, den Arbeiterdialekt nachzuäffen. Sie mußte unbedingt hallo sagen. Und damit nicht genug – sie mußte unbedingt einen ihrer ältesten Bekannten bei seinem glorreichen Auftritt sehen. Sie drehte sich um.

Da war er – König Karneval, Rex daselbst, der Herrscher der Heiterkeit, ganz in Gold, unverkennbar Noblesse oblige. Trotz aller Modespitznamen nannten ihn seine engeren Freunde nur Chauncey St. Amant. Er war ein gutgepolsterter Herr, wie die meisten Männer seines Alters in New Orleans, und ging völlig auf in der Rolle des munteren alten Königs. Skip hoffte, daß ihm vom vielen Winken nicht der Arm abfiel. Sie kannte ihn seit ihrer Kindheit.

Er sah auf und winkte jemandem auf einem der Balkone zu. Unwillkürlich folgten Skips Augen seinem Blick. Der Wagen befand sich auf gleicher Höhe mit dem Balkon, der ihr wohlbekannt war. Heute hatte man ihn in den Farben von Mardi Gras dekoriert – purpur, grün und gold. Eine einzelne Person stand darauf, als Dolly Parton im Cowgirl-Kostüm verkleidet.

Dolly trug die bekannte Lockenperücke, eine rote, mit Münzen bestickte Satinbluse, einen blauen Satinrock, Rehlederhandschuhe, Ballons unter der Bluse und einen Revolvergürtel mit zwei Revolvern. Ihre weiße Maske hatte dreifarbigen Lidschatten und glitzernde Rougepunkte. Als Chauncey winkte, zog sie eine ihrer Pistolen. Sie wirbelte sie herum, zog eine Show ab und zielte, wobei sie sich über das Balkongeländer neigte. Kein sehr erheiternder Anblick für eine Polizistin, aber Chauncey wußte es zu würdigen und warf ihr eine Münze zu. Und dann fiel er von seinem Thron.

Die Band vor dem Festwagen spielte ›When the Saints Go Marching In‹, deshalb hatte Skip den Schuß nicht gehört. Sie wußte nur, daß Chauncey Dolly für einen Moment bewundernd angesehen hatte und im nächsten Augenblick auf dem Boden des Festwagens lag. Skip wußte sofort, was geschehen war, und versuchte, ihre Pistole zu ziehen, aber sie hatte keine Chance. Sie wurde von allen Seiten angerempelt und hatte Mühe, aufrecht stehenzubleiben. Einer der Filmemacher, der nichts verpassen wollte, traf sie mit der Kamera an der Wange. »O Gott. ’tschuldigung. Haben Sie sich verletzt?«

»Weg damit!«

»Aber haben Sie das nicht gesehen? Dolly...«

Ihr Kollege schrie: »Verdammt noch mal, Langdon, benehmen Sie sich nicht wie ein altes Weib!« Sie konnte gerade noch einen Blick nach oben werfen. Dolly war verschwunden.

»Das war Dolly!« schrie sie zurück. »Dolly Parton!« Aber von den anderen Bullen schien sie keiner zu hören. Hatte es Sinn, hinter ihr herzurennen? Zu dem Apartmenthaus zu laufen, um ihr den Weg abzuschneiden, wenn sie herauskam? Keine Chance. Man konnte in dem Durcheinander weder rennen noch gehen, man konnte nur um sein Leben kämpfen. Inzwischen hatten ein paar andere Bullen ihre Gummiknüppel gezogen, und sie wußte, daß auch sie ihren benutzen mußte.

Einen Moment lang zitterte sie vor Angst. Die Menge war unberechenbar. Sie konnte jemanden verletzen. Und dann würde sich die Angst in Wut verwandeln. Verdammt, diese Leute waren Arschlöcher. Sie würden sie umbringen. Besonders dieser selbstgerechte Bastard mit der Kamera. Er würde sie einfach umhauen und zehn kleine Kinder mit. Mit dem ausgestreckten Gummiknüppel versetzte sie ihm einen anständigen Stoß, und er besaß auch noch die Frechheit, sie überrascht anzusehen.

»Treten Sie zurück, verdammt noch mal!«

Er starrte sie an, als ob er nicht richtig gehört hätte. »Aber Dolly ...«

»Zurück!«

Die Menge rückte näher, und er verlor beinahe das Gleichgewicht. Skip verwendete kostbare Sekunden darauf, ihn am Umfallen zu hindern. Und dann hieß es, allein gegen den Pöbel. Sie erinnerte sich später nur noch daran, daß sie mit aller Kraft dagegenhielt, schob, bis ihr die Arme weh taten, eine halbe Ewigkeit lang.

Später wurde ihr klar, daß es wahrscheinlich nicht länger als zehn Minuten gedauert hatte. Und dann wurde sie zum Festwagen zitiert, wo König Karneval wie auf einer Totenbahre lag, mit seiner blutigen Maske neben sich und einem kreisrunden Loch in der königlichen Schläfe.

Sergeant Pitre wollte etwas sagen, aber Skip unterbrach ihn. »Dolly Parton! « platzte es aus ihr heraus, worauf ihre Polizeikollegen sie anstarrten, als ob sie im Delirium gesprochen hätte.

Sie riß sich zusammen. »Eine Frau im Dolly-Parton-Kostüm hat ihn erschossen. Von diesem Balkon.«

Während sie auf den Balkon im ersten Stock deutete, überlegte sie, was sich daraus schließen ließ, wem der Balkon gehörte – nämlich Tolliver Albert. Albert war »Onkel Tolliver« für die Familie St. Amant und gehörte praktisch dazu – Chaunceys und Bittys bester Freund. Er war Antiquitätenhändler, ein hinreißender Junggeselle Mitte fünfzig und als Lückenfüller auf Dinnerpartys in der Uptown gern gesehen. Eine gesellschaftliche Institution. Und trotzdem hatte jemand, der wie Dolly Parton angezogen war, auf seinem Balkon gestanden und Chauncey erschossen. »Ich habe gesehen, wie es passiert ist«, sagte sie.

»Sie haben gesehen, wie geschossen wurde?« Pitres Stimme klang herausfordernd, als ob er nicht bereit wäre, den hohen Rang einer Kronzeugin einem weiblichen Anfänger zu überlassen.

Schnell umriß Skip, was sie gesehen hatte. Pitre bellte Befehle, kommandierte andere Polizisten für die Jagd auf Dolly ab. »Die Wohnung gehört Tolliver Albert«, sagte Skip. »Er ist sicher im Boston Club.«

»Es sei denn, er steckte in dem Dolly-Parton-Kostüm.«

»Die St. Amants werden auch dort sein.« Schließlich hätte die Parade die Canal Street hinunterziehen und vor dem Club anhalten sollen, wo die ganze Familie auf dem Paradebalkon gestanden und Rex seine Königin begrüßt hätte – wenn Chauncey nicht ermordet worden wäre. Im Augenblick herrschte das reine Chaos.

»Ich weiß, wo ich sie finde, Officer. Sie sind mit der Familie befreundet, stimmt’s?«

Skip nickte, obwohl es eigentlich nicht stimmte. Sie war bloß eine alte Bekannte, die Tochter des Hausarztes, jemand, über den sie sich wahrscheinlich nicht mehr Gedanken als über ihren Kleiderständer machten. Sie war zwar mit Marcelle am McGehee und am Newcomb gewesen, hatte bei Marcelles Hochzeit mit Lionel Gaudet sogar die Brautjungfer gespielt, aber nur, weil Lionel ihr Cousin war. Sie waren nicht befreundet – Marcelle lebte von ihrem Vermögen, ging oft aus und spielte Tennis, Skip fand sie so interessant wie ein trockenes Brötchen.

Inzwischen trafen die Unfallwagen ein. Pitre hob einen Finger, kommandierte einen der Streifenwagen ab und gab Skip ein Zeichen, mit ihm einzusteigen. »Kommen Sie. Wir werden die nächsten Angehörigen verständigen.«

Normalerweise war dafür das Morddezernat zuständig – sie hatten wahrscheinlich gedacht, daß Pitre schneller vor Ort sein konnte. Pitre war offensichtlich zu feige, um allein in den Club zu gehen, wo sich fast alle hohen Tiere von New Orleans versammelt hatten. Skip war sicher, daß er ihr die ganze Arbeit überlassen würde, und der Gedanke gefiel ihr. Sie hatte nie in die Uptown-Gesellschaft gepaßt – wenigstens nach ihrer eigenen Vorstellung nicht –, aber das brauchte Pitre nicht zu wissen. So konnte sie ihm den Nachwuchs-Officer heimzahlen, indem sie diesen Job erledigte, und zwar korrekt. Noch während sie Rache an Pitre schwor, wurde ihr die Bedeutung dieses Jobs bewußt: Chauncey war tatsächlich tot. Sie hatte den Mord mitangesehen, aber die Sache mit dem Toten konnte sie noch nicht ganz fassen. So war das also, wenn man einen Schock hatte – ein taubes Gefühl, das die Katastrophe aus dem Bewußtsein auslöschte.

Die Menge auf der Paraderoute war fast undurchdringlich, aber auf der Prytania, einen Block hinter St. Charles, fühlte man sich wie in einer Geisterstraße. Sie bogen ab und flohen. Skip war froh, daß sie so schnell dahinsausten – sie wollte nicht, daß irgend jemand im Boston Club anrief und mit der Nachricht am Telefon herausplatzte.

Der König ist tot

Pitre sammelte die anderen ein, während Skip zur Damentoilette ging, um Bitty zu holen. Bitty floh vor ihr. Wieder unter Menschen, blieb sie wie versteinert stehen, sah mit wildem Blick und anscheinend orientierungslos um sich. »Ich bringe Sie zu den anderen«, sagte Skip und führte sie zu dem kleinen Raum im zweiten Stock, den man ihnen zugewiesen hatte. Skip beeilte sich, versuchte, nicht aufzufallen, aber als sie mit Bitty St. Amant durch die Menge ging, herrschte vollkommene Stille. Die elegante zerbrechliche Bitty und Skip, die sie um Haupteslänge überragte, ließen unwillkürlich an die Schöne und das Biest denken.

Pitre, der seinen Hut abgenommen hatte, nickte ihr zu. »Mrs. St. Amant«, sagte sie, »es tut mir furchtbar leid. Mr. St. Amant ist ermordet worden.«

Skip hatte gesehen, daß sie auf das Schlimmste gefaßt waren. Wenn zwei Bullen mit finsteren Mienen auf einer Karnevalsparty auftauchten, konnte man bestenfalls darauf hoffen, daß der Unfall nicht tödlich ausgegangen war. Aber auch dieses Wissen half nicht.

Bitty und Marcelle stießen gleichzeitig einen einzigen hohen, verzweifelten Schrei aus. Bitty sank unwillkürlich, wie es schien, in Tollivers Arme. Sie sah, wie sich sein Gesicht schmerzhaft verzog, und dann sah sie zu Henry hinüber. Den Ausdruck auf seinem Gesicht konnte Skip nicht deuten, aber außer Kummer war da noch etwas anderes – ein kleiner Triumph? dachte Skip. Aber Henry war ein hinterhältiger Typ, sie hatte ihn nie leiden können. Vielleicht bildete sie sich das alles auch nur ein.

Bevor sie weiterdenken konnte, lag Marcelle in ihren Armen und schluchzte in ihre Uniform. Sie schien ebenso unwillkürlich in Skips Arme gesunken zu sein wie Bitty in Tollivers. Skip fand es seltsam, daß sich niemand Henry ausgesucht hatte. Aber dann wechselte Bitty den Partner. Sie hielt sich an Henry fest, wie eine Tochter an ihrem Vater, klammerte sich zitternd an ihn. Sie sah sehr klein und dünn aus in ihrem pflaumenblauen Kostüm. Tränen sammelten sich in Henrys Augen und suchten ihren Weg. Skip dachte, sie hätte sich vielleicht doch in ihm getäuscht.

Pitre zog sich zurück. Skip wußte nicht, wie lange sie Marcelle in den Armen hielt. »Daddy, Daddy«, sagte sie wieder und wieder, erst laut und dann leiser, weinend, bis sie sich ausgeweint hatte. Als sie zu weinen aufhörte, hörte auch Bitty auf, als ob sie jemand unterbrochen hätte, und eine Zeitlang starrten sich alle vier nur an. Dann kam Pitre mit zwei Beamten von der Mordkommission, die gerade eingetroffen waren, zurück. Die beiden gehörten zu den Stars der Abteilung, Frank O’Rourke und Joe Tarantino.

Skip erzählte noch einmal, was sie gesehen hatte, und dann meinte Tarantino: »Bleib hier, während wir diese Leute verhören. Du kennst sie doch, oder?«

»Ja.« Anscheinend kannte die Mordkommission ihre ganze Lebensgeschichte.

»Vielleicht fühlen sie sich ungezwungener, wenn du dabei bist.«

Sie riefen Tolliver herein. Der sonst so gut aussehende, forsche Tolliver war gelblich-blaß, von seiner Haltung blieb nichts mehr übrig.

»Mr. Albert, haben Sie die Party zu irgendeinem Zeitpunkt verlassen?«

»Natürlich nicht.«

»Würden Sie bitte nachsehen, ob Sie den Schlüssel zu Ihrer Wohnung noch bei sich tragen?«

Mit ausdruckslosem Gesicht, als ob er die Frage gar nicht registriert hätte, zog er ein ledernes Schlüsseletui hervor und hielt seinen Wohnungsschlüssel hoch.

»Besitzt außer Ihnen noch jemand einen Schlüssel zu Ihrer Wohnung?«

»Meine Putzfrau.«

»Sonst noch jemand?«

Tolliver zögerte. »Warum? Was soll die Fragerei?«

»Würden Sie bitte einfach die Frage beantworten?«

»Mrs. St. Amant hat einen.«

»Haben Sie gesehen, ob Mrs. St. Amant die Party verlassen hat?«

»Was soll das alles?«

»Haben Sie sie gesehen?«

»Nein!«