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Alexander F. Storz

Porsche 356

Paul Pietsch Verlage

Inhaltsverzeichnis

Impressum

Einbandgestaltung: Luis dos Santos unter Verwendung eines Motivs des Historischen Archivs der Dr. Ing. h.c.F. Porsche AG

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1. Auflage 2014

 

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Lektorat: Joachim Kuch

eBook-Produktion: pagina GmbH, Tübingen // v1

ISBN 978-3-613-31025-4

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Er steht im Schatten des 911ers. Völlig zu Unrecht. Nicht nur, dass der Porsche 911, die Porsche-Ikone schlechthin, konstruktiv und evolutionär auf seinem Vorgänger 356 aufbaute. Der Porsche 356 an sich war einfach ein fantastischer Wagen. Er begründete den ausgezeichneten Ruf des Hauses, er war der schnellste deutsche Serienwagen der 50er Jahre, ein Rallye-Ass, eine Rundstrecken-Legende, er dominierte die Bergrennen, er war faszinierend, ganz einfach ein Objekt der Begierde. Kein deutscher Nachkriegswagen weist derart sinnliche und betörende Rundungen auf wie der Porsche 356.

Seine Geschichte ist spannend und abwechslungsreich. Der erste sportliche Volkswagen, den sein »Vater« Ferdinand Porsche konstruierte, war der Typ 64 von 1939, dazu bestimmt, den Marathon von Berlin nach Rom und zurück zu gewinnen. Der Kriegsausbruch vereitelte das Rennen. Nach dem Krieg konstruierte Porsches Sohn Ferry im österreichischen Gmünd den Porsche 356, zunächst als Mittelmotor-Einzelstück, dann entstand bis 1950 die erste Generation des Serien-356ers. Zur vollen Blüte reifte er in Stuttgart, wo bis 1966 eine sagenhafte Evolution stattfand vom 356 über den 356 A, dann B und 356 C. Heiße Sportgeräte waren die legendären Porsche Carrera und selbst ein Geländewagen, konstruiert für die Erstausstattung der Bundeswehr, basiert auf dem Porsche 356.

Diese Chronik will die Lebensfreude, die ein Porsche 356 vermittelte, in zahlreichen zeitgenössischen Fotos wiedergeben und gleichzeitig die Evolution vom Porsche Nummer Eins bis zum letzten 356 Cabriolet als Sonder-edition für die niederländische Polizei darlegen. Ein Kapitel ist dem Porsche 597 Jagdwagen gewidmet, ein weiteres dem Porsche 356 en miniature.

 

Ulm, im November 2013

 

Alexander Franc Storz

1 Von Marathon-Wagen und Renn-Porsche

Gmünd in Kärnten hat heute 2576 Einwohner und ein Porsche-Museum. Vor 60 Jahren hatte es weniger Einwohner, kein Porsche-Museum aber dafür eine Porsche-Produktion. In Gmünd entstanden die ersten Porsche 356. Nicht in Stuttgart. Denn Stuttgart war im Krieg gefährdet. Gmünd nicht. Dort war nichts, was sich für die Alliierten zu zerstören lohnte. Das wusste die Familie Porsche, Inhaberin eines damals kriegswichtigen Betriebes, und siedelte deswegen um, von Stuttgart nach Gmünd. In Stuttgart waren wichtige Porsche-Konstruktionen für Wanderer und NSU verwirklicht worden, in Stuttgart entstand der KdF-Wagen, aus dem später der Volkswagen werden sollte, in Stuttgart konstruierte Ferdinand Porsche dessen kriegsteilnehmende Derivate, den Kübel- und den Schwimmwagen. Ende 1943, die Bombardements auf deutsche Städte nahmen immer mehr zu, siedelte daher das Porsche-Konstruktionsbüro ins beschauliche Gmünd um.

Ferdinand Porsche und sein Sohn Ferry wurden nach dem Krieg von den Siegern inhaftiert. Ferrys Internierung dauerte nicht lange, diejenige seines Vaters schon. Der Professor saß 22 Monate in einem französischen Gefängnis. In dieser Zeit konstruierte Ferry Porsche den Porsche 356. Natürlich baute er auf den Erfahrungen des Vaters auf. Aber Ferdinand Porsche (1875-1951) war es nicht, der den 356 baute. Es war Ferdinand Anton Ernst Porsche (1909-1998), genannt Ferry, Ferdinands einziger Sohn.

Speziell von vorne nimmt der Typ 64 des Jahres 1939 die Formensprache des neun Jahre später erschienenen 356 vorweg.

Das Verwandtschaftsverhältnis zum Volkswagen ist von hinten gut zu sehen. Aufnahme im Herbst 1939 auf dem Hof der Porsche-Villa am Stuttgarter Killesberg.

Der Porsche 356 entstand nicht aus dem Nichts. Er hatte quasi zwei Vorgänger, den Porsche Typ 64 auf Basis des KdF-Wagens und die im Nachhinein so genannte Porsche Nummer Eins, oder, um international zu sein, die Number One. Der erste Porsche im wahren Sinne des Wortes ist der Typ 64. Er ist die erste Sportversion des Volkswagens. Ferdinand Porsche konstruierte ihn als Langstrecken-Rennwagen. Denn er wusste, ein Motorsporterfolg wäre eine hervorragende Publicity für seinen Volkswagen gewesen. Speziell von vorne nimmt der Typ 64 des Jahres 1939 die Formensprache des neun Jahre später erschienenen 356 vorweg. Von hinten ist die Verwandtschaft zum Volkswagen zu ahnen, wenngleich das ovale Heckfenster beim VW erst 1953 Einzug hielt. Der Typ 64 wurde für den geplanten 1500-Kilometer-Marathon von Berlin nach Rom und retour konstruiert. Das Rennen sollte im September 1939 stattfinden, doch der Kriegsausbruch vereitelte die Durchführung. Konstruktiv basierte der Berlin-Rom-Wagen auf dem Volkswagen. Unklar ist, wer die Alu-Außenhaut schuf. Einige Quellen nennen das Stuttgarter Karosseriewerk Reutter, andere den Münchner Aufbauhersteller Rupflin, ein Spezialist für Aluminiumverarbeitung.

Stromlinienform, Aluminiumaufbau, voll verschalte Räder. Deutlich zu sehen ist, dass die Karosserie über Holzblöcken gedengelt wurde.

Drei Fahrzeuge des Typs 64 wurden gebaut, sie unterschieden sich in Details. Der erste Wagen war silbern lackiert und wurde im September 1939 fertig, Nummer Zwei, in dunkler Farbe lackiert, im Dezember, das dritte Exemplar, ebenfalls in Silber, folgte im Juni 1940. Der Erste ging an einen Staatsfunktionär, die beiden anderen verblieben während des Krieges im Besitz der Familie Porsche. Ein Wagen starb den Unfalltod, einer wurde nach Kriegsende von den Amerikanern konfisziert, seine Spur verliert sich. Wagen Nummer Drei wurde 1947 bei Pinin Farina in Italien gründlich revidiert, bevor ihn Ferry Porsche Anfang 1949 an den Innsbrucker Rennfahrer Otto Mathé verkaufte. Der Typ 64 trug fortan das Kennzeichen »T 2222«, Mathé setzte ihn mit viel Erfolg bei Rennen ein, fuhr ihn bis 1958, legte ihn dann still, behielt ihn aber. In den 1980er Jahren ließ er ihn komplett restaurieren, und nach Mathés Tod 1996 wurde das Fahrzeug für 800.000 Mark versteigert.

Otto Mathés Typ 64 beim Auto-Straßenrennen in Krems am 1. Juni 1952.

Frühe Nachkriegs-Rennporsche waren Volkswagen-Eigenbauten, und manche erhielten im Laufe der Zeit ein veritables Porsche-Herz. Petermax Müller, im vorderen Wagen unterwegs, gehörte zu den eifrigsten Befürwortern des Volkswagen auf der Piste.

Die Situation des Rennsports in den ersten Nachkriegsjahren war, gelinde gesagt, schwierig: Die noch vorhandenen Fahrzeuge hatten den Krieg eher weniger gut überlebt, Benzin und Motoröl gab es nur auf Bezugsschein, und kein Reifen war jünger als sieben Jahre. Autohersteller hatten, soweit sie überhaupt wieder tätig waren, andere Sorgen als sich im Rennsport zu engagieren.

Derselbe Wagen Walter Glöcklers, nun beim Grenzlandring-Rennen ein Jahr später, am 9. September 1951. Der »VW-Eigenbau«-Schriftzug wich einem Porsche-Signet, und der Käfer-Motor einem Porsche-Aggregat.

Die bereits vor dem Krieg erfolgreichen Fahrer drängte es dagegen wieder ins Cockpit und auf die Piste. In Deutschland wurden erste Rennen bereits 1946 veranstaltet. Fahrer wie Alexander von Falkenhausen, Hermann Holbein, Hermann Lang und andere starteten in der Zweiliter-Klasse auf ihren privaten Vorkriegs-BMW 328. Viele der Fahrzeuge hatten spezielle Rennkarosserien, teils noch aus der Vorkriegszeit, und frisierte Motoren. Werksfahrer gab es damals nicht. Die Piloten fuhren in eigener Sache und mit bescheidenem Budget, statt Preisgelder gab es Sachpreise wie etwa ein Hemd. Improvisation war angesagt. Hergerichtet wurden die Fahrzeuge in Hinterhofgaragen.

Zu den Protagonisten des Volkswagen- respektive Porscheprinzips in Rennwagen gehörte vor allem Walter Glöckler. Auf dem Wagen, zu sehen im Fahrerlager beim Grenzlandring-Rennen am 17. September 1950, steht »VW-Eigenbau«.

Das Heck von Glöcklers Eigenbau, äußerst strömungsgünstig gestaltet. Gut zu sehen ist die wellige Oberfläche der Aluminiumhaut, jeder Hammerschlag beim Dengeln der Oberfläche hinterließ seine Spuren.

In der Klasse der Sportwagen bis 1100 cm333