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DAS MEERWASSER-
AQUARIUM

Von der Planung bis zur erfolgreichen Pflege

Dieter Brockmann

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Titelbild:

Bild oben: Aquarium von B. Gößele, Ulm

links unten: Kombination von verschiedenen Filtertypen

rechts unten: Seriatopora hystrix in einem Aquarium des Autors

Hintergrund: Sarcophyton sp. Foto: W. Fiedler

Fotos und Grafiken ohne Quellenangabe vom Autor

Die in diesem Buch enthaltenen Angaben, Ergebnisse, Dosierungsanleitungen etc. wurden vom Autor nach bestem Wissen erstellt und sorgfältig überprüft. Da inhaltliche Fehler trotzdem nicht völlig auszuschließen sind, erfolgen diese Angaben ohne jegliche Verpflichtung des Verlages oder des Autors. Beide übernehmen keine Haftung für etwaige inhaltliche Unrichtigkeiten. Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Übersetzung sind vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (Druck, Fotokopie, Mikrofilm oder andere Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, gespeichert oder vervielfältigt werden.

6. Auflage 2013

ISBN: 978-3-86659-262-9

© 2008 Natur und Tier - Verlag GmbH

An der Kleimannbrücke 39/41

48157 Münster

Tel.: 0251-13339-0, Fax: 0251-13339-33

E-Mail: verlag@ms-verlag.de

Home: www.ms-verlag.de

Geschäftsführung: Matthias Schmidt

Layout: Nick Nadolny

Lektorat: Kriton Kunz

Inhalt

Vorwort

Lebensraum Korallenriff

Lebensraum Meerwasseraquarium

Das Aquarium

Größe

Oberflächenabsaugung

Standort

Gestaltung der Außenrückwand

Komplettsystem oder Bausteinprinzip

Aufstellen des Aquariums

Technische Grundausstattung des Meerwasser-Aquariums

Beleuchtung

Strömung

Filterung

Temperatur: Heizung und Kühlung

Zusatzaggregate

Ozongerät

UV-Lampe

Das Meerwasser

Dichte

Ansetzen des Meerwassers

Auffüllen von verdunstetem Wasser

Teilwasserwechsel

Die wichtigsten Wasserwerte, ihre Kontrolle und Aufrechterhaltung

pH-Wert

Pufferkapazität, Karbonathärte und Alkalinität

Kalziumgehalt

Nachdosieren von Spurenelementen

Einrichtung und Inbetriebnahme des Aquariums

Schritt 1: Auswahl und Aufstellen des Aquariums

Schritt 2: Installation der Technik

Schritt 3: Dekorieren des Aquariums

Schritt 4: Füllen mit Meerwasser

Schritt 5: „Animpfen“ des Aquariums und endgültige Dekoration mit „Lebenden Steinen“

Schritt 6: Einfahrphase

Die ersten Tiere für das Meerwasser-Aquarium

Kauf: Nachzuchten oder Wildfänge?

Eingewöhnung

Fütterung von Fischen und Wirbellosen

Die ersten Fische

Die ersten Wirbellosen

Literatur

Stichwortverzeichnis

Vorwort

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Die Meerwasseraquaristik ist eines der faszinierendsten Hobbys, mit denen man sich beschäftigen kann. Schon immer haben Korallenriffe den Betrachter in ihren Bann gezogen – sei es nun den Taucher vor Ort, den Fernsehzuschauer zu Hause oder den Leser eines Buches, das sich mit der Unterwasserwelt beschäftigt. Schönheit und Farbenpracht der Riffe und ihrer Bewohner, Artenvielfalt, Verhaltensweisen und die zahlreichen Beziehungen zwischen den Arten suchen ihresgleichen, und so ist es nicht verwunderlich, dass immer mehr Menschen den Wunsch verspüren, ein solches Riff zu Hause im Aquarium zu pflegen.

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Dieser Wunsch geht einher, mit einem vertieften Bedürfnis an Natur- und Artenschutz. Es wird ein Kreislauf in Gang gesetzt: Wir lernen die Schönheit und die faszinierenden Verhaltensweisen der Tiere des Korallenriffs durch die tägliche Beobachtung im Aquarium kennen und lieben, geben diese Erkenntnisse und Liebe an unsere Kinder weiter, die ihrerseits ihr Wissen nach dem Schneeballprinzip mit Freunden teilen. Es entsteht praktisch zwangsläufig der Wunsch, diese zerbrechliche Unterwasserwelt aktiv zu schützen. Schon heute nehmen unzählige Riffaquarianer an Schutzprogrammen für Korallenriffe teil, z. B. dem „Reef Watch Programm“, um nur eines zu nennen. Innerhalb dieses Programms betauchen Hobbyaquarianer während ihres Urlaubs Korallenriffe, um deren Schäden nach wissenschaftlichen Standards zu katalogisieren und über Jahre zu verfolgen. Die Durchführung eines solch wichtigen und aufwändigen Programms wäre ohne den Enthusiasmus von Aquarianern nicht möglich. Dies ist praktizierter Riffschutz - hervorgerufen und gefördert durch die Begeisterung für das Hobby Meerwasseraquarium!

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Das Korallenriffaquarium von B. Gößele, Ulm

Die Meerwasseraquaristik ist aber weitaus mehr als „nur“ ein Hobby. Viele wissenschaftliche Erkenntnisse über Korallenriffe und deren Bewohner wurden und werden von Hobbyaquarianern gesammelt, viele Pflegemethoden und -technologien von ihnen entwickelt. Gerade diese lebensunterstützenden Systeme (oder life supporting systems, wie sie in der Fachsprache heißen) werden heute von vielen professionellen Aquarianern eingesetzt; die wissenschaftliche Aquaristik und die großen öffentlichen Schauaquarien sind ohne die Entwicklungen und Beobachtungen von uns Hobbyaquarianern nicht möglich. Selbst große Korallentaxonomen wie J.E.N. VERON schwören mittlerweile auf die lebhafte und fruchtbare Interaktion zwischen Aquarianern und Wissenschaftlern (siehe hierzu auch VERON 2000). Man kann aber noch einen Schritt weitergehen. Die Vermehrung von Steinkorallen durch die Herstellung von Fragmenten wurde vor Jahren durch passionierte Aquarianer in Deutschland entwickelt. Heute werden vergleichbare Technologien zur Wiederherstellung von stark geschädigten Korallenriffen eingesetzt. Auch dieser Ansatz zum Riffschutz wäre ohne uns Aquarianer – wenn überhaupt – erst sehr viel später entwickelt worden.

Trotz alle dem hat die Meerwasseraquaristik lange Zeit ein Randdasein im großen Bereich der Vivaristik gespielt. Es gab ihr gegenüber zahlreiche Vorurteile, wie „sie ist zu teuer“, „sie ist zu kompliziert“ oder „der Pflegeaufwand ist deutlich höher als in der Süßwasseraquaristik“. Nun, unbestritten ist, dass die technische Grundausstattung teurer und die Betriebskosten für ein Meerwasseraquarium höher sind als die eines vergleichbar großen Süßwasseraquariums. Die Zeiten aber, in denen die Meerwasseraquaristik als Statussymbol für einige wenige Betuchte galt, sind lange vorbei. Tiere und Technik sind erschwinglich geworden, Nachzuchten, insbesondere auf dem Gebiet der Korallen, sind heute gang und gäbe und dadurch auch im Aquaristikfachhandel vergleichbar preisgünstig – sieht man einmal von den wirklichen Exoten ab, die es aber auch in anderen Bereichen der Vivaristik gibt. Ein Anschluss an entsprechende Vereine, den man jedem Einsteiger in die Meerwasseraquaristik nur empfehlen kann, tut ein Übriges dazu, um die Kosten so niedrig wie möglich zu halten, denn hier erhält man viele Tipps zum Sparen im Hobby sowie preiswerte Nachzuchten.

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Der Philippinen-Doktorfisch, Acanthurus japonicus in einem Steinkorallen-Aquarium

Die Meerwasseraquaristik ist heute bei weitem nicht mehr so kompliziert wie in den Anfängen. Die Jahre des Experimentierens sind vorbei, die Hauptprobleme bei der Pflege der meisten Fische und Wirbellose gelöst. Die technischen Geräte wurden enorm verbessert und den Ansprüchen einer „Routine-Meerwasseraquaristik“ angepasst. Unser Wissen über die Chemie des Meerwassers und die Lebensansprüche unserer Pfleglinge ist mittlerweile so groß, dass es bei vielen Arten keine Haltungsschwierigkeiten mehr gibt, ja sogar viele Fische und Wirbellose bereits in Aquarien vermehrt werden.

Und auch das Argument des größeren Zeitaufwandes ist hinfällig. Mein rund 1.000 Liter fassendes Spezialaquarium für Steinkorallen kostet mich in der Woche durchschnittlich nicht mehr als zwei Stunden Zeit, inklusive der täglichen Fütterung der Fische. Dies ist durchaus mit dem Aufwand zu vergleichen, den man für ein Holländisches Pflanzenaquarium aufbringt, wobei man an dieser Stelle anmerken muss, dass ja die Beschäftigung mit dem Aquarium der Grund für seine Anschaffung ist.

Bis vor einiger Zeit war es durchaus noch üblich, dass Aquarianer erst Erfahrungen mit Süßwasserbecken sammelten, bevor sie sich der Meerwasseraquaristik widmeten. Heute steigen mehr und mehr Anfänger direkt in die Meerwasseraquaristik ein, ohne – immer unter der Voraussetzung der richtigen Auswahl von Fischen und Wirbellosen – mit allzu großen Schwierigkeiten rechnen zu müssen. Dennoch ist eine gewisse Fehleranfälligkeit eines solchen komplexen Systems, wie es ein Meerwasser-Aquarium nun einmal darstellt, natürlich nach wie vor gegeben. Anfänger machen zwangsläufig Fehler und müssen und sollen ihre eigenen Erfahrungen sammeln. Jedoch kann man diese Anfängerfehler auf ein Minimum reduzieren – genau aus diesem Grund habe ich das vorliegende Buch geschrieben. Es soll dem Einsteiger in die Meerwasseraquaristik dabei helfen, Fehler und Verluste an Tieren zu vermeiden, damit er nicht aufgrund schlechter Erfahrungen die Lust am Hobby Meerwasseraquaristik dauerhaft verliert.

Der Aufbau des Buches ist einfach, aber zielgerichtet. Die aufeinander aufbauenden Kapitel führen den Anfänger in einzelnen Schritten vom Kauf des Aquariums bis hin zum ersten Besatz mit Fischen und Korallen. Alle wichtigen Einzelschritte sind zudem in blauen Kästen zusammengefasst, die "Das Wichtigste auf einen Blick" zum Titel haben. Hier findet man auch Hilfestellungen für die Fälle, wenn das Aquarium dann doch einmal nicht so läuft, wie es eigentlich funktionieren sollte. Den Text habe ich so einfach und allgemeinverständlich gehalten, wie dies eben möglich ist. Dennoch wird man hier und da auf einige chemische Formeln stoßen und manche technische Details erfahren, die vielleicht über das Grundverständnis hinausgehen. Sie sind vor allem für diejenigen Leser gedacht, die sich über die Grundlagen hinaus tiefer in die Materie einarbeiten möchten. Solche Passagen finden Sie in orangenen Textkästen, die mit „Im Detail“ überschrieben sind. Schließlich gibt es noch gelbe Textkästen, in denen einige wichtige Tipps und Tricks aufgeführt sind.

Ein Buch wie dieses ist ohne die Unterstützung vieler Freunde nicht möglich. Bedanken möchte ich mich an erster Stelle bei meinem Verleger Matthias Schmidt, Natur und Tier – Verlag, Münster, der mich vorsichtig gedrängt hat, dieses Buch zu schreiben. Daniel Knop danke ich für die vielen Diskussionen rund um das Hobby, dem Team vom Natur und Tier - Verlag, insbesondere Kriton Kunz und Nick Nadolny für die Unterstützung und das hervorragende Layout. Meinen Freunden aus der Gesellschaft für Meeresaquaristik Ulm e.V. danke ich für die zahlreichen aufschlussreichen, z. T. auch kontroversen, jedoch immer freundschaftlichen Gespräche während der Vereinsabende und in privater Runde. Nur durch das starke Engagement solcher Aquarianer ist der enorme Fortschritt, den das Hobby auch heute noch macht, überhaupt erst möglich. Last, but not least, möchte ich meiner Frau Jutta und meiner Tochter Sarah J. herzlich danken, die nicht nur wieder einmal akzeptierten, dass ich trotz gegenteiliger Ankündigungen erneut ein Buch geschrieben habe, sondern die mich dabei auch tatkräftig auf allen Ebenen unterstützten.

Dieter Brockmann,
Ulm, im November 2009

Lebensraum Korallenriff

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Korallenriffe zählen neben den tropischen Regenwäldern zu den produktivsten, komplexesten und artenreichsten Ökosystemen unserer Erde. Bisher sind mehr als 100.000 Tier- und Pflanzenarten aus den Korallenriffen beschrieben worden. Expertenschätzungen gehen jedoch davon aus, dass die wirkliche Artenzahl deutlich größer ist: 500.000 bis 2.000.000 Arten, vielleicht sogar noch mehr (SPALDING et al. 2001). Die Korallenriffe des Flachwassers bedecken rund 284.300 km2. Das Größte hiervon ist das Große Barriereriff vor der Nordostküste Australiens. Es erstreckt sich über eine Länge von ca. 2.000 km von der Torres Strait im Norden bis zur Capricorn-Bunker-Riff-Gruppe im Süden. Dieses größte von Organismen jemals produzierte Bauwerk ist sogar vom Mond aus zu sehen (NILSEN 2006/2007). Nahezu 3.000 Einzelriffe unterschiedlichster Größe bilden diesen gigantischen pazifischen Riffkomplex.

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Das Große Barriereriff vor der Nordostküste Australiens ist auf unserer Erde das größte jemals von Organismen produzierte Bauwerk. Der gesamte Komplex umfasst nahezu 3.000 Einzelriffe, hier das Hastings Reef im nördlichen Teil des Barriereriffs.

Die Anzahl der verschiedenen Lebensräume im Gesamtsystem Korallenriff ist immens. Da haben wir lichtdurchflutete Riffdächer, Riffhänge, Steilriffe, Atolle, Korallenriffe entlang von Küsten, küstenferne Riffe, Lagunen, Seegrasbiotope, Sandböden, Grotten, Höhlen usw. Alle diese Biotope werden in Abhängigkeit von insbesondere der Strömung, der Verfügbarkeit von Licht und Nahrung von den unterschiedlichsten Tieren und Algen besiedelt. Es herrscht das Gesetz des Stärkeren: Siedlungssubstrat ist knapp im Lebensraum Korallenriff und wird vor allem von den sessilen Wirbellosen mit den verschiedensten Waffen vehement erobert und verteidigt.

Korallenriffe sind von einer ganzen Reihe chemischer, physikalischer und biologischer Faktoren abhängig, die durch ihre geografische Lage ausgeprägt sind.

Insbesondere die niedrigen anorganischen Nährstoffkonzentrationen und damit die begrenzenden Nahrungsressourcen machten für Korallen das Entwickeln einer neuen Überlebensstrategie unabdingbar: das Zusammenleben mit symbiotischen Algen, das eine der effektivsten und fantastischsten Symbiosen darstellt, die wir heute kennen.

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Siedlungssubstrat ist Mangelware im Biotop Korallenriff und die Korallen kämpfen mit allen ihnen zur Verfügung stehenden Waffen darum. Hier fährt die Kristallkoralle Galaxea fascicularis ihre Kampftentakel aus, um mit deren Nesselgift mögliche Raumkonkurrenten zu verdrängen und abzutöten.

Bei den Zooxanthellen, wie die symbiotischen Algen auch genannt werden, handelt es sich um winzige einzellige Algen, die in großer Zahl im Gewebe vieler Korallen leben. Bis zu 14 Millionen Algenzellen finden sich pro Quadratzentimeter Korallenoberfläche (SOROKIN 1995). Hier fungieren sie als winzige Kraftwerke, die mit Hilfe des Sonnenlichtes organische Verbindungen zur Ernährung der Korallen produzieren.

Solche Korallen, die mit Zooxanthellen in einer Gemeinschaft leben, bezeichnet man als zooxanthellate Korallen. Zwar benötigen sie Licht, darüber hinaus sind sie aber von anderen Energiequellen, die z. B. durch den Fang von Plankton erschlossen werden, weitgehend unabhängig. Nun wird klar, warum Korallenriffe überwiegend in den lichtdurchfluteten oberen Regionen der tropischen Meere zu finden sind. Ihre Baumeister, die zooxanthellaten Korallen, benötigen für ihr Überleben das Licht. Ist es nicht vorhanden, verhungern sie. Darüber hinaus haben zooxanthellate Korallen – praktisch als Sahnehäubchen – weitere Nahrungsquellen erschlossen, wie das Plankton, Bakterien und im Wasser gelöste organische Verbindungen. Alle diese Nahrungsquellen zusammen garantieren den zooxanthellaten Korallen optimale Wachstums- und Vermehrungsbedingungen und ermöglichen damit die Entstehung der üppigen tropischen Korallenriffe.

Die Nutzung der Symbiose als Energiequelle in einem nährstoffarmen Milieu, wie es die Korallenriffe sind, ist aber nur eine Seite der Medaille. Wichtig ist in diesem Zusammenhang auch die Kalkproduktion, die ebenfalls mehr oder weniger von den Zooxanthellen gesteuert wird. Steinkorallen sind zusammen mit den Kalkalgen die wichtigsten Baumeister der Korallenriffe. Sie besitzen ein Skelett aus Kalk; Leder- und Weichkorallen haben Skelettelemente aus demselben Material. Der Aufbau des Skelettes muss nun aber sehr schnell vor sich gehen, denn nur dann haben die Korallen eine Überlebenschance, können Attacken von Fressfeinden überleben und sich beim Kampf um Siedlungsraum behaupten.

So vorteilhaft diese hohe Kalkproduktion für das Überleben der zooxanthellaten Steinkorallen ist, so sehr schränkt sie aber auch die geografische Verbreitung der Riffe ein. Blühende Koral lenriffe findet man nur in den tropischen Breiten innerhalb der sogenannten 20°-Isothermen, wo die durchschnittliche Mindesttemperatur des Oberflächenwassers niemals unter 18 °C sinkt. Denn unterhalb von 18 °C ist die Kalksynthese der zooxanthellaten Korallen deutlich vermindert oder hört gar ganz auf (LOYA & KLEIN 1997). Ein Jahresdurchschnitt von 25–26 °C ist optimal für das Riffwachstum.

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Viele Riffkorallen, hier Hydnophora sp., kultivieren symbiotische Algen in ihrem Gewebe. Mit Hilfe des Lichtes produzieren die Algen Nährstoffe, die sie an ihren Wirt – den Korallenpolypen – weiterleiten. Auf diese Weise decken die Korallen einen Großteil ihres täglichen Energiebedarfs. Viele der Korallen, die symbiotische Algen in ihrem Gewebe beherbergen, sind aufgrund dieser Symbiose bei optimalen Wasserwerten und guter Beleuchtung einfach zu pflegen.

Ganz anders verhält es sich dagegen mit den azooxanthellaten Korallen, also denjenigen Arten, die nicht in einer Gemeinschaft mit Zooxanthellen leben. Aufgrund des Fehlens der Zooxanthellen wachsen sie sehr viel langsamer als ihre zooxanthellaten Verwandten. Außerdem sind sie für ihr Überleben auf den Fang von Planktonorganismen angewiesen. Damit sind sie zwar einerseits unabhängig von einer Lichtquelle, aber andererseits auf Gedeih und Verderb auf eine gute Strömung angewiesen, die ausreichend Nahrungsorganismen heranträgt. Folgerichtig findet man die azooxanthellaten Korallen primär in strömungsstarken Gebieten. Außerdem haben sie sich Biotope des Halbschattens und der Dunkelheit erobert: Sie leben gerne unter Überhängen und in Höhlen, überall dort, wo die schneller wachsenden zooxanthellaten Korallen aufgrund des fehlenden Lichtes nicht gedeihen und damit zu Raumkonkurrenten werden können.

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Korallen, die keine symbiotischen Algen beherbergen – wie diese seltene Chironephthya-Weichkoralle –, sind in ihrer Ernährung vollständig vom Planktonfang abhängig. Ihre Pflege ist im Aquarium daher extrem schwierig.

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Die Menge an Kalk, die jährlich weltweit von den Organismen der Korallenriffe aufgebaut wird, ist riesig; sie wird auf rund 900 Millionen Tonnen geschätzt. Ein Quadratmeter eines solchen Riffdaches im Roten Meer produziert alleine etwa 4 kg Kalk pro Jahr.

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Anglerfische sind kuriose Räuber. Mit einer „Angel“ – einem Hautfortsatz, der sich an der Stirn der Fische befindet – locken sie ihre Beute herbei und verschlingen sie vollständig. Foto: D. Knop

Die Enge in den Korallenriffen, die begrenzte Menge an Siedlungsraum und die ungeheure Artenvielfalt haben dazu geführt, dass sich die unglaublichsten Beziehungen und Abhängigkeitsverhältnisse zwischen verschiedenen Arten entwickeln konnten.

Es gibt Fisch/Fisch-Beziehungen – denken wir nur an die Putzsymbiose – genauso wie Fisch/Anemonen-Beziehungen, die Wohngemeinschaften aus Knallkrebsen und Grundeln und nicht zuletzt die Korallen/Algen-Beziehung, die das Entstehen der Korallenriffe, wie wir sie heute kennen, überhaupt erst ermöglicht hat. Und nahezu täglich werden auch heute noch weitere interessante Beziehungen sowie Arten entdeckt und beschrieben. Formen- und Farbenvielfalt der Korallenriffe finden ihresgleichen vielleicht nur noch im Insektenreich, und die Tricks, die Räuber entwickelt haben, um an ihre Beute zu kommen, sind schier unglaublich. Da wachsen beispielsweise Anglerfischen Wurmimitationen auf der Stirn direkt vor dem Maul, mit deren schlängelnden Bewegungen sie kleine hungrige Fische anlocken, die dann leichte Beute werden.

Auch Tarnen und Täuschen werden groß geschrieben. Ob es nun Konturen auflösende Farben und Formen, das Nachahmen giftiger oder wehrhafterer Fische oder auch nur die Imitation eines Blattes in einer Seegraswiese oder in Tangwäldern ist – all dies findet man in den Korallenriffen, und vieles davon kann und möchten Menschen im Lebensraum Meerwasseraquarium pflegen, nachempfinden und beobachten.

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Tarnung ist alles im Korallenriff: Der Krokodilsfisch Cociella sp. lauert in einem Korallenriff des Roten Meeres auf seine Beute.

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Die wahrscheinlich bekannteste soziale Beziehung im Korallenriff: die enge Symbiosen zwischen Anemonenfisch (hier: Amphiprion nigripes mit Gelege) und Anemone (hier: Heteractis magnifica)

Lebensraum Meerwasser-Aquarium

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Artgerechte Pflege – Erfolg im Hobby

Ein Meerwasseraquarium sollte dem Lebensraum Korallenriff weitestgehend nachempfunden sein. Ziel ist die artgerechte Pflege der Fische und Wirbellosen – soweit dies in einem Aquarium möglich ist. Hierfür sind niedrige Nährstoff-Konzentrationen ebenso wichtig wie z. B. artspezifisch „richtige“ Beleuchtung, Strömung, Fütterung und Zusammenstellung des Tierbesatzes. Nur wenn alle diese Grundlagen erfüllt sind, wird man dauerhaft erfolgreich in der Meerwasseraquaristik sein.

Bevor man sich an die Einrichtung eines Meerwasseraquariums begibt, sollte man sich über die Art des Beckens, das man betreiben möchte, im Klaren sein. Prinzipiell kann man drei Typen von Meerwasseraquarien unterscheiden: 1. reine Fischaquarien ohne Wirbellose, wie es in den Anfängen der Meerwasseraquaristik üblich war, 2. ein Aquarium, in dem das Hauptaugenmerk auf die Wirbellosen gerichtet ist und die Fische eine untergeordnete Rolle spielen, sowie 3. ein gemischtes Aquarium für Fische und Wirbellose. Letztere sind heute bei weitem in der Überzahl, sie werden vielfach auch als Riffaquarium bezeichnet. Alle diese Aquarientypen haben ihren Reiz, aber auch unterschiedliche Anforderungen an die Aquariengröße, die technische Ausstattung und den Pfleger. Ja, selbst innerhalb eines Meerwasseraquarientyps können die Anforderungen variieren, was z. B. die Platzansprüche, die Wasserqualität oder auch so einfache Dinge wie die Höhe des Bodengrundes betrifft. Doktorfische z. B. sind lebhafte Tiere, die zudem noch recht groß werden. Sie benötigen entsprechend geräumige, stark durchströmte Aquarien, um ihren Bewegungsdrang ausleben zu können. Ein 100-Liter-Aquarium ist hierfür definitiv zu klein. Allerdings reicht diese Aquariengröße wiederum aus, um ein Pärchen z. B. des KönigsFeenbarsches (Gramma loreto) zu pflegen. Taucht man in der Karibik – dem Heimatgewässer des Königs-Feenbarsches –, wird man schnell feststellen, dass dieser wunderschöne Fisch in z. T. großen Verbänden an Felswänden zusammenlebt, wo er ein Revier von nicht selten nur 30 x 30 cm verteidigt. Diese Revieransprüche im Aquarium zu erfüllen, ist recht einfach.

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Vorbild für ein Meerwasseraquarium sollte der Lebensraum Korallenriff mit all der Vielfalt seiner Bewohner sein.

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Der Königs-Feenbarsch (Gramma loreto) kann durchaus in kleineren Aquarien von 100–150 l gepflegt werden. Auch in seiner Heimat, der Karibik, verteidigt er nicht selten ein Revier von nur 30 x 30 cm Grundfläche.

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Eine alternative Dekorationsmöglichkeit für reine Fischaquarien sind künstliche Korallen, die man gemäß seinem Geschmack als „Riff“ aufbauen kann. Die Kunstkorallen werden allerdings schnell von Algen bewachsen, so dass man sie häufig reinigen muss.

Ein weiterer wichtiger Punkt bei der Pflege von Fischen ist deren Aggression. Manche Meerwasserfische sind dermaßen streitlustig, dass sie schon ähnlich aussehende Arten permanent bekämpfen. Wie dies auf die Dauer für den Unterlegenden ausgeht, kann man sich sehr gut vorstellen. Auch gibt es Fischarten, bei denen sich die gleichgeschlechtlichen Tiere in kleinen Aquarien umbringen, mögen sie noch so gut strukturiert dekoriert sein, wie z. B. bei dem Mandarinfisch Synchiropus picturatus. Viele Fischarten kann man als Pärchen oder kleine Gruppe zusammen halten. Wann immer dies möglich ist, sollte man es auch tun, denn nur dann wird man interessante Beobachtungen an den Fischen machen und sie sogar beim Ablaichen erleben können. Auf diese artspezifischen Aggressionen sowie das Platzbedürfnis werde ich im Abschnitt über die Fische nochmals zu sprechen kommen und hierzu Empfehlungen in Hinsicht auf die aquaristischen Konsequenzen geben (siehe Seite 120).

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In vielen Steinkorallenaquarien werden nur wenige Fische gepflegt. In diesen Becken richtet sich das Hauptaugenmerk des Pflegers fast ausschließlich auf die Riffbildner.

Konzentriert man sich dagegen ausschließlich auf die Pflege von Wirbellosen (Meerwasseraquarium Typ 2), so spielt die Aquariengröße eher eine untergeordnete Bedeutung. Ihr sind dann sowohl nach unten als auch nach oben kaum Grenzen gesetzt, wenn auch der Einsteiger in das Hobby, wie wir auf Seite 20 noch sehen werden, aus praktischen Erwägungen und Kostengründen auf Aquarien mit einem Volumen von 300–500 l zurückgreifen sollte. In reinen Wirbellosen-Aquarien haben die Wasserqualität, die Strömung und die Qualität und Quantität des Lichtes oberste Priorität. Bei der Zusammenstellung des Tierbesatzes wird man zudem darauf achten, dass die Pfleglinge in etwa alle die gleichen Ansprüche stellen, was die Einrichtung und den Betrieb des Aquariums sehr vereinfacht. Die Tierstöcke platziert man so, dass sie sich nicht berühren. Damit trägt man dem großen Wachstumspotenzial und der Aggressivität der Korallen Rechnung. Korallen kämpfen mit physikalischen und chemischen Waffen um jeden Zentimeter des Siedlungssubstrats (BROCKMANN 2000). Schnell wachsende Arten überschatten langsam wachsende Arten, bei Berührung zerstören die stark nesselnden Arten das Gewebe der schwächer nesselnden. Diese Art der „Kriegsführung“ geht so weit, dass einige Korallen (z. B. die Kristallkoralle Galaxea fascicularis) regelrechte Kampftentakel entwickelt haben, die über 10 cm lang werden können. Damit halten sie Konkurrenten um Siedlungssubstrat effektiv auf Distanz. Diese Beispiele machen die Notwendigkeit deutlich, Korallen im Aquarium mit ausreichendem Sicherheitsabstand zueinander zu platzieren. Bei der Beschreibung einiger für Anfänger geeigneter Korallen werde ich diesen Punkt gezielt ansprechen (siehe Seite 148).

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Doktorfische, hier der Weißkehldoktorfisch (Acanthurus leucosternon), sind lebhafte Tiere. Sie benötigen daher relativ große Aquarien.

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Aquarien mit einem ausgewogenen Wirbellosen- und Fischbesatz bilden einen fantastischen Anblick. Es benötigt aber viel Erfahrung, um solche Tiergemeinschaften - wie hier im Aquarium von R. Grissmar, Ulm - über Jahre hinaus erfolgreich pflegen zu können.

Typ 3 ist das Aquarium für Korallen und Fische, als Riffaquarium bezeichnet. Er ist meines Erachtens der schönste Aquarientyp von allen, aber auch der anspruchsvollste, denn hier hat man es mit den kombinierten Schwierigkeiten aus den beiden anderen Beckentypen zu tun. Aber gerade aus diesem Grund ist das Riffaquarium für viele Aquarianer wahrscheinlich auch das reizvollste Becken, denn die Möglichkeiten der Zusammenstellung eines harmonierenden Fisch- und Korallenbesatzes sind enorm groß, und die Beobachtungen, die man machen kann, übertreffen oft alle Erwartungen. In diesem Beckentyp gilt es den Bedürfnissen sowohl der Fische als auch der Korallen gerecht zu werden, man braucht also die richtige Größe mit ausreichendem Schwimmraum für die Fische, hervorragende Wasserqualität, perfekte Strömung, gute Lichtqualität und -quantität für die Wirbellosen. Hinzu kommt, dass man auf die Verträglichkeit von Korallen und Fischen achten muss. Nicht jede Seeanemone passt zu jedem Fisch, und umgekehrt kann man auch nicht alle Fischarten mit Korallen vergesellschaften. Ein Grund hierfür sind die Nahrungsgewohnheiten der Fische. Einige Arten (u. a. Arten aus der Familie der Schmetterlingsfische, Chaetodontidae) haben sich auf Korallenpolypen als Nahrungsgrundlage spezialisiert. Würden sie mit Korallen in Riffaquarien vergesellschaftet, würde das unweigerlich das Ende der hübschen Korallen bedeuten. Andere Fischarten fressen Muscheln, und bei wiederum anderen ist das Fressverhalten der Fische innerhalb einer Art individuell verschieden. Bestes Beispiel hierfür ist der Pinzettfisch Chelmon rostratus, der in den Riffaquarien häufig zur Bekämpfung der Glasrosenplage eingesetzt wird. Einige Pinzettfische vergreifen sich niemals an Muscheln, andere dagegen schon von Anfang an, wenn sie in ein Aquarium gesetzt werden, und wiederum andere beachten Muscheln anfangs überhaupt nicht; Jahre später dann können solche Individuen ihre Nahrungsgewohnheiten aber urplötzlich von heute auf morgen umstellen und an Muscheln fressen.

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Der Pinzettfisch Chelmon rostratus wird, obwohl er sehr empfindlich ist, gerne in Riffaquarien gepflegt. Leider besteht immer die Gefahr, dass sich viele Individuen über kurz oder lang an Muscheln und großpolypigen Steinkorallen vergreifen.

Diese wenigen Beispiele verdeutlichen, wie wichtig es ist, zumindest ein grobes Konzept dafür zu haben, welche Tiere man pflegen möchte, um das Aquarium entsprechend einrichten zu können und unnötige Tierverluste zu vermeiden. Andererseits ist klar, dass ein Meerwasseraquarium ein dynamisches System darstellt, das einem stetigen Wandel unterliegt. Im Lauf der Zeit wird es sich verändern, vielleicht sogar in eine Richtung, die der Pfleger bei der Planung nicht vorgesehen hatte. So könnte aus einem Weichkorallen-Aquarium ein Steinkorallen-Aquarium werden, oder es entsteht ein zunehmendes Interesse des Pflegers daran, sich mit der einen oder anderen Fischart zu beschäftigen. Vielleicht entdeckt der Aquarianer ja auch seine Vorliebe für die Seeanemonen und Anemonenfische und möchte einmal die faszinierende Symbiose dieser beiden Tiergruppen beobachten. All dies ist bei entsprechender Planung und Grundausstattung eines Meerwasseraquariums möglich.

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Leider sind viele der herrlichen Schmetterlingsfische, hier Chaetodon reticulatus in einem Korallenriff von Papua-Neuguinea, nicht für eine Pflege im Aquarium geeignet. Sie sind vielfach Nahrungsspezialisten, die sich u. a. auf Korallenpolypen spezialisiert haben. Die Annahme von Ersatzfutter wird meistens verweigert.

Die Charakteristika der verschiedenen Aquarientypen: das Wichtigste auf einen Blick

Typ 1:

Fischaquarien Charakteristika

Besatz ausschließlich Fische

• niedrige anorganische Nährstoffkonzentrationen (siehe Seite 46 ff.)

• gute Lichtqualität (siehe Seite 27 ff.)

• sehr gute Strömungsbedingungen (siehe Seite 39 ff.)

• Bei Auswahl der Beckengröße sind die Länge der ausgewachsenen Fische und das Schwimmverhalten zu beachten.

 

Typ 2:

Wirbellosen-Aquarium Charakteristika:

Besatz primär Wirbellose

• extrem niedrige anorganische Nährstoffkonzentrationen (siehe Seite 46 ff.)

• sehr gute Lichtqualität und -quantität (siehe Seite 27 ff.)

• sehr gute Strömungsbedingungen (siehe Seite 39 ff.)

• Die Größe des Aquariums ist von untergeordneter Bedeutung.

 

Typ 3:

Riffaquarien Charakteristika

Besatz Fische und Wirbellose

Die Charakteristika setzen sich aus den Eigenschaften der Typen 1 und 2 zusammen. Es gilt zu beachten:

• extrem niedrige anorganische Nährstoffkonzentrationen (siehe Seite 46 ff.)

• sehr gute Lichtqualität und -quantität siehe Seite 27 ff.)

• sehr gute Strömungsbedingungen (siehe Seite 39 ff.)

• Bei Auswahl der Beckengröße sind die Länge der ausgewachsenen Fische und ihr Schwimmverhalten zu beachten

Das Aquarium

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Das Standardaquarium in der Meerwasseraquaristik ist das Ganzglasaquarium, bei dem die Boden- und Seitenscheiben mit einem aquariengeeigneten Silikonkleber miteinander verbunden sind. Solche Aquarien sind sehr strapazierfähig und können weit über 15 Jahre halten. Heute wird in der Regel schwarzer Silikonkleber verwendet, um ein Einwachsen von Algen in die Klebenaht zu vermindern.

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Ganzglasaquarien sind heute Standard in der Meerwasseraquaristik. Links (A) ist die Stoßverklebung schematisch dargestellt, rechts (B) die Wulstverklebung. Beide Verklebungstypen sind gleichermaßen zu empfehlen.

Größe

Die Größe des Aquariums ist von zwei Faktoren abhängig: 1. dem zur Verfügung stehenden Platz und 2. den eigenen finanziellen Möglichkeiten. Sowohl sehr kleine Aquarien mit wenigen Litern Inhalt (die so genannten Nanobecken; KNOP 2003) als auch Großaquarien mit mehreren Tausend Litern Inhalt haben ihren Reiz. Jedoch gilt es, bei großen Becken die hohen Anschaffungs- und Betriebskosten zu bedenken. Gerade die Stromkosten können mit zunehmender Aquariengröße rapide ansteigen, wenn man nur an die Beleuchtung denkt, die den Hauptanteil der Betriebskosten ausmacht. Hierfür ein Beispiel: Aquarien mit den Maßen 200 x 80 x 60 cm (L x B x H) werden heute zumeist mit mindestens 2 x 250-Watt-HQI-Beleuchtung ausgestattet. Bei einer täglichen Betriebszeit von 9 Stunden und einem Strompreis von durchschnittlich 0,155 Euro pro Kilowattstunde macht dies bei einem Verbrauch von 500 Watt pro Stunde für die HQI-Beleuchtung 0,70 Euro pro Tag bzw. 21 Euro pro Monat. Hinzu kommen dann noch die Verbrauchskosten für die anderen elektrischen Geräte.

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Nano-Riffaquarium von Daniel Knop Foto: D. Knop

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Großriffaquarium von Wilhelm Zimmermann, Munderkingen

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Die Größe des Aquariums ist nur von dem zur Verfügung stehenden Stellplatz und dem eigenen Geldbeutel abhängig. Kleinere Becken (z. B. Nano-Aquarien) sind für den Einsteiger in die Meerwasseraquaristik schwieriger zu pflegen als größere. Bei sehr großen Aquarien sind die Folgekosten (insbesondere die Stromkosten) zu beachten. Empfehlenswerte Größen für den Einstieg liegen zwischen 300 und 500 l.

Nicht zu klein, und nicht zu groß

Für den Einsteiger in die Riffaquaristik sind Aquarien von 300 l (z. B. 120 x 50 x 50 cm) bis 500 l (z. B. 140 x 60 x 60 cm) Inhalt empfehlenswert, wobei ich eher zur oberen als zur unteren Grenze neige. Kleinere Aquarien und die eben genannten Nanobecken sind gerade für den Anfänger des Hobbys nur schwer biologisch und chemisch zu kontrollieren, größere Aquarien – obgleich biologisch und chemisch stabiler, wodurch sie kleinere Fehler besser tolerieren – haben aber zwangsläufig höhere Betriebskosten.

Während die Länge des Aquariums prinzipiell (aber nicht ausschließlich) von dem zur Verfügung stehenden Stellplatz abhängig ist, kommt der Tiefe eine besondere Bedeutung zu. Tiefere Aquarien sind schmaleren auf jeden Fall vorzuziehen. Aquarien mit einer Tiefe von 80 cm – dies ist eine Tiefe, in der man Pflegetätigkeiten gerade noch ohne größere Hilfsmittel durchführen kann – sind sehr viel einfacher und interessanter zu dekorieren als schmalere Aquarien. Korallen wachsen unter optimalen Pflegebedingungen sehr zügig. Daher sehen gerade schmale Becken, in denen die Korallen bis zur Frontscheibe herangewachsen sind, schon bald gedrungen und überfüllt aus. Schließlich kommt auch den Fischen ein tieferes Aquarium zugute. Steht man also vor der Wahl, ein längeres oder ein tieferes Aquarium aufzustellen, sollte man lieber auf einige Zentimeter in der Länge verzichten und dafür die Tiefe vergrößern.

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In schmalen Aquarien wachsen Korallen schnell an die Sichtscheibe heran und nutzen sie als Siedlungssubstrat. Daher sind breite Aquarien (z. B. 80 cm) vorzuziehen. Das Bild zeigt, wie eine Acropora-Steinkoralle ihre Fußscheibe auf der Sichtscheibe ausbreitet.

Oberflächenabsaugung

Je nach Filtersystem kann das Aquarium Bohrungen aufweisen (siehe Seite 22), über die das Aquarienwasser durch eine entsprechende Verrohrung in den Filter gelangt. Entscheidend ist dabei, dass das Oberflächenwasser das Filtersystem passiert, denn an der Wasseroberfläche bildet sich häufig die so genannte Kahmhaut, die aus allerlei Algen, Bakterien und anderen Partikeln besteht. Diese Kahmhaut, die organisch stark belastet ist, vermindert nicht nur den optischen Gesamteindruck des Aquariums sondern verändert auch die Qualität und Quantität des Lichtes, das von der Beleuchtung in das Aquarium gelangt (siehe Seite 27 ff.). Außerdem behindert sie den passiven Gasaustausch an der Wasseroberfläche. Um ihre Bildung zu verhindern, wird die Oberflächenabsaugung eingesetzt. Hierzu wird ein Schacht in eine der hinteren Ecken des Aquariums bis knapp unter die spätere Wasseroberfläche geklebt. Das Oberflächenwasser läuft über die Ränder des Schachtes und gelangt durch eine Bohrung, die sich unten im Schacht befindet, in die Filteranlage. Um zu verhindern, dass Wirbellose oder Fische in den Schacht gelangen, wird der obere Rand durch einen Kamm abgeschlossen, durch dessen Zähne das Wasser fließt. Aus der Filteranlage wird das Wasser durch eine entsprechende Pumpe zurück in das Aquarium gepumpt.

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Schema der Oberflächenabsaugung: Stark verschmutztes Oberflächenwasser gelangt durch die Oberflächenabsaugung und eine Bohrung in der Seitenscheibe über eine entsprechende Verrohrung in ein Filteraquarium, in dem sich z. B. der Abschäumer befindet (in der Zeichnung nicht dargestellt). Mit Hilfe einer entsprechenden Pumpe wird das Wasser zurück in das Schauaquarium gefördert. Schauaquarium und Filteraquarium sind so aufeinander abgestimmt, dass bei einer Fehlfunktion weder das Filteraquarium noch das Schauaquarium überlaufen können. Die Fließrichtung des Wassers ist durch Pfeile gekennzeichnet.

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