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Magdalena und Herbert Wurth

Pilze

selbst anbauen

Internet: www.loewenzahn.at

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Abhängig vom eingesetzten Lesegerät kann es zu unterschiedlichen Darstellungen des vom Verlag freigegebenen Textes kommen.

ISBN 978-3-7066-2583-8

Zeichnungen: Anna Folie

Magdalena und Herbert Wurth

Pilze

selbst anbauen

Das Praxisbuch für Biogarten, Balkon, Küche, Keller

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Inhalt

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Vorworte

Einführung: die Welt der Pilze

Standort Garten

Pilze auf Baumstämmen

Die Beimpfung mit Pilzbrut

Die Entwicklungsschritte im Pilzgarten

Pilzkulturen als gärtnerische Gestaltungselemente

Pilze auf Stroh

Die Beimpfung mit Kulturträuschlingbrut

Seitlinge auf Strohsubstrat

Pilzporträts

Standort Haus und Keller

Pilze auf Strohpelletssubstrat – praktisch und ertragreich

Fertigkulturen – ideal für die Winterzeit

Pilze auf Kompost

Ergänzende Pilzporträts

Standort Wald und Acker

Kultivierung von Trüffelpilzen – Geheimnisse der Mykorrhiza-Pilze

Wichtige Hinweise für die Trüffelkultivierung

Anlage eines Pilzbeets

Besonderheit: Schopftintling in Beetkulturen und „Pilztopf“

Holzstubbenbeimpfung – Speisepilze unterstützen die biologische Rodung

Innenhof- und Balkon-Pilzgärten

„Behütete“ Umgebung für alle Jahreszeiten

Schutzdach im Garten errichten

Kleines Zimmergewächshaus für Speisepilze im Winter

Zimmergewächshaus mit technischem Equipment

Pilzhäuschen im Garten

Sonderkultur: Reishi in Töpfen

Schädlinge und Konkurrenzorganismen im Pilzanbau

Pilze züchten – von der Spore zur Pilzbrut

Für Experimentierfreudige, Geübte und Spezialisten

Die einzelnen Arbeitsschritte in der Pilzzucht im Überblick

Verwendung von Pilzen in der Medizin

Rezepte und Verarbeitung von Speisepilzen

Shiitake

Austernseitlinge

Stockschwämmchen

Champignons

Kräuterseitlinge

Affenkopfpilz/Igelstachelbart

Judasohr (Chinesische Morchel)

Kulturträuschling (Braunkappe)

Herstellung von Pilzpulver und Verarbeitung von Heilpilzen

Vermarktung von Biopilzen in kleinem Maßstab

Anhang

Bezugsquellen

Weiterführende Literatur und Quellen

Glossar

Register

Danksagung

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Faszination Speisepilze

Für mich sind Pilze mit einer kindlichen Faszination verbunden. Jeder Pilz hat ein einzigartiges Aussehen, eine spezifische Lebensweise und einen unverkennbaren Geschmack. Trete ich in die Welt der Pilze ein – sei es im Wald oder im eigenen Garten –, empfinde ich tiefe Freude. Ich denke, am einfachsten ist die Faszination für diese kleinen Gestalten zu verstehen, wenn man selbst eines Morgens eine Gartenrunde dreht, um zu sehen, wie alles gedeiht, und bei genauerer Betrachtung plötzlich kleine Pilzansätze, die erst wenige Stunden alt sind, entdeckt. Meist kann man ihr Erscheinen kaum erwarten, und so steigt auch die Freude, wenn sich die Arbeit und das Warten auf ein schmackhaftes Essen gelohnt haben.

In unserer Familie besitzen Pilze (seit ich denken kann) einen großen Stellenwert und sind ein ebenso wichtiger Bestandteil wie der eigene, liebevoll gepflegte Gemüsegarten. Beide tragen zur bunten Vielfalt unseres Essens bei.

Es gibt nichts Schöneres, als alle Hände voll zu tun zu haben – mit dem Ernten von Gemüse, dem Trocknen von Kräutern oder dem Konservieren von eigenen Pilzen. Die Küche ist ständig belagert und neben dem Garten ist sie der Hauptarbeitsplatz der ganzen Familie.

Wenn es auch mit vielen Arbeitsschritten und einer gewissen Achtsamkeit verbunden ist, schätze ich dennoch, wie kostbar eigene Lebensmittel sind und welchen Wert der Geschmack von Sommer, eingefangen in duftenden getrockneten Pilzen, in der kalten Jahreszeit hat.

Eine weitere für mich wichtige Komponente ist das Züchten von Pilzen. Sie im eigenen Labor zu vermehren erfordert Fingerspitzgefühl, Geduld und Fachwissen über die Lebensweise der einzelnen Pilzarten. Viele Stunden hab ich mit meinem Vater im Labor verbracht, ihm beim mikrobiologischen Arbeiten und bei der Vermehrung von Pilzen zugesehen. Nach einiger Zeit des Beobachtens und des Nachahmens wurde mir bewusst, dass ich auch diesen Teil der Faszination, die von Pilzen ausgeht, weiter erforschen möchte. Dank der langjährigen Erfahrung meines Vaters und durch meine Motivation, mich noch intensiver mit Pilzen zu beschäftigen, sowie durch die Unterstützung des Löwenzahn Verlags ist dieses praxisorientierte Handbuch entstanden. Wir freuen uns, das Wissen und unsere Erfahrung mit interessierten, aufmerksamen Menschen zu teilen.

Magdalena Wurth

Entstehung des Waldviertler Pilzgartens

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Herbert und Magdalena Wurth

Schon als Kinder waren wir viel im Wald, Pilze suchen hatte schon damals Familientradition. Später, zu Beginn meines Berufslebens als Chemiker, arbeitete ich gemeinsam mit MitarbeiterInnen der TU Wien an einem spannenden Projekt. Es ging um Zellulose abbauende Pilze zur Verwertung von landwirtschaftlichen Nebenprodukten. Da die Arbeitsmethodik ähnlich war, schien die hobbymäßige Beschäftigung mit der Zucht von Pilzen nicht mehr schwer. In diesen ersten Jahren gab es am Markt nur eingeschränkten Zugang zu Pilzbrut und aus dieser Not wurde eine Tugend. Im Laufe der Jahre sammelten wir nun viele Erfahrungen beim mikrobiologischen Arbeiten, der Herstellung von eigener Pilzbrut und der Kultivierung von Speisepilzen auf den unterschiedlichsten Substraten. 1984 hatten wir bereits 100 Strohballen mit Kulturträuschling (Braunkappe) beimpft. Heute beschäftigen wir uns hauptsächlich mit der Kultivierung und der Zucht von Speisepilzen auf Holzstämmen. Der Shiitake wird bei uns nach einer traditionell japanischen Methode angebaut.

Vor 25 Jahren hatten wir dann – aufgrund eines Wohnortwechsels – die Möglichkeit, einen neuen Pilzgarten anzulegen und Erfahrungen bei der gestalterischen Umsetzung zu erlangen. Durch die Zusammenarbeit mit dem Verein Arche Noah merkten wir, dass viele GartenbesitzerInnen Interesse an der naturnahen Anbaumethode von Speisepilzen hatten. Besonders interessant sind für mich persönlich aber auch die schwieriger zu züchtenden Kulturpilze wie z.B. der Reishi. Die Beschäftigung mit Pilzen erlaubt mir tiefe Einblicke in die Geheimnisse dieser faszinierenden Lebewesen.

Der Waldviertler Pilzgarten wird als Familienbetrieb geführt. Wir freuen uns schon auf die Weiterentwicklung und Umsetzung neuer Ideen.

Mit diesem Buch laden wir Sie ein, Pilze im eigenen Garten, im Keller, auf dem Balkon, im Hof oder sogar in der Küche selbst zu kultivieren.

Herbert Wurth

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Bunte Vielfalt der Speisepilze

Einführung: die Welt der Pilze

Was sind Pilze?

Pilze enthalten in ihren Zellen kein Chlorophyll. Sie beziehen ihre Energie nicht – im Vergleich zu den meisten Pflanzen – aus der Photosynthese. Um an Nährstoffe zu gelangen, haben sie eine faszinierend große Anzahl an Möglichkeiten entwickelt, die jeweils für einzelne Pilzarten ganz charakteristisch ist:

Viele Arten leben saprophytisch, das heißt, sie ernähren sich von abgestorbenem organischen Material. Da sie Holzinhaltsstoffe wie z.B. Zellulose abbauen können, spielen diese Arten im Wald eine große Rolle als Zersetzer – sie wandeln Totholz und andere abgestorbene Pflanzen wieder in einfache organische Verbindungen um. Es entsteht Humus. Bei der Kultivierung von Speisepilzen wird deshalb, z.B. Holz, Stroh oder Kompost, als Nährmedium verwendet.

Saprophyten kann man in 2 Gruppen einteilen – in Primär- und Sekundärzersetzer:

   Bei ersteren handelt es sich um Pilze, die ihr Nährmedium im unveränderten „rohen“ Zustand abbauen können. Zu dieser Gruppe gehören z.B. Austernseitlinge und Stockschwämmchen.

   Im Unterschied dazu stehen die Sekundärzersetzer, deren Nahrungsgrundlage zuerst durch andere Mikroorganismen aufgeschlossen werden muss, um dann Arten wie dem Champignon oder dem Schopftintling als Nahrung zu dienen.

Eine weitere Gruppe lebt parasitisch. Diese Arten können vor allem in der Land- und Forstwirtschaft zum Problem werden, z.B. der häufig an Laub- und Nadelhölzern vorkommenden Waldpilz Hallimasch (Armillaria ssp.). Parasitische Pilze befallen auch lebende (häufig bereits geschwächte) Organismen und entziehen ihnen Energie und Nährstoffe.

Die dritte Gruppe sind Mykorrhiza-Pilze, dazu zählen beispielsweise Burgundertrüffel (Tuber aestivum var. uncinatum), Steinpilz oder Eierschwammerl. Mykorrhiza setzt sich aus den griechischen Worten „mykes“ (Pilz) und „rhiza“ (Wurzel) zusammen. Hierbei werden allgemein wiederum 3 Arten unterschieden:

   Die ektotrophen Mykorrhiza-Pilze verbinden sich äußerlich mit den Wurzeln bestimmter höherer Pflanzen.

   Endotroph lebende Pilze sind weit verbreitet, sie besitzen die Fähigkeit, ihre Pilzhyphen in die Wurzeln und Rindenzellen zu integrieren.

   Die Brücke zwischen den beiden beschriebenen Gruppen bilden die ektendothrophen Mykorrhiza. Sie leben ebenfalls in Symbiose mit Pflanzen.

Pflanzen und Pilz profitieren von dieser Partnerschaft. Das feine, scheinbar unsichtbare Geflecht aus Pilzhyphen umhüllt die Wurzeln der Pflanzen und schließt für diese Nährstoffe aus dem Boden auf – man könnte auch sagen, die Pilze „füttern“ die Pflanzen. Im Gegenzug versorgen die Pflanzen die Pilze mit Kohlenhydraten (Zucker). Das Wurzelwerk des Baumes vergrößert sich, was wiederum für eine verbesserte Nährstoff- und Wasseraufnahmefähigkeit sorgt. Diese Partnerschaften zwischen Pilzen und Pflanzen sind komplex und vielfach noch unerforscht. Das ist auch der Grund, warum es in den meisten Fällen nicht gelingt, Waldpilze wie Steinpilze oder Eierschwammerl zu kultivieren. Bei Versuchen mit Mykorrhiza-Pilzen wurde oftmals festgestellt, dass eine Zucht ohne Symbiosepartner nicht durchführbar ist. Eines der wenigen Beispiele der erfolgreichen Kultivierung von Mykorrhiza-Pilzen sind die Trüffel. Die Zucht von Orchideen setzt übrigens ebenfalls diese Symbiose voraus.

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Aufbau und Lebenszyklus

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Pilzzucht im Überblick

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Waldviertler Pilzgarten

Gestalt und Lebenszyklus eines Pilzes

Wenn man an Pilze denkt, wird damit meist nur der oberirdische Teil (der Fruchtkörper) des Organismus assoziiert. Näher betrachtet bestehen Pilze (Basidiomyceten) nicht nur aus Hut, Lamellen und Stiel, sondern auch aus unterirdisch wachsendem Myzel. Dieses setzt sich nochmals aus Pilzhyphen zusammen, die vergleichbar mit den Feinwurzeln von Bäumen sind. Ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal stellt ebenfalls die äußere Erscheinungsform dar.

Als Sporenträger von Speise- und Heilpilzen fungieren Lamellen, Röhren oder Poren. In diesen Organen werden die Sporen (vergleichbar mit Samen einer Pflanze) gebildet. Im Entwicklungszyklus eines jeden Pilzes reifen diese mikroskopisch kleinen Sporen heran und werden schließlich auf die eine oder andere Art (durch die Einflüsse von Wind, Wasser oder Tieren) an die Umgebung abgegeben. Positiv (+) und negativ (-) gepolte Sporen keimen unter günstigen Umweltbedingungen. D.h., wenn nun solche Sporen auf einem geeigneten Nährboden zusammentreffen, keimen sie. Sie vermehren sich und es entsteht rhizomorphes Myzel. Verfolgt man die weiteren Entwicklungsstufen, entstehen aus dem dichten Myzelgeflecht zunächst „Pinheads“, dann „Primordium“ und schließlich der vollendete Fruchtkörper. Damit ist der Lebenszyklus abgeschlossen und kann wieder von Neuem beginnen.

Pilzzucht im Überblick

Startet man eine Pilzzucht, gibt es 2 Vermehrungsformen, die in der Praxis angewendet werden. Einerseits ist es möglich, mithilfe eines Sporenabdrucks zu arbeiten. Dazu lässt man Sporen auf einem keimfreien Nährmedium im Labor keimen. Bei der zweiten Methode wird ein Gewebestück aus dem Inneren des Kulturpilzes entnommen und ebenfalls auf ein geeignetes steriles Nährmedium übertragen. Das Myzel wächst und kann nach einiger Zeit weitertransferiert werden. Das erste Nährmedium besteht meist aus Nähragar, auf ihm kann sich das Myzel optimal ausbreiten. Im weiteren Verlauf überträgt man ein Stück durchwachsenen Agar auf gekochtes sterilisiertes Getreide. Der Pilz besiedelt das Substrat und kann in weiterer Folge zur Beimpfung von Holz, Stroh oder Kompost verwendet werden.

Unser Tipp: Die Pilzzucht ist ein äußerst spannendes und weitläufiges Thema. Je tiefer man in die Welt der Pilze eintaucht, desto einfacher ist es, sie zu verstehen und erfolgreich zu kultivieren. Im Kapitel „Pilze züchten“ erhalten Sie praktische Tipps und nähere Informationen über die Zuchtmethodik.

Bedeutung von Pilzen für Natur und Mensch

Pilze sind allgegenwärtige Begleiter in der Natur und auch im Alltag des Menschen. Die Sporen beispielsweise bewegen sich unsichtbar in der Atmosphäre. In bodennahen Schichten sind sie treue Begleiter eines jeden Waldbodens. Wenn man bedenkt, welche Rolle Pilze gesundheitlich und wirtschaftlich einnehmen, wird greifbar, wie wichtig sie sind. In der Back- und Molkereiindustrie werden veredelte Stämme von Hefen und anderen Gattungen wie z.B. Penicillium (Käseherstellung) verwendet. Eine revolutionäre Entdeckung war das Penicillin, welches ein Stoffwechselprodukt des Schimmelpilzes Penicillium chrysogenum ist. Dieser bekämpft bakterielle Infektionen bei Mensch und Tier. Heilpilze finden auch in der traditionellen chinesischen Medizin Anwendung. Andererseits können Pilze auch zu Feinden für Mensch, Tier und Pflanze werden. So sind sie fähig, lebende Organismen zu befallen. Die Folgen sind oft verheerend.

Ein großer Bereich im Pflanzenschutz widmet sich der Bekämpfung von parasitischen Pilzen. Bedeutende Krankheiten sind etwa die Kraut- und Knollenfäule der Kartoffel (Phytophthora infestans), der Weizensteinbrand (Tilletia caries) oder Grauschimmel (Botrytis cinerea) an der Weinrebe.

Faszinierend und oft unscheinbar ist die allgegenwärtige Beteiligung an allen Zersetzungsprozessen von organischen Materialien. Pilze und Bakterien tragen zum Erhalt des natürlichen Gleichgewichts bei, indem sie als sogenannte Reduzenten organische Verbindungen wieder in pflanzenverfügbare Stoffe umwandeln und zur Bodenbildung beitragen. Mykorrhiza-Pilze gewährleisten vielen Pflanzen eine optimale Entwicklung in der sich verändernden Umwelt. Natürlich darf man auch nicht die schmackhaften Pilze, die in Wäldern und auf Wiesen zu finden sind, übersehen. Das Suchen und Finden von Pilzen hat für viele Menschen eine ganz besondere Faszination. Möchte man als Pilzfreund schonend mit den Ressourcen der Natur umgehen, stellt die Kultivierung und Zucht von Speisepilzen eine wunderbare Alternative dar.

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Ästiger Igelstachelbart im Buchenwald

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Taubenblaue Austernseitlinge in unterschiedlichen Reifephasen

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Reichliche Ernte von Shiitakes im Pilzgarten

Standort Garten

Es gibt zahlreiche Standorte, an denen sich Pilze wohlfühlen. Bei einem Spaziergang im Wald findet man immer wieder schmackhafte Schwammerln. Glücklicherweise gibt es nicht nur die Mykorrhiza-Pilze, die in Symbiose mit höheren Pflanzen leben. Bei der Zucht von Speisepilzen wird meist Holz, Stroh oder Kompost verwendet – sie dienen dem Pilz als Nährmedium. Je genauer man die Prozesse der Natur beobachtet, desto mehr kann man aus ihnen lernen. Auf diese Weise wird bei der Kultivierung von Speisepilzen versucht, optimale Bedingung für den Pilz zu erzeugen.

Pilze wachsen nicht immer und nicht überall. Um einen Pilzgarten anlegen zu können, sind einige Standortfaktoren zu berücksichtigen: Sie bevorzugen ein feuchtes Mikroklima, also einen windgeschützten und zumindest halbschattigen Platz. Welche Standorte sind für die Anlage eines Pilzgartens geeignet? Optimalen Schatten bieten Laubbäume, Sträucher oder eine Hecke. Moose und Farne im Garten zeigen an, dass auch Schwammerln hier gut gedeihen können. Auch auf schattigen Hanglagen, entlang von Bachläufen oder nahe an einem Teich kann ein Pilzgarten angelegt werden. Unter Nadelbäumen wachsen die meisten Pilze hingegen schlecht, selbst in niederschlagsreichen Zeiten kommt hier oft zu wenig Regen durch.

Ein weiterer wichtiger Standortfaktor für den zukünftigen Pilzgarten ist die Verfügbarkeit von Wasser, das zum Bewässern der Kulturen benötigt wird. Hier sind auch die unterschiedlichen Ansprüche der einzelnen Pilzarten ausschlaggebend, die im Weiteren besprochen werden. Bei ihren Ansprüchen an den Boden sind Pilze weniger wählerisch. Nur staunasse Böden können das Wachstum negativ beeinflussen.

Die Größe und Grundausstattung eines Pilzgartens

Wenn ein geeigneter Platz für die Anlage eines Pilzgartens gefunden worden ist, stellt sich die Frage, welche Größe und Grundausstattung der Garten haben soll. Um sich möglichst über das ganze Jahr hinweg mit Pilzen aus dem eigenen Garten versorgen zu können, werden idealerweise verschiedene Pilzarten angebaut. Diese können entweder auf Holz, Stroh oder in Erdbeeten angelegt werden. Jedes Nährmedium hat seine Vor-und Nachteile – diese sollten deshalb bei der Wahl von Pilzarten berücksichtigt werden.

Wir empfehlen für den durchschnittlichen Bedarf eines 3- bis 4-Personenhaushaltes zirka 6 Holzstämme (mit 1 m Länge und 10–15 cm Durchmesser) mit Shiitakes und 3 Stämme (mit 1 m Länge) mit größerem Durchmesser (20–35 cm) mit Seitlingen oder Stockschwämmchen. Zusätzlich können noch 2 Strohballen mit Kulturträuschlingen oder Seitlingen beimpft werden. Die mit Shiitake beimpften Stämme werden ohne Erdkontakt aufgestellt. Die anderen Stämme werden gedrittelt und jeweils 10 cm in die Erde eingegraben (→ Anlage eines Pilzgartens). Auch die beimpften Strohballen benötigen, um Pilze hervorzubringen, Kontakt zur Erde. Daraus ergibt sich ein Flächenbedarf von zirka 7 m2. Mit dieser Grundausstattung können vom Frühjahr bis zum Herbst Pilze geerntet werden. Zusätzlich können noch Stämme mit Samtfußrübling beimpft werden – dieser ist ein vorzüglicher Winterpilz.

Der Verlauf der Witterung entscheidet, wann und wie viele Pilze geerntet werden können. Wenn man sich für die Kultivierung von Shiitakes entscheidet, kann der Erntezeitraum mitbestimmt werden (→ Pilze auf Baumstämmen). Allgemein ist darauf zu achten, die Baumstämme möglichst schneckensicher aufzustellen. Nacktschnecken fressen oft die noch kleinen Pilze, da sie vom zarten Pilzduft angelockt werden (→ Schädlinge und Konkurrenzorganismen im Pilzanbau) Jeder Pilz benötigt Zeit, um ein Nährsubstrat zu besiedeln. Diese Zeitspanne erstreckt sich von wenigen Monaten bis zu 2 Jahren. Manche Pilzarten, z.B. Austernseitlinge, können sowohl auf Holz als auch auf Stroh kultiviert werden. Der Kulturträuschling (Braunkappe) bevorzugt Stroh. Er wird bereits seit langem kultiviert, weil er reiche Ernteerträge liefert und anspruchslos ist. Pilze besiedeln Stroh üblicherweise rascher als Holz. Wenn erstmals ein Pilzgarten angelegt wird, muss Verschiedenes beachtet werden:

Natürlich möchte man als Pilzfreund bald die ersten kleinen Pilzchen wachsen sehen. Daher ist es ratsam, für den ersten Erfolg schon fertig beimpfte Baumstämme zu beschaffen und ergänzend mit einer Strohkultur zu beginnen. Pilze, die auch auf Stroh gedeihen, wachsen schneller durch das Substrat, wobei hier eine Frühjahrsbeimpfung empfohlen wird. Bei einer Beimpfung im Herbst braucht die Brut etwas länger zum Einwachsen – aber bei geglückter Besiedelung des Strohs können auch schon im Frühling Pilze geerntet werden (gilt für Kulturträuschling).

Neben den bereits fertig beimpften Stämmen kann auch nur Pilzbrut besorgt werden, um Shiitakes, Austernseitlinge etc. zu kultivieren. Die mit Pilzbrut beimpften Stämme werden zwar langsamer durchwachsen als das Strohsubstrat, es kann aber bis zu 5 Jahre lang von einem Stamm geerntet werden. Pilze verwerten Stroh viel schneller, daher bringt dieses meist nur für ein Jahr Erträge hervor. Die Verwendung von Baumstämmen trägt zur Nachhaltigkeit und zur Beständigkeit eines jeden Pilzgartens bei.

In den folgenden Kapiteln werden die Vor- und Nachteile der unterschiedlichen Substrate für die Kultivierung genauer erläutert.

Die Pilzbrut – der wichtigste Bestandteil in der Pilzzucht

Wer Pilze im Garten anbauen möchte, braucht dazu die richtige Pilzbrut. So wie man von Gemüse die Jungpflanzen entweder kaufen oder aus Samen selber ziehen kann, wird Pilzbrut, die man zum Starten benötigt, entweder selbst hergestellt oder im Handel bestellt. Die Pilzbrut selbst herzustellen erfordert Fingerspitzengefühl, eine sehr gute Kenntnis über die Lebensweise der jeweiligen Pilzart und das Arbeiten unter sterilen Bedingungen. Es ist günstig, erst Erfahrungen mit der Kultivierung von Pilzen zu sammeln, bevor man versucht, sie zu züchten. Es dürfen sich bei der Herstellung von Pilzbrut keinesfalls ungewollte Keime (Bakterien, Schimmelpilze usw.) einschleichen.

Unser Tipp: Für jene, die sich intensiver in die Welt der Pilze vertiefen wollen oder schon Erfahrungen mit dem mikrobiologischen Arbeiten gemacht haben: Im Kapitel „Pilze züchten“ finden Sie Anleitungen für die Herstellung von Pilzbrut sowie eine Übersicht über die benötigten Materialien und Methoden.

Wie entsteht aber nun eigentlich Pilzbrut? Der erste Schritt bei der Herstellung von Pilzbrut ist die Gewinnung einer Pilzreinkultur. Dazu können entweder die Sporen oder ein Gewebestück aus dem Fruchtkörper auf Nähragar übertragen werden. Dort bildet sich ein Pilzgeflecht aus, das in weiterer Folge auf sterilisiertes Getreide übertragen wird. Jeder Pilz hat besondere Ansprüche an seine erste Nahrungsgrundlage, so kann sich die Zugabe von natürlichen Zusatzstoffen (wie z.B. Gips, Kleie) positiv auf die Vitalität einer Pilzbrut auswirken. Vor allem ist der Pilz dort bestens mit Nährstoffen versorgt. Wenn steril gearbeitet wurde, kann sich der Pilz im Substrat ausbreiten – meist erkennt man schnell, ob eine Pilzbrut gesund und vital ist. Dies sollte auch beim Kauf einer Pilzbrut beachtet werden. Allgemein dürfen auf keinen Fall Schimmelpilze (grün-bläuliche Stellen) zu sehen sein. Heutzutage sind Kontaminationen mit Schimmelpilzen bei im Handel bestellter Pilzbrut eher selten. Eines muss einem jedoch klar sein – wenn Pilzbrut zu lange oder bei zu hoher Temperatur gelagert wird, kann sich das auf die Qualität des Myzels auswirken. Eine Lagerung von 2–3 Wochen im Kühlschrank oder in einem kühlen Keller ist kein Problem.

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Getreidepilzbrut

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Pilzgeflecht auf Agarplatte

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Myzelflaum auf Holzdübel

Ist das Getreide gut vom Myzel durchwachsen, so wird die Getreidepilzbrut nun zum Beimpfen jenes Substrates verwendet, auf dem der Pilz später die Fruchtkörper ausbilden kann. Dazu eignet sich, wie bereits erwähnt, Holz, Stroh oder Kompost. Des Weiteren kann man mit Dübelbrut arbeiten. Dafür werden befeuchtete Holzdübel unter sterilen Bedingungen mit Getreidebrut beimpft. Das Pilzmyzel wächst in die Dübel hinein und diese werden anschließend in das Holz geschlagen.

Unser Tipp: Die Dübelbrut eignet sich bestens für die Beimpfung von Holzstubben, mehr dazu finden Sie im Kapitel „Standort Wald und Acker“.

Wie der Pilz ins Holz kommt – das „Impfen“

Es gibt mehrere Möglichkeiten, Stämme mit Pilzbrut zu beimpfen. Durch langjährige Erfahrungen können 3 Methoden empfohlen werden – diese haben in der Gartenpraxis auch die größte Bedeutung erlangt:

   Bei der Schnittimpfmethode (Getreidebrut) benötigt man eine Motorsäge.

   Bei der Dübelbeimpfung (Dübelbrut) kann einfach mit einer Bohrmaschine gearbeitet werden.

   Für Stämme mit großem Durchmesser oder für eine Holzstubbenbeimpfung empfiehlt sich die Bohrlochmethode. Es wird dafür ein Schlangenbohrer eingesetzt. Hierbei wird dann Getreidebrut verwendet, um die gebohrten Löcher zu füllen.

 

Getreide- oder Dübelbrut?

Die folgende Tabelle soll einen kurzen Überblick der wichtigsten Vor- und Nachteile der unterschiedlichen Bruttypen geben. Hat man sich für Getreide- oder Dübelbrut entschieden, ergibt sich auch automatisch die Methode, mit der beimpft werden kann (Schnittimpfmethode, Dübelbeimpfung oder Bohrlochmethode).

 

Vorteile

Nachteile

Getreidebrut (Schnittimpfmethode, Borlochmethode)

   große Myzelmenge und Nährstoffreserve

   Das Myzel wächst über eine große Schnittfläche bzw. über viele Bohrlöcher in das Holz ein

   Kosten-Nutzen-Verhältnis sehr gut

   Zeitersparnis bei der Beimpfung von mehreren Stämmen

   Verfügbarkeit im Handel ist fast immer gegeben

   Haltbarkeit der Brut ist begrenzt (kühl lagern)

   empfindlich gegenüber Schädlingen und Schimmel

   Motorsäge wird benötigt

Dübelbrut (Dübelbeimpfung)

   keine Motorsäge notwendig, Bohrmaschine genügt

   gut geeignet für geringere Holzmengen und zum Ausprobieren

   Schädlinge haben weniger Chancen (keine Mäuse, keine Keime, keine Pilzmücken)

   gute Lagerfähigkeit der Brut

   gegenüber Getreidebrut geringere Myzelmenge, daher viele Impfstellen notwendig

   längere Einwachszeit

   spätere Fruchtkörperbildung

   Arbeitsaufwand ist größer als bei Getreidebrut/
Stamm

Tabelle: Vorteile und Nachteile von Getreide- und Dübelbrut bei der Beimpfung von Holz

Pilze auf Baumstämmen