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Nr. 2800

 

Zeitriss

 

Die Terraner starten eine Mission ins Ungewisse – doch ihr Flug führt in die Katastrophe

 

Michelle Stern

 

 

 

Pabel-Moewig Verlag KG, Rastatt

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Auf der Erde schreibt man den Herbst 1517 Neuer Galaktischer Zeitrechnung (NGZ). Menschen haben Teile der Milchstraße besiedelt, Tausende von Welten zählen sich zur Liga Freier Terraner. Man treibt Handel mit anderen Völkern der Milchstraße, es herrscht weitestgehend Frieden zwischen den Sternen.

Doch wirklich frei sind die Menschen nicht. Sie stehen – wie alle anderen Bewohner der Galaxis auch – unter der Herrschaft des Atopischen Tribunals. Die sogenannten Atopischen Richter behaupten, nur sie und ihre militärische Macht könnten den Frieden in der Milchstraße sichern.

Wollen Perry Rhodan und seine Gefährten gegen diese Macht vorgehen, müssen sie herausfinden, woher die Richter überhaupt kommen. Ihr Ursprung liegt in den Jenzeitigen Landen, in einer Region des Universums, über die bislang niemand etwas weiß.

In diesen mysteriösen Raum wollen die Terraner vorstoßen: Mit der RAS TSCHUBAI und einer wagemutigen Mannschaft bricht Perry Rhodan zu einem Flug ins Unbekannte auf. Doch dann geht alles schief – die Gefährten stürzen durch einen unheimlichen ZEITRISS ...

Die Hauptpersonen des Romans

 

 

Perry Rhodan – Der Unsterbliche bricht in die Synchronie auf.

Gucky – Der Ilt fürchtet um seine Paragaben.

Sichu Dorksteiger – Eine Ator wird zum Pagen.

Atlan da Gonozal – Der Arkonide pilotiert das Richterschiff.

Farye Sepheroa – Rhodans Enkelin hat ein Zwiebewusstsein.

Maecc – Der Späher beobachtet den Untergang.

Was im letzten Zyklus geschah

 

Als im Jahr 1512 NGZ der Erdmond Luna nach langer Abwesenheit seinen Orbit um die Wiege der Menschheit, Terra, wieder erreicht, ist er merklich verändert: Er wird von einem grünen Technogeflecht überwuchert und ist wegen eines Repulsorwalls für die Menschen nicht zu erreichen. Mausbiber Gucky, der den Mond durch Teleportation zu erreichen hofft, wird zurückgeschleudert und fällt ins Koma, aus dem er erst zwei Jahre später wieder erwacht – mit vollkommen veränderten Fähigkeiten.

1514 NGZ gelingt einem Einsatzkommando unter Perry Rhodan dank des neu entwickelten Hypertrans-Antriebs der Vorstoß nach Luna: Dort begegnet er den humanoiden Onryonen, die im Dienst einer Organisation stehen, die sich Atopisches Tribunal nennt. Dieses Tribunal demonstriert alsbald seine volle Stärke: Die beiden Atopischen Richter Chuv und Matan Addaru Dannoer erheben Anklage gegen Perry Rhodan und Gaumarol da Bostich, die sie als zwei der drei Hauptverursacher des »Ekpyrosis von GA-yomaad« – des Weltenbrands der Milchstraße – bezeichnen, der in naher Zukunft ausgelöst werden soll. Hauptzeuge der Anklage ist ausgerechnet Julian Tifflor, einer der ältesten Wegbegleiter Perry Rhodans. Der Prozess ist kurz, und die beiden Beschuldigten werden zu einer 500-jährigen Verbannung auf einer Dunkelwelt der Onryonen verurteilt.

Nach und nach schalten die Atopen und ihre Helfer – neben den Onryonen sind dies unter anderem die gestaltwandelnden Jaj, die technologisch begabten Tolocesten und die Tesquiren als Werber des Tribunals – jeden Widerstand aus: Die JULES VERNE wird vernichtet, die Raumfahrt insgesamt eingeschränkt, die United Stars Organization zur Terrororganisation erklärt und das Imperium von Arkon faktisch dadurch zerstört, dass dessen Herz – das Arkonsystem – seinen Ureinwohnern zurückgegeben wird: den Naats. Langfristig soll die Milchstraße in einzelne Einflusssphären, sogenannte Domänen, aufgeteilt und die Raumfahrt stark begrenzt werden.

Die USO und die LFT arbeiten ebenso wie viele andere daran, sich gegen das Tribunal zur Wehr zu setzen: Die Erforschung der gegnerischen Waffen und Technologie nimmt dabei eine Schlüsselposition ein. Rhodans alten Wegbegleiter Reginald Bull verschlägt es in die Stadt Allerorten, eine seltsame und über Tausende Planeten verteilte Ansiedlung von Forschern, die sich unter anderem mit Hinterlassenschaften der Hohen Mächte befassen. Eine davon ist das Petschaft der Chaotarchen, das Reginald Bulls Zellaktivator eine Aura des Chaos aufprägt. Bull macht sich auf, die Rätsel dieser Stadt zu lösen.

Aber es gibt nicht nur Gegner des Tribunals: Insbesondere die Tefroder unter ihrem derzeitigen Herrscher Vetris-Molaud, der sich als wahrer Erbe Perry Rhodans sieht, unterstützen es ganz offen. Es gelingt Vetris-Molaud, sich die Unsterblichkeit zu sichern und seine Macht schlagartig auszuweiten, bis er es sogar offen wagen kann, das Erbe der Meister der Insel zu beanspruchen. Zwei seiner wichtigsten Stützen sind dabei sein eigenes Mutantenkorps, das er auch gnadenlos einsetzt, und die geheimnisvolle Inkarnation eines vergessenen Meisters der Insel, des Faktors IV Zeno Kortin.

Perry Rhodan und Bostich gelingt die Flucht aus dem atopischen Gewahrsam: Sie begeben sich in die Galaxis Larhatoon, die Heimat der Laren, die schon seit Längerem unter der Atopischen Ordo steht. Dort gehen sie eine Notgemeinschaft mit dem Widerstand unter dem Laren Avestry-Pasik ein und erhalten mysteriöse Fingerzeige auf eine uralte Verbindung zwischen der Laren- und der Menschheitsgalaxis und erfahren mehr darüber, wie das Atopische Tribunal sich die Zukunft der von ihm beherrschten Galaxien vorstellt.

Vor allem aber erfährt Rhodan, dass das Tribunal aus den Jenzeitigen Landen stammt und man nur an Bord eines Richterschiffes dorthin gelangen kann, sofern dies von einem Piloten gesteuert wird, der bereits hinter den Materiequellen war. Für Rhodan ist nun klar: Er muss ein Richterschiff erbeuten. In Larhatoon hat er damit keinen Erfolg, gerät aber in Kontakt zu den beiden dortigen Richtern und muss erkennen, dass sie beide aus einem zukünftigen Entwicklungsstadium Larhatoons stammen. Erst in der Milchstraße hat er schließlich Erfolg: Er erobert das Schiff des Richters Chuv, und mit Atlan als Pilot und dem Raumschiff RAS TSCHUBAI zur Unterstützung erreicht er die Synchronie, jene Passage, die als einzige in die Jenzeitigen Lande führt.

1.

Abbruchkante

17. November 1517 NGZ

 

Der Mann ohne Namen schleppte sich durch die rostrote Wüste. Die Sonne brannte erbarmungslos. Er brauchte Wasser. Wenn er nicht bald eine Siedlung fand, verdurstete er.

Der synthetische Stoff, den er am Leib trug, war atmungsaktiv, trotzdem fühlte er sich in ihm wie in einem Ofen. Als Unterbekleidung eines Raumanzugs war er bestens geeignet. In dieser Hitze dagegen hätte er ihn sich am liebsten vom Leib gerissen.

»Ich muss weiter.«

Er versuchte sich zu erinnern, wer er war und warum er sich allein durch die Einöde kämpfte. Abwesend strich er Sandkörner aus dem hellen Haar. Er wusste, dass er aufgebrochen war, einem Freund zu helfen. Einem seiner ältesten Freunde.

Tausende Leben standen auf dem Spiel, wenn er nicht fand, was er suchte.

Der Mann ohne Namen stapfte auf eine Düne zu – eine von Hunderten. Ihm war, als hörte er eine Stimme: »Das Wasser ist nass.«

Das ergab keinen Sinn. Natürlich war das Wasser nass. Stammten die Worte aus einer ähnlichen Situation in der Vergangenheit oder halluzinierte er wegen seines Dursts?

Es war unwichtig.

Er musste herausfinden, wer er war und was er an diesem unwirtlichen Ort wollte. Wie war er dorthin gekommen? In seinem Kopf summte es wie in einem Wespennest. Der Mann ohne Namen war sicher, dass die Erinnerung nur einen Gedanken entfernt lag. Er fühlte sich, als trüge er eine Augenbinde, müsste bloß eine Bewegung machen, um das Tuch um seinen Kopf abzustreifen und klar zu sehen.

Wind kam auf, wehte ihm entgegen und brachte den Geruch von Feuer mit.

Schwer atmend stieg er aufwärts. Die Stiefel versanken so tief im Untergrund, dass jedes Heben eines Beins Kraft kostete.

Endlich erreichte er die Kuppe.

Er blieb wie angewurzelt stehen, stieß einen erstaunten Laut aus. Verblüfft starrte er nach vorn. Er hatte erwartet, dass sich die Wüste fortsetzte, dass er roten Sand erblickte. Stattdessen stand er am Ende der Welt.

Der Kamm des Hügels war die Abbruchkante des Planeten. Sand rieselte vor den Schuhspitzen des Mannes in einen bodenlosen Abgrund, verlor sich in der Ferne. Unter ihm erstreckte sich das nachtschwarze All, durchflutet von Myriaden Lichtern, die sich Splittern gleich durch die Schwärze zogen.

Ein ganzes Universum.

Alles, was dort draußen lag, war in Bewegung. Spiralgalaxien drehten sich, wirbelten aufeinander zu wie flammende Räder, durchdrangen einander, entfernten sich wieder. Staub ballte sich zusammen, bildete Planeten und Sonnen. Lichter glühten auf, blähten sich zu Kugeln, die andere Lichter verschlangen, und erloschen.

Er sah Sterne, die entstanden; Sterne, die gegen andere Sterne prallten und dabei gewaltige Blitzkaskaden abgaben; Sterne, die verkümmerten, die nach ihrem Aufbäumen immer kleiner wurden und schließlich im Nichts verschwanden.

Es war ein ewiger Reigen aus Werden und Vergehen, ein Tanz kosmischer Gewalten, die Leben und Tod brachten, und das im Takt von Sekunden.

Ein Jucken am Nasenflügel irritierte ihn. Er hob die Hand, um sich zu kratzen. Er berührte eine Narbe.

Der Mann ohne Namen hielt inne. Die Erinnerung kam zurück, unaufhaltsam wie ein Orkan. Mit einem Schlag wusste er wieder, wer er war, was er an diesem unwirklichen Ort suchte und wer seine Hilfe brauchte.

Er hob das Kinn, bohrte die Stiefel in den Sand. »Ich weiß, dass du da bist!«, schrie er den Galaxien entgegen. »Rede mit mir!«

Aus dem Weltall drang eine körperlose Stimme, tonlos und durchdringend zugleich, die auf unbegreifliche Weise jeden Knochen zum Vibrieren brachte. »Dies ist das Reich des Mein. Was willst du?«

»Ich fordere deine Hilfe.«

»Warum sollte das Mein dir helfen? Einem namenlosen Fremden?«

»Weil ich es dir befehle! Du hast mir zu dienen. Ich bin kein namenloser Fremder. Ich bin der Kommandant der ATLANC. Mein Name ist Perry Rhodan.«

2.

Das ANC

ATLANC, eine Stunde zuvor

 

Perry Rhodan streckte sich, dehnte die steif gewordenen Muskeln. Seit drei Stunden stand er in der Zentrale der ATLANC, dem Herzen des über achteinhalb Kilometer langen Raumschiffes, das er und seine Verbündeten erobert hatten.

Der zentrale Grundkörper der ATLANC glich einem gigantischen, schwarzblauen Ellipsoid, dessen Länge viereinhalb und dessen maximaler Durchmesser eineinhalb Kilometer betrugen. Das Schiff wirkte allein durch seine Farbe bedrohlich, noch mehr aber wegen der Waffenphalanx, die es in Form einer abgestuften Ringwulst umlief. Hinzu kamen sechs seitliche Auswüchse am Heck, die das All wie gekrümmte Dornen aufzuspießen schienen. Undefinierbare Muster überzogen den Rumpf und ließen Rhodan an einen Fluch in einer unbekannten Schrift denken.

Die äußere Beschaffenheit sagte eines klar aus: Leg dich nicht mit mir an!

Perry Rhodan hatte es gewagt. Er und ein Team aus Spezialisten waren in das Schiff eingedrungen, das zu diesem Zeitpunkt noch CHUVANC geheißen hatte und die fliegende Festung des Atopen Chuv gewesen war.

Rhodan hob den Kopf zu der mattschwarz abgedunkelten Kugel, die wie ein Beiboot von zwanzig Metern Durchmesser über ihm schwebte. In dieser Kommandosphäre der ATLANC saß der Mann, dem das Schiff seinen neuen Namen verdankte: Atlan da Gonozal. Einer von Rhodans ältesten Freunden, ohne den die gesamte Operation »Ultima Margo« von vornherein zum Scheitern verurteilt gewesen wäre.

Unter Rhodans Verbündeten war nur Atlan in der Lage, das Richterschiff in die Jenzeitigen Lande zu fliegen – denn nur er war jemals hinter den Materiequellen gewesen. Und genau das war angeblich die einzige Bedingung, die es dazu brauchte.

»Denkst du gerade etwas?«, erklang eine piepsige Stimme von unten.

Gucky war lautlos auf einer Schwebeplattform neben Rhodan geflogen. Obwohl er einen SERUN mit Gravo-Pak trug, benutzte er das Fortbewegungsmittel der ATLANC. Ohne das Gerät hätte er keinen Zugang zur Kommandozentrale erhalten, die ursprünglich Chuv und seinem Sekretär vorbehalten gewesen war. Beide waren mittlerweile tot.

Der Mausbiber machte einen geknickten Eindruck. Sein mausartiger Kopf hing herab, die bepelzten Tellerohren waren spannungsloser als sonst und die Barthaare an der Schnauze standen tiefer. Obwohl Gucky lediglich einen Meter maß, erschien er üblicherweise größer. Im Moment kam er Rhodan so klein vor, wie er war.

»Ich denke über den Namen des Projekts nach: Ultima Margo. Die letzte Grenze. Wir sind dabei, sie zu überschreiten. Wenn es uns gelingt, in die Jenzeitigen Lande vorzustoßen, erreichen wir einen Ort, an dem wir nie zuvor gewesen sind.«

Gucky zeigte seinen länglichen Nagezahn, der ihm wie ein gekrümmter Dolch aus dem Oberkiefer ragte. »Da kann dein Flug zum Mond nicht mithalten, was?«

»Welcher? Der erste oder der zweite?«

»Der erste. Du bist aufgebrochen, hast deinen Planeten verlassen und Neuland entdeckt.«

Das hatte er in der Tat. Rhodan hätte sich damals nie träumen lassen, dass er bei der Mondlandung auf die Arkoniden treffen würde, die ersten Außerirdischen, mit denen die Menschheit offiziell Kontakt aufgenommen hatte. »Das lässt sich nicht vergleichen. Jeder Aufbruch ist anders. Und jeder bietet Chancen.«

»An deiner Stelle wäre ich pessimistischer. Nimm's mir nicht übel, Perry, aber du ziehst Probleme an wie eine gammelige Karotte das Ungeziefer. Mein Gefühl sagt mir, dass der Ärger erst richtig losgeht, sobald wir drüben sind.«

»Kommt dieses negative Gefühl vielleicht daher, dass du nur begrenzt auf deine Paragaben zugreifen kannst?«

»Eins zu null für dich. Wie hast du das gemerkt?«

»Du hast mich gefragt, ob ich etwas denke. Wenn deine Parafähigkeiten funktionieren würden, wäre die Frage überflüssig. Ich bin zwar mentalstabilisiert, aber dir habe ich mich geöffnet.«

Gucky war unter anderem Telepath. Er konnte Gedanken in Form von Bildern und Emotionen auffangen.

»Stimmt. Seit unserem Kampf gegen Richter Chuv und diesen dreimal verfluchten eingedosten Sekretär fühlen sich meine Paragaben an wie tot.«

»Alle drei?«

»Alle drei. Oder besser: vier. Ich hatte gerade erst entdeckt, dass ich Dinge wie mit einem Fiktivtransmitter bewegen kann. Dazu noch Telepathie, Telekinese und Teleportation, wenn auch alles nicht mehr so wie früher. Und jetzt ist alles futsch.«

»Die Gaben kommen sicher wieder. Du hast dich überanstrengt.«

»Klar. So wird's sein. Ich schaue nach Atlan. Irgendwer muss ja auf Häuptling Weißhaar aufpassen.«

Rhodan täuschte die lässige Antwort nicht darüber hinweg, dass Gucky besorgt war. Fürchtete der Freund, seine Paragaben für immer verloren zu haben?

Gucky griff ins Steuerholo der kleinen Schwebeplattform, um hinauf zu der mattschwarzen Kugel zu fliegen. Unter der Schwebeplattform glänzte es metallisch.

»Warte!« Neugierig bückte Rhodan sich und betrachtete eine hauchfeine, dunkelsilbrige Schnur, die sich am Boden entlangzog. »Dieser Faden fällt mir zum ersten Mal auf.«

»Oh. Ich habe ihn gar nicht erst bemerkt.«

Rhodan widerstand dem Drang, den Faden zu berühren. Er wusste, dass er nicht greifbar war. Er gehörte zu einem feinen Gespinst, das die gesamte ATLANC durchzog. Im Grunde war das kein Faden, sondern der Abdruck eines außerräumlichen Phänomens, der Synkavernen.

Es war ein spektakulärer Anblick gewesen, als die CHUVANC die RAS TSCHUBAI in sich aufgenommen hatte. Ein dunkelsilberiges Gespinst war aus dem Richterschiff hervorgeschossen und hatte sich in wenigen Sekunden um das Fernraumschiff der SUPERNOVA-Klasse gesponnen gleich einer Hülle aus wimmelnden Würmern. Der dreitausend Meter große Raumer hatte ausgesehen wie ein Kokon, ehe die CHUVANC ihn eingeholt und in den Synkavernen verstaut hatte – einer mehrdimensional undimensionalen Zone, die der Kelosker Gholdorodyn als »Dimension Null-Minus-Eins« bezeichnet und der Toloceste Aus der Zeitreuse als »introvertiert grenzenlos« umschrieben hatte.

»Höchst interessant, dass in diesem Netz verborgene Hallen und Hangars untergebracht sind.«

Gucky verzog das Gesicht. »Nicht, wenn man drin gewesen ist. Es ist zum Abgewöhnen. Lauter widersprüchliche Eindrücke, die dir das Hirn aus der Nase rausdrücken wollen.«

»Aber du hast die RAS TSCHUBAI gesehen.«

»Irgendwie. Zweidimensional und – ich weiß auch nicht – raumlos.«

Wenn sie wenigstens Kontakt zur RAS TSCHUBAI hätten.

Seit das Schiff in den Synkavernen der CHUVANC verschwunden war, fehlte jeder Austausch. Ein Punkt, der Rhodan beunruhigte. Er wollte wissen, wie es der Mannschaft ging, den Tausenden Menschen, Posbis und den Laren. »Wenn wir in den nächsten Stunden keinen Kontakt zur RAS TSCHUBAI bekommen, müssen wir in die Synkavernen eindringen. Gholdorodyn wird uns einen Eingang berechnen – auch wenn er das sicher für oh, là, là hält.«

»Ein Himmelfahrtskommando? Klingt nach Spaß. Ich bin dabei.«

»Später. Falls es keinen anderen Weg gibt.«

Noch hoffte Rhodan, dass sich das ANC endlich meldete. Die rätselhafte Seele des Schiffs, die mit Richter Chuv, dem vorherigen Piloten, verbunden gewesen war, und die sich nun mit Atlan vereint hatte.

Mit Sicherheit konnte das ANC eine Verbindung zur RAS TSCHUBAI herstellen, wenn es das wollte. Ob das ANC eine Art Computerprogramm, ein positronischer Geist oder etwas ganz anderes war, war eine der vielen Fragen, die Rhodan derzeit beschäftigten.

»Wie du meinst.« Gucky griff in die virtuelle Steuerung, zog die Plattform hoch und flog auf eine Luke zu, die sich im unteren Drittel der Kommandosphäre gebildet hatte.

Rhodan ging an der Pilotengrube vorbei, die unterhalb der mattschwarzen Kugel lag. Drei Körper ruhten innerhalb der Kuhle auf drei von insgesamt fünf Pneumoliegen, die im Kreis angeordnet waren.

Eine der Liegen war größer als die anderen. Grünlich angelaufenes Metall ergänzte die ursprünglich kleinere Fläche. Auf ihr lag der Haluter Avan Tacrol, ein dreieinhalb Meter großer Koloss mit vier Armen, drei feurigen roten Augen und einem kugelförmigen Kopf. Um seinen schwarzen Schädel spannte sich eine speziell angefertigte Haube, die ihn mit dem Genius – dem Schiffsrechner der ATLANC – verband.

Um die Pilotengrube verteilten sich im Abstand von mehreren Metern vier weitere, kleinere, variable Einbuchtungen, die erst seit der Ankunft des zweiten Einsatzteams von Projekt Ultima Margo benutzt wurden. In ihnen konnten Holokonsolen aktiviert werden.

Eine dieser Gruben hatten Chefwissenschaftlerin Sichu Dorksteiger und ihr Team in Beschlag genommen, eine andere die Laren um Avestry-Pasik. In der dritten saß ein halbes Dutzend Soldaten der Liga-Flotte neben zwei terranischen TARA-Kampfrobotern auf dem Boden.

Rhodan erreichte die andere Raumseite und trat über eine geschwungene Treppe in die Kuhle zu Sichu Dorksteiger.

Die Ator war nicht minder exotisch als der Haluter auf der metallisch grünen Pneumoliege. Zwar war sie mit zwei Metern deutlich kleiner als dieser, doch die hüftlangen silbernen Haare und die hellgrüne Haut mit den goldenen Punkten und Mustern machten sie feenhaft schön. Die schmalen, juwelenbesetzten Ringe, die ihren silbernen Zopf in regelmäßigen Abständen zusammenhielten, wirkten stimmig zum Erscheinungsbild und kein bisschen vulgär und protzig, wie es leicht hätte der Fall sein können.

Neugierig beugte Rhodan sich vor. Er blickte über Sichus Arm auf eine Holoprojektion. Ein Wirbel aus unterschiedlich eingefärbten Linien floss ineinander, versehen mit einer Unmenge an Zahlen, die in Kolonnen durch die Darstellung rannen.

Rhodan fiel auf, dass Sichus Hautfarbe eine Nuance dunkler war als sonst. Die goldenen Sprenkel auf dem Grün des Unterarms verblassten. »Du siehst erschöpft aus. Bist du sicher, dass du keine Pause brauchst?«

Sichu wandte sich ihm zu. Sie war ein Stück größer als er, doch in diesem Augenblick erschien sie Rhodan wie ein neugieriges Kind, das gerade etwas unglaublich Aufregendes entdeckt hatte. Grüne Punkte tüpfelten die bernsteinfarbene Iris. »Versuch nicht, mich von meiner Arbeit zu trennen, oder du bist die längste Zeit deines Lebens ein Unsterblicher gewesen. Die Synchronie ist das Rätsel meines Lebens!«

Rhodan schmunzelte. Für ihn gab es auf dem Holo bloß Zahlen und Chaos. Was mochte die Darstellung für Sichu Dorksteiger bedeuten, eine der genialsten Wissenschaftlerinnen der Gegenwart? »Macht die Rätselauflösung Fortschritte?«

»Leider nein. Seitdem wir in die Synchronie eingeflogen sind, messen wir, was das Zeug hält. Wie genau die Atopen es gemacht haben, eine künstliche Dimension der Zeit zu erschaffen, bleibt nach wie vor ihr Geheimnis.

Ich kann dir ein paar vorläufige Hypothesen anbieten, die sich auf Teilphänomene beziehen. Hyperfelder, komplexe hexadimensionale Feldgefüge und Chronoströmungen mit anders gepolten Hyperquanten, die für Zeitverschiebungen sorgen, aber keine einzige plausible Gesamttheorie. Das Phänomen ist ebenso faszinierend wie verwirrend. Dummerweise sind unsere Möglichkeiten begrenzt, weil wir keine Verbindung zur RAS TSCHUBAI haben. Die wissenschaftliche Abteilung dort hat vielleicht schon Erkenntnisse gewonnen.«

»Können wir die ATLANC für Messungen nutzen?«

»Die Technologie der ATLANC entzieht sich unseren Begriffen und – auch wenn ich es ungern zugebe – unserem Verständnis. Sie ist wie eine hyperphysikalische Gleichung mit zu vielen Unbekannten.«

Gucky schwebte auf der Antigravplattform aus der Kommandosphäre. Er winkte Rhodan und Sichu heftig zu. »Kommt schnell! Atlan verliert die Kontrolle!«

Rhodan kannte Gucky gut genug, um die Angst in den großen Augen zu erkennen. Seine Muskeln spannten sich an, der Magen verkrampfte.

Wenn Atlan den sicheren Weg durch das energetische Chaos der Synchronie verließ, war die ATLANC verloren.

 

*

 

Farye Sepheroa nahm die Geniferenhaube vom Kopf und machte eine Pause. Die Pilotin atmete tief ein, schloss die Augen. Die Bilder, die sie beim Versuch wahrgenommen hatte, sich in der Synchronie zurechtzufinden, irrlichterten in ihrer Erinnerung.

Es war unmöglich, sich in diesem Wirrwarr aus Eindrücken zurechtzufinden.

Einen Moment genoss sie die Stille und die Dunkelheit.

Um die Pilotengrube in der Mitte der Zentrale lag ein transparenter, halbkugelförmiger Akustikschirm, der sie von den Geräuschen außerhalb abschnitt. Den fremden Geruch der Zentrale nahm sie dennoch wahr. Er hatte eine leicht beißende Note, die von den bernsteingelben Wänden ausging.

So wie die zwanzig Meter durchmessende Kommandosphäre über ihr konnte auch die Wand der Zentrale die Farbe verändern. Allerdings wurde sie nicht transparent. Je nach Wunsch des Kommandanten zeigte sie ein beunruhigendes Schwarz, ein changierendes Bernsteingelb oder ein steriles Weiß.

Farye streckte die Arme aus. Es würde gut tun, sich die Beine zu vertreten. Außerdem hatte sie Hunger. Blinzelnd hob sie die Lider. Perry ging an der Grube vorbei. Ob ihr Großvater zufrieden mit dem bisherigen Erfolg war? Als Leiter ihrer Mission hatte er einiges riskiert.

Sie hob die Hand – und öffnete erschrocken den Mund.

Was sollte das?

Ihre Hand samt Arm lag nach wie vor auf der Lehne der Liege. Die Finger ruhten ausgestreckt mit etwas Abstand nebeneinander. Gleichzeitig hatte sie den Arm gehoben. Es sah aus, als hätte sie sich in ein Wesen mit drei Armen verwandelt. Jedes winzige Detail, vom blassblauen Stoff des Overalls über den silbernen Ring ihrer Mutter bis hin zur Länge der Nägel war exakt gleich.

Sie spürte alle drei Arme. Unheimlich.

»Unmöglich!«

Samu Battashee schaute zu ihr, seine Liege stand näher als Avan Tacrols. Seine blauen Augen verengten sich. »Was ist?«

Farye blinzelte. Der zweite Arm auf der Lehne verblasste.

»Nichts. Ich ... ich habe zu wenig getrunken.«

»Wie wir alle.« Battashee setzte sich schwungvoll auf. Beinahe war Farye neidisch, wie fit er wirkte. Trotz der Belastung und der anstrengenden letzten Stunden machte er einen ausgeruhten Eindruck.

Sie hatten nur das Nötigste an Bord der ATLANC mitgenommen. Ihre Vorräte lagerten auf der RAS TSCHUBAI, von der sie abgeschnitten waren. Einige der Laren durchsuchten gemeinsam mit ein paar Robotern die ATLANC, waren aber bisher erfolglos gewesen.

Es gab eine ganze Reihe von Räumen, die sich gegen ein Betreten zur Wehr setzten, wenn sie keinen ausdrücklichen Kooperationsbefehl von Perry oder Atlan bekamen. Möglicherweise lagerten dort Nahrungsmittel und Wasser.

Eine andere Möglichkeit war, dass die Vorräte der ehemaligen Besatzung ebenso in den Synkavernen verstaut waren wie die RAS TSCHUBAI.

Battashee lächelte ihr zu. »Wir schaffen das.«

»Klar. Konzentrieren wir uns auf die Aufgabe.« Im Moment konnten sie wenig tun. Atlan lenkte das Schiff durch die Synchronie. Dennoch versuchten die Piloten, Informationen zu sammeln. Die Geniferenhauben verbanden Farye, Samu und Tacrol mit dem Schiff und ließen sie zu einer Einheit verschmelzen. Es war wichtig, sich an diese neue Einheit zu gewöhnen, ehe sie das Ende der Synchronie erreichten. Im Normalraum würden sie den Raumer steuern, nicht Atlan.

Falls es in den Jenzeitigen Landen so etwas wie einen Normalraum gab.

Die Synchronie jedenfalls brachte Farye zur Verzweiflung. Ihr war wahlweise übel oder schwindelig, wenn sie versuchte, sich in ihr zu orientieren.

Farye blickte zu Avan Tacrol, der in Trance zu sein schien. »Bereust du es?«, fragte sie Battashee.

»Dass wir endlich etwas gegen die Onryonen und die Atopen unternehmen? Zum Teufel, nein. Jederzeit wieder.«

»Geht mir genauso.« Farye fühlte Wut und Abscheu, wenn sie an die Onryonen und das Atopische Tribunal dachte. Das Tribunal hatte Perry – ihren Großvater – zu einer fünfhundertjährigen Haftstrafe verurteilt, für ein Verbrechen, das er angeblich erst noch begehen würde und das den Untergang der Galaxis bringen sollte. Durch die Atopen waren Perry und Farye getrennt worden, kurz nachdem sie sich einander angenähert hatten.

Um den Wünschen des Tribunals Nachdruck zu verleihen, benutzten die Onryonen Linearraumtorpedos, eine Waffe, die den Völkern der Milchstraße schwer zusetzte.

Ein entscheidender Punkt war, dass die Galaktiker zu wenig über die Atopischen Richter wussten und die Machtbasis der Atopen außerhalb ihrer Reichweite in den Jenzeitigen Landen lag. Eben in diese unbekannte Region war Perry Rhodan aufgebrochen, um mehr über das Atopische Tribunal zu erfahren und es – wenn möglich – zu bekämpfen.

Auch wenn die Onryonen und die Atopischen Richter sich weitgehend freundlich gaben, schreckten sie vor Gewalt und Massenvernichtung nicht zurück. Unter dem Vorwand der Hilfestellung hatten sie nichts anderes als eine Diktatur errichtet.

Das musste aufhören.

Sowohl den Atopen als auch ihren Hilfsvölkern musste Einhalt geboten werden.

Nachdenklich betrachtete Farye den Arm auf der Lehne.

Es gab ein Gut, das ihr wichtiger war als jedes andere. Vielleicht sogar wichtig genug, dafür zu sterben: Freiheit.

 

*

 

Perry Rhodan und Sichu Dorksteiger flogen auf einer Schwebeplattform in die Kommandosphäre. Haltefelder stabilisierten ihre Beine und sorgten dafür, dass sie nicht stürzten. Rhodan lenkte die eiförmige Plattform mit wenigen Gesten dicht an Atlan. Sie verankerte sich automatisch am Boden der zweiten Ebene, einer kreisrunden Plattform von sechs Metern Durchmesser, genau in der Mitte der Kugel. Die Haltefelder erloschen. Rhodan stieg auf die andere Plattform.

Innerhalb der Kommandosphäre fühlte er sich wie ein Akrobat ohne Fangnetz. Chuv und sein Sekretär waren darin zweifellos allein gewesen. Die Sphäre war von der Konzeption her trotz ihres umfangreichen Volumens für zwei Benutzer ausgelegt. Es gab keine weiteren Sitzplätze.

Rhodan fragte sich, ob es neben den Schwebeplattformen zusätzlich eine Transmitterverbindung auf die drei Etagen der Kommandosphäre gab. Falls ja, hatte er sie bisher nicht gefunden.

Atlan saß in einem von zwei breiten Sesseln, die momentan wie beim Fahrgeschäft eines Jahrmarkts direkt nebeneinander lagen und an einer einen Meter durchmessenden Achse montiert waren, die von Pol zu Pol reichte.

An die Stange angebracht saß eine der insgesamt drei Faltplattformen. Lediglich eine dünne Strebe hielt sie. Wie die anderen konnte sie mit einem einfachen Befehl ausgefahren werden, bis sie den Rand der Kugel erreichte und so einen Boden bildete. Ein Loch um die Mittelstange ermöglichte das Auf- und Abfahren der beiden Stühle von oben bis unten über alle drei Etagen hinweg. Zusätzlich konnten die Sessel die Achse beliebig umrunden.

Über Rhodans Kopf lag der ausgefahrene Boden der dritten Ebene mit einem Ruheplatz für Chuv, doch die Räumlichkeiten waren derzeit samt ihrer Einrichtungsgegenstände transparent.

Atlan machte einen mitgenommenen Eindruck. Die weißen, langen Haare hingen ihm wirr ins Gesicht, die Lider zuckten.

Behutsam legte Rhodan dem Arkoniden eine Hand auf das Schlüsselbein, dorthin, wo er den Zellaktivatorchip wusste.

Neben ihm griff sich Gucky an die gleiche Stelle, als wolle er sein eigenes Gerät überprüfen. Wie Atlan und Rhodan hatte auch der Mausbiber einen Aktivator, der ihn biologisch unsterblich machte.

»Sein Zustand hat sich plötzlich verändert«, sagte Gucky. »Eben war er noch ansprechbar, dann fiel er in Trance, und die Bilder haben gewechselt. Vorher hat das Holo etwas gezeigt, das genauso verwirrend war, aber anders. Ganz hell.«

Gucky deutete auf die Innenseite der Zwanzigmeterkugel, die wie ein Rundumholo funktionierte. Schlieren in Rostrot und Meergrün zogen sich über die gesamte Wölbung. Das Einzige, das sich Rhodan sofort erschloss, war jene Kurve, die Atlans Vitalwerte in einem kastenförmigen Bereich vor dem Arkoniden anzeigte. Sie waren erschreckend. Obwohl Atlan leblos auf dem Stuhl saß, ging sein Puls, als würde er um sein Leben rennen.

»Atlan?«, fragte Rhodan.

Keine Reaktion.

Vorsichtig drückte Rhodan zu, doch Atlan regte sich nicht.

Rhodan schreckte davor zurück, Atlan in seiner Aufgabe zu stören. Wenn er ihn schüttelte, mochte das dazu führen, dass der Freund endgültig die Kontrolle über die Steuerung verlor. »Wir müssen das anders regeln. Vielleicht haben die Piloten über die Schiffsverbindung einen Zugang zu Atlan.«

»Geht ihr! Ich bleibe bei ihm.« Gucky setzte sich im Schneidersitz auf den freien Platz neben dem Arkoniden und wischte ihm mit einem Tuch Schweiß von der Stirn.

Rhodan und Sichu schwebten durch die Öffnung aus der Kommandosphäre. Sie landeten, stiegen zusammen in die Pilotengrube.

Farye und Samu Battashee blickten ihnen entgegen, während Avan Tacrol in einer Art Trance war. Beiläufig überprüfte Rhodan das kugelförmige Holo im Zentrum der Liegen. Die Werte des Haluters waren normal. Offensichtlich konzentrierte sich Tacrol stark. Die drei Augen zitterten an den beweglichen Stielen. Sie waren geöffnet, aber nichts verriet, ob sie die Umgebung wahrnahmen.

»Atlan ist in einem bedenklichen Zustand. Wie sieht es aus? Könnt ihr erkennen, was er tut, und Kontakt zu ihm aufnehmen?«

Farye setzte sich, zog die Geniferenhaube vom Kopf und rieb sich die Schläfen. »Ganz ehrlich? Wir können nicht mal erkennen, was Atlan sieht! Die Synchronie mag das eine sein, aber das, was wir wahrnehmen, ist etwas ganz anderes. Es ist, als baute uns der Verstand Krücken im verzweifelten Versuch, irgendwie voranzukommen.

Im einen Moment bin ich einer Schneelandschaft, im nächsten treibe ich durch das Weltall, und die Hälfte der Zeit weiß ich weder, wer ich bin, wie ich heiße, noch wer Atlan ist. Je mehr ich mich konzentriere, desto größer wird die Verwirrung. Ich habe Halluzinationen in der Halluzination. Am schlimmsten ist es, wenn ich das Gefühl habe, in einer Art quecksilberner Masse zu schwimmen, in der jede Bewegung mich in eine andere Zeit reißt.«

Rhodan fiel auf, wie tief die Schatten unter Faryes braungrünen Augen waren. »Ich verstehe. Ich werde mich selbst darum kümmern.«

»Du hast einen Plan«, stellte Sichu fest. Sie war schon immer gut darin gewesen, andere zu durchschauen.

»Ja. Wir müssen herausfinden, was mit der RAS TSCHUBAI passiert ist. Wir brauchen endlich eine Verbindung. Und wir benötigen verlässliche Informationen über Atlan.«

»Denkst du, das funktioniert?«

»Was funktioniert?«, fragte Farye nach.

Die Ator lächelte. »Perry will mit dem ANC sprechen. Mit demjenigen Teil des Schiffs, der derzeit eng mit Atlan verbunden ist. Leider wissen wir nicht genau, was dieses ANC eigentlich ist.«

Rhodan griff nach einer der Geniferenhauben, die am Rand der Kuhle an einem lackgrünen Pfahl hingen. »Vielleicht finde ich es heraus. Farye, überlass mir bitte deine Liege.«

»Aber ...« Farye presste die Lippen zusammen und wechselte einen Blick mit Samu Battashee. »Wir haben keinen Kontakt zum ANC.«

»Ihr seid die Piloten. Ich bin der Kommandant. Außerdem bin ich sicher, dass das ANC mit euch Kontakt aufnehmen könnte, wenn es das wollte. Was immer es ist – es versucht, uns die Reise so schwer wie möglich zu machen. Es wird Zeit, dass jemand das ANC aus der Reserve lockt.«

Farye verließ ihren Platz. »Viel Glück.«

Rhodan legte sich auf die Pneumoliege. Im Gegensatz zu Farye und den anderen Piloten hatte er keine gesonderte Ausbildung erhalten, doch er wollte die ATLANC auch nicht steuern. Ihm genügte es, mit dem Schiff und seinem Genius – und dem, was immer das ANC sein mochte – verbunden zu sein.