Andrea Micus

Gefühle inclusive

Urlaubslieben und was aus ihnen wurde

Inhaltsverzeichnis

Cover
Titel
Über das Buch
Die Autorin
Inhaltsverzeichnis
GEFÜHLE INKLUSIVE
Einführung von Andrea Micus
Teneriffa · Sonja (38) erzählt
Südafrika · Beatrice (46) erzählt
Rhodos · Rebecca (32) erzählt
Ägypten · Vera (42) erzählt
Tunesien · Inge (49) erzählt
Sardinien · Elke (43) erzählt
Dubai · Susanne (32) erzählt
Marokko · Jutta (46) erzählt
Gran Canaria · Ursula (58) erzählt
Impressum
Mehr Kanaren-Literatur im Zech Verlag

Über das Buch

Fast jede Frau hat sich schon einmal im Urlaub in einen Einheimischen verliebt. Was macht Pablo, den Fischer aus Teneriffa, so viel attraktiver als Peter, den Angestellten aus Gelsenkirchen, dass wir ohne lange nachzudenken die Koffer packen und zu ihm in sein ­sonniges Land ziehen würden? Warum fliegen wir so auf die Reize von Abdul, Christos  oder Giorgio – trotz oder wegen der sozialen und ­kulturellen Unterschiede? »Er behandelt mich wie eine ­Prinzessin. Da fühlt man sich toll als Frau«, lautet das einhellige Urteil derjenigen, die es ausprobiert haben. Dieses Buch erzählt die Geschichten von neun Frauen, die ihren Traum wahr gemacht haben und bei ihrem Geliebten im ­Ausland geblieben sind. Einige mündeten in glücklichen Ehen, ­andere hatten kein Happy-End... Alle berichten von Missverständnissen und Schwierigkeiten im Umgang mit der fremden Kultur. Ein Blick in fremde Welten, wie er intimer kaum sein kann.

Die Autorin

Andrea Micus, Germanistin, schreibt seit vielen Jahren für Zeitschriften mit den Themenschwerpunkten Frauen und Partnerschaft. Sie ist Autorin diverser Bücher und lebt und arbeitet in Deutschland und Spanien.

 

www.editorial-zech.es/de/autoren/andrea-micus

Einführung von Andrea Micus

Marina, Marina, Marina ... wunderbares Mädchen...« Aus allen Radios trällerte Rocco Granata in den 60er Jahren dieses Lied. Es war ein Hit, weil die Mischung das Herz der Hörer traf. Sonne, Süden, Palmen, Fernweh und Liebe. Zutaten, die noch heute alle Zuhörer zum Träumen bringen.

Damals wurde die Urlaubsreise erstmals auch für die breite Masse erschwinglich. Und damals begann auch der Urlaubsflirt seinen rasanten Aufstieg. Exotik kehrte in die Betten ein. Gisela aus Wanne-Eickel schwärmte nicht mehr vom Verkäufer Kurt aus dem Lebensmittelgeschäft nebenan, sondern vom Pizzabäcker Antonio aus Alassio.

Italien verkörperte die Sehnsucht von Millionen Deutschen, und die italienischen Männer beflügelten die Träume der deutschen Frauen. Scharenweise ging’s über die Alpen direkt an Adria und Riviera und damit auch in die Arme der Papagalli. Die stürzten sich förmlich auf die hoch gewachsenen blonden Frauen aus Münster, Gladbeck oder Ingolstadt, weil die ihren Charme noch nicht kannten und leichtere Beute waren als die einheimischen Frauen.

»Diese Männer sind einfach anders als unsere. Sie sind charmant, tanzen gut und geben einem immer das Gefühl, ein Star zu sein«, erinnert sich Veronika aus München, die damals zum Entsetzen ihrer Familie Francesco aus Rimini direkt vom Urlaub mit ins bayrische Garmisch-Patenkirchen brachte. Er war wohl das erste lebende Souvenir in Oberbayern. Heute gehört ihm eine gut gehende Pizzeria auf der berühmten Münchner Leopoldstraße. Francesco kam aus Liebe nach Deutschland. Die Ehe hält heute noch.

»Aber dass alles so gut lief, lag daran, dass er genau wusste, was ihn hier erwartete, und er klare Ziele hatte«, erklärt Veronika. »Francesco war auch in Italien erfolgreich. Er hatte Startkapital in der Tasche und konnte sich so bei uns schnell etwas aufbauen. Deutschland war ihm nie richtig fern. München-Alassio, das war nicht nur entfernungsmäßig, sondern auch im Herzen ein Katzensprung.«

Urlaubslieben wie diese bereicherten beide Seiten. Deutsche Frauen erlebten ihr »Dolce Vita«. Italienische Männer bauten sich Existenzen auf.

Doch wenn mehr als ein Katzensprung zwischen den Ländern liegt, sind oft auch die sozialen, kulturellen und religiösen Unterschiede größer. Wer zunächst meint, in der Ferne sein lang ersehntes Glück gefunden zu haben und brauche nur noch zuzugreifen, kann bald großen Problemen gegenüberstehen. Also nur den lockeren Flirt genießen und mit dem Ende des Urlaubs aus dem Gedächtnis streichen? Oder sicherheitshalber einfach ganz die Finger davon lassen? Das sagt sich so leicht. Wer träumt nicht vom ewigen Glück? Und was ist schon Urlaub ohne Liebe? Sommer, Sonne, Glücklich-Sein, die Hochglanz-Magazine der Touristik-Unternehmen versprechen viel. Doch so mancher Tourist will mehr als gutes Essen und Traumstrände. In einer Gesellschaft, in der fast 40 Prozent der Bevölkerung Singles sind, in Großstädten sogar mehr als die Hälfte, soll es in den schönsten Wochen des Jahres auch etwas für Herz und Unterleib sein.

Über vier Millionen Deutsche verreisen mehrmals im Jahr. 90 Prozent der Reisefreudigen haben in den Ferien auch schon mal jemanden näher kennen gelernt. »Im ­Urlaub muss die Ferienliebe blühen«, wünschen sich nach einer Umfrage der Frauenzeitschrift Cosmopolitan immerhin 25 Prozent der Deutschen, wenn sie ihre Koffer packen. Bei einer Repräsentativumfrage der Universität Koblenz bekannten sich sogar 44,8 Prozent der ledigen Touristinnen zu einem heftigen Urlaubsflirt, der aber meist schon vergessen war, wenn der Flieger abhob und die Turtler zurück in den Alltag brachte.

Absolute Spitzenreiter im Herbeiführen von Love and Kisses sind Ferienclubs mit ihrer breiten Palette von Urlaubs­angeboten. Bei den Animateuren, den professionellen Spaßmachern der Urlaubsbranche, die die Gäste bei guter Laune halten müssen, liegt die Verkupplungsquote bei achtzig Prozent. Die meisten Bekanntschaften werden übrigens bei Festen am Ferienort gemacht, dann folgen Strandpartys, Discos, Sprachkurse.

Allerdings entwickeln sich nur 16,2 Prozent aller in den Ferien eingegangenen Verbindungen später zu einer festen Beziehung, und nur drei Prozent der Urlaubsflirts enden vor dem Standesamt. Doch viele dieser Ehen haben keinen Bestand. Sie scheitern, weil der Partner, der ins Ausland zieht, den Kulturschock nicht verkraftet oder weil Urlaub einfach anders funktioniert als Alltag.

Der Umfrage von Cosmopolitan zufolge haben sechs Prozent aller deutschen Single-Frauen am Urlaubsort regel­mäßig Sex mit einheimischen Männern. Wofür hat man denn schließlich bezahlt? Und man bekommt im globalen Tourismusgeschäft nun mal überall Gefühle oder was man im Rausch der Ferien dafür hält.

Sexreisen für Männer gibt es schon lange. Man reist der Lust wegen nach Thailand oder Jamaika. Der Deal ist klar. Die Frau verkauft ihren Körper, der Mann zahlt. In diesen Ländern boomt mit dem Tourismus auch die Prostitution.

Frauen dagegen wollen in der Regel von professionellen Liebhabern nichts wissen, auch wenn an der Hotelrezeption schon mal unter der Hand ein männlicher Begleiter für eine Woche angeboten wird. Ihre Lust segelt meist unter romantischer Flagge. Sie wollen Liebe nicht kaufen, sie wollen umworben und erobert werden. Getreu dem Motto: Heirat nicht ausgeschlossen.

Mit der Zunahme des Reisegeschäfts, besonders im Segment der allein reisenden Frauen, haben auch die einheimischen Männer die Liebe im Bereich Tourismus für sich entdeckt. Rund um den Erdball haben die einheimischen jungen Männer eine Einnahmequelle daraus gemacht. Man kann Souvenirs verkaufen, nette Gespräche fuhren, aber auch ganz gezielt mit einer Frau anbandeln und ihr Liebe vorgaukeln. Solche Profi-Casanovas gehören längst zum Bild aller Urlaubsmetropolen. Meist sind es Urlaubsländer mit großem ökonomischem und sozialem Gefälle, in denen die jungen Strandcharmeure vom Reichtum der Nordländerinnen profitieren wollen, indem sie ihren Körper zu Markte tragen. Sie locken mit einer Mischung aus Romantik und Potenz und kümmern sich nur allzu gern um einsame Touristinnen.

Ob in Kenia oder auf Jamaika, im Senegal, in der Türkei, in Tunesien oder Marokko, sie sind oft schon auf dem Flughafen zur Stelle, bieten sich charmant als Kofferträger an, wollen das Taxi besorgen oder zu den billigsten Umtauschbüros führen. Spätestens am Strand oder in den Diskotheken und Bars der Urlaubszentren entkommt keine Frau mehr der professionellen Anmache einheimischer Männer. Die Beziehung zu ihnen bewegt sich in einer Grauzone aus Anmache und Anziehung, sexueller Ausbeutung, Helfersyndrom und immer wieder Gefühl.

»Er behandelt mich wie eine Prinzessin. Da fühlt man sich toll als Frau. Und was den Sex betrifft: einfach klasse«, lautet das einhellige Urteil der Frauen, die es ausprobiert haben. Die Strandjünglinge ziehen nämlich alle Register der Verführung. Ihr Handwerkszeug ist Einfühlungsvermögen und viel Gespür für die Wünsche und Träume der ­Touristin. Die Frauen glauben nicht selten, endlich ihren ersehnten Prinzen gefunden zu haben. Bei dieser Art von Begegnung verknüpfen sich die emotionalen Wünsche der Frauen auf ganz eigene Weise mit den ökonomischen Bedürfnissen der Männer.

Für die Frauen selbst fällt ihre Affäre nicht in die Kategorie Sextourismus. Sie bezahlen ja auch nicht in barer Münze, wie es bei Männern und ihren gekauften ­Liebesdamen in Thailand oder Brasilien üblich ist. Sie schenken vielmehr Parfüm und Kleidung, laden ihren Liebhaber zum Essen ein oder nehmen ihn ein paar Tage mit auf den Trip durchs Land. Diese verschämte Bezahlung ordnen sie gern als »Liebesdienst« ein oder sprechen gar von »Entwicklungshilfe«.

So verbringt Gertrud, eine über siebzigjährige Beamtenwitwe, Jahr für Jahr die Wintermonate in Agadir, sitzt dort gertenschlank und durchtrainiert im sonnengelben Bikini an den Strandbars und schäkert mit Männern, die jünger sind als ihre Enkelkinder. Sie reist mit Kisten voll Bohrmaschinen, Handys und edlen Rasierwässern an. »Das gibt’s dann immer zwischendurch«, strahlt sie. Ihre Großzügigkeit hat sich herumgesprochen. An Flirtkontakten mangelt es ihr nicht. Sie geht selten allein in ihr schickes Ferienapartment.

Die Einheimischen kennen und akzeptieren die »Jobs« ihrer Landsleute. Viele profitieren davon: die Kneipen, in denen bei den Schmusetouren kräftig bestellt wird, die Taxi­fahrer, die die Liebeswilligen nach Hause bringen. Meist kommen die männlichen Gespielen aus der Unterschicht. Die Familien freuen sich über das Zusatzeinkommen. Bei den Freunden gilt man als potent, als ganzer Mann, und besitzt Statussymbole wie Handy und Markenfeuerzeuge, die fürs Image gut sind.

Wenn beide wissen, dass es so läuft, why not? Schmerzen bereiten diese Verbindungen aber dann, wenn Frauen sich nicht nur Abenteuer, sondern lebenslanges Glück erhoffen. Da ist ein Desaster vorprogrammiert. Was viele nicht wahrhaben wollen: Urlaubsflirts sind oft einseitig. Die Frauen lieben, aber die Männer wollen Geld und Perspektive.

»Hier wollen doch alle nur weg«, hört man von Mohammed in den Suks von Agadir. Er ist 25 Jahre alt und schlägt sich mit Gelegenheitsjobs durch. Am liebsten arbeitet er in der Nähe der großen Hotels. Da kann man schnell Frauen kennen lernen. Sein Freund Iman erklärt: »Bei einem Durchschnittseinkommen von rund 250 Euro gibt es kaum eine Perspektive. Wir haben kein Geld, eine Familie zu gründen, keine Aussicht auf eine feste Arbeit. Was bleibt, ist die Hoffnung, eine Touristin kennen zu lernen, zwecks Heirat und Zukunft in einem anderen Land.« Das Alter der Damen spielt dabei keine Rolle. »Am besten läuft es bei Frauen zwischen 35 und 60«, stellt Mohammed klar. »Sie sind auf jeden Fall unabhängig vom Elternhaus. Auch ­haben sie meist schon diverse Enttäuschungen hinter sich und sind offen für einen Neuanfang mit einem Partner von der ­anderen Seite des Mittelmeers.«

Das weiß er von einem älteren Freund, der jetzt in Wolfsburg in einer Autofabrik arbeitet. Der hat eine Frau gefunden, die ihn geheiratet und mitgenommen hat. Jetzt kommt er einmal im Jahr nach Hause, zeigt offen seinen Wohlstand und gibt die Anleitung zum Glücklich-Sein weiter.

Doch die Emotionalität, Sinnlichkeit und ­Männlichkeit, die Südländer in ihrem Heimatland ausstrahlen, kann sich rasch verflüchtigen, wenn der begehrte Latin Lover schließlich in der Gelsenkirchener Zweizimmerwohnung in Puschen vor dem Fernseher sitzt. So platzt der schönste Liebestraum. Kaum einer dieser Männer ahnt indessen, was ihn in Deutschland erwartet, wenn nicht alles glatt läuft. Wenn sie übersiedeln, haben sie Bilder und Projektionen im Kopf, die sich nicht mit der Wirklichkeit decken. Es fehlen Freunde und das gewohnte Umfeld. Sie können sich nicht richtig verständigen und werden in ihrer orientalischen Mentalität nicht akzeptiert, denn der deutsche Alltag ist von Konkurrenzdenken und Leistungsdruck geprägt.

Genauso desillusionierend kann es sein, wenn die verliebte Touristin im Ausland Fuß fassen will. Urlaub ist nun mal etwas anderes als Alltag. Und ein Urlaubsort wird zum Paradies, weil man hier eben nicht Kaffee kochen und Wäsche waschen muss. Man geht morgens ans Buffet, planscht in blitzblanken Pools und ordert Cocktails an den Liegestuhl. So lässt es sich aushalten.

Doch das wahre Leben sieht oft ganz anders aus. Statt in den Inseln des Wohlstands, den Hotels, zu leben, landen die frisch verliebten Frauen in Hinterhöfen oder entlegenen Bergdörfern bei der Familie des Auserwählten. Statt in gepflegten Suiten schläft man in schlichten Unterkünften, die nicht im Entferntesten unseren nordeuropäischen Ansprüchen genügen. Plötzlich findet man sich in einem fremden Kulturkreis wieder. Die Familie aus Deutschland kann sich nur fügen und irgendwie mitspielen. Die Sprachbarriere erschwert die Verständigung. Papa bestimmt. Mama kocht. Man ist allein. Der geliebte Mann arbeitet weiter als Kellner, an der Rezeption, als Musiker oder Discjockey. Nur dass ihn jetzt andere Touristinnen anschmachten.

Um dem zu entkommen, suchen die Frauen schnell Arbeit und landen im besten Fall als Reiseleiterin bei einem Touristikunternehmen. Doch die Arbeitsbedingungen sind hart. Kündigungsschutz gibt es nicht, und die Bezahlung ist den ortsüblichen Tarifen angepasst. Schicke Hotels oder wie früher Disco- und Restaurantbesuche kann man sich damit nicht mehr leisten.

All das soll die Liebe wettmachen? Klappt selten! Meist geht die Romantik in Windeseile nahtlos in Frust über. Es folgen Streit, Trennung, Rückkehr. Eine wirkliche ­Annäherung und das Sich-Einlassen auf die fremde Kultur sind immer mit großen Anstrengungen verbunden. Das kann einem auch der verliebteste Partner nicht abnehmen. Man muss sich allein durchbeißen. Doch viele sind davon eindeutig überfordert. Die Ehen scheitern schnell. Zurück bleiben Enttäuschungen, Verletzungen und nicht selten große finanzielle Belastungen für beide.

Aber ist es nicht immer mit einem Risiko verbunden, wenn man sich auf eine Beziehung einlassen will? Wer sagt denn, dass sich der gut aussehende Bürokollege mit Aktenkoffer und Dienstwagen nach Feierabend nicht auch in einen Langweiler im Jogginganzug verwandeln kann. Und der nach Abenteuer riechende deutsche Fernfahrer enttarnt sich womöglich am arbeitsfreien Wochenende als penetranter Sofahocker, der es vorm Fernseher bei »Wetten dass...?« aushält. Fast alle Frauen wissen auch längst, dass die in Deutschland zur Schau gestellten Statussymbole selten Fundament haben. Der Mercedes entpuppt sich als Leasingmodell, und das Papier der Visitenkarte ist ohnehin geduldig.

Na bitte! Hundertprozentige Sicherheit bei der Partnerwahl gibt’s nun mal nicht. Warum soll man also nicht der Ferienliebe eine Chance geben? Warum kann sich nicht auch mal ein Frosch von weit her als Prinz entpuppen?

Kann – ja! Aber man sollte bei der Prinzensuche vorsich­tig sein, darf den Verstand nicht ausschalten und muss die Spielregeln kennen. Vor Pauschalurteilen muss man sich natürlich hüten.

Es ist gewiss nicht so, dass alle Männer, die sich um Touristinnen bemühen, es auf ihr Geld abgesehen haben. Der spontane Flirt jenseits professioneller Verführungskünste gehört zum Alltagsleben in den Urlaubsländern dazu. Menschen aus anderen Kulturkreisen kennen zu lernen macht ja Spaß. Viele Männer, gerade die etwas besser situierten, haben einfach Freude daran, nette Frauen zu treffen und auszuführen. Das öffnet den Horizont, holt einen aus der Alltagsroutine. Warum soll sich der zypriotische Schullehrer nicht mal mit einer Kollegin aus Deutschland treffen? Der spanische Immobilienmakler hört von der deutschen Sekretärin Neues aus dem Land seiner Kunden. Davon können beide profitieren.

Darüber hinaus findet durch die gewaltige Urlaubsmaschinerie ein ungewöhnlich positiver Austausch statt zwischen Menschen aus ganz verschiedenen Kulturkreisen, mit sehr unterschiedlichem Lebensstandard und Bildungsstand. So kommen sich Menschen, auch intim, näher, die sich unter anderen Umständen nie kennen gelernt hätten. Wo sonst sollte eine schicke, weltgewandte Bilanzbuchhalterin einem Fischer begegnen, der weder lesen noch schreiben kann, wenn nicht im Ferienparadies? Da ist sie Gast. Er zeigt, wie man fischt. Auf der Ebene der Gastfreundschaft kommt man sich näher. Job und Verantwortung sind weit weg. Hier darf man noch ich sein, ohne Kleiderzwang und Etikette. Die Buchhalterin lässt die Hüllen fallen.

Doch nicht für immer. Nach zwei, drei Wochen nur anfangs romantisch verklärtem Alltag zwischen Netzen und Oliven sehnt sie sich nach Pumps und Fitness-Studio. Sie geht. Er bleibt, wo er ist. Die Liebe ist unter der Rubrik »Vergangenes Glück« verstaut. Profitieren können beide, obwohl beiden bewusst ist, dass ihre Gefühle nicht alltags­tauglich sind. Sie lassen es bleiben, sich unnötig zu verbiegen. Der Versuch, den Sprung hinweg über Konventionen und Bildungsunterschiede zu schaffen, wäre ein vergeblicher Kraftaufwand. Solche Urlaubslieben blühen im Verborgenen. Die Einheimischen beobachten und schweigen.

Die Buchhalterin erzählt sowieso nicht, warum der diesjährige Rhodos-Aufenthalt so erfüllend war. Doch eines weiß sie genau: Im nächsten Jahr geht’s auf eine andere Insel. Konflikte kann sie nicht gebrauchen.

Doch manchmal wollen Frauen Liebe über den Urlaub hinaus leben. Egal wie und wo. Da ist die lebenserfahrene Frau in den mittleren Lebensjahren mit einer gesicherten Existenz. Sie ist bereit, noch einmal alles zu verändern, setzt alles auf eine Karte und zieht in die Ferne, um in der Bambushütte, im Fischerhaus oder der Villa am Hang zu leben. Dabei scheint sie die fremde Realität einfach auszublenden. Für sie gilt: Nur die Liebe zählt. Diesen »Luxus« will sie sich endlich auch mal gönnen. Aussteigen aus Konventionen und Normen, nur fürs Gefühl leben, wie es einem keiner zutraut. Warum nicht in einem anderen Land? Denn auf die Ferne ist viel Sehnsucht fixiert. Sie repräsentiert all das, was man sich immer verwehrt hat.

»Ich habe meine gut gehende Heilpraktiker-Praxis geschlossen und für mich und meinen marokkanischen Freund ein Haus am Meer gekauft«, strahlt Regina, die ihren Raoul im Urlaub in einem Suk kennen gelernt hat. Sie hat sofort Nägel mit Köpfen gemacht und in Deutschland alles aufgegeben. Jetzt bietet sie Therapiekurse für gestresste europäische Frauen an. Er, zwanzig Jahre jünger, hat sich dank ihrer Finanzspritze drei Kamele gekauft, auf denen er Touristinnen am Strand durch den Sand schaukeln lässt. Die Liebe währt schon ein Jahr. Doch sie hat bereits Risse.

»Uns fehlt der Austausch. Er zieht nicht mit. Wenn ich Konzepte durchgehen und mein Haus erweitern will, treibt er sich mit seinen Freunden am Strand herum und blinzelt in die Sonne. Ich bin enttäuscht. Er hat mir doch so viel versprochen. Es kann doch nicht alles nur Schau gewesen sein.« Regina denkt an Trennung. Doch das Haus und ihre neue Existenz will sie behalten. »Ich fühle, dass das hier der Platz ist, an dem ich leben muss. Das Schicksal hat mich an diesen Strand gespült. Ich muss herausfinden, welchen Sinn das hatte.« Während Männer Kanada auf dem Pferderücken durchqueren oder den Himalaja besteigen, machen Frauen ihre vermisste Grenzerfahrung auf den Klippen der Seele.

Auch die frustrierte, vom Leben enttäuschte Frau, die jahraus, jahrein an einer Supermarktkasse sitzt oder in einem Großraumbüro Bildschirmarbeit macht, träumt sich zu gern in eine märchenhaft bunte Kulisse zwischen Meeresplätschern, Fischerromantik und Nichtstun. »Ach, wie herrlich! Könnte ich doch bloß jeden Tag auf dieser Terrasse frühstücken und aufs Meer schauen«, schwärmte Anika im Urlaub auf Kreta. Doch wie soll das gehen? Man spricht die Sprache nicht. Das Geld reicht nur für eine Woche Club­urlaub, und allein auf einer fremden Insel würde man sich auch nicht wohl fühlen. Also: Aus der Traum vom Leben unter südlicher Sonne.

Es sei denn ... der passende Mann ist da. Dann hätte man zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen. Aussteigerträume, gepaart mit der großen Liebe. Idealer kann es nicht sein. Die Zahlen sprechen für sich: Allein in der Botschaft in Tunis informieren sich Jahr für Jahr 1500 deutsche Frauen über die Formalitäten von Ein- und Ausreise und Eheschließung mit einem tunesischen Partner.

Den meisten deutschen Frauen erscheint der Traum vom gemeinsamen Leben im südlichen Heimatland des Partners letztlich doch zu fragwürdig. Oft schreckt ein islamisch geprägtes Umfeld ab. Fast immer aber stehen bei genauerem Begutachten die schlechten Arbeits- und Verdienstmöglichkeiten im Wege. Sie ziehen es deshalb vor, in Deutschland zu heiraten und zu leben. Die Partner verstärken diesen Wunsch, in der Hoffnung auf einen gehobenen Lebensstil oder eine bessere Lebensperspektive in dem reicheren Land. Für welchen Wohnsitz die Paare sich auch entscheiden, der Partner wird jeweils zum Schlüssel fürs Paradies.

Als Fazit bleibt: Nicht nur die Liebe macht blind, auch ein Urlaub ist dazu geeignet. Der Stress fällt ab, man möchte einmal raus aus seiner Haut, auch mal über die Stränge schlagen, nicht immer nein sagen müssen. Man kann sich erlauben, seinem Herzen zu folgen und Entscheidungen aus dem Bauch heraus zu treffen.

Dazu kommt eine Scheinkulisse und eine künstlich erzeugte entrückte Stimmung. Urlaub findet nun mal an den schönsten Plätzen der Erde statt. Die Wüste ist bewässert und üppig bepflanzt. Die Animateure gaukeln rund um die Uhr gute Laune vor, und ein geschultes Hotelpersonal schafft die unwirkliche Atmosphäre von Verwöhnt-Werden und Sorgenfrei-Sein. Man muss sich um nichts kümmern. Das Essen kommt. Das Bett wird gemacht. Man bekommt jeden Wunsch von den Augen abgelesen. Was hinter den Kulissen passiert, soll und will man auch nicht sehen. Kinohits wie »Die blaue Lagune« oder der Fernsehdauerbrenner »Traumschiff« bringen uns Bilder ins Wohnzimmer, wie schön die Ferien sein können.

»Im Urlaub will ich nur schöne Dinge erleben«, haben Reisende in dem Fragenkatalog eines großen Reiseveranstalters unter Wunsch eins angekreuzt. Von sozialem Elend, Problemen wie Arbeitslosigkeit und Dürre, Missständen wie Diskriminierung, Folter oder Menschenhandel will man im Urlaub nichts wissen. Man lebt in einer Scheinwelt, und da ist nun mal auch Platz für Scheingefühle.

Flirts mit Achmeds und Giorgios tun der Seele gut, möbeln das Selbstbewusstsein auf und geben neue Impulse. Dorit erzählte nach einer heißen Liebe mit ihrem ägyptischen Tauchlehrer: »Ich bin offenbar doch nicht so langweilig, wie ich immer gedacht habe. Das hat mir Mut gemacht, mich auf die frei gewordene Stelle als Abteilungsleiterin in unserem Unternehmen zu bewerben. Ich habe in Ägypten drei Wochen lang gehört, wie toll ich bin. Jetzt glaube ich es selber.«

Doch wenn die Gefühle Purzelbäume schlagen und Juans und Abduls auch zu Hause noch die Gedanken belagern und die Liebe nach Erfüllung schreit, wird’s schwierig. Man kann sich in den nächsten Flieger setzen und überprüfen, ob die Gefühle auch länger als zwei Wochen anhalten. Man kann auch pendeln, bis die Gefühle verraucht sind. Man kann aber auch das große Glück in der Ferne finden und behalten. Die Erfahrung zeigt:

Damit die Liebe auch im Alltag Bestand haben kann, dürfen die Unterschiede in Kultur, Bildung, Einkommen, Alter nicht zu groß sein. Der Bootsführer aus Hurghada hat nun mal in Köln keine große Chance, sein Leben glücklich zu gestalten. Es würde ihm auf Dauer nicht gefallen, die Jelabba, das traditionelle Gewand, gegen Jeans und Pulli zu tauschen und in einer Zweizimmerwohnung auf seine zwanzig Jahre ältere Ehefrau zu warten. Zweifellos würde er sehr bald versuchen, dieser unerwarteten Hölle zu entrinnen. Wer sein Glück mit dem Mann aus der Ferne auch über Bildungs- und Kulturunterschiede hinweg behalten will, sollte nach anderen Lösungen suchen.

So wie die vierzigjährige Carmen aus Duisburg. Sie hat eine gefunden. Seit fünf Jahren pendelt sie zwischen Frankfurt und Djerba. Dort lebt ihre große Liebe Achmed. Er ist knapp dreißig und hat eine kleine Teppichweberei, ernährt damit sich und seine Eltern. Beide haben sich entschieden, in ihrem Umfeld zu bleiben, sich aber die Gefühle füreinander zu erhalten. »Das war der einzige Weg, zusammenzubleiben«, sagt sie zufrieden. »Ich fliege viermal im Jahr nach Tunesien und lebe dann in seiner Großfamilie. Wenn ich in Rente gehe und wir dann noch zusammen sind, will ich auch länger dort bleiben. Aber für immer würde ich in Tunesien nicht glücklich. Ich habe einfach glasklar zwischen Kopf und Herz getrennt und nur gemacht, was möglich ist.«

Es geht also. Wer will, kann jeder Urlaubsliebe eine Chance geben.

Gute Reise!

Teneriffa · Sonja (38) erzählt

Ich arbeite für zwölf Mark pro Stunde in einer Boutique. Zehn Stunden am Tag. Ein Knochenjob! Aber ich bin froh, überhaupt Arbeit zu haben. Jobs sind auf Teneriffa Mangelware. Seitdem die Touristenzahlen rückläufig sind, haben viele Geschäfte geschlossen. Fast alle mussten Mitarbeiter entlassen. Ich werde wohl weiter in meiner Boutique arbeiten können, aber nur weil ich wenig koste. Ich arbeite ohne Steuerkarte. Das Geld bekomme ich bar auf die Hand. Sonst würde es sich überhaupt nicht lohnen. Die Boutique liegt direkt am Parque Marítimo. Eine super Lage. Mein Plus sind meine Sprachkenntnisse, denn meine Kunden sind fast ausschließlich Deutsche.

Wenn sie in der Hauptsaison von Oktober bis April aus dem tristen Deutschland kommen, stürzen sie sich zuerst auf unsere bunten Flatterkleider. Die Farben tun der Seele gut, und wenn ich ihnen dann sage, dass ich hier lebe, überschütten sie mich mit neidvoller Bewunderung:

»Sie Glückspilz, Sie haben ja das große Los gezogen« oder »Ich würde viel tun, wenn ich mit Ihnen tauschen könnte«. Sülze, die ich Tag für Tag zu hören bekomme. Ich lächele dann freundlich und nicke:

»Ja, Sie haben Recht. Ich bin auch wirklich sehr, sehr froh, auf dieser ­Insel leben zu dürfen. Es ist ein Hauptgewinn. Ich lebe da, wo andere Urlaub machen. Das ist wirklich schön.« Doch in meinem Herzen dachte ich lange anders darüber.

Mein Leben mag auf den ersten Blick nur schöne Seiten haben. Auf den zweiten ist es sehr entbehrungsreich. Ich habe zwar reichlich Sonne, das stimmt. Und ich kann aufs Meer blicken, das stimmt auch. Aber ich muss dafür auch einen hohen Preis bezahlen. Man bekommt nämlich im Süden nichts geschenkt, und auch hier wird, wie man so schön sagt, nur mit Wasser gekocht.

Es ist ein großer Unterschied, ob man nach Spanien in den Urlaub fährt oder dort leben will. Statt sich in den eleganten Hotels am Pool zu sonnen, muss man sich dann nämlich durchbeißen, sich behaupten, kämpfen. Nicht genau so wie in Deutschland, nein, viel härter. Denn man ist ein Fremder, ein Außenseiter, der das System und seine Verwicklungen nicht kennt. Man hat auch kein intaktes Netz von Freunden, auf das man zurückgreifen kann, und man hat Probleme, die Reaktionen der anderen einzuschätzen. Man kennt sich eben nicht aus.

Ich habe in den dreizehn Jahren, die ich hier lebe, viele Deutsche mit der Handtasche kommen, aber auch wieder gehen sehen. Sie haben sich in eine Scheinwelt geträumt und gedacht, dass man hier mit einem Lokal oder einer Boutique das große Geld verdienen kann. Natürlich ohne viel Arbeit. Sie wollten tagsüber am Strand liegen und abends die Kasse mit nach Hause nehmen. Ein Traum, der meist nur wenige Wochen anhält. Dann sind sie völlig frustriert und meist auch komplett verarmt und müssen nach Hause zurück, um eine bittere Erfahrung reicher. Doch von alldem hatte ich keinen blassen Schimmer, als ich vor sechzehn Jahren zum ersten Mal auf die Insel flog.

Alles begann an einem verregneten Novembertag. »Einmal Sonne, bitte. Egal, wohin!« Mit diesen Worten stürmte ich damals nach der Arbeit in das kleine Reisebüro in meiner Nachbarschaft.

Damals war ich wirklich auf der Sonnenseite des Lebens. Ich hatte gerade meinen dreißigsten Geburtstag gefeiert und war mit einem Bombenjob als Kosmetik-Vertreterin finanziell bestens ausgestattet. Ich düste durch die ganze Republik und präsentierte in Apotheken eine gefragte Luxusmarke. Als gelernte Kosmetikerin verstand ich es, mich gut zurechtzumachen. Hübsche Kleidung konnte ich mir auch leisten. Ich besaß einen flotten Firmenwagen und ein schickes Zuhause. Mit dem Single-Dasein hatte ich mich nach einer gescheiterten Kurzehe von zwei Jahren bestens arrangiert. Mein Ausgleich war ein großer Freundeskreis. So war Einsamkeit ein Fremdwort für mich. In den Tagen, in denen ich nicht jobmäßig auf Tour war, unternahm ich pausenlos privat etwas.

Doch an diesem Tag fühlte ich mich restlos ausgebrannt. Keine Frage, ich war einfach urlaubsreif. Deshalb hatte ich mir an diesem verregneten Herbsttag noch kurz vor Ladenschluss schnell einen Mantel übergeworfen und war rüber ins Reisebüro gestürzt. Ich wollte nur eine Woche raus, Sonne tanken, Seewind schnuppem. Wohin, war mir egal. Keine fünf Minuten, und ich hatte eine Woche Teneriffa gebucht, Hotel Maritim in Puerto de la Cruz.

Schon fünf Tage später landete ich auf dem Flughafen Reina Sofía im Süden der Kanareninsel. Ja, und in der Ankunftshalle wartete er bereits auf mich, Juan, der Mann, der mein Leben aus den Angeln heben sollte.

Da stand er mittelgroß, sportliche Figur, ­tiefschwarzes Haar, ebenmäßige Gesichtszüge. Ein Hingucker, der Para­de­­typ des Latin Lover. Er trug eine beige Leinenhose, Jeanshemd, schwarze Slipper und musterte mich mit ­einem durchdringenden Blick, der mir das Blut in den Adern schockgefrieren ließ. Erst auf den zweiten Blick sah ich das Schild mit meinem Namen in seiner Hand. Für eine Sekunde erstarrte ich. Dieser Traummann war gekommen, um mich abzuholen! Das konnte ja heiter werden.

Ich war schon mächtig verlegen, als ich ihm meinen Koffer gab. Er reagierte toll, verwickelte mich sofort in ein Gespräch über meine Reise und nahm der Situation alles Verkrampfte. Im Auto setzte ich mich nach hinten. Er rutschte hinters Steuer. Wahrend der Fahrt musterte ich ihn aufmerksam. Er fuhr gut, ruhig und ausgewogen, und er verband die Fahrt gleich mit einem kleinen Einführungsvortrag über das Inselleben. Ich lauschte fasziniert seiner Stimme. Von Satz zu Satz gewann er mein Herz. Er sprach so einfühlsam und nett, gar nicht aufdringlich oder laut. Zwischendurch erkundigte ich mich höflich nach seiner Arbeit beim Maritim und erfuhr, dass er im Hotel eigentlich als Tennislehrer beschäftigt und nur für einen Fahrer eingesprungen war. Ein Wink des Schicksals. Wer weiß, wie mein Leben weitergegangen wäre, wenn an dem Tag nicht Juan am Flughafen gestanden hätte, sondern der Fahrer...

Nun gut, es kam, wie es kommen sollte. Juan brachte mich ins Hotel und lud mich nach dem Einchecken gleich zu einem Begrüßungscocktail an der Bar ein. Bei der Gelegenheit wollte er mir sein Tennisprogramm vorstellen. Vielleicht hätte ich Spaß daran, ein paar Stunden zu nehmen? Und ob ich Spaß hatte, ich fieberte förmlich dem Kurs entgegen.

Zum verabredeten Termin kam ich in einem blütenweißen Hosenanzug und mit durchgestylter Lockenmähne in die Bar. Als Juan mich sah, sprang er auf, nickte dem Barkeeper zu und ließ uns zwei Drinks kommen. Ich genoss es, mit diesem attraktiven Mann an der Bar zu sitzen. Er prostete mir zu, und ich spürte die berühmten Schmetterlinge im Bauch.

Wir waren aber nur kurz allein. Einige seiner Schüler kamen herein und setzten sich zu uns. Er wollte mit ihnen das neue Kursprogramm durchgehen. Damit lockerte sich die Spannung, die sich längst zwischen uns aufgebaut hatte.

Keine Frage: Ich war verliebt. Statt seinen Erklärungen zu lauschen, beobachtete ich nur noch jede seiner Gesten, musterte seinen goldenen Ring am Finger und brütete über der Frage: Ist er – oder ist er nicht verheiratet?

Er war nicht verheiratet. Das erfuhr ich, als er mich am nächsten Abend nach meiner ersten Tennisstunde zum Essen einlud. »Ich bin frei. Wenn Sie das auch sind, zeige ich Ihnen mein Lieblingsrestaurant.« Er kam schnell zur Sache. Das erschreckte mich, machte mich aber auch neugierig.

Um acht Uhr am Abend wartete er an der Ecke zur Hotel­einfahrt auf mich. Es war noch hell, die Temperaturen sommerlich. Ich trug ein Blümchenkleid, dazu eine leichte Jacke und natürlich hochhackige Sandaletten.

Juan fuhr einen weißen Kleinwagen und donnerte ­darin über Schleichwege durch nicht enden wollende Bananenplantagen. Wir kamen an einem Schafstall heraus, der zu einem winzigen, verschwiegenen Restaurant ausgebaut war. Es gab Wein vom Fass, dazu kanarischen ­Ziegenkäse, Schinken, Oliven, etwas Brot und die berühmten Papas arru­gadas, gekochte Kartoffeln in Salzkruste. Dazu würzige Mojo, eine herrlich schmackhafte Soße. Wir saßen dort bis weit nach Mitternacht.