Buchcover

Christina Herrström


Ebba und Didrik:
Ebbas Geschichte


 

Aus dem Schwedischen
von Christel Hildebrandt

 

Lindhardt & Ringhof

1

»Hallo! Hier bin ich!« verkündet Ebba, während sie die Haustür aufreißt.

In der Küche sitzen Mama, Papa und Didrik und essen merkwürdig still ihr Abendessen. Mama schaut auf die Uhr. Es ist zehn nach sechs.

»Wirf die Tür nicht ins Schloß«, ruft Papa genau in dem Moment, als Ebba die Tür zuschmeißt, daß der Flurspiegel wackelt.

»Hallo, Papa! Hallo, Mama! Hallo, Didrik!« Ebba stürzt in die Küche.

»Zieh deine Schuhe aus«, sagt Papa.

»Setz dich und iß«, sagt Mama und rückt Ebbas Stuhl zurecht.

»Ich muß aber erst meine Schuhe ausziehen, das hat er nämlich gesagt.«

»Welcher er?« fragt Papa.

»Na er, der da sitzt«, sagt Ebba, deutet mit dem Kopf auf ihren Vater und läuft in den Flur, wo sie die Schuhe von den Füßen schüttelt, daß sie in verschiedene Richtungen fliegen.

»Man sagt nicht ›er‹ von jemandem, der anwesend ist! Das ist äußerst unhöflich. Man nennt den Namen des Betreffenden, oder in meinem Fall heißt es ›Papa‹.«

Mama und Didrik gucken Papa amüsiert an.

»Jawohl, Herr Papa Reng, Blubber Klapper Plopper Papper!« ruft Ebba und läßt ihre Jacke auf den Boden fallen.

»Mach aus dem Flur keine Rumpelkammer, sei so gut«, verlangt Papa. Inzwischen schüttelt Ebba ein paar Zweige ab, die sich in ihrem Haar verfangen hatten, und tritt nach einem Schuh, der daraufhin unter den Schrank rutscht.

»Häng deine Jacke auf und stell die Schuhe in die Garderobe«, spricht Papa weiter. »Du weißt, was wir wegen der Schuhe vereinbart haben. Schuhe – «

»Schuhe gehören in die Garderobe, jawohl«, fällt Didrik ein. Papa verstummt erstaunt.

»Das kannst du selber machen! Mensch, was bist du immer schlaff!« tönt Ebba aus dem Flur.

»Ich habe den ganzen Tag gearbeitet«, antwortet Papa.

»Und ich war den ganzen Tag Kind – wenn du meinst, das wäre so unheimlich erholsam . . .«

Papa seufzt tief. Niemand kümmert sich darum, was er sagt. Seine Familie hat keinen Sinn für Ordnung. Den hat er selbst eigentlich auch nicht, aber zwischendurch packt ihn doch immer mal das Gefühl, daß er die Kontrolle über sein Dasein verloren hat. Das Haus ist ein ewiges Durcheinander, die Kinder kommen und gehen, wie es ihnen paßt, und niemand findet das, was er gerade braucht. Papa sehnt sich nach Ordnung, danach, das Leben in den Griff zu bekommen und sich nicht mehr um verlorengegangene Dinge sorgen zu müssen.

Deshalb hat er einen sehr teuren Kursus angefangen, der heißt »Efficient-Life-Energy-Mobilizer-Planning« oder auf deutsch so ungefähr »Plane-dein-Lebenund-werde-glücklich«. Dort lernt er, was er tun muß, um die Kontrolle über sein Leben wiederzuerlangen. Jeden Tag kommt er aufgekratzt und voller Ideen nach Hause, zeichnet Tabellen und stellt Pläne für sein Leben auf. Er lernt, daß man das Beste aus allem machen kann, wenn man seine Zeit exakt plant. Man verschwendet niemals Zeit und Energie damit, nach Sachen zu suchen, oder mit dem Versuch, sich daran zu erinnern, was man eigentlich machen sollte. Alles wird durchgeplant, und alles steht auf seinem richtigen Platz. Dadurch wird man viel ausgeglichener, abgesehen davon, daß man sowieso viel mehr vom Leben hat. Man wird entdecken, daß man Zeit hat, seinen Mitmenschen zuzuhören, besonders wenn man eingeplant hat, ihnen zuzuhören. Mit Hilfe von Kalender und Uhr wird man ein ganzer, glücklicher Mensch. Papa Reng ist überzeugt, daß er die Lösung für die Probleme des Lebens gefunden hat, aber seine Familie lacht nur darüber und verspottet ihn.

Ebba kommt wieder in die Küche. »Jetzt war ich so tüchtig, krieg’ ich nun was zu essen?« Sie läßt sich am Tisch nieder und reckt hungrig den Hals nach den Schüsseln.

»Wo bist du gewesen?« fragt Mama.

»Mit Philip«, antwortet Ebba.

»Ich habe gefragt, wo ihr wart«, sagt Mama, und ihre grünen Augen werden streng. Ebba antwortet nicht.

»Philips Mutter wußte auch nicht, wo ihr steckt«, bohrt Mama weiter.

»Stimmt, sie wußte es auch nicht.«

»Meinst du nicht, daß wir erfahren sollten, wo ihr den ganzen Tag seid?«

»Nein, das finde ich nicht! Und ich will nach dem Essen wieder hin!« Ebba füllt sich ihren Teller mit einem orientalischen Gericht. »Was riecht denn da so komisch?« entfährt es ihr.

»Mein Gott, ihr fehlt wirklich jegliche Erziehung«, sagt Papa empört.

»Von wem spricht er?« fragt Ebba.

»Von dir«, antwortet Didrik.

»Sie sollte langsam gelernt haben, sich besser auszudrücken. Nicht ›Was riecht denn da so komisch‹. Und außerdem sollte sie lernen, pünktlich nach Hause zu kommen und zu erzählen, was sie macht und wie lange sie fortbleiben will«, sagt Papa zu Mama.

»Redet er immer noch von mir?« fragt Ebba und schüttet dabei einen Teil der Milch neben ihr Glas.

»Ja«, antwortet Didrik.

»Und sie sollte lernen, hinzugucken, was sie tut!« fährt Papa aufgebracht fort. »Sie sollte sich bewußt darüber sein, was ihre herumwirbelnden Arme treiben!«

»Ebba heiße ich«, macht Ebba ihn aufmerksam und öffnet den Mund, um einen Bissen hineinzuschieben. Didrik beobachtet sie gespannt. Prustend spuckt sie ihr Essen auf den Teller zurück.

»Was ist das denn? Was hast du damit gemacht?« Anklagend guckt Ebba Mama an.

»Das war ich nicht. Das war Papa. Papa hat das Rezept in seinem Kurs bekommen und eine Menge Zeit darauf verwendet, exotische Kräuter zu mischen, Fleisch, Gemüse und Pilze in dünne Fetzen zu schneiden und alles zusammen in besondere Marinaden zu legen.«

»O nein«, stöhnt Ebba. »Und ich habe doch so einen Hunger. Du darfst ihn nicht an den Herd lassen!«

»Nein, das ist ein Verbrechen an uns Kindern«, sagt Didrik.

Papa stopft beleidigt sein Essen in sich hinein.

»Vielen Dank, Fredrik«, sagt Mama.

»Wieso?«

»Denkst du, ich merke nicht, daß du dieses Zeug gemacht hast, damit die Kinder mich bitten, das Essen zu kochen?«

»Ja, jeden Tag«, sagt Ebba.

»Du tust das nur, damit du dich drücken kannst«, zischt Mama.

»Das ist eine Verleumdung!« verteidigt Papa sich.

»Ich habe wie ein Wilder an diesem Essen gearbeitet! Ich habe meine ganze Seele hineingelegt!«

»Was für eine Seele?« grinst Ebba.

»Du bist aber auch zu abgestumpft. Das ist die ganze Wahrheit«, schimpft Mama und wirft ihre Serviette auf das wirklich ungenießbare Essen. Papa schaut verschreckt auf.

»Er hat absolut keine Technik. Mangelnde Feinmotorik. Total unbegabt«, sagt Didrik und kratzt seine Portion vom Teller in den Mülleimer. Ebba tut es ihm sofort nach: »Denk doch, wenn wir jetzt einen Hund hätten – wie froh der wäre . . .«

»Der arme Hund«, stöhnt Didrik und geht.

»Kinder, wollt ihr mir nicht helfen, Ordnung in dieses Durcheinander zu bringen?« fragt Mama.

»Nein, ich habe wichtigere Dinge zu tun. Die Schule.« Didrik entschlüpft in sein Zimmer.

»Ich gehe Pizza kaufen!« Papa verschwindet, immer noch beleidigt.

»Ebba«, sagt Mama scharf, als Ebba ebenfalls versucht, sich auf Zehenspitzen davonzuschleichen.

»Aber ich habe keine Zeit! Ich bin mit Philip verabredet!«

»Ebba«, wiederholt Mama scharf.

»Warum läßt du Didrik immer weg?«

»Er hat Wichtigeres zu tun«, antwortet Mama, während sie das schmutzige Geschirr zusammenstellt.

»Meine Sachen sind auch wichtig!«

Aber Mama hört nicht zu. Sie kratzt die Spuren von Angebranntem vom Herd ab.

»Mama!«

»Bring bitte den Abfall raus«, sagt Mama müde.

Ebba seufzt und knotet den Müllbeutel zu. »Aber dann gehe ich.«

»Und wohin?« ruft Mama ihr nach.

»Das darf niemand außer Philip und mir wissen!«

»Aber denk daran, daß du um acht zu Hause bist!«

»Tschüs«, sagt Ebba und wirft die Tür hinter sich zu. Mama bleibt allein in der unaufgeräumten Küche zurück.

2

Philip duftet hinter den Ohren nach Freiheit und in den Haaren nach Blätterrauschen. Er ist Schätzesammler und Wegefinder. Er sieht Schätze, die niemand anders sieht, und wenn er durch den Wald geht, findet er verborgene Pfade. Ebba liebt seine Neugier, auch wenn sie es ab und zu etwas peinlich findet, wenn er in einen Müllcontainer klettert, um nach einem Fundstück zu graben.

Seine Mutter, Joëlle, ist Französin marokkanischen Ursprungs. Sie ist Textilkünstlerin und webt phantastische Bilder mit Garnen, die sie selbst in großen, blubbernden Töpfen färbt. Ebba und Philip helfen ihr manchmal, Zapfen und Kräuter im Wald für das Farbbad zu suchen.

Ebba ist gern bei Philip und Joëlle. Dort herrscht ein wunderbares, spannendes Chaos. Joëlies schöne Garne sind in der ganzen Wohnung zum Trocknen aufgehängt, und überall liegen Papier, Stifte, Farben und Skizzen herum. Philips Mutter arbeitet immerzu, und währenddessen hört sie arabische Musik und diskutiert mit Philip über Gott und die Welt. Normalerweise diskutiert Ebba dann mit, aber ihr gefällt es ebensogut, zuzuhören und dabei in Joëlles Büchern zu blättern.

Philip hat in einem Bambuskäfig Vögel, und denen geht es so gut, daß sie Junge bekommen. Philip hat ein besonderes Verhältnis zu Tieren, sowohl zu den zahmen als auch zu den wilden im Wald. Sie scheinen ihm zu vertrauen. Zusammen mit Philip wird alles schön, findet Ebba. Sie können stundenlang miteinander reden. Alles wird dabei interessant. Außerdem können sie zusammen lachen, lange und viel. Ebba sieht ihn gern lachen, weil es dann so schön in seinen dunkelbraunen Augen funkelt.

Eines Tages, als sie auf einem unbekannten Weg durch den dunklen Wald liefen, öffneten sich plötzlich die Baumkronen über ihren Köpfen, und die Sonne drang herab. Sie waren auf eine Lichtung gekommen. Mitten auf der sonnenbeschienenen Lichtung lag ein verlassener Schuppen mit Tür und Fenstern. Genau so etwas hatten sie sich gewünscht! Einen Platz irgendwo weit weg, wo niemand sie finden konnte, wo sie ganz für sich allein sein konnten. Einen Platz für sie zwei.

»Unsere Gartenlaube!« rief Philip.

So ist das mit Philip. Schätze liegen auf seinem Weg, denkt Ebba. Aber Philip sagt, daß das nur passiert, wenn er mit Ebba zusammen ist.

Ebba läuft durch den Gartenlaubenwald. Sie hüpft geschickt über Baumstümpfe und Wurzeln, durch Büsche und Gestrüpp. Philip hockt oben auf dem Dach der Laube und fegt Blätter und Zweige fort.

»Hallo, Ebba Ebbselon!« ruft er.

Als sie ihn sieht, wird ihr im ganzen Körper warm.

»Hallo, Philip Philipson! Ich hab’ zwei Gläser mitgebracht!«

»Stell sie in den Schrank!«

»Was für einen Schrank?«

»Ich habe auf dem Weg hierher in einem Container einen Schrank gefunden. Er steht drinnen!«

Sie geht in die Laube. Da drinnen ist es schön. Das Licht scheint durch die Stoffstücke hindurch, die sie mit Heftzwecken vor dem Fenster befestigt haben. Auf dem Boden liegt ein abgenutzter, aber hübscher Flickenteppich. Sie haben einen Tisch mit drei Beinen, zwei Küchenstühle und eine gemusterte Decke. Ebba hat einen Kerzenleuchter mitgebracht, der auf dem Tisch steht, und auf dem Fensterbrett liegt Philips schimmernde Schneckensammlung. Er hat die Schnecken in Nordafrika gesammelt, wohin er manchmal mit seiner Mutter fährt. Draußen vor dem Fenster liegt der große Wald, und neben dem Fenster stehen Möbel, die noch gesäubert und bemalt werden sollen.

Ebba stellt die ersten gemeinsamen Gläser in den neuen Schrank. »In den Gläsern war Senf – ekliger Senf, den hab’ ich weggeschmissen.«

Philip streckt eine Hand durchs Fenster und tastet nach dem Hammer. Sie reicht ihm den Hammer, und er verschwindet wieder nach oben. »Sobald wir das Dach abgedichtet haben, können wir einziehen!« ruft er zwischen den Hammerschlägen.

»Wir müßten auch einen Ofen haben.«

»Wir sind wie zwei Heizungen, du und ich«, sagt Philip, der durch ein Loch im Dach zu ihr hinunterschaut. »Zusammen haben wir 200 Watt«, sagt er.

»Mhm«, lacht Ebba.

»Also genau richtig!« Philip nagelt das Loch zu.

»Wie praktisch«, sagt Ebba. »Das wird toll, wenn wir hierherziehen! Ich habe die ewigen Nörgeleien bei mir zu Hause satt. Weißt du, was sie sagen? Sie sagen, daß ich Dreck mache. Gibt es irgendeinen Menschen, der keinen Dreck macht?«

Philip öffnet die Tür und kommt herein. »Obwohl – ich weiß nicht so recht, ob meine Mutter ohne mich klarkommt.« Er wirft Ebba einen kurzen Blick zu.

»Ist sie immer noch nicht selbständig? Sie ist doch schon fast vierzig! Du kannst doch nicht den Rest deines Lebens mit ihr verbringen?« protestiert Ebba.

»Deine Mutter hat ja deinen Vater. Meine Mutter hat nur mich.«

»Dann mußt du ihr eben einen Hund kaufen«, schlägt Ebba vor.

»Das ist zu teuer. Es reicht höchstens für einen Hamster.«

»Aber wir beide wollen einen Hund haben. Einen irischen Wolfshund, der Noalik heißen soll. Was meinst du?«

»Ja, wenn wir’s uns leisten können«, antwortet Philip zerstreut und notiert etwas auf seiner Liste. Ebba seufzt. Sie möchte am liebsten sofort einen Hund.

»Bleistiftanspitzer, Regenrohr, Hängematte, Hamster . . . was fehlt noch?« fragt Philip nachdenklich.

»Noch etwas Wichtiges«, flüstert sie geheimnisvoll.

»Ein Schild, auf dem ›Ebba und Philip‹ stehen soll.«

Da scheint es, als leuchteten Sterne in Philips Augen auf.

Als der Abend gekommen ist und Bäume und Büsche in seinen riesigen Mantel gehüllt hat, gehen sie nach Hause, dicht aneinandergeschmiegt. In der Dunkelheit wird der Wald fremd, und um sie herum raschelt es unheimlich. Das letzte Stück laufen sie, und es ist schön, die erleuchteten Straßen zu erreichen. Vor Philips Haus, unter einer Straßenlaterne, halten sie an. Sie stehen einander gegenüber und werden plötzlich verlegen. Sie wissen nicht, wie sie sich gute Nacht sagen sollen. Nach einer Weile streckt Ebba ihren Fuß aus und streichelt Philips Fuß. Er streckt seinen aus und streichelt ihren genauso.

»Du wartest auf mich, falls ich morgen früh zu spät komme, ja?« fragt Ebba, obwohl sie schon weiß, was er antworten wird.

»Und du auf mich.«

Ebba nickt. »Gute Nacht«, sagt sie.

»Nacht, Ebba.«

Einen kurzen Augenblick sehen sie einander an, dann dreht sie sich auf dem Absatz um und verschwindet über die Straße in der Dunkelheit. In diesem Moment kommt ein Taxi den Hügel heruntergefahren.

»Anhalten! Halt, stopp!« schreit Philip und stellt sich mitten auf die Straße. Das Taxi bremst scharf, Ebba dreht sich erschrocken um. Der Taxifahrer kurbelt die Scheibe herunter und schaut Philip gelangweilt an.

»Können Sie das Mädchen da ein Stück mitnehmen?« fragt Philip.

»Habt ihr denn Geld?« fragt der Taxifahrer, während er langsam auf einem Kaugummi kaut.

»Geld?« ruft Philip aus. »Klar haben wir kein Geld. Wir sind doch Kinder! Woher sollen wir denn Geld haben?«

»Na hör mal, das siehst du wohl ein, daß ihr kein Taxi nehmen könnt, wenn ihr kein Geld habt«, sagt der Taxifahrer und will seine Scheibe wieder hochkurbeln. Philip hält ihn zurück.

»Sie meinen also, daß dieses kleine Mädchen in der Dunkelheit ganz allein nach Hause gehen soll? Und was werden Sie sagen, wenn ihr etwas zustößt, nur zum Beispiel? Was werden Sie sagen, wenn Sie darüber in der Zeitung lesen? Was bedeutet da schon Geld!« faucht Philip, und es blitzt in seinen Augen.

»Du kannst sie ja nach Hause begleiten«, sagt der Taxifahrer.

»Ich! Ich bin schließlich auch noch ein Kind. Soll ich denn ganz allein nach Hause gehen – wo es dann sogar noch dunkler ist? Es ist einfach Ihre Pflicht als Erwachsener, sie nach Hause zu fahren!«

Für einen Augenblick gerät der Taxifahrer aus seinem Kaurhythmus.

»Na gut«, murmelt er. »Hüpf rein, Mädchen!«

Ebba schießt begeistert aus dem Dunkel, aber bevor sie ins Auto schlüpft, küßt sie Philip noch aufs Ohr. Fast riecht sie dort wirklich die Freiheit. Dann wird sie sicher vom Taxi heimgebracht, den Hügel hinunter, durch die Stadt, bis zum Gartentor der Familie Reng.

»Danke fürs Mitnehmen«, winkt Ebba und läuft ins Haus. Bald werden Philip und sie sich wiedersehen. Sie müssen nur ein bißchen zwischendurch schlafen.

3

Am nächsten Morgen herrscht bei der Familie Reng die übliche Hektik. Ebba sitzt in der Küche und zieht sich eilig an, während Mama herumläuft und der Familie die Sachen hinterherräumt. Didrik hält das einzige Badezimmer der Familie besetzt, und Papa tigert ruhelos davor hin und her. Er schaut unaufhörlich auf die Uhr und studiert den Plan, den er an die Badezimmertür geklebt hat.

»Jetzt verstehe ich langsam nichts mehr!« bricht es irgendwann aus ihm heraus. »Wir waren uns doch einig, daß alle sich nach dem Plan richten. Warum kann sich keiner ein bißchen anstrengen? Genau jetzt sollte Ebba schon aus dem Bad rausgehen und ich rein. Und Didrik sollte sowieso schon lange fertig sein!« Er schaut sich hilflos um.

»Man kann die Toilettengewohnheiten der Kinder schlecht planen«, ruft Mama, während sie ins Wohnzimmer flitzt, um nach Ebbas Federtasche zu suchen.