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Lew Tolstoi

Anna Karenina

Überarbeitete und kommentierte Fassung

Lew Tolstoi

Anna Karenina

Überarbeitete und kommentierte Fassung

Veröffentlicht im Null Papier Verlag, 2019
Übersetzung: Hermann Röhl
EV: Leipzig, Insel-Verlag, 1921
4. Auflage, ISBN 978-3-954180-00-4

www.null-papier.de/anna

null-papier.de/katalog

Inhaltsverzeichnis

Per­so­nen­re­gis­ter

Mot­to

Ers­ter Teil

Zwei­ter Teil

Drit­ter Teil

Vier­ter Teil

Fünf­ter Teil

Sechs­ter Teil

Sie­ben­ter Teil

Ach­ter Teil

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Die Oblons­ki­js

Die Ka­ren­ins

Die Wrons­ki­js

Die Scht­scher­baz­ki­js

Die Lje­wins

Wei­te­re Per­so­nen


  1. Di­mi­nu­tiv von Ale­xej  <<<

  2. Di­mi­nu­tiv von Dmi­tri  <<<

Motto


Die Ra­che ist mein,
Ich will ver­gel­ten.

Erster Teil

1

Alle glück­li­chen Fa­mi­li­en sind ein­an­der ähn­lich; aber jede un­glück­li­che Fa­mi­lie ist auf ihre be­son­de­re Art un­glück­lich. Der gan­ze Haus­halt der Fa­mi­lie Oblon­ski war in Un­ord­nung ge­ra­ten. Die Haus­frau hat­te er­fah­ren, dass ihr Mann mit ei­ner fran­zö­si­schen Gou­ver­nan­te, die sie frü­her im Hau­se ge­habt hat­ten, ein Ver­hält­nis un­ter­hielt, und hat­te ihm er­klärt, sie kön­ne nicht län­ger mit ihm un­ter ei­nem Da­che woh­nen. Drei Tage schon währ­te nun die­ser Zu­stand, und er wur­de so­wohl von den Ehe­gat­ten selbst wie auch von den üb­ri­gen Fa­mi­li­en­mit­glie­dern und dem Haus­ge­sin­de als eine Qual emp­fun­den. Alle Fa­mi­li­en­mit­glie­der und das Haus­ge­sin­de hat­ten das Ge­fühl, dass ihr Zu­sam­men­le­ben gar kei­nen Sinn mehr habe und dass in je­der Her­ber­ge die Leu­te, die sich dort zu­fäl­lig zu­sam­men­fän­den, in en­ge­rer Be­zie­hung un­ter­ein­an­der stün­den als sie, die Mit­glie­der und das Ge­sin­de der Fa­mi­lie Oblon­ski. Die Haus­frau ver­ließ ihr Zim­mer nicht; der Haus­herr war zwei Tage lang nicht nach Hau­se ge­kom­men. Die Kin­der lie­fen im gan­zen Hau­se wie ver­lo­ren um­her; die eng­li­sche Miss hat­te sich mit der Wirt­schaf­te­rin ge­zankt und einen Brief an eine Freun­din ge­schrie­ben, ob sie ihr nicht eine an­de­re Stel­le ver­schaf­fen kön­ne; der Koch war schon ges­tern vor dem Mit­ta­ges­sen da­von­ge­gan­gen; die Kü­chen­magd und der Kut­scher ba­ten um ih­ren Lohn, um den Dienst zu ver­las­sen. Am drit­ten Tage nach dem Strei­te er­wach­te Fürst Ste­pan Ar­k­ad­je­witsch Oblon­ski (Sti­wa, wie er von sei­nen Be­kann­ten ge­nannt wur­de) zur ge­wohn­ten Stun­de, das heißt um acht Uhr mor­gens, aber nicht im ge­mein­sa­men Schlaf­zim­mer, son­dern in sei­nem Ar­beits­zim­mer auf dem Le­der­so­fa. Er wälz­te sei­nen gut ge­nähr­ten und ge­pfleg­ten Kör­per auf dem Sofa ein paar­mal hin und her, als ob er noch weiter­schla­fen wol­le, um­fass­te das Kopf­kis­sen fest von un­ten her und drück­te die Wan­ge da­ge­gen; plötz­lich aber fuhr er in die Höhe, setz­te sich auf dem Sofa auf­recht hin und öff­ne­te die Au­gen.

›Ja, ja, wie war das doch nur?‹ dach­te er, in­dem er sich auf sei­nen Traum zu be­sin­nen such­te. ›Ja, wie war das doch nur? Ja! Ala­bin gab ein Di­ner in Darm­stadt; nein, nicht in Darm­stadt, es war ir­gend­wo in Ame­ri­ka. Ja, aber Darm­stadt lag da­bei in Ame­ri­ka. Ja, Ala­bin gab ein Di­ner auf glä­ser­nen Ti­schen, ja, – und da wa­ren sol­che klei­ne Li­kör­fla­schen, die san­gen: Il mio te­so­ro,1 oder viel­mehr nicht Il mio te­so­ro, son­dern ein noch schö­ne­res Lied, und auf ein­mal wa­ren die Li­kör­fla­schen Wei­ber‹, er­in­ner­te er sich.

Ste­pan Ar­k­ad­je­witschs Au­gen leuch­te­ten fröh­lich auf, und lä­chelnd über­ließ er sich sei­nen Ge­dan­ken. ›Ja, schön war es, sehr schön. Es war auch sonst noch viel Ver­gnüg­li­ches da­bei; aber wenn man auf­ge­wacht ist, kann man es sich nicht mehr in Ge­dan­ken klar­ma­chen und es nicht mit Wor­ten aus­drücken.‹ Und als er einen Licht­strei­fen be­merk­te, der sich an dem einen Fens­ter ne­ben dem Stoff­vor­hang ins Zim­mer stahl, hob er in hei­te­rer Stim­mung die Bei­ne vom Sofa her­un­ter, such­te mit ih­nen nach den gold­far­be­nen Saf­fian­pan­tof­feln, die ihm sei­ne Frau ge­stickt und im vo­ri­gen Jah­re zum Ge­burts­ta­ge ge­schenkt hat­te, und streck­te nach al­ter, neun­jäh­ri­ger Ge­wohn­heit, ohne auf­zu­ste­hen, die Hand nach der Stel­le aus, wo im Schlaf­zim­mer sein Schlaf­rock zu hän­gen pfleg­te. Da­bei kam es ihm auf ein­mal zum Be­wusst­sein, dass und warum er nicht in dem ge­mein­sa­men Schlaf­zim­mer ge­schla­fen hat­te, son­dern in sei­nem Ar­beits­zim­mer; das Lä­cheln ver­schwand von sei­nem Ge­sich­te, und er run­zel­te die Stirn.

»Ach, o weh, o weh!« stöhn­te er, da ihm al­les Vor­ge­fal­le­ne wie­der ins Ge­dächt­nis kam. Und vor sei­nem geis­ti­gen Bli­cke er­schie­nen wie­der alle Ein­zel­hei­ten sei­nes Strei­tes mit sei­ner Frau und die gan­ze Miss­lich­keit sei­ner Lage und, was ihn am al­ler­meis­ten quäl­te, sei­ne ei­ge­ne Schuld.

›Ja, das wird sie nicht ver­zei­hen und kann sie nicht ver­zei­hen. Und das Schau­der­haf­tes­te da­bei ist, dass ich selbst an al­le­dem schuld bin; – ich bin an al­le­dem schuld und kann doch ei­gent­lich nichts da­für. Das ist das Tra­gi­sche bei der Sa­che‹, dach­te er. »O weh, o weh!« sag­te er ver­zwei­felt vor sich hin, in Erin­ne­rung an jene Ein­zel­hei­ten des Strei­tes, die auf ihn den stärks­ten Ein­druck ge­macht hat­ten.

Am un­an­ge­nehms­ten war je­ner ers­te Au­gen­blick ge­we­sen, als er, hei­ter und zu­frie­den aus dem Thea­ter heim­keh­rend, sei­ne Frau, für die er eine ge­wal­tig große Bir­ne in der Hand trug, zu sei­nem Er­stau­nen we­der im Sa­lon noch in ih­rem Zim­mer vor­ge­fun­den und end­lich im Schlaf­zim­mer er­blickt hat­te, in der Hand den un­glück­se­li­gen Brief, der al­les ver­ra­ten hat­te.

Sie, die sonst stets sorg­lich ge­schäf­ti­ge und sei­ner An­sicht nach et­was be­schränk­te Dol­ly, hat­te mit dem Brie­fe in der Hand re­gungs­los da­ge­s­es­sen und den Ein­tre­ten­den mit ei­ner Mie­ne des Schre­ckens, der Verzweif­lung und des Zor­nes an­ge­blickt.

»Was ist das hier? Was ist das?« hat­te sie, auf das Schrei­ben deu­tend, ihn ge­fragt.

Als pein­lich und be­schä­mend emp­fand Ste­pan Ar­k­ad­je­witsch bei die­ser Erin­ne­rung, wie das oft so geht, we­ni­ger den Vor­fall selbst, als viel­mehr die Art, wie er auf die­se Wor­te sei­ner Frau geant­wor­tet hat­te.

Es war ihm in die­sem Au­gen­blick er­gan­gen, wie es nicht sel­ten Leu­ten er­geht, die un­ver­se­hens auf ei­ner recht schmäh­li­chen Tat er­tappt wer­den. Er hat­te es nicht ver­stan­den, sei­ne Mie­ne der Lage an­zu­pas­sen, in die er sei­ner Frau ge­gen­über durch die Auf­de­ckung sei­nes Ver­ge­hens ge­ra­ten war. An­statt den Ge­kränk­ten zu spie­len, zu leug­nen, sich zu recht­fer­ti­gen, um Ver­zei­hung zu bit­ten oder auch ein­fach nur gleich­gül­tig zu blei­ben (al­les dies wäre bes­ser ge­we­sen als das, was er in Wirk­lich­keit ge­tan hat­te), statt des­sen hat­te sein Ge­sicht ganz un­will­kür­lich (›Re­fle­xe des Ge­hirns‹, dach­te Ste­pan Ar­k­ad­je­witsch, der sich gern ein biss­chen mit Phy­sio­lo­gie ab­gab) sich zu sei­nem ge­wohn­ten gut­mü­ti­gen und da­her in die­sem Fal­le dum­men Lä­cheln ver­zo­gen.

Die­ses dum­me Lä­cheln konn­te er sich nicht ver­zei­hen. Beim An­bli­cke die­ses Lä­chelns war Dol­ly wie in­fol­ge ei­nes kör­per­li­chen Schmer­zes zu­sam­men­ge­zuckt, hat­te mit der ihr ei­ge­nen Hef­tig­keit einen Strom schar­fer Wor­te her­vor­ge­spru­delt und war aus dem Zim­mer ge­eilt. Seit­dem hat­te sie ih­ren Mann nicht mehr se­hen wol­len.

›An al­le­dem ist die­ses dum­me Lä­cheln schuld‹, dach­te Ste­pan Ar­k­ad­je­witsch.

›A­ber was ist zu ma­chen? Was ist zu ma­chen?‹ frag­te er sich in sei­ner Verzweif­lung und fand kei­ne Ant­wort dar­auf.


  1. Mein Schatz.  <<<

2

Ste­pan Ar­k­ad­je­witsch war sich selbst ge­gen­über stets auf­rich­tig und wahr­heits­lie­bend. Er war un­fä­hig, sich selbst zu be­trü­gen und sich ein­zu­re­den, dass er das Ge­ta­ne be­reue. Zur Zeit war er nicht im­stan­de, Reue dar­über zu emp­fin­den, dass er, ein vierund­drei­ßig­jäh­ri­ger, hüb­scher, lie­bes­lus­ti­ger Mann, nicht mehr in sei­ne Frau ver­liebt war, die ihm fünf noch le­ben­de und zwei be­reits ver­stor­be­ne Kin­der ge­bo­ren hat­te und nur um ein Jahr jün­ger war als er selbst. Das ein­zi­ge, was er be­reu­te, war, dass er es nicht bes­ser ver­stan­den hat­te, sei­ner Frau die Sa­che zu ver­heim­li­chen. Aber er emp­fand in vol­lem Um­fan­ge die Miss­lich­keit sei­ner Lage und be­dau­er­te sei­ne Frau, die Kin­der und sich selbst. Vi­el­leicht hät­te er sich auch er­folg­rei­cher be­müht, sei­ne Sün­den vor sei­ner Frau zu ver­ber­gen, wenn er ge­ahnt hät­te, dass die­se Nach­richt auf sie so stark wir­ken wür­de. Klar nach­ge­dacht hat­te er über die­sen Punkt al­ler­dings nie: aber er hat­te die un­deut­li­che Vor­stel­lung ge­habt, sei­ne Frau ahne schon längst, dass er ihr un­treu sei, sehe aber da­bei durch die Fin­ger. Er war so­gar der An­sicht, eine schon so wel­ke, ge­al­ter­te, be­reits un­schö­ne Frau, die nichts Be­son­de­res an sich habe, son­dern le­dig­lich eine ein­fa­che, bra­ve Fa­mi­li­en­mut­ter sei, müs­se aus ei­ner Art von Ge­rech­tig­keits­ge­fühl her­aus sich nach­sich­tig zei­gen. Und nun hat­te er ge­ra­de das Ge­gen­teil da­von er­lebt.

›Schau­der­haft! O weh, o weh, schau­der­haft!‹ sag­te Ste­pan Ar­k­ad­je­witsch ein­mal über das an­de­re vor sich hin, ohne dass er einen Aus­weg er­sin­nen konn­te. ›Und wie nett war al­les bis­her, wie gut ha­ben wir mit­ein­an­der ge­lebt! Sie war zu­frie­den und glück­lich über ihre Kin­der; ich kam ihr in kei­ner Wei­se in die Que­re und ließ sie bei den Kin­dern und beim Haus­we­sen her­um­wirt­schaf­ten, wie sie woll­te. Frei­lich, dass »sie« in un­se­rem Hau­se Gou­ver­nan­te ge­we­sen ist, das ist übel. Das ist übel. Es liegt im­mer et­was Ge­wöhn­li­ches, Un­wür­di­ges dar­in, wenn man ei­ner Gou­ver­nan­te der ei­ge­nen Kin­der den Hof macht. Aber was ist die­se Gou­ver­nan­te auch für ein Weib!‹ (Er er­in­ner­te sich leb­haft an Ma­de­moi­sel­le Ro­lands schwar­ze Schel­men­au­gen und an ihr rei­zen­des Lä­cheln.) ›A­ber so­lan­ge sie bei uns im Hau­se war, habe ich mir ja auch nichts er­laubt. Das Schlimms­te ist, dass sie jetzt … Das muss auch al­les wie mit Ab­sicht gleich­zei­tig über mich her­ein­stür­zen! O weh, o weh! Aber was in al­ler Welt soll ich nun tun?‹

Eine Ant­wort gab es dar­auf nicht au­ßer je­ner all­ge­mei­nen Ant­wort, die das Le­ben auf alle Fra­gen gibt, selbst auf die ver­wi­ckelts­ten und un­lös­ba­ren. Und die­se Ant­wort lau­tet: Man muss sein Le­ben aus­fül­len mit dem, was der Tag bringt und for­dert, das heißt, man muss da­durch zu ver­ges­sen su­chen. Aber durch Schla­fen und Träu­men Ver­ges­sen­heit zu su­chen, das war nicht mehr mög­lich, we­nigs­tens nicht vor der nächs­ten Nacht; es ging nicht mehr an, zu je­nem mu­si­ka­li­schen Ge­nus­se, dem Ge­san­ge der Li­kör­fla­schen, die dann auf ein­mal Wei­ber wa­ren, zu­rück­zu­keh­ren. Also muss­te er Ver­ges­sen­heit su­chen in der Ablen­kung, die das Le­ben mit sich brach­te.

›Na, es wird sich ja bald zei­gen‹, sag­te Ste­pan Ar­k­ad­je­witsch zu sich selbst, stand auf, zog den grau­en, mit blau­er Sei­de ge­füt­ter­ten Schlaf­rock an, schlang die in Quas­ten aus­ge­hen­den Schnü­re zu ei­nem Kno­ten zu­sam­men, sog in kräf­ti­gen Atem­zü­gen die Luft in sei­nen brei­ten Brust­kas­ten, trat mit dem ge­wohn­ten mun­te­ren Schritt der aus­wärts ge­rich­te­ten Füße, die sei­nen vol­len Kör­per so leicht tru­gen, zum Fens­ter, hob den Vor­hang auf und klin­gel­te laut. Auf das Klin­geln trat so­gleich sein alt­ver­trau­ter Kam­mer­die­ner Mat­wei ins Zim­mer, der die Klei­der, die Stie­fel und ein Te­le­gramm brach­te. Hin­ter Mat­wei kam auch der Bar­bier mit sei­nem Ra­sier­ge­rät her­ein.

»Sind Ak­ten von der Be­hör­de ge­kom­men?« frag­te Ste­pan Ar­k­ad­je­witsch, in­dem er das Te­le­gramm nahm und sich vor den Spie­gel setz­te.

»Sie lie­gen im Ess­zim­mer auf dem Ti­sche«, ant­wor­te­te Mat­wei und rich­te­te einen fra­gen­den Blick vol­ler Teil­nah­me auf sei­nen Herrn; dann, nach ei­ner kur­z­en Pau­se, füg­te er mit ei­nem schlau­en Lä­cheln hin­zu: »Es ist je­mand von dem Fuhr­herrn hier ge­we­sen.«

Ste­pan Ar­k­ad­je­witsch gab kei­ne Ant­wort und blick­te nur im Spie­gel nach Mat­wei hin; an den Bli­cken, mit de­nen sie sich im Spie­gel tra­fen, konn­te man se­hen, wie gut sie ein­an­der ver­stan­den. Ste­pan Ar­k­ad­je­witschs Blick frag­te gleich­sam: ›Wo­zu sagst du das? Weißt du etwa nicht, wie’s steht?‹

Mat­wei steck­te die Hän­de in die Ta­schen sei­ner Ja­cke, setz­te den einen Fuß ein we­nig seit­wärts und blick­te schwei­gend, mit gut­mü­ti­ger Mie­ne und bei­nah mit ei­nem Lä­cheln sei­nen Herrn an.

»Ich habe ihm ge­sagt, er möch­te erst nächs­ten Sonn­tag wie­der­kom­men und bis da­hin we­der Ih­nen noch sich selbst un­nö­ti­ge Mühe ma­chen«, ant­wor­te­te er mit ei­nem of­fen­bar vor­her zu­recht­ge­leg­ten Sat­ze.

Ste­pan Ar­k­ad­je­witsch er­kann­te, dass Mat­wei einen klei­nen Scherz ma­chen und die Auf­merk­sam­keit auf sich len­ken wol­le. Er riss das Te­le­gramm auf, las es, wo­bei er die, wie stets, ent­stell­ten Wor­te sinn­ge­mäß ver­bes­ser­te, und sein Ge­sicht leuch­te­te auf.

»Mat­wei, mei­ne Schwes­ter Anna Ar­k­ad­jew­na kommt mor­gen«, sag­te er und hemm­te für einen Au­gen­blick die di­cke, fett­glän­zen­de Hand des Bar­biers, der da­bei war, den ro­si­gen Zwi­schen­raum zwi­schen dem rech­ten und lin­ken krau­sen Ba­cken­bart rein zu put­zen.

»Gott sei Dank!« rief Mat­wei und zeig­te durch die­se Ant­wort, dass er die Be­deu­tung die­ses Be­su­ches eben­so­wohl zu wür­di­gen wuss­te wie sein Herr, in­dem er näm­lich zu­ver­sicht­lich glaub­te, dass Anna Ar­k­ad­jew­na, Ste­pan Ar­k­ad­je­witschs Schwes­ter, die die­ser sehr lieb­te, eine Ver­söh­nung zwi­schen Mann und Frau wer­de zu­stan­de brin­gen kön­nen.

»Kommt die gnä­di­ge Frau al­lein oder mit dem Herrn Ge­mahl?« frag­te Mat­wei.

Ste­pan Ar­k­ad­je­witsch konn­te nicht spre­chen, da der Bar­bier mit sei­ner Ober­lip­pe be­schäf­tigt war, und hob einen Fin­ger in die Höhe. Mat­wei nick­te nach dem Spie­gel hin mit dem Kop­fe.

»Al­lein. Soll ich oben al­les in­stand set­zen las­sen?«

»Mel­de es mei­ner Frau. Sie wird das Nö­ti­ge an­ord­nen.«

»Der Frau Ge­mah­lin?« frag­te Mat­wei wie im Zwei­fel, ob er rich­tig ge­hört habe.

»Ja, mel­de es ihr! Und da, nimm das Te­le­gramm mit und gib es ihr, was sie wohl dazu sagt.«

›Das soll ein Füh­ler sein‹, dach­te Mat­wei ver­ständ­nis­voll; aber er ant­wor­te­te nur: »Zu Be­fehl!«

Ste­pan Ar­k­ad­je­witsch war schon ge­wa­schen und ge­kämmt und woll­te sich eben an­klei­den, als Mat­wei, mit sei­nen knar­ren­den Stie­feln lang­sam da­her­kom­mend, das Te­le­gramm in der Hand, wie­der ins Zim­mer trat. Der Bar­bier war nicht mehr da.

»Dar­ja Alex­an­drow­na hat be­foh­len, zu mel­den, dass sie weg­fährt; sie sag­te: ›Es kann al­les ein­ge­rich­tet wer­den, wie es ihm‹, das heißt Ih­nen, ›ge­nehm ist‹«, be­rich­te­te er; da­bei lach­te er nur mit den Au­gen, schob die Hän­de in die Ta­schen und blick­te mit seit­wärts ge­neig­tem Kop­fe sei­nen Herrn un­ver­wandt an. Ste­pan Ar­k­ad­je­witsch schwieg ein Weil­chen. Dann er­schi­en ein gut­mü­ti­ges und et­was kläg­li­ches Lä­cheln auf sei­nem hüb­schen Ge­sich­te.

»Nun, Mat­wei?« frag­te er und wieg­te den Kopf hin und her.

»Das ist wei­ter nicht schlimm, gnä­di­ger Herr; es wird sich schon al­les wie­der ein­ren­ken«, er­wi­der­te Mat­wei.

»Du meinst, es wird sich wie­der ein­ren­ken?«

»Ganz ge­wiss.«

»Meinst du? Wer ist denn da?« frag­te Ste­pan Ar­k­ad­je­witsch, da er auf der an­de­ren Sei­te der ein we­nig ge­öff­ne­ten Tür das Ra­scheln von Frau­en­klei­dern hör­te.

»Ich bin es«, sag­te eine fest und an­ge­nehm klin­gen­de weib­li­che Stim­me, und in der Tür er­schi­en das erns­te, po­cken­nar­bi­ge Ge­sicht der al­ten Kin­der­frau Ma­tro­na Fi­li­mo­now­na.

»Nun, was gibt es, lie­be Ma­tro­na?« frag­te Ste­pan Ar­k­ad­je­witsch, in­dem er zu ihr an die Tür trat.

Ob­gleich Ste­pan Ar­k­ad­je­witsch sei­ner Frau ge­gen über durch­aus im Un­recht war und dies selbst fühl­te, wa­ren doch fast alle im Hau­se auf sei­ner Sei­te, so­gar die Kin­der­frau, die sich mit Dar­ja Alex­an­drow­na au­ßer­or­dent­lich gut stand.

»Nun, was gibt es?« frag­te er in be­drück­tem Tone.

»Sie soll­ten doch noch ein­mal hin­ge­hen, gnä­di­ger Herr, und sich schul­dig be­ken­nen. Vi­el­leicht hilft Gott. Sie quält sich sehr, es ist kläg­lich an­zu­se­hen, und im Hau­se geht al­les drun­ter und drü­ber. Die Kin­der, gnä­di­ger Herr, die Kin­der kön­nen ei­nem leid tun. Be­ken­nen Sie sich schul­dig, gnä­di­ger Herr! Was kön­nen Sie auch sonst tun? Wenn man et­was er­rei­chen will, darf man sich kei­ne Mühe ver­drie­ßen las­sen.«

»Aber sie wird mich gar nicht emp­fan­gen!«

»Tun Sie nur das Ih­ri­ge! Gott ist barm­her­zig; be­ten Sie zu Gott, gnä­di­ger Herr, be­ten Sie zu Gott!«

»Na schön, geh nur!« ant­wor­te­te Ste­pan Ar­k­ad­je­witsch; er war auf ein­mal ganz rot ge­wor­den. »Nun, dann hilf mir beim An­klei­den«, wand­te er sich an Mat­wei und warf mit ei­ner ent­schlos­se­nen Be­we­gung den Schlaf­rock ab.

Mat­wei hielt be­reits das Hemd, von dem er et­was Un­sicht­ba­res weg­b­lies, in Form ei­nes Kum­tes zum Über­strei­fen be­reit und hüll­te mit sicht­li­chem Ver­gnü­gen den wohl­ge­pfleg­ten Kör­per sei­nes Herrn dar­in ein.

3

Nach dem An­klei­den be­spreng­te sich Ste­pan Ar­k­ad­je­witsch mit Par­füm, zupf­te die Man­schet­ten zu­recht, steck­te mit den ihm ge­läu­fi­gen Be­we­gun­gen in die ein­zel­nen Ta­schen die Zi­ga­ret­ten, die Brief­ta­sche, die Zünd­höl­zer, die Uhr mit dop­pel­ter Ket­te und Ber­lo­cken, schüt­tel­te das Ta­schen­tuch aus­ein­an­der und fühl­te sich nun sau­ber, wohl­duf­tend, ge­sund und kör­per­lich mun­ter, trotz sei­nem Un­glück. Auf je­dem Bein sich ein we­nig hin und her wie­gend, ging er in das Ess­zim­mer, wo der Kaf­fee be­reits auf ihn war­te­te und ne­ben dem Kaf­fee­ge­schirr sei­ne Brie­fe und die von der Be­hör­de ein­ge­lau­fe­nen Ak­ten la­gen.

Er las die Brie­fe. Ei­ner dar­un­ter war ihm recht un­will­kom­men – von dem Händ­ler, mit dem er we­gen des Ver­kau­fes ei­nes Wal­des auf dem Gute sei­ner Frau in Un­ter­hand­lung stand. Er muss­te die­sen Wald un­be­dingt ver­kau­fen; aber jetzt, vor ei­ner Ver­söh­nung mit sei­ner Frau, konn­te da­von nicht die Rede sein. Am pein­lichs­ten war ihm da­bei, dass sich auf die­se Wei­se Geld­fra­gen in das be­vor­ste­hen­de Werk sei­ner Ver­söh­nung mit sei­ner Frau hin­ein­misch­ten. Und der Ge­dan­ke, dass es schei­nen könn­te, als las­se er sich von die­sem In­ter­es­se lei­ten und als ver­an­las­se ihn die Aus­sicht auf den Ver­kauf die­ses Wal­des, die Ver­söh­nung mit sei­ner Frau an­zu­stre­ben, die­ser Ge­dan­ke hat­te für ihn ge­ra­de­zu et­was Be­lei­di­gen­des.

Als Ste­pan Ar­k­ad­je­witsch mit den Brie­fen fer­tig war, zog er die Ak­ten zu sich her­an, durch­blät­ter­te schnell zwei Sa­chen und mach­te dar­in mit ei­nem großen Blei­stift ein paar Be­mer­kun­gen. Da­rauf schob er die Ak­ten wie­der zur Sei­te und mach­te sich an sei­nen Kaf­fee; wäh­rend des Kaf­fee­trin­kens brei­te­te er die noch feuch­te Mor­gen­zei­tung aus­ein­an­der und be­gann sie zu le­sen.

Ste­pan Ar­k­ad­je­witsch hielt und las eine li­be­ra­le Zei­tung, nicht ein ex­tre­mes Blatt, son­dern von der Rich­tung, zu der sich die Mehr­heit des ge­bil­de­ten Pub­li­kums be­kann­te. Und ob­gleich we­der Wis­sen­schaft noch Kunst, noch Po­li­tik ihn son­der­lich in­ter­es­sier­ten, so hielt er doch auf al­len die­sen Ge­bie­ten ener­gisch an den An­schau­un­gen fest, de­nen die Mehr­heit und sei­ne Zei­tung an­hin­gen, und än­der­te die­se An­schau­un­gen nur dann, wenn auch die Mehr­heit das glei­che tat, oder, rich­ti­ger ge­sagt, er än­der­te sie nicht, son­dern sie än­der­ten sich von selbst un­ver­merkt in sei­nem Geis­te.

Ste­pan Ar­k­ad­je­witsch wähl­te sich we­der sei­ne Grund­sät­ze noch sei­ne An­sich­ten aus, son­dern die­se Grund­sät­ze und An­sich­ten ka­men von selbst zu ihm, ganz eben­so, wie er die For­men sei­nes Hu­tes oder sei­nes Rockes nicht aus­wähl­te, son­dern ein­fach die nahm, die all­ge­mein ge­tra­gen wur­den. Und An­sich­ten zu ha­ben, war für ihn, der in ei­nem be­stimm­ten ge­sell­schaft­li­chen Krei­se leb­te und ein Ver­lan­gen nach ei­ni­ger Denk­tä­tig­keit ver­spür­te, wie es sich ge­wöhn­lich in rei­fe­ren Le­bens­jah­ren her­aus­bil­det, – An­sich­ten zu ha­ben, war für ihn eben­so eine Not­wen­dig­keit, wie einen Hut zu ha­ben. Wenn wirk­lich ein Grund vor­han­den war, wes­halb er die li­be­ra­le Rich­tung der kon­ser­va­ti­ven vor­zog, der doch auch vie­le aus sei­nem Ge­sell­schafts­krei­se an­hin­gen, so lag die­ser Grund je­den­falls nicht etwa dar­in, dass er die li­be­ra­le Rich­tung für ver­nünf­ti­ger ge­hal­ten hät­te, son­dern dar­in, dass sie mit der Ge­stal­tung sei­nes ei­ge­nen Le­bens mehr über­ein­stimm­te. Die li­be­ra­le Par­tei be­haup­te­te, in Russ­land sei al­les schlecht, und tat­säch­lich hat­te Ste­pan Ar­k­ad­je­witsch vie­le Schul­den und konn­te mit sei­nem Gel­de ab­so­lut nicht aus­kom­men. Die li­be­ra­le Par­tei er­klär­te die Ehe für eine Ein­rich­tung, die sich über­lebt habe und un­be­dingt um­ge­stal­tet wer­den müs­se, und wirk­lich mach­te das Ehe­le­ben Ste­pan Ar­k­ad­je­witsch we­nig Ver­gnü­gen und nö­tig­te ihn dazu, zu lü­gen und sich zu ver­stel­len, was doch sei­ner Na­tur sehr zu­wi­der war. Die li­be­ra­le Par­tei sag­te oder, rich­ti­ger aus­ge­drückt, ließ als ihre Mei­nung durch­bli­cken, dass die Re­li­gi­on nur ein Zü­gel für den un­ge­bil­de­ten Teil der Be­völ­ke­rung sei, und in der Tat ver­moch­te Ste­pan Ar­k­ad­je­witsch nicht ein­mal einen ganz kur­z­en Got­tes­dienst ohne Schmer­zen in den Bei­nen aus­zu­hal­ten und konn­te gar nicht be­grei­fen, was die­ses gan­ze groß­ar­ti­ge, hoch­tra­ben­de Ge­re­de von je­ner Welt für einen Zweck habe, da es sich doch auch auf die­ser Welt sehr ver­gnüg­lich le­ben las­se. Au­ßer­dem fand Ste­pan Ar­k­ad­je­witsch, der ein mun­te­res Späß­chen lieb­te, sei­ne Freu­de dar­an, ab und zu einen harm­lo­sen Men­schen durch Äu­ße­run­gen wie die­se zu ver­blüf­fen: wol­le man den Stolz auf die Ab­stam­mung ein­mal gel­ten las­sen, so sei es nicht recht, bei Ru­rik ste­hen­zu­blei­ben und den ers­ten Stamm­va­ter, den Af­fen, zu ver­leug­nen. Auf die­se Wei­se war die li­be­ra­le Rich­tung für Ste­pan Ar­k­ad­je­witsch eine Sa­che der Ge­wohn­heit ge­wor­den, und er lieb­te sei­ne Zei­tung wie die Zi­gar­re nach dem Mit­ta­ges­sen we­gen der lei­sen Be­nom­men­heit, die sie in sei­nem Kop­fe her­vor­rief. Heu­te las er den Leit­ar­ti­kel, in dem aus­ein­an­der­ge­setzt wur­de, dass in un­se­rer Zeit völ­lig ohne Grund ein Jam­mer­ge­schrei er­ho­ben wer­de, als dro­he der Ra­di­ka­lis­mus alle kon­ser­va­ti­ven Ele­men­te zu ver­schlin­gen und als sei die Re­gie­rung ver­pflich­tet, Maß­re­geln zur Über­wäl­ti­gung der re­vo­lu­tio­nären Hy­dra zu er­grei­fen. »Ganz im Ge­gen­teil«, hieß es, »liegt un­se­rer An­sicht nach die Ge­fahr nicht in der ver­meint­li­chen re­vo­lu­tio­nären Hy­dra, son­dern in der Starr­köp­fig­keit der Re­ak­tio­näre, die je­den Fort­schritt hem­men.« Auch einen zwei­ten Ar­ti­kel, fi­nan­zi­el­len In­halts, las er durch, in dem Bent­ham und Mill zi­tiert wur­den und ei­ni­ge ge­gen das Mi­nis­te­ri­um ge­rich­te­te bos­haf­te Sti­che­lei­en vor­ka­men. Mit der ihm ei­ge­nen Schnel­lig­keit der Auf­fas­sung ver­stand er die Be­deu­tung ei­ner je­den die­ser Sti­che­lei­en, von wem sie aus­ging und ge­gen wen sie ge­rich­tet war und wel­cher An­lass ihr zu­grun­de lag, und das mach­te ihm, wie im­mer, ein ge­wis­ses Ver­gnü­gen. In­des wur­de heu­te die­ses Ver­gnü­gen durch die Erin­ne­rung an Ma­tro­na Fi­li­mo­now­nas Ratschlä­ge und an die un­er­freu­li­chen Um­stän­de im Hau­se stark be­ein­träch­tigt. Er las auch, dass Graf Beust, wie ver­lau­te, nach Wies­ba­den ge­reist sei, und eine An­zei­ge: »Kei­ne grau­en Haa­re mehr!«, und über den Ver­kauf ei­ner leich­ten Equi­pa­ge,1 und dass ein jun­ges Mäd­chen eine Stel­lung su­che; aber die­se Nach­rich­ten be­rei­te­ten ihm nicht das stil­le, iro­ni­sche Ver­gnü­gen wie frü­her.

Als er mit der Zei­tung, ei­ner zwei­ten Tas­se Kaf­fee und ei­ner But­ter­sem­mel fer­tig war, stand er auf, klopf­te sich die Sem­mel­krü­mel von der Wes­te, reck­te sei­ne brei­te Brust und lä­chel­te da­bei hei­ter, nicht als ob ihm ge­ra­de be­son­ders froh zu­mu­te ge­we­sen wäre, viel­mehr wur­de das hei­te­re Lä­cheln durch die gute Ver­dau­ung her­vor­ge­ru­fen.

Aber die­ses hei­te­re Lä­cheln brach­te ihm auch so­fort wie­der die gan­ze Wirk­lich­keit zum Be­wusst­sein, und er wur­de ernst und nach­denk­lich.

Zwei Kin­der­stim­men (Ste­pan Ar­k­ad­je­witsch er­kann­te die Stim­men sei­nes jüngs­ten Soh­nes Gri­go­ri und sei­nes äl­tes­ten Töch­ter­chens Tan­ja) wur­den vom Ne­ben­zim­mer her durch die Tür ver­nehm­bar. Die Kin­der fuh­ren mit et­was um­her, und es fiel et­was auf den Fuß­bo­den.

»Ich habe es dir doch ge­sagt: auf das Dach darfst du kei­ne Fahr­gäs­te set­zen!« rief das klei­ne Mäd­chen auf eng­lisch. »Nun kannst du sie auch auf­he­ben!«

›Al­les ist aus der ge­wohn­ten Ord­nung ge­kom­men‹, dach­te Ste­pan Ar­k­ad­je­witsch. ›Da lau­fen nun die Kin­der ganz al­lein im Hau­se um­her.‹ Er ging zur Tür und rief sie zu sich. Sie lie­ßen die Schach­tel, die einen Ei­sen­bahn­zug dar­stell­te, lie­gen und ka­men zu ih­rem Va­ter her­ein.

Das Mäd­chen, des Va­ters Lieb­ling, lief dreist her­ein, um­arm­te ihn und häng­te sich ihm la­chend an den Hals; sie freu­te sich wie im­mer über den ihr wohl­be­kann­ten Duft des Par­füms, den sein Ba­cken­bart aus­ström­te. Nach­dem sie end­lich sein von der ge­bück­ten Hal­tung ge­röte­tes und von Zärt­lich­keit strah­len­des Ge­sicht ge­küsst hat­te, lös­te sie die Arme von sei­nem Hal­se und woll­te wie­der weg­lau­fen; aber der Va­ter hielt sie zu­rück.

»Was macht Mama?« frag­te er und strich mit der Hand über das glat­te, zar­te Häl­schen sei­ner Toch­ter. »Gu­ten Mor­gen!« sag­te er lä­chelnd zu dem Kna­ben, der ihn be­grüß­te.

Er war sich des­sen be­wusst, dass er den Kna­ben we­ni­ger lieb­te, und gab sich stets Mühe, die Kin­der gleich­mä­ßig zu be­han­deln; aber der Kna­be emp­fand das und er­wi­der­te das kal­te Lä­cheln des Va­ters sei­ner­seits nicht mit ei­nem Lä­cheln.

»Mama? Die ist schon auf­ge­stan­den.«

Ste­pan Ar­k­ad­je­witsch seufz­te.

›Da hat sie also wie­der die gan­ze Nacht nicht ge­schla­fen‹, dach­te er.

»Nun, und ist sie ver­gnügt?«

Das klei­ne Mäd­chen wuss­te, dass es zwi­schen Va­ter und Mut­ter einen Streit ge­ge­ben hat­te, und dass die Mut­ter nicht ver­gnügt sein konn­te, und dass der Va­ter das wis­sen muss­te, und dass er sich ver­stell­te, wenn er so leicht­hin da­nach frag­te. Und sie er­rö­te­te für ih­ren Va­ter. Er ver­stand das so­fort und er­rö­te­te nun gleich­falls.

»Ich weiß es nicht«, ant­wor­te­te sie. »Sie hat ge­sagt, wir soll­ten heu­te kei­nen Un­ter­richt ha­ben, son­dern mit Miss Hull zu Groß­ma­ma ge­hen«

»Na, dann geh, mei­ne lie­be klei­ne Tan­ja! Ja so, war­te noch mal«, sag­te er, in­dem er sie doch noch zu­rück­hielt und ihr zar­tes Händ­chen strei­chel­te.

Er nahm vom Ka­min­sims eine Schach­tel Kon­fekt her­ab, die er ges­tern da­hin ge­stellt hat­te, und gab ihr zwei Stück­chen; er wähl­te sol­che, die sie am liebs­ten aß: eine Scho­ko­la­den­pra­li­ne und einen Frucht­bon­bon.

»Für Gri­go­ri?« frag­te das Kind und zeig­te auf die Pra­li­ne.

»Ja, ja!« Noch­mals strei­chel­te er ihr die Schul­ter und küss­te sie auf die Stirn beim Haar­an­satz und auf den Hals; dann ließ er sie fort.

»Der Wa­gen steht be­reit!« mel­de­te Mat­wei. »Es ist auch eine Bitt­stel­le­rin da«, füg­te er hin­zu.

»Ist sie schon lan­ge hier?« frag­te Ste­pan Ar­k­ad­je­witsch.

»Etwa ein hal­b­es Stünd­chen.«

»Wie oft habe ich dir be­foh­len, mir die Leu­te so­fort zu mel­den!«

»Sie müs­sen doch Ihren Kaf­fee in Ruhe trin­ken kön­nen«, er­wi­der­te Mat­wei in ei­nem freund­lich-gro­ben Tone, über den sein Herr nicht zor­nig wer­den konn­te.

»Na, dann bit­te sie jetzt schnell her­ein«, sag­te Oblon­ski, är­ger­lich die Au­gen­brau­en zu­sam­men­zie­hend.

Die Bitt­stel­le­rin, eine Frau Haupt­mann Ka­li­ni­na, bat um et­was ganz Un­mög­li­ches und Un­ver­nünf­ti­ges; aber nach sei­ner Ge­wohn­heit er­such­te Ste­pan Ar­k­ad­je­witsch sie, Platz zu neh­men, hör­te ihr, ohne sie zu un­ter­bre­chen, auf­merk­sam zu und gab ihr aus­führ­li­che Ratschlä­ge, an wen sie sich zu wen­den habe und wie sie es an­grei­fen müs­se, und schrieb so­gar in ge­wand­tem, bün­di­gem Sti­le mit sei­ner großen, sper­ri­gen, hüb­schen, kla­ren Hand­schrift einen Brief für sie an die Per­sön­lich­keit, die ihr be­hilf­lich sein konn­te. Nach­dem er die Frau Haupt­mann ent­las­sen hat­te, nahm er sei­nen Hut und stand noch einen Au­gen­blick da, um zu über­le­gen, ob er auch nichts ver­ges­sen habe. Er über­zeug­te sich, dass er nichts ver­ges­sen hat­te au­ßer dem einen, was er gern ver­ges­sen woll­te, – sei­ne Frau.

›Ach ja!‹ Er ließ den Kopf sin­ken, und sein hüb­sches Ge­sicht nahm einen sor­gen­vol­len Aus­druck an. ›Soll ich zu ihr hin­ge­hen oder nicht?‹ er­wog er. Und eine in­ne­re Stim­me sag­te ihm, es sei zweck­los, hin­zu­ge­hen, es lie­fe doch al­les nur auf Lüge hin­aus; ihre ge­gen­sei­ti­gen Be­zie­hun­gen wie­der­her­zu­stel­len und in Ord­nung zu brin­gen, sei un­mög­lich, weil es we­der mög­lich sei, Dol­ly wie­der zu ei­nem an­zie­hen­den, rei­zen­den Wei­be noch sich selbst zu ei­nem al­ten, der Lie­be un­fä­hi­gen Man­ne zu ma­chen. Es war jetzt al­les not­wen­di­ger­wei­se vol­ler Lüge und Un­wahr­haf­tig­keit; Lüge und Un­wahr­haf­tig­keit aber wa­ren sei­ner Na­tur zu­wi­der.

›In­des­sen, ir­gend­ein­mal muss es doch ge­sche­hen; so kann die Sa­che ja nicht blei­ben‹, sag­te er zu sich, be­strebt, sich Mut zu ma­chen. Er reck­te die Brust her­aus, hol­te eine Zi­ga­ret­te her­vor, zün­de­te sie an, rauch­te ein paar Züge, warf sie in das Aschen­schäl­chen aus Perl­mut­ter, durch­maß mit schnel­len Schrit­ten den Sa­lon und öff­ne­te die Tür zum Schlaf­zim­mer sei­ner Frau.


  1. Ge­päck  <<<

4

Er fand Dar­ja Alex­an­drow­na in der Nacht­ja­cke, die Flech­ten ih­res be­reits recht dünn ge­wor­de­nen, frü­her so dich­ten schö­nen Haa­res am Hin­ter­kopf auf­ge­steckt, mit ver­fal­le­nem, ha­ge­rem Ge­sicht und großen, er­schro­cke­nen Au­gen, die in­fol­ge der Ha­ger­keit des Ge­sichts stark her­vor­tra­ten. Sie stand mit­ten un­ter al­ler­lei Sa­chen, die im Zim­mer um­her­ge­wor­fen wa­ren, vor ei­nem of­fe­nen Wä­sche­schrank, aus dem sie ein­zel­nes her­aus­such­te. Als sie die Schrit­te ih­res Man­nes hör­te, hielt sie inne und blick­te nach der Tür, wo­bei sie sich ohne Er­folg be­müh­te, ih­rem Ge­sich­te einen stren­gen, ver­ächt­li­chen Aus­druck zu ver­lei­hen. Sie fühl­te, dass sie vor ihm Furcht hat­te und sich vor der be­vor­ste­hen­den Auss­pra­che ängs­tig­te. Eben erst hat­te sie von neu­em ver­sucht, das zu tun, was sie schon zehn­mal in die­sen drei Ta­gen zu tun ver­sucht hat­te: von den Sa­chen der Kin­der und von ih­ren ei­ge­nen das Not­wen­digs­te her­aus­zu­su­chen, um es zu ih­rer Mut­ter brin­gen zu las­sen. Und wie­der konn­te sie sich nicht end­gül­tig dazu ent­schlie­ßen; aber auch jetzt sag­te sie sich eben­so wie bei den frü­he­ren Ver­su­chen, dass die­ser Zu­stand nicht fort­dau­ern kön­ne; sie müs­se ir­gend et­was un­ter­neh­men, ih­ren Mann be­stra­fen, bloß­stel­len, sich an ihm rä­chen, in­dem sie ihm we­nigs­tens einen klei­nen Teil des Schmer­zes an­tä­te, den er ihr zu­ge­fügt habe. Sie sag­te sich im­mer noch, dass sie ihn ver­las­sen wol­le, fühl­te aber, dass das un­mög­lich sei; un­mög­lich aber war es des­we­gen, weil sie nicht da­von las­sen konn­te, ihn als ih­ren Gat­ten zu be­trach­ten und zu lie­ben. Au­ßer­dem sah sie vor­aus, dass, wenn sie schon hier, im ei­ge­nen Hau­se, mit der Pfle­ge und Beauf­sich­ti­gung ih­rer fünf Kin­der kaum fer­tig wur­de, die­se dort, wo­hin sie sich mit ih­nen al­len be­ge­ben woll­te, noch schlech­ter ver­sorgt wer­den wür­den. War doch schon in die­sen drei Ta­gen der Jüngs­te von schlech­ter Fleisch­brü­he, die er be­kom­men hat­te, krank ge­wor­den, und die üb­ri­gen hat­ten ges­tern fast gar kein Mit­ta­ges­sen ge­habt. Sie fühl­te, dass es ihr un­mög­lich sei, von hier weg­zu­ge­hen; aber sie täusch­te sich trotz­dem selbst et­was vor, such­te die Sa­chen zu­sam­men und tat, als ob sie weg wol­le.

Als sie ih­ren Mann er­blick­te, ver­senk­te sie die Hän­de in ein Fach des Wä­sche­schran­kes, als ob sie et­was such­te, und sah sich nach ihm erst um, als er ganz dicht an sie her­an­ge­tre­ten war. Aber ihr Ge­sicht, dem sie einen stren­gen, ent­schlos­se­nen Aus­druck ver­lei­hen woll­te, sprach nur von Rat­lo­sig­keit und tie­fem Lei­de.

»Dol­ly!« sag­te er mit lei­ser, schüch­ter­ner Stim­me. Er hat­te den Kopf in die Schul­tern hin­ein­ge­zo­gen und woll­te sich gern ein kläg­li­ches, de­mü­ti­ges Aus­se­hen ge­ben, aber da­bei strahl­te er doch von Fri­sche und Ge­sund­heit. Mit ei­nem schnel­len Bli­cke über­schau­te sie vom Kopf bis zu den Fü­ßen sei­ne präch­ti­ge, le­bens­fro­he Ge­stalt. ›Ja, er ist glück­lich und zu­frie­den!‹ dach­te sie. ›A­ber ich? … Und die­se wi­der­wär­ti­ge Gut­mü­tig­keit, um de­rent­wil­len ihn alle lie­ben und lo­ben; ich has­se an ihm die­se Gut­mü­tig­keit.‹ Ihr Mund press­te sich zu­sam­men; die Wan­gen­mus­keln auf der rech­ten Sei­te ih­res blei­chen, ner­vö­sen Ge­sich­tes zuck­ten.

»Was wün­schen Sie?« frag­te sie schnell in un­na­tür­lich klin­gen­dem Tone.

»Dol­ly«, sag­te er noch ein­mal, und sei­ne Stim­me zit­ter­te da­bei. »Anna kommt heu­te her.«

»Was geht es mich an? Ich kann sie nicht emp­fan­gen!« schrie sie auf.

»Aber es wird doch nö­tig sein, Dol­ly …«

»Ge­hen Sie weg, ge­hen Sie weg!« rief sie, ohne ihn an­zu­bli­cken, als wäre die­ser Auf­schrei durch einen kör­per­li­chen Schmerz her­vor­ge­ru­fen.

Ste­pan Ar­k­ad­je­witsch hat­te wohl ru­hig sein kön­nen, so­lan­ge er an sei­ne Frau nur dach­te; da hat­te er hof­fen kön­nen, es wer­de sich al­les, nach Mat­weis Aus­druck, wie­der ein­ren­ken, und hat­te in die­ser Hoff­nung ru­hig sei­ne Zei­tung le­sen und sei­nen Kaf­fee trin­ken kön­nen; als er aber jetzt ihr ab­ge­härm­tes Mär­ty­rer­ge­sicht vor sich sah und die­sen Ton ih­rer Stim­me hör­te, aus dem ihre Er­ge­bung in das Schick­sal und ihre Verzweif­lung her­aus­klan­gen, da war es ihm, als wenn er er­sti­cken müss­te; es stieg ihm et­was in die Keh­le, und sei­ne Au­gen füll­ten sich mit Trä­nen.

»Mein Gott, was habe ich ge­tan, Dol­ly! Um Got­tes wil­len! Ich habe ja …« Er konn­te nicht wei­ter­re­den; ein Schluch­zen ver­schloss ihm die Keh­le.

Sie schloss die Schrank­tür und blick­te ihn an.

»Dol­ly, was kann ich sa­gen? Nur das eine: Ver­zeih mir! Den­ke zu­rück; kön­nen denn nicht neun Jah­re des Zu­sam­men­le­bens ei­ni­ge we­ni­ge Au­gen­bli­cke auf­wie­gen, in de­nen …«

Sie hat­te die Au­gen auf den Bo­den ge­rich­tet und hör­te ihm zu, als war­te sie, was er wohl sa­gen wer­de, als fle­he sie ihn an, sie ir­gend­wie von sei­ner Schuld­lo­sig­keit zu über­zeu­gen.

»… ei­ni­ge we­ni­ge Au­gen­bli­cke, in de­nen ich mich hin­rei­ßen ließ …«, fuhr er fort und woll­te wei­ter­spre­chen; aber bei die­sen Wor­ten press­ten sich ihre Lip­pen wie­der wie in­fol­ge ei­nes kör­per­li­chen Schmer­zes zu­sam­men, und wie­der zuck­ten die Mus­keln ih­rer rech­ten Wan­ge.

»Ge­hen Sie weg, ge­hen Sie weg von hier!« schrie sie noch durch­drin­gen­der. »Und spre­chen Sie zu mir nicht da­von, dass Sie sich hät­ten hin­rei­ßen las­sen, und nicht von dem, was Sie Schänd­li­ches ge­tan ha­ben!«

Sie woll­te hin­aus­ge­hen; aber sie wank­te und fass­te nach ei­ner Stuhl­leh­ne, um sich zu stüt­zen. Sein Ge­sicht zog sich in die Brei­te, sei­ne Lip­pen wur­den di­cker, und die Trä­nen ström­ten ihm aus den Au­gen.

»Dol­ly!« sag­te er schluch­zend. »Um Got­tes wil­len, den­ke an die Kin­der; sie tra­gen ja kei­ne Schuld. Ich bin der Schul­di­ge; stra­fe mich, lass mich mei­ne Schuld bü­ßen. Wo­mit ich sie nur zu bü­ßen ver­mag, ich bin zu al­lem be­reit! Ich habe ge­fehlt, und es ist gar nicht mit Wor­ten zu sa­gen, wie schwer ich ge­fehlt habe! Aber den­noch, Dol­ly, ver­zei­he mir!«

Sie setz­te sich hin. Er hör­te ihr schwe­res, lau­tes At­men und emp­fand ein un­säg­li­ches Mit­leid mit ihr. Sie setz­te meh­re­re Male an, et­was zu sa­gen, war aber dazu nicht im­stan­de. Er war­te­te.

»Du denkst an die Kin­der nur, um mit ih­nen zu spie­len; wenn ich aber an sie den­ke, so weiß ich da­bei, dass sie jetzt zu­grun­de ge­hen müs­sen«, sag­te sie; es war dies of­fen­bar eine der Re­de­wen­dun­gen, die sie sich im Lau­fe die­ser drei Tage im­mer wie­der vor­ge­spro­chen hat­te.

Sie hat­te du zu ihm ge­sagt, und dar­um blick­te er sie voll Dank­bar­keit an und mach­te eine Be­we­gung, um ihre Hand zu er­grei­fen; aber sie wich mit Ab­scheu vor ihm zu­rück.

»Ich den­ke an die Kin­der, und des­halb wür­de ich al­les tun, was men­schen­mög­lich ist, um sie zu ret­ten; aber ich weiß selbst nicht, wo­durch ich sie ret­ten kann: ob da­durch, dass ich sie von ih­rem Va­ter weg­neh­me, oder da­durch, dass ich sie bei ih­rem lie­der­li­chen Va­ter las­se, – ja­wohl, bei ih­rem lie­der­li­chen Va­ter. Nun, sa­gen Sie selbst, ist es denn nach al­lem, was ge­sche­hen ist, über­haupt noch mög­lich, dass wir wei­ter mit­ein­an­der le­ben? Ist das über­haupt noch mög­lich?« frag­te sie noch ein­mal mit er­ho­be­ner Stim­me. »Nach­dem mein Mann, der Va­ter mei­ner Kin­der, sich in eine Lieb­schaft mit der Er­zie­he­rin sei­ner ei­ge­nen Kin­der ein­ge­las­sen hat …«

»Aber was ist nun zu ma­chen? Was ist nun zu ma­chen?« frag­te er in kläg­li­chem Ton; er wuss­te selbst nicht recht, was er sag­te, und ließ den Kopf im­mer tiefer und tiefer her­ab­sin­ken.

»Sie sind mir wi­der­wär­tig und ekel­haft!« schrie sie, im­mer mehr in Hit­ze ge­ra­tend. »Ihre Trä­nen sind wei­ter nichts als Was­ser! Sie ha­ben mich nie ge­liebt; Sie be­sit­zen we­der ein Herz noch eine vor­neh­me Ge­sin­nung! Sie sind mir ver­hasst und ekel­haft; Sie sind mir ein Frem­der, ja, ein ganz Frem­der!« Mit bit­te­rem Schmer­ze und tie­fem In­grimm sprach sie die­ses Wort ›ein Frem­der‹ aus, das ihr selbst schreck­lich er­schi­en.

Er blick­te sie an, und der In­grimm, der auf ih­rem Ge­sich­te zum Aus­druck kam, ver­setz­te ihn in Schre­cken und Stau­nen. Er be­griff nicht, dass ge­ra­de sein Mit­leid mit ihr sie reiz­te. Sie be­merk­te bei ihm nur ein Ge­fühl des Be­dau­erns für sie, aber kei­ne Lie­be. ›Nein, sie hasst mich; sie wird mir nicht ver­zei­hen‹, dach­te er.

»Das ist furcht­bar, ganz furcht­bar!« sprach er vor sich hin.

In die­sem Au­gen­blick fing im Ne­ben­zim­mer ei­nes der Kin­der, das wahr­schein­lich hin­ge­fal­len war, an zu schrei­en. Dar­ja Alex­an­drow­na horch­te auf, und ihre Mie­ne wur­de plötz­lich mil­der.

Es schi­en, als samm­le sie ei­ni­ge Se­kun­den lang ihre Ge­dan­ken, wie wenn sie nicht recht wüss­te, wo sie sich be­fin­de und was sie zu tun habe. Dann stand sie schnell auf und ging zur Tür hin.

›Al­so liebt sie doch mein Kin­d‹, dach­te er, da er die Ver­än­de­rung ih­res Ge­sich­tes beim Schrei­en des Kin­des be­merkt hat­te. ›Sie liebt mein Kind; wie kann sie dann mich has­sen?‹

»Dol­ly, noch ein Wort!« sag­te er, ihr nach­ge­hend.

»Wenn Sie mir fol­gen, so rufe ich die Leu­te und die Kin­der! Mö­gen sie es alle hö­ren, dass Sie ein Schur­ke sind! Ich ver­las­se noch heu­te die­ses Haus, und Sie kön­nen dann hier mit Ih­rer Mätres­se zu­sam­men woh­nen!«

Da­mit ging sie hin­aus und schlug die Tür hef­tig hin­ter sich zu.

Ste­pan Ar­k­ad­je­witsch seufz­te, trock­ne­te sich die Trä­nen vom Ge­sich­te und ging mit lei­sen Schrit­ten zu der Tür, durch die er ge­kom­men war. ›Mat­wei sagt, es wird sich wie­der ein­ren­ken; aber wie? Ich sehe schlech­ter­dings kei­ne Mög­lich­keit. Ach, was für eine schreck­li­che Lage! Und in wel­cher ge­wöhn­li­chen Wei­se sie schrie! Was für Aus­drücke!‹ sag­te er zu sich selbst in Erin­ne­rung an ihr Schrei­en und an die Wor­te Schur­ke und Mätres­se. ›Vi­el­leicht ha­ben es so­gar die Dienst­mäd­chen ge­hört! Furcht­bar ge­wöhn­lich, wahr­haf­tig!‹ Ste­pan Ar­k­ad­je­witsch blieb noch ei­ni­ge Se­kun­den al­lein ste­hen, trock­ne­te sich die Au­gen, nahm eine fes­te Hal­tung an und ver­ließ das Zim­mer.

Es war Frei­tag, und im Ess­zim­mer zog ge­ra­de der deut­sche Uhr­ma­cher die Uhr auf. Ste­pan Ar­k­ad­je­witsch er­in­ner­te sich an einen Scherz, den er ein­mal über die­sen pünkt­li­chen, kahl­köp­fi­gen Uhr­ma­cher ge­macht hat­te: die­ser Deut­sche sei wohl selbst ein­mal für das gan­ze Le­ben auf­ge­zo­gen wor­den, um Uhren auf­zu­zie­hen. Und die­se Erin­ne­rung ent­lock­te ihm ein Lä­cheln.

Ste­pan Ar­k­ad­je­witsch lieb­te einen gu­ten Witz. ›Vi­el­leicht renkt es sich wie­der ein! Ein hüb­scher Aus­druck das: Es renkt sich wie­der ein‹, dach­te er. ›Den muss ich wei­ter­er­zäh­len.‹

»Mat­wei!« rief er und trug ihm auf, als er er­schi­en: »Rich­te also mit Mar­ja al­les im Frem­den­zim­mer für Anna Ar­k­ad­jew­na her!«

»Zu Be­fehl.«

Ste­pan Ar­k­ad­je­witsch zog sei­nen Pelz an und trat vor den Haus­ein­gang hin­aus.

»Wer­den Sie zu Hau­se spei­sen?« frag­te Mat­wei, der ihn hin­aus­be­glei­te­te.

»Ich weiß noch nicht. Wie es sich ge­ra­de ma­chen wird. Aber hier nimm das für Aus­la­gen«, sag­te er und hän­dig­te ihm aus sei­ner Brief­ta­sche zehn Ru­bel ein. »Wird es rei­chen?«

»Es lässt sich vor­her nicht sa­gen; je­den­falls wer­de ich es ein­zu­rich­ten su­chen«, er­wi­der­te Mat­wei, schlug den Kut­schen­schlag zu und trat auf die Stu­fen vorm Hau­stor zu­rück.

Dar­ja Alex­an­drow­na hat­te un­ter­des­sen das Kind be­ru­higt, und als sie an dem Geräusche des Wa­gens merk­te, dass ihr Mann weg­ge­fah­ren sei, kehr­te sie in das Schlaf­zim­mer zu­rück. Dies war im­mer ihre Zuf­lucht vor den häus­li­chen Sor­gen; so­bald sie die­se Zuf­lucht ver­ließ, stürm­ten die Sor­gen stets wie­der von al­len Sei­ten auf sie ein. Auch jetzt, wäh­rend sie die paar Mi­nu­ten im Kin­der­zim­mer ge­we­sen war, hat­ten die Eng­län­de­rin und Ma­tro­na Fi­li­mo­now­na die Ge­le­gen­heit be­nutzt, um ihr ver­schie­de­ne Fra­gen vor­zu­le­gen, die kei­nen Auf­schub dul­de­ten und die sie al­lein ent­schei­den konn­te: Was die Kin­der zum Spa­zier­gang an­zie­hen soll­ten. Ob sie Milch be­kom­men soll­ten. Ob ein an­de­rer Koch zur Aus­hil­fe an­ge­nom­men wer­den sol­le.

»Ach, lasst mich, lasst mich!« ant­wor­te­te sie, kehr­te in das Schlaf­zim­mer zu­rück und setz­te sich auf den­sel­ben Platz, auf dem sie mit ih­rem Man­ne ge­spro­chen hat­te; sie press­te die ab­ge­ma­ger­ten Hän­de zu­sam­men, an de­nen ihr die Rin­ge von den kno­chi­gen Fin­gern zu glei­ten droh­ten, und ging in der Erin­ne­rung das gan­ze vor­her­ge­hen­de Ge­spräch noch ein­mal durch. ›Er ist weg­ge­fah­ren! Aber wie mag er sich mit die­ser Per­son aus­ein­an­der­ge­setzt ha­ben?‹ dach­te sie. ›Ob er sie wohl noch be­sucht? Wa­rum habe ich ihn nicht da­nach ge­fragt? Nein, nein, eine Aussöh­nung ist un­mög­lich. Und selbst wenn wir in dem­sel­ben Hau­se blei­ben, so wer­den wir doch ein­an­der fremd sein. Fremd für im­mer!‹ Auf die­ses ihr so furcht­ba­re Wort kam sie im­mer wie­der mit be­son­de­rem Nach­druck zu­rück. ›Und wie habe ich ihn ge­liebt, o mein Gott, wie habe ich ihn ge­liebt, wie habe ich ihn ge­liebt! – Und lie­be ich ihn denn nicht auch jetzt noch? Lie­be ich ihn nicht noch mehr als frü­her? Das Schreck­lichs­te ist …‹ Aber sie be­en­de­te die­sen an­ge­fan­ge­nen Ge­dan­ken nicht, da Ma­tro­na Fi­li­mo­now­na durch die Tür her­ein­blick­te.

»Ge­stat­ten Sie doch, dass ich mei­nen Bru­der ho­len las­se«, sag­te sie. »Der kann das Mit­ta­ges­sen her­rich­ten; sonst be­kom­men die Kin­der wie­der wie ges­tern bis sechs Uhr nichts zu es­sen.«

»Nun gut, ich kom­me gleich und wer­de al­les, was nö­tig ist, an­ord­nen. Ist nach fri­scher Milch ge­schickt?«

Und Dar­ja Alex­an­drow­na ver­senk­te sich in die Sor­gen des Ta­ges und be­täub­te da­durch für ei­ni­ge Zeit ih­ren Gram.

5

Ste­pan Ar­k­ad­je­witsch hat­te in der Schu­le dank sei­nen treff­li­chen Fä­hig­kei­ten gut ge­lernt, war aber trä­ge und aus­ge­las­sen ge­we­sen und in­fol­ge­des­sen bei der Ent­las­sung in der Rang­ord­nung ei­ner der letz­ten ge­wor­den; aber trotz sei­nem all­zeit lo­cke­ren Le­bens­wan­del, trotz der Kür­ze sei­ner Dienst­zeit und trotz sei­nem ver­hält­nis­mä­ßig ju­gend­li­chen Le­bensal­ter be­klei­de­te er die an­ge­se­he­ne, gut be­sol­de­te Stel­lung des Di­rek­tors ei­ner Mos­kau­er Ver­wal­tungs­be­hör­de. Die­sen Pos­ten hat­te er durch Ale­xei Alex­an­dro­witsch Ka­re­nin, den Gat­ten sei­ner Schwes­ter Anna, er­hal­ten, der eine der höchs­ten Stel­len in dem Mi­nis­te­ri­um ein­nahm, dem jene Be­hör­de un­ter­stellt war. Aber auch wenn Ka­re­nin sei­nen Schwa­ger nicht in die­se Stel­le ge­bracht hät­te, so wür­de Sti­wa Oblon­ski doch durch hun­dert an­de­re Per­so­nen, durch Brü­der, Schwes­tern, Vet­tern, On­kel und Tan­ten, die­se oder eine an­de­re, ähn­li­che Stel­le mit etwa sechs­tau­send Ru­beln Ge­halt be­kom­men ha­ben; und eine sol­che Ein­nah­me brauch­te er recht nö­tig, da sei­ne Geld­ver­hält­nis­se trotz dem be­deu­ten­den Ver­mö­gen sei­ner Frau sich in ar­ger Zer­rüt­tung be­fan­den.

Halb Mos­kau und Pe­ters­burg war mit Ste­pan Ar­k­ad­je­witsch ver­wandt oder be­freun­det. Er war mit­ten un­ter den Leu­ten ge­bo­ren, die die Mäch­ti­gen die­ser Welt wa­ren oder wur­den. Ein Drit­tel der ho­hen Re­gie­rungs­be­am­ten, die äl­te­ren Män­ner, wa­ren Freun­de sei­nes Va­ters ge­we­sen und hat­ten ihn noch im Kin­der­kleid­chen ge­kannt; das zwei­te Drit­tel stand mit ihm auf du und du; und das drit­te wa­ren gute Be­kann­te. So­mit wa­ren die Ver­tei­ler ir­di­scher Gü­ter, als da sind Äm­ter, Pach­tun­gen, Kon­zes­sio­nen und der­glei­chen, sämt­lich mit ihm be­freun­det und konn­ten ihn als einen der Ih­ri­gen nicht über­ge­hen; und Oblon­ski brauch­te sich nicht son­der­lich zu be­mü­hen, um eine ein­träg­li­che Stel­le zu er­hal­ten; er brauch­te eine sol­che nur nicht aus­zu­schla­gen, sich nicht miss­güns­tig zu zei­gen, sich mit nie­man­dem zu über­wer­fen, sich nicht ge­kränkt zu füh­len, was er auch so­wie­so zu­fol­ge der ihm ei­ge­nen Gut­mü­tig­keit nie­mals tat. Es wäre ihm lä­cher­lich er­schie­nen, wenn man ihm ge­sagt hät­te, er wür­de kei­ne Stel­le mit ei­nem Ge­hal­te, wie er es brauch­te, er­lan­gen, umso mehr, da er nichts Au­ßer­or­dent­li­ches be­an­spruch­te; er woll­te nur das, was sei­ne Stan­des­ge­nos­sen meist er­lang­ten, und einen der­ar­ti­gen Pos­ten konn­te er eben­so gut aus­fül­len wie je­der an­de­re.

Ste­pan Ar­k­ad­je­witsch war nicht nur bei al­len, die ihn kann­ten, we­gen sei­nes gut­mü­ti­gen, hei­te­ren Cha­rak­ters und sei­ner un­zwei­fel­haf­ten Ehren­haf­tig­keit be­liebt, son­dern in sei­nem gan­zen We­sen, in sei­ner schö­nen, glän­zen­den Er­schei­nung, den blit­zen­den Au­gen, den schwar­zen Brau­en und Haa­ren, dem fri­schen, ge­sun­den Ge­sicht lag et­was, was schon durch die rein phy­si­sche Wir­kung alle, die mit ihm in Berüh­rung ka­men, für ihn ein­nahm und in eine fröh­li­che Stim­mung ver­setz­te. »Ah! Sti­wa! Oblon­ski! Da ist er ja auch!« rie­fen fast im­mer die, die mit ihm zu­sam­men­tra­fen, mit ver­gnüg­tem Lä­cheln. Und wenn sie nach ei­nem Ge­sprä­che mit ihm sich be­wusst wur­den, dass ei­gent­lich nichts be­son­ders Ver­gnüg­li­ches vor­ge­kom­men sei, so freu­ten sie sich doch am an­de­ren und am drit­ten Tage alle wie­der ganz eben­so bei ei­ner Be­geg­nung mit ihm.

Schon mehr als zwei Jah­re be­klei­de­te Ste­pan Ar­k­ad­je­witsch den Di­rek­tor­pos­ten bei der Mos­kau­er Ver­wal­tungs­be­hör­de und hat­te sich wäh­rend die­ser Zeit wie die Zu­nei­gung so auch die Ach­tung sei­ner Kol­le­gen, Un­ter­ge­be­nen und Vor­ge­setz­ten und al­ler, die mit ihm zu tun hat­ten, er­wor­ben. Die Ei­gen­schaf­ten, die haupt­säch­lich dazu bei­tru­gen, ihm die­se all­ge­mei­ne Ach­tung in dienst­li­cher Hin­sicht zu ver­schaf­fen, wa­ren ers­tens sei­ne au­ßer­or­dent­li­che Leut­se­lig­keit, die bei ihm auf dem Be­wusst­sein sei­ner ei­ge­nen Män­gel be­ruh­te; zwei­tens sei­ne durch­aus li­be­ra­le, fort­schritt­li­che Ge­sin­nung, nicht die, die er sich aus den Zei­tun­gen zu ei­gen mach­te, son­dern die, die ihm im Blu­te steck­te und in­fol­ge de­ren er alle Men­schen, ohne jede Rück­sicht auf ih­ren Stand und Be­ruf, völ­lig gleich und un­par­tei­isch be­han­del­te; drit­tens (und das war wohl die Haupt­sa­che) sei­ne voll­stän­di­ge Ge­müts­ru­he ge­gen­über den An­ge­le­gen­hei­ten, mit de­nen er sich zu be­schäf­ti­gen hat­te, so­dass er sich nie­mals von Er­re­gun­gen hin­rei­ßen ließ und kei­ne Übe­rei­lungs­feh­ler mach­te.

Als Ste­pan Ar­k­ad­je­witsch heu­te in sei­nem Wa­gen zu der Stät­te sei­ner dienst­li­chen Tä­tig­keit ge­langt war, be­gab er sich, be­glei­tet von dem ehr­er­bie­ti­gen Pfört­ner, der ihm die Ak­ten­map­pe trug, in sein klei­nes Ar­beits­zim­mer, zog die Uni­form an und trat in den Sit­zungs­saal. Die Schrei­ber und Be­am­ten er­ho­ben sich sämt­lich und ver­beug­ten sich mit freund­li­cher, ach­tungs­vol­ler Mie­ne. Ste­pan Ar­k­ad­je­witsch ging wie im­mer schnel­len Schrit­tes zu sei­nem Plat­ze, drück­te den Rä­ten die Hand und setz­te sich. Er scherz­te und plau­der­te ein we­nig mit ih­nen, ge­ra­de so viel, wie schick­lich war, und nahm dann die Ar­beit in An­griff. Nie­mand ver­stand es bes­ser als Ste­pan Ar­k­ad­je­witsch, jene Grenz­li­nie zwi­schen harm­lo­sem, schlich­tem Be­neh­men und dienst­li­cher Hal­tung zu fin­den, de­ren In­ne­hal­tung für eine an­ge­neh­me Amt­stä­tig­keit er­for­der­lich ist. Freund­lich und ach­tungs­voll, wie sich eben alle in Ste­pan Ar­k­ad­je­witschs Amts­be­reich be­nah­men, trat der Se­kre­tär mit ei­ni­gen Schrift­stücken zu ihm her­an und sag­te in dem frei­en, un­ge­zwun­ge­nen Tone, den Ste­pan Ar­k­ad­je­witsch ein­ge­führt hat­te:

»Wir ha­ben doch noch von dem Gou­ver­ne­ment Pen­sa die Nach­rich­ten er­hal­ten. Hier, ist es Ih­nen viel­leicht ge­fäl­lig …«

»Ha­ben wir sie end­lich be­kom­men?« er­wi­der­te Ste­pan Ar­k­ad­je­witsch und schob einen Fin­ger in das Ak­ten­stück vor ihm an der Stel­le, wo er es nach­her auf­schla­gen woll­te. »Nun, mei­ne Her­ren …« Und die Sit­zung be­gann.

›Wenn die wüss­ten‹, dach­te er, wäh­rend er mit be­deut­sa­mer Mie­ne beim An­hö­ren ei­nes Be­rich­tes den Kopf zur Sei­te neig­te, ›welch ein zer­knirsch­ter Sün­der noch vor ei­ner hal­b­en Stun­de ihr Vor­sit­zen­der ge­we­sen ist!‹ Sei­ne Au­gen lach­ten wäh­rend der Ver­le­sung des Be­rich­tes. Bis zwei Uhr muss­te nach der be­ste­hen­den Ord­nung die Ar­beit ohne Un­ter­bre­chung fort­ge­führt wer­den; um zwei Uhr kam dann eine Früh­stücks­pau­se.

Es war noch nicht zwei Uhr, als die große Glas­tür des Sit­zungs­saa­l­es plötz­lich ge­öff­net wur­de und je­mand her­ein­kam. Alle Be­am­ten blick­ten, er­freut über eine klei­ne Ablen­kung, zur Tür hin; aber der Tür­hü­ter, der dort sei­nen Pos­ten hat­te, wies den Ein­dring­ling so­fort wie­der hin­aus und mach­te die Glas­tür hin­ter ihm wie­der zu.

Als die Ver­le­sung des ge­ra­de vor­lie­gen­den Schrift­stückes be­en­det war, er­hob sich Ste­pan Ar­k­ad­je­witsch, reck­te sich ein we­nig, hol­te noch im Sit­zungs­saa­le, den fort­schritt­li­chen An­schau­un­gen der mo­der­nen Zeit Rech­nung tra­gend, eine Zi­ga­ret­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­