Live-Show

Lisa Cohen

„Zieh dich bloß nicht zu sexy an!“

Mein Mann drohte mir spielerisch mit dem Finger. „Sonst wirst du noch auf die Bühne geholt.“

Ich betrachtete mich im Spiegel. Es war gewagt, was ich trug. Ich sah aus, als wenn ich zu allem bereit war. Die enge Corsage, der heiße Slip, die Straps­strümpfe mit der Naht und die hohen Stilettos. Er hatte recht. Außerdem würde mich der Mut für dieses Outfit wo­möglich verlassen, noch bevor wir die Bar betreten hatten. Ich zog mir also etwas Anständiges über, so dass man nur bei genauerem Hinsehen erahnen konnte, was sich vielleicht darunter verbarg.

Marvin sah wie immer gut aus und er benahm sich trotz seiner Nervosität wie ein Gentleman. Auch ich war aufgeregt. Ich hatte Geburtstag und von ihm einen Gutschein bekommen, den ich am heutigen Abend einlösen durfte. Mein Mann hatte mir einen Besuch in einem Club geschenkt, in dem eine Live-Show geboten wurde. Wir hatten beide noch nie so eine Darbietung gesehen und wussten nicht genau, was uns erwarten würde. Unsere Leidenschaft für Pornos, in denen es um die spezielle Liebesart „Gang Bang“ ging, hatten wir zur Genüge gesehen. Jetzt reizte uns etwas, das sich wirklich vor unseren Augen abspielte. Marvin hatte mir diesen Wunsch mal nach einem besonders geilen Streifen entlockt und nun waren wir auf dem Weg zu unserer ersten Live-Show.

Der Club lag in Frankfurt, so dass wir eine gute Stunde anfahren mussten. Bei uns auf dem Land gab es so etwas Verruchtes natürlich nicht. Auf der Fahrt redeten wir nicht viel. Ich war eher skeptisch, als in irgendeiner lüsternen Vorfreude. Ob es vielleicht zu harmlos werden würde oder zu hemmungslos?

Es war bereits voll, als wir ankamen und jeder neue Gast wurde von den bereits Anwesenden eingehend gemustert. Ich war froh, noch etwas übergezogen zu haben, denn diese unverfrorenen Blicke wären mir doch ein wenig unangenehm gewesen.

Marvin hatte einen Tisch ganz vorne direkt vor der Bühne reservieren lassen. Kaum dass wir saßen, stellte der Kellner eine Flasche Champagner in den Kübel. Ich hatte das Gefühl, als wenn ich mir etwas Mut würde antrinken müssen. Nach dem zweiten Glas fühlte ich mich zunehmend entspannter. Fast sogar schon ein wenig wohl in dieser prickelnden Atmosphäre. Denn die Stimmung in dem Club war zum Greifen erotisch. Um uns herum saßen ausnehmend sexy angezogene Menschen, die alle den Anschein machten, als wenn sie einer der Darsteller der kommenden Show sein könnten. „Wird eigentlich manchmal auch einer der Zuschauer auf die Bühne geholt?“ Ich hatte meinem Mann diese Frage ganz unvermittelt gestellt. Er sah mich belustigt an.

„Nicht dass ich wüsste, aber wenn man den Anschein erweckt, dass man es unbedingt möchte …“

Ich errötete unvermittelt und wandte mein Gesicht ab. Marvin strich mir über den Arm.

„Denkst du an so etwas?“

Ich schüttelte energisch den Kopf. Natürlich nicht …

Die Show begann. Eine wirklich atemberaubend schö­ne Frau betrat die Bühne. Sie trug die ausgefal­lenst­e Wäsche, die ich je gesehen hatte. Sie wirkte auf mich wie der Inbegriff der Wollust und strahlte in ihren roten Dessous eine fast aggressive Erotik aus, die nicht nur den Männern zu gefallen schien. Es begann zu kribbeln in meinem Unterleib. Marvin pfiff leise durch die Zähne. Auch er war beeindruckt.

Sie legte sich auf einen Diwan und schloss die Augen. Nach und nach betraten vier nackte Männer die Bühne. Allesamt waren schön und durchtrainiert. Ihre Männlichkeiten üppig und schon erregt. Mein Blut pochte in den Adern. Von solchen Typen hatte ich mein Leben lang geträumt. Leider hatte ich nie so einen Mann in mein Bett schleppen können. Sie waren un­glaublich männlich und verströmten etwas verboten Animalisches, das mir unter die Haut ging.

„Und wie gefallen sie dir?“

Ich sah Marvin an und flüsterte: „So gut, wie dir die Frau …“

Dann lehnte ich mich zurück und wartete gespannt, was passieren würde. Nacheinander setzten sich die Män­ner um die Frau und fingen an, sie zu streicheln. Bald war ihr ganzer Körper mit forschenden Händen bedeckt. Ihre Wäsche wurde liebkost, wie ein kostbares Juwel. Dann wurden die Männer direkter. Öffneten ihre Schenkel und den Reißverschluss des Slips gleich mit. Zwei von ihnen bedeckten sie mit Küssen, die anderen beiden widmeten sich ihrer üppigen Oberweite. Auch die BH-Schalen waren mit Reißverschlüssen zu öffnen. Die Frau lag nackt und doch reizvoll angezogen vorm Publikum.

Zwei Münder erforschten nun ihren Un­terleib, der sich langsam aufbäumte und anfing, etwas zu zittern, als mehrere Zungen gleichzeitig ihren geils­ten Punkt entdeckten. Die Brüste wurden unablässig massiert. Und dann war auch schon einer der Männer in ihr. Er packte sie und schlang ihre Beine um seine Hüfte, stellte sich in die Mitte der Bühne und schob sie, als wäre sie leicht wie eine Feder, auf seinem Penis auf und ab. Ich starrte auf die Szene. Sein Glied war bei jeder Be­wegung gut zu sehen. Die Muskeln seiner Arme zuckten. Er musste eine unglaubliche Kraft besitzen.

Nach einer Weile hob er sie herunter und reichte sie weiter. So wurde sie von jedem eine Weile beglückt, bis sie außer sich vor Lust in den höchsten Liebeslauten so seufzte und stöhnte, dass eine Gänsehaut meinen ganzen Körper befiel. Die Männer verzogen keine Miene. Sie wirkten unglaublich beherrscht und fast unnahbar. Gerade das machte sie aber auch derart unwiderstehlich. Als auch der Letzte der Vier sie besessen hatte, legte der sie auf ein großes Tierfell auf dem Boden ab.

Der erste Typ robbte sich neben sie und schob die Frau auf sich herauf. Vor ihr kniete sich der Zweite und hob ihr sein Glied entgegen, welches sie gierig in den Mund nahm. Nachdem sie es eine Weile verwöhnt hatte, durfte der dritte Mann in den Genuss eines Blowjobs kommen. Die beiden wechselten sich ab und bei jedem Wechsel durfte man ihre glänzenden Glieder be­wundern.

Ich spürte meine eigene Feuchtigkeit im Slip, die ich nicht mehr zurückhalten konnte. Ich beneidete die Frau auf der Bühne. Zu gern wäre ich an ihrer Stelle gewesen. Als der Vierte hinter sie trat, um sich zwischen ihre Pobacken zu drängen, seufzte ich leise auf und presste meine Schenkel zusammen.

Mein Herz blieb stehen, als die Frau auf der Bühne einen Moment zögerte und mich direkt ansah. Ich wag­te nicht zu atmen. Hatte sie mein Seuf­zen gehört? Sie drehte sich zu dem Mann um, der sie gerade von hinten verwöhnte und flüsterte ihm etwas ins Ohr. Er sah zu mir herüber und grinste anzüglich. Dann zog er sich zurück und trat vorne an den Büh­nenrand. Sein stattliches Glied zeigte direkt auf mich. Er nickte mir zu.

„Du hast heute Geburtstag, und wir werden dir deine geheimsten Fantasien erfüllen.“

Ich blieb hilflos sitzen. Er beugte mich zu mir nach vorn und streckte seine Hand aus. Es war totenstill im Raum. Jeder wartete auf meine Reaktion.

Marvin räusperte sich nervös. „Nun geh schon Schatz. Es ist dein Tag.“

Also ließ ich mich auf die Bühne ziehen. Etwas später lag ich nur noch in meinen Dessous bekleidet neben der Frau, die mich nicht weiter beachtete, sondern sich gerade in die nächste Ekstase reiten ließ.

Ich sah den vier gierigen Händen auf meinem Körper zu und starrte wie hypnotisiert auf das Glied, das sich Stück für Stück in mich hineinschob.

Ich hatte gar nicht gewusst, wie hart so ein Glied sein konnte. Über meinem Gesicht schwebte ein zweiter Penis, nach dem ich gierig griff, um ihn in den Mund zu nehmen. Aus dem Publikum wurde erregendes Geflüs­ter hörbar. Die Show gefiel den Leuten …

Mein Körper bäumte sich dem harten Eroberer entgegen und schwebte schon bald auf einer Wolke wollüs­tigen Glücks. Am Rande nahm ich wahr, dass mich bereits ein zweiter Mann mit seinem Glied penetrierend beglückte, dann der Dritte und irgendwann auch noch der Letzte der vier Männer. Gleichzeitig wurde ich nicht müde, jeden Penis in greifbarer Nähe zu verwöhnen, mit Fingern, Lippen und Zunge, bis ich das Gefühl hatte, ihn zumindest in die Nähe einer Explosion ge­bracht zu haben. Die Frau ne­ben mir schrie ihre Lust hem­mungslos heraus, während ich mich in das weiche Fell unter mir krallte und versuchte, in all meiner überschäumenden Erregung, nicht völlig den Verstand zu verlieren …

Um mich herum heftiger Beifall. Marvin stieß mich an und seine Stimme klang ein wenig gereizt.

„Warum klatscht du nicht, hat es dir nicht gefallen?“ Ich blickte ihn an, als wüsste ich gar nicht, wer da zu mir gesprochen hatte. Mein Schritt war mehr als feucht, meinen Körper hatte eine Gänsehaut überzogen. Jeder Nerv in mir schien elektrisiert. Mechanisch presste ich die Hände zusammen.

Die Bühne war leer. Die Show war zu Ende. Eine Stripperin bemühte sich, dem Abend einen etwas harmloseren Ausklang zu verschaffen.

Wir tranken unseren Champagner aus. Marvin drängte es nach Hause. Er war heiß gelaufen. Kein Wunder, bei der Show.

Ich ließ seine Hand meine Schenkel bei der Fahrt erkunden und dachte an meine Fantasie, die mich so vollständig im Griff gehabt hatte. Wie scharf musste ich auf so ein Sexspiel sein, dass ich mich so in meine erotische Vorstellung hatte steigern können?

„Du sagst ja gar nichts. War es dir zu heftig?“

Nein, das war es ganz bestimmt nicht. Im Gegenteil es hatte Sehnsüchte in mir geweckt, von denen ich nicht wusste, wie ich sie befriedigen sollte.

„Doch es war gut. Wirklich!“

Marvin ließ nicht locker. Als er mich zu Hause göttlich befriedigt hatte, wollte er wissen, was ich von so einer „Gang Bang“-Nummer wirklich hielt. Ob ich mir so etwas auch für mich vorstellen könnte. Ertappt sah ich ihn an.

„Ja!“

Ich hatte gar nicht überlegt, bevor ich geantwortet hatte.

„Ich habe es gewusst. Du würdest es gerne mal mit mehreren Männern gleichzeitig tun.“

Es hatte keinen Zweck, meinem Mann etwas vorzumachen, dafür kannten wir uns zu lange. Aber ich wollte ihn auf keinen Fall mit meiner Fantasie verletzten oder eifersüchtig machen. Das wäre unfair gewesen. Doch dann sagte er: „Ich würde gern dabei zusehen …“

Mein Mann! Endlich rückte er mit seinen ge­heims­ten Wunschgedanken heraus.

„Und weißt du was, wenn dann jetzt sofort. Wir sind gerade beide mutig genug …“

Ich sah auf die Uhr. Ich wusste, was ihm vorschwebte. Es ist schon zwei.

„Meinst du, da sind noch Leute?“

Doch Marvin ließ sich nicht beirren. Eine halbe Stunde später standen wir vor dem einzigen Swinger-Club in unserer Nähe. Heiß angezogen und voller Wa­gemut. Es war noch voller, als wir dachten. Meine Wäsche zog die allgemeine männliche Aufmerksamkeit auf sich. Irgendwie signalisierten wir wohl, was wir vorhatten. Denn schon bald hatte ich zumindest drei Männer an mir dran, die mir ziemlich eindeutige Avancen machten.

Marvin hatte sich an die Bar gesetzt und beobachtete mich. Als ich fremde Hände auf mir spürte, merkte ich, wie sich seine Haltung veränderte. Angespannt sah ich in seine Augen. Darin las ich eindeutige Eifersucht. Und auch ich fühlte mich nicht so, wie ich es gehofft hatte. Die Männer um mich herum waren weit von dem Erscheinungsbild der Pornostars entfernt – natürlich. Sie waren ganz normal und wenig erotisch. Was hatte ich mir erhofft?

Eine Hand umschloss meine Brust. Eine andere und mehrere Finger schoben meinen Slip beiseite. Ich schloss die Augen, um mir die Typen aus der Show vorzustellen, öffnete ein wenig meine Beine und hoffte, geil zu werden. Aber nichts passierte. Ich ließ mich küssen und sah dabei in die Augen meines Man­nes, die einen ganz merkwürdigen Ausdruck angenommen hatten. Und da wusste ich, dass etwas schief lief.

Ich löste mich von den Händen der Männer und ging zu ihm. In seinem Gesicht las ich eine solche Er­leich­terung, dass ich hätte heulen können.

Er packte mich bei der Hand und wir verließen beinahe fluchtartig den Club.

Als ich mich nachts an seinen vertrauten Körper schmiegte, fühlte ich mich sehr erleichtert, dass ich meiner Fantasie nicht nachgegeben hatte. Und nicht nur ich. Marvin gestand mir, dass er plötzlich von unerträglicher Eifersucht gepackt worden war, als die Män­ner da anfingen an mir herumzufummeln, wie er es sich nicht hatte vorstellen können.

Es blieb also bei unseren Fantasien. Wir leihen uns weiterhin Pornos aus, bei denen „Gang Bang“ geboten wird und leben unsere Wünsche dann so gut es geht zu zweit miteinander aus …

Notdienst

Carlo Pasion

Was wird nicht alles erzählt über Männer verschlingende, grüne Witwen, die jeden Handwerker mit ihrer geballten Erotik verführen und an ihnen ihre aufgesparte und unbefriedigte Lust ausleben. Männerfantasien! Wunschträume! Diese Angebereien gab es in sämtlichen Berufen, wo viele Männer arbeiteten.

Das wusste Bernd inzwischen auch. Seit über acht Jahren machte er diesen Job und noch nie hatte eine grüne oder andersfarbige Witwe versucht, ihn zu verführen.

Er dichtete lecke Rohre, reparierte tropfende Was­serhähne und machte verstopfte Abflüsse wieder frei. Als Junggeselle hatte er häufig den Notdienst am Wo-chenende oder zu Feiertagen, was ihn nicht weiter störte, konnte er das Geld doch gut gebrauchen.

Seine Arbeitskollegen berichteten immer wieder von Erleb­nis­sen bei der Arbeit, an denen ein Blinder mit der Stange fühlen konnte, dass sie frei erfunden waren und nur die Wunschträume ihrer Erzähler wiedergaben. Wenn das, was so erzählt wurde, wahr gewesen wäre, hätte Bernds Chef die ganze Bande nur für Sex bezahlt, denn zum Arbeiten hätte keiner mehr die Zeit und Kraft gehabt. Bernd jedenfalls konnte allenfalls von Erotik am Arbeitsplatz träumen. Das tat er ausgiebig – träumen.

Auch heute war ihm noch keine unbefriedigte, lüsterne Kundin an die Wäsche gegangen. Auch nicht die alte Dame, die ihm zugezwinkert hatte, was zuerst wie eine Einladung aussah. Bernd hoffte, dass sie es anders meinte, als er zuerst vermutete. So war es auch. Sie wollte ihm lediglich ein Schnäpschen anbieten, mehr als Vorwand, um sich selbst eines zu genehmigen. Den Schnaps hatte er höflich abgelehnt, denn seinen Job wollte er behalten. Die Dame hatte dafür zwei gekippt. „Es sei ihr gegönnt“, dachte Bernd amüsiert.

Der polternde Mittfünfziger, der sich über die hohen Handwerkerpreise aufregte, obwohl er noch gar nicht wissen konnte, wie teuer es werden würde, kam sowieso nicht in Frage.

Nummer drei, eine attraktive Vierzigerin, hatte anderes im Kopf. Irgendein Termin rückte näher und sie versuchte Bernd zu schnellerer Arbeit anzuhalten, was aber wegen des großen Lecks in der Wasserleitung nicht zu realisieren war. Es musste ein neues Stück Rohr eingesetzt werden und das dauerte eben seine Zeit.

Nummer vier, ein älteres Ehepaar, war ein aufwändiger Einsatz. Einige Stemmarbeiten machten Bernd das Leben schwer. Normalerweise hätte er nach erfolgreicher Reparatur das Loch in der Wand für einen Maurer zurückgelassen, aber da die beiden alten Leutchen einen hilflosen Eindruck machten, hatte er das Loch auch noch selbst verschlossen. Die Zeit dafür wollte er nicht berechnen. Sie ging von seiner Mittagspause ab. „Jeden Tag eine gute Tat“ war Bernds Motto und er fuhr gut damit. So war sein Beruf mehr als nur ein Brot­erwerb.

Dann war da noch der schwule Jüngling, der ihm schöne Augen machte. Also wenn das die erotische Seite des Arbeitslebens sein sollte … nein, danke.

Heute fiel ihm der Dienst besonders schwer. Es war heiß und dem alten Kombi fehlte eine Klimaanlage. Nachts fand er wegen der anhaltenden Hitze in seiner kleinen Dachgeschosswohnung auch kaum Schlaf. Kein Wunder, dass er müde war.