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Nr. 7

 

Die Peststadt

 

von Hans Kneifel

 

 

 

Pabel-Moewig Verlag KG, Rastatt

Die Mächte der Finsternis, die einst die Welt beherrschten, bis sie vom Lichtboten zurückgedrängt wurden, sind wieder auf dem Vormarsch.

Nachdem der Lichtbote die Welt wieder sich selbst überlassen hatte, begannen die Kräfte des Bösen, die sich nach ihrer entscheidenden Niederlage in die Dunkelzone geflüchtet hatten, wieder zu erstarken. Inzwischen greifen sie aus der Dunkelzone, einem Ring kosmischer Trümmer, der die Welt umgibt und in eine Nord- und eine Südhälfte teilt, wieder an und beeinflussen bereits weite Teile der nördlichen Länder und deren Bewohner.

Das gilt besonders für die Caer, ein Kriegsvolk, das im Auftrag der dunklen Mächte einen Eroberungsfeldzug beginnt und seine Nachbarn mit Feuer und Schwert heimsucht.

Mit den Caer, denen er bereits vor Elvinon begegnete, bekommt Mythor, der junge Streiter für die Sache der Lichtwelt, es nun abermals zu tun.

Mythor, dem es gelungen ist, Alton, das legendäre Gläserne Schwert, an sich zu bringen, hat nach dem Untergang der Lichtburg einen beschwerlichen und gefährlichen Marsch durch ein unterirdisches Reich der Schrecken angetreten.

Er und seine Gefährten ahnen noch nicht, dass am Ende ihres Marsches Nyrngor steht – Nyrngor, DIE PESTSTADT ...

Die Hauptpersonen des Romans

 

 

Mythor – Der Schwertkrieger stellt sich gegen die Caer.

Elivara – Die junge Königin von Nyrngor.

Coerl O'Marn – Anführer der Belagerer von Nyrngor.

Fürst-Richter Carbell – Ein Verräter.

Sadagar, Nottr, Dhorkan und Torm Shar – Vier tapfere Kämpfer an Mythors Seite.

1.

 

An diesem nebligen Nachmittag brannte die Stadt Nyrngor an drei Stellen.

Aus den Dächern und Erkern entlang der Hauswände schlugen prasselnd die roten Flammen. Schwarzer Rauch trieb in großen Wolken in der kühlen Herbstluft. Die Häuser zwischen der Stadtmauer und dem Palastplatz waren ineinander verschachtelt und lehnten ihre Mauern gegeneinander. Die vielen Giebel bildeten ein Muster aus Dreiecken; die dicken Bohlen der Fachwerke glühten hell, aus den Fensterhöhlen schlug heulend das Feuer. Frauen, Kinder und nur wenig Männer bildeten zwischen Brunnen und Häusern lange Ketten. Lederne Eimer flogen von Hand zu Hand.

Am Haus des Stiefelmachers standen Männer auf schwankenden Leitern und leerten die Eimer in die Flammen. Dampf wallte zischend auf und mischte sich mit dem Rauch. Bemooste Flanken der Türme und Mauern, aus Quadern aufeinander getürmt, waren schwarz von Ruß und Dämpfen. Hängepflanzen waren längst verbrannt, und lange Spuren aus Schmutz, Asche und Wasser rannen an den Mauern herunter. Wimmernde Stimmen erhoben sich durch das Prasseln und Knistern und riefen in den engen Gassen hallende Echos hervor.

»Helft uns!«

»Die ganze Gasse wird verbrennen!«

Aus dem rauen Umland Nyrngors, aus Dandamar und Eislanden, waren Raubvögel und schwarze Raben in gewaltigen Scharen gekommen. Sie hatten sich gesammelt und hockten jetzt in langen Reihen in den Ästen, die ihr Laub verloren hatten. Ab und zu, wie auf magische Kommandos, schwangen sich die Vögel in die Luft und bildeten Schwärme. Dann schossen sie hinunter, um die Leichen der Caer und die Krieger von Nyrngor zu zerfetzen.

Letzte Wassergüsse löschten einen Brand. Für eine Häusergruppe schien die Gefahr gebannt.

Durch die Gasse der Tauschläger und Ölhändler donnerte das Geräusch von Hufen. Eine Abteilung der Leibwache Königin Elivaras sprengte in die Richtung des Hafentors. Mitten zwischen den Kriegern ritt die zwanzigjährige Tochter König Carnens. Ihr hüftlanges Haar war aufgesteckt, ihre bernsteinfarbenen Augen schienen Blitze zu schleudern. Die Reiter galoppierten auf den Platz hinaus, wo neben dem Brunnen der riesige Thalisbaum mit weißer Rinde stand. Knappe Kommandos gellten zwischen den Hauswänden.

»Wir helfen ihnen! Der erste Brand ist gelöscht. Wenn die Vorräte der Ölhändler brennen ...!«

Die Gardisten sprangen aus den Sätteln und warfen die Zügel rußverschmutzten Knaben zu. Mit langen Sätzen kletterten die Leibwachen auf die Leitern, ersetzten Frauen und Kinder und rissen die Eimer hoch. Sie schrien sich aufmunternde Worte zu. In doppelter Eile wanderten die überschwappenden Eimer die Kette entlang, wurden gekippt und ergossen ihren Inhalt in die Flammen und über die Glut.

Für kurze Zeit vergaßen sie alle, dass die Schwarze Pest die Stadt in ihrem unerbittlichen Würgegriff hielt.

»Schneller! Mehr Wasser! Weg mit der Leiter!«

»Auseinander – der Erker bricht herunter!«

Brennende Funken schwirrten unablässig hoch. Wieder zischte Wasser auf glühendem Gebälk. Eine Leiter kippte um; zwei Männer blieben mit zerschmettertem Schädel verkrümmt auf dem Pflaster liegen. Man tauchte Mäntel und Teppiche ins Wasser und schlug mit ihnen auf die Flammen. Eine Frau, deren Haar brannte, rannte kreischend durch die Menge. Ein Gardist hielt sie fest, ein anderer schüttete den halbvollen Kübel über ihren Kopf aus. Die Pferde der Leibwache konnten nur mühsam gezügelt werden. Immer wieder scheuten sie vor den Flammen und den Hilfeschreien.

Königin Elivara richtete sich in den Steigbügeln auf, hob eine Hand an den Mund und rief:

»Sie können sich jetzt selbst helfen! Weiter! Der Feind bricht beim Hafentor durch!«

Das hatte jedenfalls der Bote hervorgestoßen, ehe er auf den Treppen des Schlosses zusammengebrochen war. Aber die Schreie der Verteidiger, die jede Botschaft stafettenartig von Haus zu Haus, von Turm zu Turm weitergaben, hatten von einem neuen Angriff, nicht aber von einem Durchbruch gesprochen.

Die Leibwächter schwangen sich ächzend in die Sättel. Der Trupp ritt weiter, galoppierte um die Hausecken und zog sich auseinander, als ein Pestkarren auftauchte. Niemand von den Soldaten achtete auf den dumpfen Gesang der schwarzgekleideten Scholaren, von denen die verhüllten Leichen begleitet wurden. Elivara warf einen schmerzlichen Blick auf den Karren, dessen Scheibenräder auf den Pflastersteinen mahlten. Die Stadt und ihre nächste Umgebung ebenso wie der Hafen schienen verloren zu sein: Hungersnot und Pest plagten Nyrngor und die Dandamaren innerhalb der sechs Mauern.

Die Gasse verbreiterte sich, als sie in die Hafenstraße überging. Am Ende einer zweifachen Baumreihe tauchten die Umrisse des Torbauwerks auf. Dort wurde erbittert gekämpft.

Die Belagerung dauerte nun schon fast zwei Drittel eines Mondes. König Carnen und Syda, die Königin, waren einem Meuchelmord zum Opfer gefallen. Wie viele der etwa vierzigmal tausend Nyrngorer von der Pest dahingerafft, auf den Mauern oder im Hafen gefallen oder verhungert waren, wusste niemand.

Aber jeder wusste, dass die neuneinhalbtausend Caer zu den wildesten und gnadenlosesten Kämpfern gehörten, die je ihren Fuß auf das Land von Dandamar gesetzt hatten. Die junge Königin ahnte, dass die Stadt verloren und ihr aller Leben verwirkt war – wenn nicht ein Wunder geschah.

Sie zügelte ihr Pferd einen halben Speerwurf vor den dicken, eisenbeschlagenen Balken des Hafentors.

Hinter ihr standen junge Burschen, schwangen die langen Lederschleudern und katapultierten handgroße Steine und Mauerbrocken über die Mauer, hinaus auf die Hafenstraße. Ein Speer tauchte über der Mauerkrone auf und beschrieb pfeifend eine leichte Kurve. Zwei Schritt von Elivara entfernt bohrte sich die Spitze in den Kadaver eines Pferdes.

Nyrngors Stadtmauer war sechseckig. Wo zwei Mauern aneinanderstießen, erhob sich jeweils ein wuchtiger Turm. Auf etwa halber Strecke zwischen den Türmen befanden sich kleinere und größere Tore. Das wichtigste und breiteste Portal führte auf die Hafenstraße hinaus und wurde am heftigsten von den Caer berannt. Hinter den Zinnen der Mauer standen Bogenschützen und feuerten ihre Pfeile schräg nach unten ab. Immer wieder bebten die Torflügel unter dem wilden Ansturm des Rammbocks. Die dröhnenden Schläge der Ramme ließen die Angeln in den Quaderbefestigungen zittern, und ihr durchdringendes Geräusch ließ jeden zusammenzucken, der verstand, was es bedeutete.

Von der Freitreppe eines Hauses und aus einem Gewölbe hatten die Bewohner schwere Quader herausgebrochen. Ächzend, mit Hebeln und Stangen, abgebrochenen Speeren und Stricken zog man die kantigen Steine über Rundhölzer und schichtete sie hinter dem Stadttor auf. Drei Lagen ruhten bereits übereinander; auf einer schiefen Ebene schoben Soldaten, Händler, Seeleute und junge Burschen einen schwarzen Stein hinauf.

Unablässig schlug die Ramme gegen den Spalt zwischen den Torhälften.

Elivara deutete nach links und nach rechts. Ihre helle Stimme schien den Mut der Städter neu anzufachen.

»Auf die Mauern! Werft die Angreifer zurück ins Meer!«

Sie sprang vom Pferd und rannte die schmale Treppe zum inneren Torturm hinauf. Über der Brüstung lag ein toter Krieger. Ein zerbrochener Speer ragte aus seinem Rücken. Die Königin rannte weiter und zog das kleine Kampfbeil aus dem Gürtel. Hoch über sich sah sie die wuchtige Gestalt Torm Shars, des Stadthauptmanns. Er zerrte einen Stein aus der Brüstung, hob ihn mit beiden Armen hoch über den Kopf und schleuderte ihn schräg herunter auf die Mannschaft, die den widderköpfigen Rammbock vorwärtswuchtete.

Torm duckte sich; Pfeile schwirrten um seinen Kopf wie Hagelschauer. Er stieß einen kurzen Fluch aus, als er Elivara die Stufen hinaufstürmen sah. Seine Hand im Lederhandschuh streckte sich aus und riss das Mädchen in den Schutz eines Vorsprunges.

»Ich habe dir verboten«, keuchte er mit seiner rauen Bassstimme, »dich auf den Mauern sehen zu lassen. O'Marn lauert nur darauf, auch dich umzubringen.«

Sie bemühte sich um ein zuversichtliches Lächeln.

»Wir haben zwei Brände gelöscht. Ich musste den Stadtbewohnern Mut machen. Siehst du? Sie verdoppeln ihren Eifer. Warum die Caer nur mit einer solchen Wut und Zähigkeit angreifen?«

Um sie herum tobte der Lärm des Kampfes. Inzwischen waren Mannschaften von den nächsten Türmen herbeigeeilt. Ihre Schwerter und Streitäxte blitzten in der Luft und schmetterten die Angreifer von den Sturmleitern. Lange Lanzen bohrten sich in die Leitern und stießen sie zurück.

»Es ist ihr Ziel, die Stadt zu erobern. Dann können sie mit diesem Brückenkopf vom Norden aus in Ugalien eindringen«, entgegnete Torm, bückte sich und riss eine Lanze hoch. Er bog seine Schultern nach hinten, suchte sich ein Ziel und schleuderte die Waffe einem Caer-Anführer in die Brust. Die Männer am Rammbock sprangen in Deckung. »Von dort aus ist der Weg nach dem Rest von Tainnia leicht. Wenn auch Elvinon gefallen ist ...«

Elivara wischte sich den Schweiß und den Ruß aus der Stirn.

»Sie dürfen Nyrngor nicht übergeben.«

Torm Shar lachte dröhnend auf, aber in seinem Gelächter schwang Verzweiflung mit.

»Wir würden sie in die See zurücktreiben und ihre Schiffe verbrennen, Königin! Aber in unserer Stadt herrschen Verrat, Intrigen und Meuchelmörder. Denke an deine Eltern!«

Elivara hob ihren ungeschützten Kopf über die Brustwehr, wich einem Trupp vorbeikeuchender Soldaten aus und sah auf dem Felsen, der das südwestliche Ende der Hafenbucht kennzeichnete, eine einzelne Gestalt stehen. Es war ein Caer. Sie glaubte ihn zu kennen. Es konnte niemand anderer sein als Coerl O'Marn, der legendäre Nachkomme der Albtraumritter.

»Wie könnte ich nicht an meine Eltern denken«, fuhr sie auf.

»Ihr Tod geschah im Auftrag der Caer. Ich kann es nicht beweisen, aber du und ich«, grollte Torm, »wir wissen es.«

»Wahrscheinlich hast du recht«, meinte die Königin. Er bewunderte die junge Frau, die von Tag zu Tag reifer wurde und ihre von Verzweiflung diktierte Rolle als Nachfolgerin der Königsfamilie mit Kühnheit und Mut erfüllte. Sein Herz und sein Arm gehörten ihr und der Stadt.

»Nicht nur ›wahrscheinlich‹, Elivara«, wiederholte er. »Aber jetzt sollten wir das Tor freikämpfen. Die Dunkelheit lässt nicht mehr lange auf sich warten.«

Er sprang zur Seite und wand den Bogen aus den Fingern eines toten Bogenschützen. Er lehnte den vollen Köcher gegen die Brustwehr und zog Pfeil um Pfeil aus dem Bündel und jagte die Geschosse hinunter zu den Caer, die im Halbkreis um das Hafentor unentwegt angriffen.

Elivara spähte zwischen den schartigen Steinkanten in die Richtung des Hafens. Unverändert lagen dort fünf Dutzend Caer-Schiffe. Die drei prächtigsten Schiffe ankerten abseits der Zwanzigruderer. Die düstere Gestalt des O'Marn stand noch immer auf dem Felsen. Boten kamen und gingen und wurden von ihm abgefertigt. Er war unzweifelhaft der Anführer der Belagerer.

Schweigend und in erbitterter Wut jagte Torm Shar seine Pfeile in die Reihen der Ramm-Mannschaft. Das Dröhnen und Krachen des Widderkopfs hatte aufgehört. Tote und stöhnende Verwundete lagen rechts und links des Tores. Jetzt schleppte eine Frau große Bündel von groben Pfeilen mit dick umwickelten Spitzen die Steintreppe zur Tormauer herauf. Ein Junge folgte ihr, der einen eisernen Glutkorb trug. Torms Stimme donnerte auf und gab einige Befehle. Bogenschützen rannten der Alten entgegen und rissen ihr die Geschosse aus den Händen. Elivara erkannte, dass ihre Anwesenheit hier nicht mehr nötig war. Während sie zum Torplatz hinunterstieg und mit den Blicken ihre Leibgarde suchte, dachte sie wieder voller Sorge an die ersten Pestfälle – seit langer Zeit traten wieder Erkrankungen auf. Die Menschen in der Stadt, die dicht gedrängt wohnten, steckten sich gegenseitig an. Viele waren krank, viele waren gestorben. Am Rand des Schlossplatzes wurden die Gräber ausgehoben.

Elivara blieb im Steigbügel stehen und hob ihre Streitaxt. Ihre Leibwächter versammelten sich um sie. Von der Mauer schossen Bogenschützen ihre Brandpfeile nach den Caer und setzten die hölzernen Dächer über dem Widder in Brand.

»Her zu mir, Männer«, rief sie. »Die Caer greifen auch an anderen Stellen an.«

Niemand hatte damit gerechnet, dass die junge Prinzessin nach dem Mord an ihren Eltern sofort die Herrschaft ergreifen und die Verteidigung von Nyrngor in ihre Hände nehmen würde. Torm Shar, der Stadthauptmann, hatte ihr geholfen und die Männer der Stadt, so gut er konnte, zu entschlossenen Verteidigern ausgebildet. Jeder Bewohner Nyrngors half mit allen seinen Kräften, und da die Mauern noch standen, befand sich Nyrngor noch immer in der Hand der Königin Elivaras. Wie lange noch – das konnte niemand sagen.

Wieder galoppierte der Trupp los.

Sie ritten zwischen der Mauer und den Hausfronten zum nächsten Tor. Die Hauswände waren übersät von den Einschlägen geschleuderter Steine, Speerspitzen stecken in den Balken, überall sahen die Gardisten die Spuren von kleinen und großen Bränden. Die Hufschläge klapperten über das Pflaster. Es war aufgerissen und voller Löcher, denn die Stadtbewohner hatten die Steine als Geschosse verwendet.

Kurz vor dem nächsten Tor – es war niedriger und schmaler – rissen die Männer ihre Pferde hart zurück.

Von einem Erker baumelte ein Strick, der in eine Schlinge auslief. Vier Männer hielten einen fünften fest. Er blutete aus einer Unzahl kleiner Wunden. Ein Peitschenhieb hatte sein Gesicht aufgerissen, seine Kleidung war zerfetzt. In den aufgerissenen Augen des Mannes stand nackte Todesfurcht.

Elivara lenkte ihr Pferd zu der Gruppe und fragte:

»Was geht hier vor? Wollt ihr ihn hängen?«

Ein alter Mann, der noch vor einem Mond im Hafen gearbeitet hatte, nickte.

»Er muss hängen. Dieser Tod, bei Fordmore, ist noch viel zu gut für ihn.«

Die Hände des Delinquenten waren auf dem Rücken gefesselt. Er zitterte vor Angst, aber in ihm schien eine dämonische Macht zu stecken, etwas, das ihn im erbarmungslosen Griff festhielt.

»Was werft ihr ihm vor?«

»Königin«, sagte der Sprecher mit fester Stimme, »er wurde von uns allen beobachtet. Draußen wartet ein Trupp Caer. Er wollte ihnen das Tor öffnen. Sieh die Ketten!«

Die wuchtigen Riegel und Krampen des Tores waren mit Ketten versperrt, deren Glieder handgroß waren. Die ersten Schlingen und Knoten der Ketten waren geöffnet, die Enden hingen bis zum Boden herunter. Es war eindeutig, jemand hatte mit viel Mühe versucht, die Zuhaltungen zu öffnen.

»Ich sehe die Ketten«, sagte Elivara langsam. »Ich sehe auch, dass Nyrngor beinahe durch die Hand eines Verräters gefallen wäre. Der Albtraumritter wartet auf jede Chance. Wer hat dich angestiftet?«

Dies war nicht der erste und sicher nicht der letzte Fall von offensichtlichem Verrat. Heute und hier hatte man den Täter gefasst. Der Feind schien innerhalb der Mauern unsichtbare Verbündete zu haben.

»Ich frage dich noch einmal«, wiederholte die Königin mit schneidender Stimme. »Wer hat dich bezahlt? Was hat man dir versprochen? Warum wolltest du das Tor öffnen?«