Lass dich fallen!

Kristel Kane

„Bist du bereit für unser kleines erotisches Abenteuer?“ In der Frage schwang die pure Lust.

Michelle nickte nur mit dem Kopf und blickte Sarah nervös an.

„Hör mal, ich kann verstehen, dass du ein wenig Angst hast. Schließlich ist es für dich das erste Mal. Doch du weißt, dass du mir vertrauen kannst. Also lass dich führen und einfach fallen. Ich fange dich schon auf!“ Aufmunternd lächelte sie der Partnerin entgegen und küsste sie zart auf die Lippen.

Heftig nickte Michelle.

Sie hatte sich entschlossen. Sie wusste, dass ihr nichts geschehen würde, was sie nicht wirklich wollte. Sie konnte Sarah in jeder Beziehung vertrauen und dies war auch nur der Grund gewesen, weshalb sie sich überhaupt auf ein S/M-Spielchen einließ. Dieses Gebiet der Erotik war absolutes Neuland für sie. Fasziniert hatte sie Sarah zugehört, wie diese über ihre S/M-Sessions ins Schwärmen geraten war. Ihre Erzählungen klangen so aufregend und verboten, dass sie selbst die Lust verspürte es einmal zu versuchen. Doch verschwieg sie den wahren Grund für ihre Zustimmung: Sie wollte Sarah nicht enttäuschen. Sie wusste, dass die Freundin auf S/M stand, und hatte insgeheim Angst davor, dass, falls sie sich dieser Spielart entzog, Sarah das Interesse an ihr verlieren würde. Michelle liebt sie und wollte mit ihr zusammenbleiben, daher gab sie dem Drängen der Freundin nach, es auch einmal zu auszuprobieren.

Nervös stand Michelle in ihrer Unterwäsche da. Sie hatte sich darüber gewundert, dass Sarah von ihr verlangt hatte, ihre ältesten und abgenutztesten Stücke anzuziehen; gehorsam hatte sie ihr aber letztendlich den Gefallen getan.

Nun stand sie da in ihrem alten schäbigen BH mit dem Slip aus Baumwolle. Offen gestanden war ihr Anblick weder erotisch noch sonderlich sexy. Sie kam sich vor wie ein in der Umkleidekabine vergessenes Schulmädchen. Sarah hingegen wirkte in ihrem schwarzen Outfit ganz anders. Verführerisch und opulent wurde der Busen von der Ledercoursage emporgehoben. Der knappe Ledermini verdiente überhaupt nicht die Bezeichnung Rock. Die Beine steckten in hohen schwarzen Stiefeln und wirkten endlos. Trotz ihrer schwarzen Lederkluft wirkte Sarah nicht einschüchternd oder streng auf Michelle, im Gegenteil. Sie hatte immer angenommen, dass Leute, die S/M betrieben, alle unheimlich aussahen und schon allein durch ihren Anblick das Opfer in Angst und Schrecken versetzen mussten.

Michelle war alles andere als verängstigt. Aufgeregt und neugierig schon eher. Am liebsten wäre sie der Freundin in die Arme gefallen und hätte sich an ihr gerieben, nicht nur, um auf diese Weise das Leder auf ihrer Haut zu spüren. Doch das durfte sie sich nicht erlauben. Sarah war hier die Meisterin und sie hatte ihr zu folgen.

Die erste Bewährungsprobe erlebte die Novizin, als die Freundin ihr die Handschellen umlegte. Michelles Herzschlag beschleunigte sich, als die Ringe um ihre Handgelenke zuschnappten. Das harte Metall drückte sich gegen ihre Haut und fühlte sich zu Michelles Überraschung nicht so kalt an, wie sie es erwartet hatte. An den Handschellen wurde sie durchs Haus in den Keller geführt. Michelle sprach kein Wort und stellte auch keine Fragen, sie wusste, wohin Sarah mit ihr gehen würde. Ein paar Tage zuvor war sie in das Geheimnis des kleinen Kellerraumes eingeführt worden: Sarah hatte ihr die Folterkammer gezeigt.

Nun, so ganz passte die Bezeichnung nicht, aber weil Michelle keine Vergleichsmöglichkeiten hatte, war ihr der Begriff eingefallen. Es war ein relativ karger, aber seinem Zweck entsprechend geschmackvoll eingerichteter Raum. Die Wände waren schwarz gestrichen und in den Ecken hingen raffiniert drapierte Vorhänge aus blutrotem Samt. An den Wänden waren zahlreiche Kerzenleuchter angebracht, die dem Raum eine geheimnisvolle Atmosphäre verliehen. An Einrichtungsgegenständen gab es lediglich ein Andreaskreuz, eine lange Bank, auf der man fixiert werden konnte, und einen thronähnlichen Sessel. Diverse Utensilien zum Anheizen der Lust befanden sich fein säuberlich zur Schau gestellt in einer beleuchteten Vitrine.

Michelle hatte dafür allerdings keinen Blick übrig. Sarah hatte sie fast in die Mitte des Raumes dirigiert und die Handschellen an einer Kette festgemacht, die von der Decke hing. Langsam und genussvoll zog sie die Kette stramm und brachte Michelle dazu, die Arme über den Kopf zu nehmen. Sie konnte nicht erkennen, wo und wie die Freundin die Kette anschießend fixierte. Sie hatte ausschließlich Augen für die lange Bank neben sich. Deutlich zeichneten sich unter einem Seidentuch die Konturen einiger für Michelle beunruhigender Gegenstände ab.

Die junge Frau drehte sich ein wenig, um einen besseren Blick auf die Bank zu werfen. Sarah war dies nicht entgangen und sie stellte sich provokant hinter die Bank und riss mit einem Ruck das Seidentuch fort. Während sie dies tat, schaute sie stur auf die Freundin. Die schiere Furcht spiegelte sich in ihren Augen, als sie die Utensilien erkannte. Auf der Bank vor ihr befanden sich eine lederne Reitpeitsche, eine kleine Zange, ein Staubwedel mit einem langen Stiel aus Rattan, Klammern, die durch eine Metallkette verbunden waren, eine Augenbinde und ein Messer, dessen Klinge gefährlich scharf aussah.

In diesem Augenblick wurde Michelle bewusst, dass sie sich komplett ausgeliefert hatte. Hilflos hing sie in ihrer wehrlosen Position und war der Gnade der Freundin auf Gedeih und Verderb ausgeliefert. Wie hatte sie so dumm sein können? Wie ein schleichendes Gift nahm die Angst Besitz von ihr, der Pulsschlag beschleunigte sich und die Atmung ging schneller. Automatisch versuchte Michelle nach hinten auszuweichen, als Sarah das scharfe Messer aufnahm und auf sie zuging.

„Bitte, bitte, tu mir nichts!“, flehte sie nicht nur mit ihrer Stimme, sondern legte denselben Ausdruck auch in ihre Augen.

„Sssschhh“, machte Sarah, als wollte sie einen Säugling beruhigen, und strich mit der stumpfen Seite des Messers sachte über Michelles Unterwäsche. Erschrocken und ängstlich zuckte diese zusammen. Ein leises Wimmern war zu hören.

„Ich habe dir doch gesagt, dass du keine Angst haben sollst! Du sollst dich fallen lassen!“, sachlich und emotionslos kamen die Worte von Sarah.

Michelle war nicht mehr in der Lage zu antworten. In ihrer Verzweiflung und zum Gefallen der Freundin nickte sie nur heftig.

Leicht schrie sie auf, als Sarah mit dem Messer zwischen Brüsten entlangfuhr. Die stumpfe Seite drückte sich ein wenig gegen ihre Haut. Überdeutlich konnte sie die Kälte des Stahls spüren. Wie Butter glitt die Klinge durch den Stoff und teilte ihren BH. Widerstandslos glitt das Kleidungsstück auseinander und streifte ihre Haut.

Lustvoll blickte Sarah auf den unbekleidet vor ihr stehenden Busen. Gierig fuhr sie mit ihrer Zunge über die festen Brüstchen. Michelle stöhnte vor Lust. In wilder Unbeherrschtheit glitt die feuchte warme Zunge immer wieder über die Haut der Angeketteten und löste durch das Zungenpiercing eine wahre Sensation der Empfindungen aus.

Rasch löste sich Sarah von der Freundin und schnitt ihr die Träger des BHs durch. Unbeachtete fiel das zerstörte Kleidungsstück zu Boden. Sarah drückte ihren Oberkörper gegen Michelle und blickte ihr direkt in die Augen. Sie badete sich in dem verlangenden und dennoch ängstlichen Blick ihrer Gefangenen. Sie wusste, dass sie die Macht hatte, der Freundin eine neue aufregende Welt zu zeigen. Ihre Welt.