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Inhaltsverzeichnis
Fluchtmotive: Krieg, Verfolgung, Hunger
Nachbarn
Libanon – Eine Stunde bis zum Krieg
Kontingentflüchtlinge – Der Zufall entscheidet
Tunesien – Lager der Vergessenen
Routen
Reise in den Tod
»Left to die«
Schmuggler
»Der Joker«
»Glauco«
»Der Fuchs«
Push-Back
Der Fall Hirsi
Farmakonisi
Systematische Abwehr
Der Zaun
Frontex
»Indalo«
Headquarter Warschau
Grenzfälle
»Mare Nostrum«
»Triton«
Khartoum-Prozess
Militärische Lösung
»Eurosur«
Asyl! Asyl?
Griechenland
Willkürliche Inhaftierungen
Polizeirazzia in Athen
Bulgarien
Rassistische Anfeindungen
Italien
Spanien
Wohin in Europa?
Willkommen in Deutschland
Die Kampagnen gegen Asylbewerber in den 1990er Jahren
Ambivalente Stimmung in Deutschland heute
Das erste Jahr der Kolazars in Deutschland
Schwieriger Start
Die Suche nach Arbeit
Positive Perspektiven
Vorbild Schweden
»Wir wollen einfach als Sprungbrett dienen.«
Was zu tun ist
Dauerkrise
Die nächsten Schritte
Anhang
Allgemeine Erklärung der Menschenrechte
Genfer Flüchtlingskonvention
Verhaltenskodex Frontex
Anmerkungen
Über den Autor
Impressum
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Fluchtmotive: Krieg, Verfolgung, Hunger

Bamako, Hauptstadt von Mali, an einem heißen Tag im April. Auf dem zentralen Markt drängen und schieben sich Tausende von Menschen. Der Markt ist aufgeteilt in Sektionen: Hier sind Stoffe zu finden, Tücher, Kleider, T-Shirts. Dort Haushaltsartikel, Töpfe, Pfannen, Geschirr. Eine Reihe von Ständen bietet Fetische an, Tierfelle, Affenschädel. Und überall Lebensmittel, Obst, Gemüse. Etwas abseits sitzen in einer ruhigen Ecke Mouneissa Traoré und ihre Tochter Nahawa. In einem kleinen Gefäß, das vor ihnen auf dem Boden steht, bieten sie Plastiktütchen mit Orangenbrause an: »Das trinken die Kinder gerne, weil es so bunt und so süß ist«, erklärt Mouneissa Traoré, eine Frau von Anfang dreißig. Sie verkauft nicht viel. »Wir sind neu hier, die Markthändler lassen uns nicht an einer Ecke sitzen, wo viele Leute vorbeikommen.« – Die Traorés versuchen sich mit dem Verkauf der Brause über Wasser zu halten. Sie leben erst seit wenigen Monaten in Bamako und sind vor dem Krieg im Norden des Landes in die Hauptstadt im Süden geflohen: »Die Islamisten kamen von Norden, es gab Schießereien in der Stadt, da sind wir geflohen. Wir waren nicht mehr sicher.«1 Die Traorés sind Kriegsflüchtlinge im eigenen Land. Im Moment leben sie noch von ihren Ersparnissen und hoffen, bald in ihre Heimatstadt zurückkehren zu können. Aber die Situation ist unsicher, immer wieder erschüttern Anschläge den Norden Malis. »Der Staat tut überhaupt nichts für uns, wir sind völlig auf uns gestellt. Wir können froh sein, wenn wir abends satt zu Bett gehen. Meine Kinder können nicht zur Schule gehen, sie ist zu weit weg, der Bus fährt selten und ist teuer.«

Die Traorés sitzen in der Falle. Wie ihnen ergeht es Tausenden ihrer Landsleute. Ähnliches gilt für viele Menschen in den Nachbarstaaten Niger, Tschad oder Nigeria, wo seit Jahren Terrorgruppen wie Boko Haram wüten und Hunderttausende zwingen, ihre Heimat zu verlassen. Sie fliehen über die Grenze in die Nachbarstaaten, wo sie in Lagern der UN-Hilfsorganisation UNHCR Schutz suchen. In dieser Situation fassen Familien manchmal den Entschluss, eines ihrer Kinder, meist sind es die Söhne, nach Europa zu schicken. Sie hoffen darauf, dass er dort in Sicherheit ist und eine Zukunft haben wird. Für die Reise sammelt dann die ganze Verwandtschaft Geld. Alle wissen, dass diese lang und gefährlich sein wird und die Gefahr besteht, dass der Junge niemals ankommt. Aber sie sehen keine Alternative.

Auf den jahrhundertealten Trans-Sahara-Routen, die Nordafrika mit den Sub-Sahara-Staaten verbinden, sind jetzt Transporte mit Migranten unterwegs: »Die Region hat sich zu einer entscheidenden Transitstelle für Migranten aus Schwarzafrika entwickelt, die versuchen, Europa zu erreichen. Bis Mitte Juni 2015 haben Schätzungen zufolge mehr als 106.000 Menschen Europa über den Seeweg erreicht. Etwa 57.000 sind davon in Italien gelandet, fast ausschließlich über Libyen und seine südlichen Nachbarländer kommend. UN-Funktionäre prognostizieren, dass zwischen 80.000 und 120.000 Migranten den Niger in diesem Jahr durchqueren werden.«2 Es sind vor allem Kriege und Dauerkonflikte wie jener in den Sahelstaaten, die die Menschen in die Flucht treiben. 60 Millionen Menschen waren es 2014 – so viele wurden noch nie vom UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR verzeichnet.3

Weltweit gab es im letzten Jahr 19,5 Millionen Flüchtlinge, 38,2 Millionen Binnenvertriebene und 1,8 Millionen Asylsuchende. Dabei schultern die Hauptlast der Flüchtlinge nicht etwa die reichen Länder. 86 Prozent aller Flüchtlinge befanden sich 2014 in wirtschaftlich ärmeren Ländern. Die Türkei hat bis Ende 2014 1,6 Millionen Flüchtlinge aufgenommen und ist damit weltweit an der Spitze. Der Bürgerkrieg in Syrien mit 7,6 Millionen Binnenvertriebenen und knapp 4 Millionen Flüchtlingen in den Nachbarstaaten hat die gravierendsten Auswirkungen auf die Zivilbevölkerung. Aber auch andere Kriege produzieren Flüchtlingsbewegungen, sodass inzwischen etwas mehr als 5 Millionen Flüchtlinge auch in Europa leben.

Zum Beispiel Afghanistan: Auch zwölf Jahre nach der Besetzung Afghanistans durch die US-Amerikaner ist das Land nicht zur Ruhe gekommen. 2,5 Millionen Afghanen sind außer Landes geflohen, 80.000 haben in anderen Ländern um Asyl gebeten, 40.000 sind 2014 irregulär in die EU eingereist. Zum Beispiel Somalia: Der Staat ist zerfallen. 1 Million Somalier sind auf der Flucht, nur 40.000 haben Asyl beantragt, 20.000 kamen über das Mittelmeer nach Europa. Zum Beispiel Eritrea: Hier treibt ein despotisches Regime die Menschen außer Landes, offiziell über 300.000 Menschen. Inzwischen sind davon über 50.000 Eritreer übers Mittelmeer geflohen.

Die explosionsartig steigenden Flüchtlingszahlen der vergangenen Jahre zeigen, dass auch Europa sich den Konflikten von Afghanistan bis Mauretanien, dem Zerfall der Staaten von Irak bis Somalia, den Nöten der Menschen südlich der Sahara bis nach Pakistan nicht mehr entziehen kann. Die Kriege und ihre Gewalt, die daraus resultierenden wirtschaftlichen Krisen und Hungersnöte – viele Tausend Kilometer weit entfernt –, sie schicken ihre Abgesandten, die Flüchtlinge, bis ins Herz Europas. Daran ist Europa historisch nicht schuldlos: In aller Regel haben europäische Staaten Einfluss auf die Situation in den Ursprungsländern ausgeübt. Zahlreiche Konflikte sind nicht zuletzt vor dem Hintergrund der kolonialen Grenzziehung im 19. bzw. 20. Jahrhundert zu verstehen. Die Destabilisierung ganzer Regionen beruht auch auf dem militärischen Eingreifen der USA und seiner westlichen Verbündeten. Der andauernde Krieg im Irak mit dem Erstarken des Islamischen Staats (IS) oder der Zerfall Libyens und die anschließende Erosion staatlicher Strukturen in den Nachbarländern sind dafür nur die jüngsten Beispiele.

»Fluchtpunkt Europa« nimmt den Leser mit auf eine Reise von den Lagern im Libanon bis zum Leben in einer deutschen Flüchtlingsunterkunft. Dabei wird deutlich werden, wie rigide Europa versucht, sich seiner politischen Verantwortung zu entziehen: Es geht vor allem darum, die »Festung Europa« uneinnehmbar zu machen. Geradezu panisch reagieren viele Politiker in der EU angesichts der Menschen, denen es gelingt, das Mittelmeer oder die Grenzanlagen zu überwinden. Verglichen mit den 4 Millionen syrischen Flüchtlingen, die die Türkei, der Libanon und Jordanien aufgenommen haben, sind fünf Millionen Flüchtlinge auf über 400 Millionen EU-Bürger eine geringe Zahl.

Seit ihrer Gründung ist die Rolle der europäischen Grenzschutzagentur Frontex immer wichtiger geworden. Sie steht geradezu symbolisch für die Abschottung der EU, befeuert jedoch gerade damit das Schlepperbusiness, das sie zu bekämpfen vorgibt. Einzelne Nationalstaaten, besonders Griechenland und Bulgarien, handeln in Eigenregie – allein gelassen von den übrigen EU-Staaten. Mit zum Teil brutalen Methoden zwingen sie Flüchtlinge zur Umkehr und damit manchmal in den Tod. Diese Push-Back genannte Praxis verletzt nicht nur EU-Recht, sondern auch die Prinzipien der Genfer Flüchtlingskonvention.

Aber es gibt auch Lichtblicke: Als Reaktion auf die beiden furchtbaren Tragödien, die sich im Oktober 2013 vor der Küste Lampedusas ereigneten und Hunderte Tote forderten, beschloss die italienische Regierung, die Überwachungstätigkeit ihrer Marine bis an die libyschen Hoheitsgewässer auszudehnen. Durch die Operation »Mare Nostrum« retteten die Italiener so über 100.000 Menschen aus Seenot. Ein Engagement, das im Laufe des Jahres auf heftige Kritik stieß: »Mare Nostrum« ermutige nur die Schlepper, marode Boote loszuschicken und noch mehr Geld zu verdienen. Nach einem Jahr wurde die Operation beendet – offiziell, weil die übrigen EU-Mitgliedsstaaten sich weigerten, monatlich neun Millionen Euro für die Kosten aufzubringen. Tatsächlich, weil die Operation das falsche Signal an die Flüchtlinge war: Es hatte eine Weile so ausgesehen, als ob wenigstens ein Mitgliedsstaat der EU Erbarmen zeigte. Stattdessen erhöhte man das Budget der Frontex-Operation »Triton« und arbeitete weiter an der Installierung des Überwachungssystems »Eurosur«, das in Zukunft mit Hilfe von Satelliten und Drohnen den gesamten Mittelmeerraum auf verdächtige Bewegungen hin untersuchen soll.

Der Einflussbereich der EU erstreckt sich im Übrigen nicht nur auf die Grenzregionen im Süden und Osten der EU. Das zeigt ein Abkommen zwischen der Internationalen Organisation für Migration (IOM), der EU-Kommission und Italien: Seit Sommer 2015 sollen Teams aus der EU entlang bekannter Migrationsrouten im Niger Flüchtlinge abfangen, bevor sie nach Libyen kommen und dort die Boote besteigen können. Parallel sollen Auffangzentren entstehen, um die Flüchtlinge vor Ort unterzubringen.4

Wer es dennoch schafft, durch die Maschen zu schlüpfen und in ein Land der EU zu gelangen, der sollte sich nicht zu sicher fühlen. Die Auffanglager in Griechenland und Bulgarien, in denen Flüchtlinge untergebracht, die Gefängnisse in Ungarn, in denen Asylbewerber festgehalten werden, oder die Ruinen, in denen Flüchtlinge in Italien unterkommen müssen – sie sind oft menschenunwürdig. Die Asylsysteme in Griechenland oder Bulgarien verdienen ihre Bezeichnung bislang nicht. Die Versorgung von Flüchtlingen in Italien ist oft völlig unzureichend. Der Rassismus, mit dem Flüchtlinge in Ungarn nicht selten behandelt werden, steht dem in manchem ihrer Herkunftsländer in nichts nach.

Und Deutschland? – Ein widersprüchliches Bild. Innenminister Thomas de Maizière gehörte zu den schärfsten Kritikern von »Mare Nostrum« und sorgte mit dafür, dass das Seenotrettungsprogramm beendet wurde. Die Bundesregierung beharrt bisher auch darauf, »Dublin« weiter aufrechtzuerhalten – also die EU-Verordnung, dass Asylbewerber in dem europäischen Land bleiben müssen, wo sie zuerst registriert wurden. Damit sind die Hauptankunftsländer Italien, Griechenland und Bulgarien jedoch völlig überfordert. Andererseits ist Deutschland das Land in der EU, das die meisten Flüchtlinge aufnimmt – ca. 800.000 werden es Ende 2015 sein.

Auch die Zivilgesellschaft bietet ein heterogenes Bild. Ehrenamtliches Engagement vieler Tausend Menschen hierzulande steht im Kontrast zu den Bränden, die in Unterkünften für Asylbewerber gelegt werden. »Kein Mensch ist illegal« versus Hassdemos. In Deutschland zeigt sich die ganze Bandbreite gesellschaftlicher Einstellungen, wenn es um Flüchtlinge geht.

Die Entwicklung der letzten Jahre hat deutlich gemacht: Wenn wir heute über Flüchtlingspolitik reden, geht es nicht um ein Randgruppenthema, das populistisch für die Stammtische verhandelt werden kann. Flüchtlingspolitik ist auf mehreren Ebenen eine große Herausforderung für Politik und Zivilgesellschaft – auf Jahre hinaus. Und eine Chance. Wir müssen konstruktiv damit umgehen und im großen Maßstab denken: Etwa indem wir die demokratischen Entwicklungen in afrikanischen und asiatischen Staaten fördern und mit ihnen eine faire Handelspolitik betreiben. Andernfalls werden sich die Wanderungsbewegungen verstetigen und mit jeder Krise verstärken. Wir müssen unsere Asylgesetzgebung entlasten und ein Einwanderungsgesetz schaffen, das die Voraussetzung für Arbeitsmigration bietet. Wir müssen darauf dringen, dass grundlegende Menschenrechte in allen EU-Staaten gelten, bei Verletzungen der EU-Menschenrechtscharta müssen die betreffenden Staaten auch sanktioniert werden. Und wir sollten die Chancen nutzen, die uns der Zuzug gut ausgebildeter und motivierter Flüchtlinge bietet.

»Fluchtpunkt Europa« ist das Ergebnis einer mehrjährigen Beschäftigung mit der europäischen wie auch im Speziellen der deutschen Flüchtlingspolitik. Zunächst sind daraus zwei Filme entstanden: »Festung Europa« für ARTE und »Riskante Reise« für das ZDF. Viele Interviews, aus denen ich hier zitiere, sind bei den Recherchen und Dreharbeiten für diese beiden Dokumentationen entstanden. An dieser Stelle möchte ich Kathrin Bronnert von der ARTE-Redaktion in Hamburg und Claudia Ruete und Beate Höbermann vom ZDF in Mainz für die Möglichkeit danken, mich intensiv mit dieser Thematik auseinanderzusetzen. Außerdem danke ich meinem Kollegen Özgür Uludag für die Erlaubnis, das Interview zu verwenden, das er mit einem Schlepper in Istanbul geführt hat. Schließlich danke ich der Körber-Stiftung, die mir mit dem vorliegenden Buch die Möglichkeit gibt, auf die existenzielle Not vieler Hunderttausender Flüchtlinge aufmerksam zu machen. Mein Lektor Bernd Martin hat mich während der Entstehung unermüdlich und konstruktiv begleitet – dafür herzlichen Dank.

Mein Sohn Nicki hat zahlreiche Daten und Belege überprüft und mir so den Rücken freigehalten, als der Abgabetermin unerbittlich näher rückte. Und meine Frau Gabi hat mich mit ihrem Urteilsvermögen, ihrer Liebe und Zuversicht auch durch dieses Projekt getragen. Alle Fehler in diesem Buch gehen natürlich zu meinen Lasten.

Für alle, die auf der Flucht nach Europa ums Leben gekommen sind

Nachbarn

Libanon – Eine Stunde bis zum Krieg

Camp Fayda 1 im Bekaa-Tal. Zwanzig Kilometer von hier verläuft die Grenze zwischen dem Libanon und Syrien. Auf einem Feld entlang einer Teerstraße stehen aufgereiht Wellblechhütten und Zelte – ein improvisiertes Flüchtlingscamp. Hier leben etwa 4000 Menschen, die über die Berge aus Syrien hierhergekommen sind, meist mit nichts als ein paar Koffern.

Das Bekaa-Tal ist der Obstgarten des Libanon. Die Gegend versorgt das ganze Land mit Obst und Gemüse, hier gedeihen berühmte Weine, die bis nach Europa exportiert werden. Die Bauern der Gegend stellen den ankommenden Flüchtlingen aus Syrien brachliegende Flächen neben ihren Feldern für etwas Geld zur Verfügung. In wenigen Tagen entstehen kleine Siedlungen aus Zelten oder Hütten. Hunderttausende Menschen leben so entlang der Grenze zu Syrien, es ist der kürzeste Weg, um der Gewalt zu entkommen.

Die Lebensbedingungen sind jedoch oft katastrophal. Im Winter, der von November bis März dauert, fallen die Temperaturen nachts häufig unter null Grad. Schnee, Regen, Hitze, Staub – die Menschen sind ihnen hier nahezu ungeschützt ausgeliefert. Hilfsorganisationen wie das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR versorgen die vielen Flüchtlinge wenigstens teilweise mit Zelten.

In den letzten drei Jahren sind so 1,2 Millionen Syrer in den Libanon gekommen, der ursprünglich 4,5 Millionen Einwohner hatte. Das wäre so, als wenn 20 Millionen Flüchtlinge nach Deutschland kämen. Eine Herausforderung, vor der eigentlich jede Gesellschaft kapitulieren muss. Und tatsächlich gibt es im Libanon Hass und Übergriffe auf Syrer. Die UN hat auf Betreiben der libanesischen Regierung die Registrierung neuer Flüchtlinge zeitweise ausgesetzt, die libanesischen Behörden bleiben weitgehend untätig. Sie sind ebenso überfordert wie unwillig. Die libanesische Gesellschaft besteht aus etwa einem Dutzend Religionsgemeinschaften, die sich scharf voneinander abgrenzen. In dem gerade mal 25 Jahre zurückliegenden eigenen Bürgerkrieg haben sie sich gegenseitig tiefe Wunden zugefügt, die kaum vernarbt sind. Internationale NGOs und zivilgesellschaftliche Initiativen versuchen diese Lücke zu schließen – was natürlich nicht überall gelingt. Erstaunlich ist dennoch, wie friedlich die meisten Libanesen auf den Flüchtlingsansturm reagieren.5

Baraa, eine junge Frau von 25 Jahren, lebt mit ihrem Vater in einem der Zelte. Bis vor vier Wochen waren auch noch ihre Mutter und ihre beiden Brüder hier. Aber da die beiden Jungen kurz vor dem Abitur stehen, sind sie mit ihrer Mutter schweren Herzens zurück in ihre Heimatstadt Homs gegangen. Hier im Lager hätten sie keine Chance, einen Abschluss zu machen. Ohne ihn haben sie gar keine Grundlage, denken sie, wenn sie versuchen, sich woanders ein Leben aufzubauen.

Aber die Rückkehr bedeutet ein großes Risiko. Denn Homs ist eine umkämpfte, in weiten Teilen zerstörte Stadt. Immer wieder wird sie von den Kämpfern des IS angegriffen. Human Rights Watch wirft dem IS vor, mit Autobomben, Mörserfeuer und Raketen Hunderte von Zivilisten getötet und verletzt zu haben. Die Autobomben würden lediglich dazu eingesetzt, die Zivilbevölkerung zu terrorisieren, und hätten keinerlei militärischen Sinn.6

Die bittere Ironie ist, dass der Vater Baraas und ihrer Brüder Schulleiter in Homs war – aber seinen Söhnen kann er hier nicht helfen. Damit der Flüchtlingsalltag nicht alles überwältigt, unterrichtet der Vater jeden Tag ein paar kleine Kinder in seinem Zelt. Ein paar Schulhefte liegen auf einem Stapel, ein paar Malstifte, mehr haben sie nicht. Wenn er nichts tut, geschieht gar nichts. Die Kinder sind sonst sich selbst überlassen, die Erwachsenen haben genug damit zu tun, den täglichen Kampf ums Überleben zu bestehen.

Es fehlt an allem: »Hier sind die hygienischen Verhältnisse katastrophal«, sagt Baraa, »besonders im Winter, wenn es kalt ist, regnet und sich der Untergrund in Morast verwandelt.« Die Studentin und ihr Vater leben jetzt seit über einem Jahr im Camp: »Als wir hier ankamen, war ich völlig schockiert. Zu Hause ging es uns gut, es fehlte uns an nichts. Hier muss das Wasser herangeschafft werden, wir haben am Tag nur eine Stunde Strom. Es gibt auch keine Abwasserkanäle. Die Männer finden kaum Möglichkeiten zu arbeiten, sodass es überall an Geld fehlt. Wenn man krank wird, was unter diesen Bedingungen häufig geschieht, können sich die meisten keine Medikamente leisten. Und die Kinder spielen die ganze Zeit auf den Feldern oder auf der Straße, was für eine vergeudete Zeit!«7

Baraa versucht trotzdem, tapfer zu sein. Sie kocht für ihren Vater und unterstützt ihre Nachbarn, aber die Perspektiven dieser jungen und gebildeten Frau sind düster. So hofft Baraa vor allem, bald nach Hause zurückzukehren. Dabei ist ein Ende des Krieges nicht abzusehen.

Wer etwas Geld hat, versucht, zwei Autostunden weiter nach Beirut zu kommen. Die Hauptstadt ist zum Anziehungspunkt für Hunderttausende Flüchtlinge geworden, sie hat eine Schokoladenseite: Die Hochhaus-Skyline erinnert an eine amerikanische Großstadt, Luxusautos und gut besuchte elegante Restaurants prägen auf den ersten Blick das Straßenbild. Aber die Stadt ist geteilt, immer wieder stößt man auf Straßensperren: Die libanesische Regierung und ihre Armee kontrollieren nur die christlichen Viertel der Stadt. Die Hisbollah, Verbündete des syrischen Regimes und vom Iran unterstützt, bestimmt das Leben im muslimischen Teil. Die Stadt ist zerrissen. In den Vororten und den Seitenstraßen ist die Millionenmetropole immer noch gezeichnet von dem verheerenden Bürgerkrieg der 1990er Jahre. Ruinen, halb fertige Neubauten, verlassene Mietshäuser – hier, in leer stehenden Wohnungen und in Kellern, suchen die Flüchtlinge Unterschlupf. Manche kommen bei Freunden oder Verwandten unter.

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Niemand kennt die Situation der Menschen dort so gut wie das UNHCR, das im Herzen der Altstadt untergebracht ist. Im Hof des Gebäudes stehen jeden Morgen Hunderte Menschen im Freien Schlange. Sie alle kommen aus Syrien, sie alle wollen weiter. Keiner will hier bleiben, wo er keine Perspektive hat, wo er inzwischen manchmal angefeindet wird. Auch wenn die Stimmung in der Stadt erstaunlich friedlich ist – es sind auch immer wieder Stimmen zu hören, die sagen: Die Syrer nehmen den Libanesen die Arbeit weg, und ihretwegen steigen die Mietpreise.

Familien mit kleinen Babys, Alte, Schwangere, einzelne Männer. Für sie alle ist der Hof des Hilfswerks das Nadelöhr. Hier müssen die Flüchtlinge den UN-Beamten erklären, warum sie besonders schutzbedürftig sind, warum sie in die USA, nach Kanada oder nach Europa gelassen werden sollen. Die westlichen Länder stellen nur geringe Kontingente bereit. Bis zum Mai 2015 hat das UNHCR 87.350 Aufnahmeplätze erfasst – angesichts von 1,2 Millionen Flüchtlingen eine viel zu geringe Zahl. Vor allem Deutschland und die USA haben bisher sogenannte Kontingentflüchtlinge aufgenommen. Gegenwärtig kann sich die EU nicht auf die Verteilung von weiteren 20.000 Flüchtlingen, deren Aufnahme man zugesagt hat, einigen.8 Die meisten EU-Länder verschließen rigoros ihre Pforten vor dem Ansturm aus Syrien. Neun Millionen Syrer, so schätzt man, sind auf der Flucht, die meisten innerhalb ihres Landes, vier Millionen in den Nachbarstaaten Libanon, Türkei und Jordanien. Monatelang warten die Menschen hier auf einen positiven Bescheid, den es für die meisten nie geben wird.

Die junge Libanesin Joelle Eid vom UNHCR kennt die Gefühlslage der Flüchtlinge gut: »Am Anfang sind die Menschen froh, dass sie es aus dem Krieg herausgeschafft haben. Aber dann beginnen die Fragen: Wie kann ich hier leben, wie geht es jetzt weiter?« Die Situation für die Flüchtlinge bleibt konstant angespannt. »Natürlich sind wir dankbar für alle Zusagen, Flüchtlinge zu übernehmen. Aber tatsächlich sind sie nicht mehr als der berühmte Tropfen auf den heißen Stein. Außerdem: Was auf Geberkonferenzen behauptet wird, ist das eine. Was hier bei uns dann ankommt, um die Flüchtlinge mit dem Notwendigsten zu versorgen, das andere.« So seien Gelder der EU und der USA schon vor Monaten zugesagt worden und immer noch nicht eingetroffen. Nur etwa acht Prozent der Flüchtlinge, die im Libanon gestrandet seien, bekämen einen Aufenthalt im Westen angeboten.9

Deutschland hat bisher etwa 36.000 Flüchtlingen zugesagt, sie ins Land zu holen – 20.000 Plätze hat der Bund bereitgestellt, etwa 16.000 Plätze zusätzlich bieten Länderprogramme.10 Die meisten dieser Kontingentflüchtlinge wurden hier in Beirut vom UNHCR in Zusammenarbeit mit deutschen Behörden ausgewählt. Die Kriterien: Die Menschen müssen in besonderem Maße hilfsbedürftig sein, wie etwa Mütter mit behinderten Kindern. Oder wie Christen, die als besonders verfolgt gelten. Die Flüchtlinge müssen einen Bezug zu Deutschland haben und in Deutschland Qualifikationen entwickeln, um nach Ende des Krieges beim Wiederaufbau des Landes zu helfen.

Emat Kolazar und seine Familie sind durch dieses Nadelöhr geschlüpft. Vor einigen Monaten haben sie einen Antrag beim UNHCR gestellt und zunächst lange nichts mehr gehört. Eigentlich hatten sie die Hoffnung schon aufgegeben. Jetzt ist es so weit. Emat und Nahla sollen mit ihren Kindern Carlos, Christine und Christian in 14 Tagen nach Deutschland ausfliegen. Sie haben keine Vorstellung, warum ausgerechnet sie ausgewählt wurden: »Wir haben zwar ein paar Verwandte, die schon in Deutschland leben, aber unser Schicksal ist auch nicht anders als das von vielen anderen.« Wie viele Christen wurde Emat zu Beginn des Bürgerkrieges in Damaskus verfolgt und saß monatelang im Gefängnis. Nach seiner Freilassung floh er nach Beirut und fand einen Job als Hausmeister. Mit seiner Frau und seinen drei Kindern lebt er in einem Kellerraum neben der Tiefgarage des Apartmenthauses, in dem er arbeitet.

Emat zeigt stolz das Zuhause seiner Familie. Er und seine Frau haben den Kellerraum von vielleicht 25 Quadratmetern mit seinen Betonwänden und den tristen Abzugsrohren in so etwas wie eine gemütliche kleine Wohnung verwandelt. Stellwände schaffen drei winzige Zimmer. Die Kinder schlafen in Doppelstockbetten, es gibt eine Küche, ein Bad und ein Wohnzimmer. Hier schlafen die Eltern auf einer Ausklappcouch. Inzwischen ist es noch enger geworden: Vor vier Wochen ist die Frau von Emats Bruder mit ihren drei Kindern dazugekommen. Der Bruder wurde vor vier Wochen in Damaskus verhaftet und ist seither verschwunden. Seine Frau erhielt nirgends Auskunft über den Verbleib ihres Mannes und bekam solche Angst, dass sie nach Beirut floh. Als er über die bevorstehende Reise nach Deutschland spricht, steigen Emat die Tränen in die Augen: »Was soll ich tun, ich kann doch meine Schwägerin mit den Kindern nicht alleine zurücklassen?« Niemand spricht es aus, aber alle befürchten, dass sein Bruder nicht mehr zurückkommt.11

In den letzten Wochen vor der Abreise müssen die Kolazars noch einen Kurs zur Vorbereitung auf das Leben in Deutschland absolvieren. Mit ihnen sitzen noch weitere Familien im Büro der IOM, die den Kurs immer durchführt, wenn wieder ein Flugzeug nach Deutschland mit Flüchtlingen voll ist. Keine der ausgewählten Familien spricht Deutsch, niemand hat jemals einen Fuß nach Europa gesetzt. Ein Crashkurs in Sachen Kultur, Sprache und Formalitäten soll die ersten Schritte leichter machen. Die Teilnehmer platzen fast vor Aufregung. An diesem letzten Kurstag steht Kofferpacken auf dem Programm. 20 Kilo für ein neues Leben – was nehme ich mit? Einige packen Lebensmittel ein, andere Shampoo, Zahnpasta. Das Probepacken nimmt kein Ende. Die meisten sind ratlos. Sie müssen fast alles zurücklassen. Ein paar Kleider, Schuhe, dann sind die 20 Kilo ausgeschöpft.

Kontingentflüchtlinge – Der Zufall entscheidet

Nur ein Bruchteil der syrischen Flüchtlinge wird so ausgewählt und kann ganz offiziell mit dem Flugzeug nach Deutschland einreisen. Hunderttausende kamen seit Ausbruch des Bürgerkrieges mit dem Boot übers Mittelmeer oder werden in Lkws oder zu Fuß über die grünen Grenzen geschmuggelt. So ging es Maya Alkhechen und ihrer Familie. Aber Maya kannte Deutschland schon. Sie ist in Deutschland aufgewachsen und zur Schule gegangen. Nach dem Abitur beschloss sie, in ihr Heimatland Syrien zurückzugehen. Auch nach vielen Jahren in Deutschland war der Aufenthaltsstatus ihrer Familie in Deutschland noch immer ungeklärt, ständig drohte ihr die Abschiebung. Ihre Familie blieb, Maya ging nach Damaskus: »Ich hatte die Nase voll von Deutschland. Dann schrieb mein Onkel: Komm doch zurück nach Syrien.«12 – Maya heiratet bald, sie bekommt zwei Kinder. Dann bricht der Krieg aus.

Maya und ihre Familie leben in der Nähe einer Kaserne der syrischen Armee. Ihre Straße ist Schauplatz intensiver Kämpfe. Tagelang können sie die Wohnung nicht mehr verlassen. Die Familie schläft nur noch auf dem Boden, um nicht von Querschlägern getroffen zu werden. Die Situation wird so unerträglich, dass die Familie nach Ägypten flieht. Dort versucht Maya, Kontakt mit der deutschen Botschaft aufzunehmen: »Ich habe keinen anderen Ausweg gesehen, als zu bitten, dass wir nach Deutschland dürfen. Wir hatten schon nach ein paar Wochen in Kairo kein Geld mehr. Mein Mann und ich konnten uns ausrechnen, wann wir mit unseren zwei kleinen Kindern auf der Straße leben müssten.«

Maya schreibt der deutschen Botschaft eine Mail. Eine standardisierte Antwort verweist sie auf die Möglichkeit eines Asylverfahrens in Deutschland. Dabei erfüllen Maya und ihre Familie alle Kriterien für Kontingentflüchtlinge: Ihr erster Sohn hat eine geistige Behinderung, ihre Familie lebt in Deutschland, und ihr Mann besitzt Land in Syrien, wohin er unbedingt zurückkehren möchte. Verzweifelt versucht Maya, direkt zum Botschafter zu gelangen. Aber sie bekommt keine Gelegenheit, ihm ihren Fall vorzutragen.

»Da haben wir unser letztes Geld zusammengekratzt und einen Schlepper bezahlt. In drei Tagen, hat er uns versprochen, sind wir in Italien.« Etwa 7000 Euro kostet die vierköpfige Familie die Überfahrt. In einer Wohnung in Alexandria werden die Flüchtlinge versammelt: »In dieser Wohnung sagte man uns, ihr habt Glück. Es ist ein großes Schiff und ihr seid kaum 80 Personen. Da beruhigt man sich eigentlich und denkt, hört sich gut an.« Aber dann kommen immer mehr Flüchtlinge an. Am Ende wird sie erfahren, dass 310 Personen auf dem Schiff waren. »Niemand durfte die Wohnung mehr verlassen. Es hieß, wer rausgeht, wird getötet. Ihr müsst drin bleiben, bis ihr zu den Booten kommt. Nachts gingen dann die Türen auf und wir wurden zu den Booten am Strand geführt, die uns zu dem großen Schiff brachten. Das war schon schlimm: Wie wir auf das große Schiff regelrecht geworfen wurden, es gab keine Leiter, nichts. Danach haben sich viele übergeben, egal ob Frauen, Kinder oder Männer.«

Das Schiff ist vollkommen überfüllt, der Motor fällt immer wieder aus. Das Wasser wird knapp, die Menschen dürfen sich nur nach einem bestimmten Zyklus auf dem maroden Kahn bewegen, weil er sonst Schlagseite bekäme und unterginge. Maya bleibt möglichst in der Mitte, sie hält ihre beiden kleinen Söhne die ganze Zeit fest, weil sie Angst hat, sie könnten in einem unbeobachteten Moment über Bord gehen.

»Am zweiten Tag, als der Motor immer wieder ausging, war klar, dass wir niemals nach drei Tagen in Sizilien sein würden. Jedes Mal, wenn wir die Schleuser fragten, hieß es, morgen Mittag. Morgen Mittag. Und wir wussten, dieser morgen Mittag würde nicht kommen. Wenn man so da sitzt und nichts tun kann, alles ist schmutzig, die Kinder haben kaum etwas zu essen und zu trinken, verzweifelt man.«

Schließlich geschieht ein kleines Wunder. Nach sechs Tagen werden sie von der italienischen Küstenwache aufgegriffen und nach Sizilien gebracht. Sobald sich die Gelegenheit bietet, fahren sie mit dem Zug nach Essen.

Wenn Maya heute ihren Kindern beim Spielen zusieht, fallen ihr wieder die Szenen auf dem Schiff ein: »Das war wirklich eine Todesfahrt. Und man muss sehr viel Glück haben, um das zu überstehen. Ich kenne jetzt das Gefühl, wenn man mitten auf dem Meer ist, voller Furcht. Man schaut seine Kinder an, ich hatte sie die ganze Zeit auf dem Schoß, und hört nicht eine Sekunde auf, zu denken: Was geschieht, wenn wir umkippen, was würde ich dann machen? Dann müsste ich zusehen, wie meine Kinder ertrinken. Ich wusste, dass ich sie nicht hätte retten können. Auch wenn manche Menschen Mitgefühl haben, sie werden nicht verstehen können, wie es ist, auf so einem Boot in Lebensgefahr zu sein. Das kann niemand verstehen, der das nicht erlebt hat.«

Heute lebt Maya wieder in Essen in der Nähe ihrer Familie. Die vier haben jetzt einen sicheren Aufenthaltsstatus. Maya ist unendlich erleichtert, überlebt zu haben. Aber sie findet die Haltung der deutschen Behörden verlogen: »Die tun so großzügig. Aber wie soll man denn nach Deutschland kommen, wenn man nicht im Kontingent landet? Soll man übers Mittelmeer springen? Die meisten Flüchtlinge müssen dafür ihr Leben aufs Spiel setzen.«13

Auch die Kolazars sind inzwischen in Deutschland. Gemeinsam mit über 100 anderen Flüchtlingen sind sie mit dem Flugzeug in Hannover gelandet und ins Auffanglager Friedland bei Göttingen gebracht worden. Hier hat man schon in den 50er Jahren des vergangenen Jahrhunderts deutsche Flüchtlinge aus dem Osten Europas untergebracht. Nur wenig jünger, scheint es, ist das Mobiliar der Zimmer, in denen die Flüchtlinge 14 Tage leben werden, bevor sie an ihre eigentlichen Aufenthaltsorte weiterziehen. Stockbetten, der Linoleumboden hell gescheuert, die Schranktüren schließen schlecht.

Emat und Nahla wirken ein bisschen erschrocken, eigentlich sieht es hier fast so aus wie in ihrer improvisierten Wohnung in Beirut. Auch ihre Kinder, Carlos, Christian und Christina, schauen sich etwas unsicher um. Aber dann fangen sie sich und bringen gemeinsam ihre wenigen Habseligkeiten unter: »Ich tue das alles für meine Kinder«, lächelt mir Nahla zu: »Ich selbst habe alles zurückgelassen, meine Familie, unsere Freunde. Ich habe alles geopfert. Aber meine Kinder sollen wieder ein Leben in Frieden führen können, ohne Angst, ohne Unsicherheit.«14 Die Kolazars freuen sich auf Deutschland.

Tunesien – Lager der Vergessenen

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