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Eine Insel mitten im Meer, eine Insel,
da ist das Leben nicht schwer,
kein Stress, keine Arbeit, kein Berufsverkehr.
Ich träume oft davon, wie schön es wär’.

Farin Urlaub: ›Insel‹

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Land in Sicht !

Natürlich erzähle er uns gern alles über sein Leben auf Deutschlands einziger Hochseeinsel, ließ uns der Robbenvater ausrichten. Aber bitte später. Erst müsse er sich um das Neugeborene kümmern: eine Kegelrobbe, die ausgerechnet auf der kurzen Piste des Helgoländer Flughafens zur Welt gekommen war. Diese kleine Anekdote klingt wie erfunden. Doch sie ist wahr, wie alle Geschichten in diesem Buch. Rolf Blädel, der Tierschützer, und die anderen Männer, Frauen und Kinder, die Sie in Inselstolz kennenlernen, führen ein Leben, von dem Millionen träumen. Fernab von den Staus, der Hektik und dem Stress der Städte, umgeben von Meer und Wind, getaktet nach dem ewigen Rhythmus von Ebbe und Flut. Wer Inseln wie Spiekeroog, Juist oder Baltrum besucht, entschleunigt den Alltag. Bollerwagen statt BMW, Gummistiefel statt Krawatte, Brandungsrauschen statt Autobahnlärm. Fast 20 Millionen Mal im Jahr übernachten Gäste auf den Nordseeinseln – doch nur etwa 50.000 Einheimische leben auf den Wellenbrechern vor der Küste.

Inseln haben seit Jahrhunderten die Fantasie beflügelt und Literaten inspiriert, ob Robert Louis Stevenson, der die Schatzinsel als Schauplatz für seinen Piratenklassiker erfand, oder Daniel Defoe, der mit Robinson Crusoe noch heute Aussteigerträume befeuert. Inseln sind von einer besonderen Magie. Sie versprechen eine überschaubare, abgeschlossene Welt. Sie sind eigen. Sie bieten einen Mikrokosmos, ein Leben mitten im Meer. Und diese Welt ist nur wenige Seemeilen entfernt. Dort, wo der Wind wohnt und der Blick endlos ist. Wo morgens die Dünen glühen und abends kein Schiff mehr geht. Wie von einer Laune der Natur hingetupft liegen die norddeutschen Inseln und Halligen in der Gischt. Vor den Küsten Nord- und Ostfrieslands oder – wie Helgoland – mitten im Meer. Ihre Bewohner leben fernab von der Hektik der modernen Welt. Und sind doch verbunden durch Schifffahrt, Handel, Tourismus. Es ist ein Leben, das geprägt wird von der Faszination des Meeres und einer bewegten Historie.

In diese kleinen Welten wollen wir mit Inselstolz eintauchen. Wir lassen Menschen, die wir nach monatelanger Suche ausgewählt haben, ihre Geschichten erzählen. Ganz persönlich, ganz nah, ganz authentisch. Unsere Autoren leihen ihnen eine Stimme. Jede Geschichte wurde vom Protagonisten autorisiert. Da ist zum Beispiel der Pellwormer Postbote Knudsen: Mit geschultertem Rucksack trägt er Briefe, Karten und Postwurfsendungen zur Hallig Süderoog. Die Mädchen Merle und Malin berichten, wie es ist, ohne Disco und Shoppingtouren aufzuwachsen. Die Inselfriseurin Uda Haars, deren Familie seit Generationen dafür sorgt, dass man auf Juist »schicke Köppe« hat. Oder der Wattführer Albertus Akkermann, der seine Führungen stimmgewaltig auf dem Akkor­deon begleitet, nicht mit Shantys, sondern mit eigenen Liedern, Musik von Jacques Brel oder – nach Wunsch – mit Jump von Van Halen.

Manche unserer Inselbewohner, wie Christoph Tüte Schmiegel, folgten dem Lockruf und siedelten vom Festland über. Andere, wie Ruth Hartwig-Kruse auf Nordstrandischmoor, sind seit Generationen tief verwurzelt auf ihrer Insel und reihen sich ein in die Tradition ihrer Vorfahren – in ihrem Fall vor allem der Frauen. Viele Männer hielten das einfache und in den Wintermonaten einsame Leben nämlich nicht lange durch. Auch davon erzählt dieses Buch: Ein Insulaner lebt immer »am Rande der Gesellschaft«, wie es der Norderneyer Bernd Flessner ausdrückt. Man darf festhalten: Es schadet nicht. Flessner wurde zu einem der weltbesten Surfer.

Inselstolz – das sind 25 Erzählungen von Menschen, die sind wie ihre Heimat: rau, charmant und einzigartig. Liebenswert, manchmal dramatisch, oft voller Überraschungen. Inselstolz ist eine Hymne auf Norddeutschlands kleine Welten vor der Küste und das große Herz ihrer Bewohner.

 

Wir wünschen viel Lesespaß!

Uwe Bahn / Gerhard Waldherr