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Erstes Kapitel, das mit einem Heidenlärm beginnt

Gottlieb Helfrich wachte auf, weil ihm ein wohlvertrauter müffeliger Geruch in die Nase kroch. »Sapperlot, Schluri!«, brummelte er und setzte sich auf.

Neben ihm lag, die Ohren über die Augen geklappt, ein kleiner brauner Zottelkerl und schnorchelte leise vor sich hin. Der alte Helfrich seufzte. Er hatte anscheinend vergessen, die Schlafzimmertür zu schließen. Wie oft hatte er Schluri schon erklärt, dass er unten bei den anderen schlafen sollte! Denn erstens umwehte Schluri stets ein feines Wölkchen Zwiebeldunst, zweitens hatte er es gar nicht mit der Sauberkeit. Und drittens machte es Grete Petete, Brumm Gnatzig und Roberto Blech eifersüchtig, wenn Schluri in Opa Helfrichs Bett schlief. Weder das Püppchen oder der Teddybär noch der altmodische Blechroboter konnten die vielen Stufen in den ersten Stock überwinden. Für den kleinen Schlampiner war das hingegen ein Kinderspiel. Er kletterte wie ein Affe. Leider. Nichts war vor ihm sicher und Verbote nützten überhaupt nichts.

Seit der Große Sturm Schluri Schlampowski von der Insel Tohuwabohu geweht und der alte Helfrich ihn aus dem Bach gefischt und mit heimgebracht hatte, war es aus mit der Beschaulichkeit in dem kleinen Häuschen, in dem sich der ehemalige Puppendoktor zur Ruhe gesetzt hatte.

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Er sah aus dem Fenster. Blitzblauer Himmel. Gott sei Dank! Das Wetter war schön und das hieß: Garten. Und Garten hieß: Schluri konnte sich draußen austoben und war am Abend hoffentlich ordentlich müde.

Helfrich stupste den unwillkommenen Bettgefährten an und zog ihm die Decke weg. »Aufwachen!«

Zwei zottelige Ohren klappten zurück, große Glupschaugen öffneten sich und sahen ihn vorwurfsvoll an. »Ziehen an Decken kann Schlampiner nicht schrecken«, knurrte Schluri. Ruckzuck riss er die Bettdecke wieder hoch und wälzte sich mit einem wohligen Grunzen auf die andere Seite.

»Das werden wir schon sehen!«, sagte der alte Helfrich und stand stöhnend auf. Sapperlot, tat ihm der Rücken weh! Morgens war er immer steif wie ein Brett. Er packte Schluri beim Kragen und beförderte ihn die Treppe hinunter in die Küche.

Snobby, der Kater, sah vom Fressen hoch, als Helfrich den heftig zappelnden Hausgenossen in sein Schuhschachtelbett verfrachtete. Dann fraß er seinen Napf ratzeputz leer. Sicherheitshalber. Nicht dass dieser stinkende Schlampiner sich wieder über sein Futter hermachte.

»Psst, Schluri«, flüsterte Helfrich mit einem Blick zu dem Puppenbettchen, in dem Grete Petete noch süß schlummerte. »Brumm schläft auch noch, weck die beiden nicht auf!«

Schluri sah verdrossen zum Sofa. Brumm lag da wie ein Plüschsack, das Kissen wie immer über die Ohren gestülpt, damit ihn sein eigenes Schnarchen nicht störte. Roberto lehnte an der Wand. Ob wach oder schlafend, war schwer auszumachen, da er ja die Augen nicht schließen konnte.

Kaum war der alte Helfrich nach oben gegangen, um sich fertig zu machen, kletterte Schluri aus seiner Schachtel. Er war jetzt putzmunter und er sah überhaupt nicht ein, dass die anderen schlafen sollten, während er sich langweilte. Er sprang auf Roberto zu und tippte ihm auf die Schulter.

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Mit einem leisen Scheppern zuckte der Blechmann zusammen. »Gu… guten – Mo… Morgen!«, schnarrte er stockend.

Er sprach immer etwas langsam. Das lag daran, dass er auch sonst nicht der Schnellste war, vor allem, was das Denken anging. Oft lag es aber auch daran, dass er mal wieder aufgezogen werden musste. Und heute Morgen lag es wohl auch daran, dass Schluri ihn offenbar doch geweckt hatte.

Der Roboter dehnte die steifen Blechglieder, dass es nur so quietschte, was Schluri sichtlich erfreute. Wenigstens einer von der Spielzeugbande war aufgewacht. Seine Augen funkelten unternehmungslustig.

»Dideldei und Dideldum. Alles ist noch still und stumm!«, sang er gut gelaunt. »Doch das kann ich gar nicht leiden, lang wird das auch nicht so bleiben.«

Er gab Roberto einen Wink, ihm zu folgen. Dann hüpfte er zum Herd, unter dem Helfrich Pfannen und Topfdeckel aufbewahrte. Voller Tatendrang versuchte er die Schublade aufzuziehen, was jedoch misslang, weil sie klemmte – selbst Helfrich konnte sie kaum noch öffnen.

»Steh nicht rum und pack mit an, ich muss an die Deckel ran!«, befahl Schluri seinem blechernen Freund, der ihm bereitwillig gefolgt war.

Roberto bewies nur zu gern, dass er wenigstens der Stärkste von allen war. Geschmeichelt packte er mit aller Kraft an. »Hau …au – Ruck …uck! – Hau …au – Ruck …uck!« Just sprang die Schublade auf und der Roboter landete auf dem Rücken, wo er ratternd und mit den Armen rudernd liegen blieb. »Oh … Oh weh – Oh … Oh weh!«

Schluri jubelte auf. Er half dem Blechmann auf die Füße und drückte ihm gleich zwei Topfdeckel in die Patschen. Dann schnappte er sich Helfrichs Eierkuchenpfanne und die Schöpfkelle und marschierte zum Sofa. »Dideldum und dideldei, jetzt hauen wir aufs Blech, wir zwei!«, sagte er zu Roberto, der ihm neugierig nachtappte. Noch im selben Atemzug schlug er auf die Pfanne, worauf Roberto mit Karacho die Topfdeckel zusammenknallte, dass die Dachziegel wackelten.

Brumm Gnatzig fuhr hoch. »Wo, wer, was, warum?«

»Schnettereng, jetzt macht es peng!«, schmetterte Schluri und bearbeitete wie wild den Pfannenboden, während Roberto nicht nachließ, mit den Deckeln zu scheppern.

Grete Petete saß kreidebleich in ihrem Bettchen und hielt sich die Ohren zu. Einen Augenblick später raste, das Kinn mit Rasierschaum eingeseift, der alte Helfrich in die Küche.

»Sapperlot!«, rief er und entriss Roberto die Topfdeckel. »Kann man euch denn keinen Moment aus den Augen lassen?«

Roberto ließ den Kopf hängen. Warum war es nur so schwer, es allen recht zu machen? Was gefiel Opa Helfrich nicht an dem lustigen Schnettereng?

Unterdessen trommelte Schluri unverdrossen weiter. Brumm zog das Kissen, das ihm von den Ohren gerutscht war, eilig wieder über den Kopf. »Dösör Schlömpöner bröngt öns nöch ölle öm dön Vörstönd«, grollte er darunter hervor.

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Helfrich versuchte, Schluri die Schlagwerkzeuge wegzunehmen, schaffte es aber nur, ihm die Pfanne zu entwinden. Schluri entkam und rannte durch die Küche, wobei er die Schöpfkelle gegen alles und jedes donnerte, das ihm in die Quere kam.