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Inhalt

Kapitel 1.

Kapitel 2.

Kapitel 3.

Kapitel 4.

Kapitel 5.

Kapitel 6.

Kapitel 7.

Kapitel 8.

Kapitel 9.

Kapitel 10.

1.

Der Kutscher atmete ein paarmal tief und heftig durch, dann drang ein Fluch über seine Lippen. Eigentlich war das bei ihm schon etwas Besonderes, denn schließlich hatte er bei Sir Freemont in Plymouth gedient und sich gute Manieren beibringen lassen. Gewöhnlich benahm er sich weniger ungehobelt als die anderen Männer der Seewolf-Crew. Kurzum, es mußte schon ganz dick kommen, um ihn aus dem seelischen Gleichgewicht zu werfen und auf die Palme zu schicken. Heute war das der Fall. Sein Gemütszustand drohte aus der Balance zu geraten. Aber nicht, weil die „Isabella III.“ einen Sturm zu überstehen oder sich gegen eine Übermacht von spanischen Kriegsgaleonen zu behaupten hatte – nein, es ging ihm nur ganz entschieden gegen den Strich, was die Deckskameraden mit ihm vorhatten.

„Stell dich nicht an wie eine Jungfrau“, sagte Blacky. „Wir müssen dich über Bord schmeißen. Je weniger Aufstand du dabei machst, desto besser für dich.“ „Das ist ein dicker Hund“, protestierte der Kutscher. Seine Lippen preßte er zu einem Strich zusammen. Seine blauen Augen funkelten angriffslustig. „Warum immer ich? Ihr wißt genau, daß ich das Schwimmen immer noch nicht gelernt habe. Damals vor der Mocha-Insel mußte ich auch herhalten. Aber das war ja noch was anderes, das hab ich für Matt Davies und Pete Ballie getan. Aber jetzt schon wieder – nee, da müßt ihr euch einen anderen suchen.“

Er schob die Ärmel hoch, griff nach einem auf Deck liegenden Dweil und streckte ihn vor. Das Ding war zum Deckschrubben bereitgestellt worden, aber der Kutscher funktionierte es jetzt in eine Waffe um. Er war ein bißchen schmalbrüstig, aber doch zäh. Im Kampf stand er durchaus seinen Mann.

„Hör doch auf“, erwiderte Blacky. Er stand zwei Schritte vom Kutscher entfernt am Backbordschanzkleid. Neben ihm war Buck Buchanan, der mit zupacken sollte. Buck gehörte zu den ehemaligen Karibik-Piraten an Bord der „Isabella“. Von den Ereignissen auf der Mocha-Insel wußte er wenig. Damals waren er und seine Kameraden noch nicht bei der Seewolf-Mannschaft gewesen, und sie hatten nur ansatzweise in Erzählungen vernommen, auf was der Kutscher anspielte: Pete Ballie und Matt Davies waren seinerzeit von den Araukanern gefangengenommen worden. Ed Carberry und andere „Verschwörer“ hatten einen Unfall fungiert, damit sie einen Vorwand hatten, entgegen Francis Drakes Anweisungen, zur Insel zu gelangen, um Pete und Matt herauszuhauen. Der Kutscher war also mit einem Abfallkübel in die See gestürzt und dann von den Freunden „gerettet“ worden.

„Eben daher wissen wir ja, daß du deine Aufgaben immer gewissenhaft durchführst, selbst, wenn dir das Wasser bis zum Hals steht“, fuhr Blacky fort. Die Ironie in seiner Stimme war kaum zu überhören. An Bord der „Isabella“ herrschte nicht gerade Idealstimmung, und das verwandelte ihn in eine Art gereizten Stier. „Los, komm jetzt, sei kein Frosch.“

„Warum ausgerechnet ich?“ sagte der Kutscher starrsinnig.

Blacky schaute zur Großmarsstenge hoch, als stünde dort eine präzise Antwort auf die Frage. Mit erzwungener Geduld entgegnete er: „Weil Hasard es so befohlen hat. Weil es so echt wie möglich aussehen soll. Weil man eine verlauste Landratte flinker aus dem Wasser zieht, wenn sie tatsächlich nicht schwimmen kann und jeden Augenblick abzusaufen droht.“

„Verlauste Landratte?“ Der Kutscher zeigte grimmig die Zähne. „Kommt her und holt euch ab, was der Nichtschwimmer euch um die Ohren zu hauen gedenkt.“ Wütend schwenkte er den Dweil hin und her. Die Lappen klatschten bedrohlich.

Buchanan grinste jetzt. „Hör auf, den wilden Mann zu spielen, Kutscher. Du weißt ganz genau, daß der Seewolf immer noch geladen ist und uns deshalb Feuer unterm Hintern macht. Wir tun gut daran, zu kuschen. Ich hab jedenfalls keine Lust, wegen Befehlsverweigerung an der Rahnock aufgebaumelt zu werden oder mir den Kopf abreißen zu lassen.“

„Ha!“ sagte der Kutscher. „Weil der Seewolf auf euch sauer ist, wollt ihr eure aufgestaute Wut jetzt an mir auslassen, wie? Das könnte euch so passen! Geschieht euch ganz recht, daß ihr wegen der Ausschreitungen in Culebra hart herangenommen werdet. Da lernt ihr, was es heißt, sich bei den Weibern zu verausgaben und den Mund zu voll zu nehmen.“

„Jetzt hört aber alles auf“, gab Blacky zurück. „Du verlauster Kombüsenhengst warst doch auch mit auf Landgang und hast eine dralle Hafenhure vernascht, oder? Also, was spuckst du so große Töne? Mitgefangen, mitgehangen. Stell den Dweil weg und ergib dich.“

„Nein. Ich habe in Culebra keinen Streit vom Zaun gebrochen.“

„Wir auch nicht.“

„Nein, aber ...“

„Laß Gordon Watts aus dem Spiel“, sagte Buchanan drohend. „Der liegt auf dem Grund der See und tut keiner Fliege mehr was. Was passiert ist, läßt sich nicht mehr rückgängig machen.“

Der Kutscher blickte verwirrt. Er begriff, daß er einen Schritt zu weit gegangen war. Natürlich wollte auch er einem Toten nichts Schlechtes nachreden, es tat ihm leid, daß er in seiner Empörung die falschen Worte gewählt hatte. Er stand noch unschlüssig mit dem erhobenen Dweil, da turnte Dan O’Flynn vom Quarterdeck, lief quer über die Kuhl und steuerte auf sie zu. Unter den Luvhauptwanten stoppte er. Der handige Nordostwind fuhr in seine blonden Haare und zerzauste sie. Grinsend hob er hoch, was er in den Händen hielt, zielte, rief: „Ho, Kutscher!“ und warf es dem Verdatterten zu.

Der Kutscher handelte instinktiv. Er ließ den Dweil los. Der fiel klappernd auf Deck. Unterdessen fing er Dans Geschoß auf und wog es verdutzt in den Händen. Es war ein Fender, ein dicker, mit Tauwerk bespannter Holzknüppel, der normalerweise zum Schutz der Schiffswand diente.

„Den umarmst du“, sagte Dan. „Holz schwimmt oben, deswegen sind unsere Schiffe auch aus Holz gebaut ...“

„Das weiß ich!“ rief der Kutscher. Er wollte wieder lautstarken Protest erheben, aber plötzlich ging alles sehr schnell. Blacky und Buck Buchanan hatten seine Unschlüssigkeit ausgenutzt und sich näher an ihn herangeschlichen. Jetzt packten sie zu. Der Kutscher schrie auf. Er wollte um sich schlagen, aber das ging nicht, weil die beiden ihn festhielten wie in einem Schraubstock. Er trat ihnen gegen die Schienbeine, aber das ignorierten sie. Flink trugen sie ihn bis ans Schanzkleid, hoben ihn hoch und verschafften ihm einen einmaligen Ausblick auf die tiefblaue Fläche des Stillen Ozeans.

Der Kutscher hielt sich mit den Beinen an einer Rüste fest, aber das nutzte ihm auch nicht mehr viel. Dan O’Flynn kitzelte ihm ein wenig die Füße. Der Kutscher brüllte auf. Er fühlte, wie Blacky und Buck ihn losließen, dann sauste er an den Berghölzern vorbei. Die Schiffswand war eine düstere, abweisende Mauer neben ihm, und er konnte nicht mehr tun, als verzweifelt seinen Fender zu umklammern.

Er klatschte mit dem Hintern zuunterst in die Fluten, tauchte unter, schoß prustend wieder hoch, schüttelte sich wie ein nasser Hund und hielt sich an dem Fender, seiner einzigen Rettung, fest. Damals, vor der Mocha-Insel, war es ein Holzkübel gewesen. Der Fender funktionierte nach dem gleichen Prinzip. Er verhinderte, daß der Kutscher jämmerlich absoff.

Der Kutscher sah, wie die „Isabella III.“ mit prallem Zeug davonzog. Bitterkeit packte ihn. Jemand johlte zum Beifall für seine Bravournummer – es war das dreiste Bürschchen Dan O’Flynn. Na warte, dachte der Kutscher, dich kriege ich noch!

„Mann über Bord!“ brüllte Blacky.

Die Meldung wurde weitergegeben wie im Ernstfall, dann gellten Ed Carberrys Kommandos über Deck. Die Segel wurden backgebraßt. Der Rudergänger Pete Ballie ließ das Schiff über Backbordbug drehen, so daß sie eine Schleife von rund neunzig Grad fuhren und dann mit einem Kreuzschlag gegen den Wind gingen.

Philip Hasard Killigrew hatte die Hände auf die Schmuckbalustrade gelegt, die den Querabschluß des Achterkastells nach vorn bildete. Er beobachtete seine Männer und merkte sich jeden Fehler, der ihnen unterlief. Er nahm sie auf das härteste heran und duldete keine Schwächen. Er verlangte ihnen das äußerste ab, besonders den ehemaligen Karibik-Piraten.

Mitte April 1579 hatten sie Culebra in Nicaragua verlassen. Seitdem schliff er seine Crew erbarmungslos. Tagsüber purrten seine Befehle sie fast pausenlos an die Brassen und Schoten, jagten sie zu kühnsten Segelmanövern in die Wanten und bis unter die Toppnanten hinauf. Reihum wurde an Kanonen und Drehbassen exerziert. Die Zwischenzeiten, sogar die frühen Morgenstunden und die Zeit nach dem Dunkelwerden, füllte der Seewolf mit Manövern wie „Mann über Bord“ oder „Feuer im Vorschiff“ und ähnlichen Dingen aus. Jeder Mann mußte jede Station an Bord der „Isabella III.“ voll und ganz versehen können. „Rollenschwof“ nannten die Seeleute diese Art von Beschäftigung, die ihnen allmählich auf die Nerven ging und sie innerlich zum Kochen brachte.

Smoky, Stenmark, Matt Davies und Patrick O’Driscoll waren dieses Mal mit der Segelpinasse dran. Sobald der ausgesprochen wendige Zweimaster in der Nähe des „schiffbrüchigen“ Kutschers lavierte und durch geschicktes Manövrieren stoppte, fierten sie das Beiboot weg und enterten über Jakobsleitern ab, die Sam Roskill und Bob Grey die Bordwand hinabbaumeln ließen. Auch Roskill und Grey sprangen an Bord der Pinasse. Dann pullten sie auf den Kutscher zu und zogen ihn aus dem Wasser. Er fluchte jetzt, was das Zeug hielt und kümmerte sich keinen Deut mehr um die gute Erziehung, die er bei Sir Freemont genossen hatte. Da er nicht schwimmen konnte und sich im nassen Element folglich außerordentlich tolpatschig benahm, hatten die Männer auf den Einsatz der Segelpinasse nicht verzichten können. Ein guter Schwimmer hätte sich mit ein paar kräftigen Zügen selbst bis an die Bordwand der Zweimastgaleone befördert und die Jakobsleiter erklommen. Aber genau das sollte ja nicht sein – Befehl vom Seewolf.

„Kutscher, schaff dir ein dickeres Fell an“, sagte Smoky in der Pinasse. „So wie ich die Dinge sehe, wirst du noch öfter gegen deinen Willen über Bord gehen. Hasard hat sich in den Kopf gesetzt, uns die Hammelbeine langzuziehen. Und wie ich ihn kenne, gibt er erst Ruhe, wenn wir auf dem Zahnfleisch übers Deck kriechen.“

Das stimmte.

Hasard hatte immer noch eine Mordswut im Bauch – wegen der Geschehnisse in Culebra. Die Männer waren richtiggehend aggressiv geworden, weil sie schon seit Monaten keine Frauen mehr gehabt hatten und sich mal wieder richtig austoben mußten. Hasard hatte ihnen Landurlaub gewährt.

Die Attraktion der „Putas“ an Land war eine Kreolin namens Juana gewesen – ein ausgekochtes, raffiniertes Luder. Gordon Watts hatte Perlen aus den Frachträumen der „Isabella“ gestohlen, um sie bezahlen zu können. Und eben das war für Hasard wie ein Schlag unter die Gürtellinie gewesen! Keiner der Männer hatte ihn bisher hintergangen, keiner hatte es jemals gewagt, auch nur einen winzigen Teil der Schätze an Bord ihrer Galeone anzutasten.

Nun, Gordon Watts war für seine Unvorsichtigkeit bitter bestraft worden. Juana, gierig auf mehr Perlen und Schmuck von Bord der „Isabella“, hatte ihn von einem Zambo umbringen lassen.

Von Culebra aus war der Seewolf mit seiner „Isabella III.“ zunächst nach Westen abgelaufen. Später hatte er dann aber – zum Entsetzen seiner Mannschaft – südlichen Kurs genommen.

„Mon Dieu“, hatte Jean Ribault gesagt. „Mein Gott, Hasard, ich bin wirklich keine furchtsame Natur. Aber was wir hier tun, das bedeutet soviel, wie dem Spanier mitten zwischen die Reißzähne zu segeln.“ Er konnte es sich erlauben, den Seewolf zu kritisieren. Er hatte mit ihm das Landabenteuer im Hafen von Panama bestanden. Sie hatten den dicken Hafenkommandanten Alfonso de Roja, den nicht minder beleibten Gouverneur Diego de Avila sowie den Polizeipräfekten Miguel de Villaneva und dessen Clique das Fürchten gelehrt und die Mäuse im wahrsten Sinne des Wortes auf dem Tisch tanzen lassen. Beide hatten sie hoch gesetzt und ihr Leben mehrmals in die Waagschale geworfen. Die Erlebnisse hatte ihre Freundschaft gefestigt.

Dennoch, Philip Hasard Killigrew hatte dem intelligenten Franzosen nur geantwortet: „Und wenn schon! Willst du dich vielleicht vor den Dons verstekken?“

Jean hatte es vorgezogen, keinen weiteren Kommentar abzugeben.

Hasard wandte sich um und verfolgte mit wachem Blick, wie seine Männer über das Schanzkleid auf das Achterdeck kletterten und dort von ihren Kameraden in Empfang genommen wurden. Sie holten die Segelpinasse ein und zurrten sie mit Brooktauen fest. Blacky und Smoky prüften den ordnungsgemäßen Sitz der Laschungen, dann erstatteten sie ihrem Kapitän Meldung.

Der Kutscher verzog sich hinter das Kombüsenschott und brummelte dabei irgend etwas Unverständliches. Wenn er gedacht hatte, er könne jetzt einen ruhigen Lenz schieben, so hatte er sich gründlich getäuscht. Schon wenig später tönte ein neuer Kommandoruf des Profos’ über Deck.

„Schiff klar zum Gefecht!“

Zähneknirschend begaben sich die Männer auf ihre Stationen, ihre bloßen Füße trabten über die Decks. Der Kutscher beeilte sich, die Kombüsenfeuer zu löschen. Er übernahm es auch, die Decks mit Sand zu bestreuen, wie das vor jedem Seegefecht unerläßlich war. Unterdessen schwangen die Stückpforten der „Isabella“ hoch, und rumpelnd wurden die Kanonen ausgefahren: je vier Demi-Culverinen, also Neunpfünder, auf jeder Seite der Kuhl sowie sechs Drehbassen, zwei vorn auf der Back, zwei auf dem Achterdeck und zwei auf der Kuhl ganz achtern. Das war im Gegensatz zu den dicken Kriegsgaleonen der Spanier eine geradezu lächerliche Armierung. Doch Hasard hatte den Dons nun schon so oft mit diesem Schiff eingeheizt, daß ihnen das Lachen endgültig vergangen war.

Die „Isabella III.“, die früher „Valparaiso“ geheißen hatte und ein Prisenschiff war, hatte sich als echtes Glücksschiff erwiesen. Sie führte nur Fock- und Großmast – statt des Rahgroßsegels hatte sie ein Gaffelsegel –, aber dank ihrer Bauweise war sie schneller und wendiger als die meisten anderen Galeonen. Aber all das wäre nichts gewesen, wenn Hasard nicht diese Mannschaft gehabt hatte, diese Crew von geradezu unerhört draufgängerischen, fähigen, mit allen Salzwassern gewaschenen Kerlen. Er hätte sich für sie in Stücke schlagen lassen, wie sie für ihn durchs Feuer gingen.

Aber er wußte auch genau abzuwägen, wann er sie loben durfte und wann er sie seine ganze Härte spüren lassen mußte. Hasard wußte, daß die Erfolgsserie ein Ende hatte, wenn er die Disziplin an Bord nicht rigoros wiederherstellte. Sie segelten frech und gottesfürchtig mit einer imposanten Pulverladung und einem noch imposanteren Schatz durch die Weltgeschichte – und er wollte, daß dies noch einige Zeit so andauerte.

Er stieg selbst zur Kuhl hinunter und inspizierte das Zubehör der Geschütze. Kartuschen, Kuhfüße, Handspaken, Schwämme und Keile befanden sich in tadellosem Zustand. Auch die Pulverhörner waren ordnungsgemäß gefüllt. Und was die Justierung der Neunpfünder und Drehbassen betraf, so fand Hasard bei allem Groll nichts zu kritisieren.

Al Conroy blickte von einer der Demi-Culverinen an der Backbordseite der Kuhl auf.

„Wie lange soll das noch so weitergehen, Hasard?“ fragte er. „Wir haben unsere Lektion jetzt zur Genüge gelernt. Alles, was nun noch folgt, kann nur eine Art von Beschäftigungstaktik sein.“

„Genau das, Al.“

„Ja, zum Teufel noch mal, ist denn das wirklich notwendig?“

„Unbedingt.“ Hasard stand mit leicht abgewinkelten Beinen und verschränkte die Arme vor der Brust – ein Riese von einem Mann, den weder die rollenden und stampfenden Bewegungen des Schiffes noch eine jäh aufkommende Bö aus dem Gleichgewicht holen konnte. „Aber wenn es dir besser im Kabelgatt oder in der Vorpiek gefällt, Mister Conroy, dann kann ich dich ohne weiteres zufriedenstellen.“

Al war ein wenig blaß geworden. „Nein, Sir.“

„Noch etwas zu meckern, Mister Conroy?“

„Nein, Sir.“

Dan O’Flynn hockte auf seinem Ausguckposten im Großmars, schaute auf die Männer hinunter und schüttelte den Kopf. Sein einziger Zuhörer war Arwenack, der Schimpansenjunge. Der saß mit trübseliger Miene auf dem Rand der Segeltuchverkleidung und kratzte sich am Kopf.

„Ganz unter uns“, sagte Dan. „Ich frage mich langsam, ob Hasard noch richtig im Kopf ist. Entweder hat er sich in den Kopf gesetzt, uns alle langsam aber sicher weichzuklopfen. Oder er entwickelt sich zu einem bulligen Urviech wie sein Alter, Sir John. Das wäre schlimm, Arwenack.“ Dan legte den Kopf schief. „Oder aber er plant was ganz Bestimmtes, wozu er eine noch bessere und verläßlichere Mannschaft braucht. Die Crew war ja schon immer ein verwegener Haufen, aber jetzt will er sie offensichtlich in eine Kampfmaschine verwandeln, die absolut zuverlässig ist. Na, ich bin mal gespannt, was daraus wird.“

Arwenack nickte ernst, als hätte er wirklich verstanden.

Unten auf der Kuhl wandte sich der Seewolf an Ben Brighton. „Ben, ab morgen früh übernimmst du für vierundzwanzig Stunden Aufgaben und Verantwortung des Kapitäns an Bord dieses Schiffes, während ich mich ausschließlich als Beobachter im Hintergrund halte. Von jetzt an setze ich jeden Tag einen anderen Mann als Kapitän ein, damit jeder von euch Himmelhunden auch das lernt und vor allen Dingen ein unerschütterliches Selbstvertrauen kriegt.“

Ben Brighton und alle anderen blickten Hasard verdutzt an. Was war los? Redete der Seewolf im vollen Ernst? Oder sprach er mit zwei Zungen? Etwas unschlüssig fuhr sich Ben mit der Hand über das Kinn.

„Was ist?“ erkundigte sich Hasard. „Habe ich mich nicht deutlich genug ausgedrückt, Mister Brighton?“

„Doch, ehm – aye, aye, Sir!“ erwiderte Ben rasch.

2.