Susanne Gerdom

Für König und Vaterland

Der Wechselbalg

Astrid Behrendt
Rheinstraße 60, 51371 Leverkusen
www.drachenmond.de, info@drachenmond.de

Satz, Layout
Martin Behrendt

Illustrationen
Mann © PeriodImages.com/VJ Dunraven
Hut © Depositphotos.com/Kurganov
London © Depositphotos.com/olly18
Towerbridge © Depositphotos.com/Geraldas1
Schnörkel © http://mediamilitia.com

Umschlaggestaltung
Juliane Schneeweis / juliane-schneeweiss.de

ISBN: 978-3-95991-151-1
ISBN der Druckausgabe: 978-3-95991-051-4

1

»Begleitest du mich morgen früh in den Hyde Park? Seyton hat mich gefordert.« Idris Hathaway, Marquess Auden, streckte die langen Beine zum Feuer und hob sein Glas Brandy an die Nase, um daran zu schnuppern.

Sein Gegenüber, der sich ebenso in einen tiefen Ledersessel lümmelte, hob träge sein Glas in die Luft und betrachtete die goldenen Reflexe darin. »Seyton? Welcher?« Seine Sprache war verwaschen und sein Blick nicht völlig stet. Edward Wymond war betrunken.

»Der jüngere.« Idris leerte sein Glas mit einem Zug und stellte es auf die Armlehne. Er faltete die Hände vor dem Bauch und gähnte herzhaft. Die tanzenden Flammen malten ein Spiel von rötlichem Licht und Schatten auf seine scharfgeschnittenen Züge und spiegelten sich schimmernd in seinen hellen Augen.

»Dummer Hund. Warum?« Ned Wymond leckte sich über die Lippen und schloss die Augen. »Hyde Park. Ihr seid verrückt. Ihr friert euch eure edlen Teile ab, ehe der erste Schuss gefallen ist.«

»Nicht meine Idee.« Idris drehte gedankenverloren das leere Glas. »Ich habe mit seiner Schwester getanzt.«

Wymond stieß ein hustendes Lachen aus. »Deshalb fordert er dich? Du hättest ihn zum Teufel schicken sollen, Auden. Wirklich, du übertreibst.«

»Er hat mich geohrfeigt und gefordert. Coram publico.« Lord Auden reckte gähnend die breiten Schultern. »Was sollte ich tun? Kneifen?«

»Hätte deinem Ruf auch nicht mehr Schaden zugefügt. Jetzt musst du ihn töten, alter Junge. Er wird kaum bereit sein, in die Luft zu schießen, um der Ehre genüge zu tun.«

Sein Freund zuckte mit den Schultern. »Mir soll es recht sein. Er geht mir schon seit Monaten auf die Nerven.«

Sie schwiegen und starrten ins Feuer. Nach einer Weile erhob sich Idris, zog seine Weste zurecht und murmelte: »Ich lege mich noch ein paar Stunden aufs Ohr. Soll ich dich abholen?«

»Ich finde euch schon. Raventhorne ist dein anderer Sekundant, vermute ich?« Wymond gähnte und verschmolz noch mehr mit seinem Sessel. »Wir sehen uns bei Tagesanbruch.«

Die Nacht war sternenklar und frisch. Idris stand eine Weile vor dem Haus und atmete die kalte, ein wenig feuchte Luft. Es roch nach Schnee. In Nächten wie dieser konnte man vergessen, dass diese Stadt eine Million menschliche Einwohner hatte und an heißen Sommertagen buchstäblich zum Himmel stank …

Er hatte seinen Kutscher nach Hause geschickt, nachdem dieser sie vor Wymonds Haustür abgesetzt hatte. Die Gesellschaft in Sir Rycrofts Haus, die sie am späten Abend besucht hatten, war eines dieser langweiligen gesellschaftlichen Ereignisse gewesen, bei denen Idris pausenlos vor heiratswütigen Müttern mit ihren kichernden Töchtern flüchten musste. Er hatte zwei Pflichttänze mit der Gastgeberin und ihrer unscheinbaren Protégée absolviert und sich den Rest des Abends im Spielzimmer verbarrikadiert, während Ned Wymond in seiner allseits beachteten Glanzrolle als Spieler, Sybarit und haltloser Säufer brillierte. Das hatte Idris wie so oft die nötige Deckung verschafft, wofür er seinem Freund überaus dankbar war. Wymond hatte eine robuste Natur, er würde in ein paar Stunden ausgeruht und halbwegs nüchtern im Hyde Park erscheinen und diesem lächerlichen, überflüssigen Duell mit sarkastischen Kommentaren die nötige Würze verleihen.

Idris musste sich zugeben, dass er zornig war. Er wirbelte aufgebracht seinen Gehstock durch die Luft und machte sich auf den Weg nach Hause. Es gehörte zu seinen Angewohnheiten, nach einer durchzechten Nacht noch ein paar Schritte zu laufen, um den Geruch nach Tabak, Parfüm und Alkohol loszuwerden, seinen Kopf auszulüften und seinen Bewegungsdrang zu stillen. Vor ein paar Jahren hätte er sich noch müde getanzt, aber das war mittlerweile keine Option mehr, die ihm zur Verfügung stand. Nicht, wenn sämtliche Mütter von ­unverheirateten Töchtern des ton hinter ihm her waren, um den begehrten Junggesellen zur Strecke zu bringen. Es war interessant, dass in diesem Zusammenhang sein Ruf keinerlei Rolle zu spielen schien. Wenn es darum ging, den zukünftigen Duke of Grenville zum Schwiegersohn zu bekommen, war jede noch so besorgte Mutter bereit, über seine offensichtlichen und laut beklagten Mängel hinwegzusehen.

Er schritt energisch aus und versuchte, seine Wut zu ergründen. Der Abend war langweilig, aber insgesamt erfreulich ereignislos verlaufen. Darin lag seine Missstimmung also nicht begründet. War es der Gedanke an das morgige Duell, das ihn so aufbrachte?

Idris blieb brütend stehen. Natürlich, was sonst? Das wievielte Duell in diesem Winter war es? Das dritte? Zweimal hatte er schon im Morgengrauen in Hemdsärmeln auf einer ­gottverlassenen Wiese gestanden, sich in sein warmes Bett zurückgewünscht und darauf gewartet, dass die Sekundanten seinem jeweiligen Gegner das lästige Unternehmen ausredeten. Und es war gerade mal Ende Januar …

Er setzte seinen Weg fort, immer noch erbittert mit seinem Schicksal hadernd. Es war ja nicht so, als hätte er eine Verfehlung begangen. Er hatte mit der jungen Lady Daphne getanzt wie all die anderen vor ihm, und dabei nicht viel mehr als harmlose Konversation betrieben. Lady Daphne war ein goldblondes, ein wenig fades Geschöpf mit hellbraunen Kuhaugen und er hatte keinen Gedanken daran verschwendet, dass sie die Schwester der unerträglichen Seyton-Brüder war. Nicht, bis Horace Seyton auf ihn zugestürmt war, Idris bezichtigt hatte, sich seiner holden, unschuldigen Schwester unzüchtig genähert oder sie zumindest lüstern angeglotzt zu haben, und ihn geohrfeigt und gefordert hatte. Vor Publikum. Was Idris der Möglichkeit beraubte, dem Kerl einfach nur die Nase blutig zu schlagen und seiner Wege zu gehen.

So hatte er sich gezwungen gesehen, dem Idioten seinen Sekundanten zu schicken und sich auf den nächsten ungemütlichen, kalten Morgen vorzubereiten, der wie die Morgen davor immerhin die unerfreuliche, wenn auch ­unwahrscheinliche Möglichkeit in sich barg, dass er den Mittag des betreffenden Tages schmerzgebeutelt oder gar nicht mehr erleben würde.

Idris fluchte unterdrückt und ging mit gesenktem Kopf weiter. Das trübe Licht der letzten Straßenlaterne blieb weit hinter ihm zurück, er tauchte in eine Welt beinahe vollkommener Finsternis. Menschliche Augen wären hier so gut wie blind gewesen, und ein langsam reagierender Mensch hätte nichts gegen das Messer ausrichten können, das schimmernd aus dieser Dunkelheit hervorzuckte und seine Seite aufschlitzte.

Idris war nur teilweise ein Mensch und besaß die ­Katzenaugen und schnellen Reflexe seines geschmähten Volkes. Er warf sich zur Seite und zog die verborgene Messerklinge aus seinem Gehstock.

Der Angreifer war groß und erstaunlich wendig und behende für einen Menschen. Sein erster Angriff endete nur deshalb nicht tödlich, weil Idris schneller als erwartet reagiert hatte. Doch der vermummte Meuchler war ein Profi, der sich unverzüglich auf die veränderte Lage einzustellen wusste. Er tänzelte beiseite, um Idris’ ungezielt geführten Angriff ins Leere laufen zu lassen, griff nach dessen Handgelenk und brachte ihn aus dem Gleichgewicht. Idris’ Stockdegen fiel ihm aus der Hand und wurde beiseitegetreten. Während Idris darum kämpfte, nicht zu Boden zu stürzen, stach der Mörder erneut auf ihn ein.

Das Messer schnitt durch Stoff und Fleisch und versenkte sich mit einem scharfen Brennen tief in Idris’ Schulter. Wäre er nicht im Vornüberfallen noch zur Seite ausgewichen, hätte die Klinge sicherlich seine Kehle aufgeschlitzt. Das Messer blieb stecken und wurde dem Angreifer aus der Hand gerissen, als Idris zu Boden fiel und reglos liegenblieb. Er stöhnte und schloss die Augen.

Der Meuchelmörder kniete nach einem kurzen, abwartenden Moment neben Idris nieder und tastete nach dem Puls an seinem Hals, während er gleichzeitig das Messer aus der Schulter zog. Idris griff zu und riss den Mann zu sich herunter. Er packte dessen Kehle und drückte erbarmungslos zu.

Der Mann wehrte sich wie eine in die Enge getriebene Katze, und Idris war benommen und von der Verletzung geschwächt. Die beiden rangen stumm miteinander um den Besitz des Messers. Das Blut rann heiß an Idris’ Arm hinunter und er konnte ihn kaum noch heben. Mit einer gewaltigen Kraftanstrengung warf er den anderen Mann auf den Rücken, und drückte ihm mit einem Knie die Luft ab, während er mit seiner unverletzten Hand um die Waffe kämpfte. »Wer schickt dich«, keuchte er und presste sein Knie gegen den Adamsapfel des Mannes. Dessen bärtiges Gesicht lief dunkel an und seine Augen quollen aus den Höhlen. »Wechselbalg«, krächzte er, dann presste er die Lippen zusammen und schwieg eisern.

»Rede, wenn du nicht sterben willst – wer hat dich geschickt?« Idris gelang es, den Messergriff aus den erschlaffenden Fingern des Mannes zu winden. Es entglitt seiner vom Blut glitschigen Hand und klirrte aufs Pflaster. Idris verstärkte den Druck auf die Kehle des Mannes. »Wer?«

Der Angreifer gab ein Röcheln von sich, seine Arme zuckten und seine Beine traten zappelnd aus. Idris verringerte hastig den Druck auf seine Kehle, aber es war zu spät. Nach einem letzten Aufbäumen verröchelte das Leben des Mannes unter seinem Knie.

Idris rollte sich von der Leiche herunter und lag eine Weile neben ihm auf dem Pflaster, das Gesicht dem Himmel zugewandt. Er musste aufstehen, seinen Stockdegen und den ­he­run­ter­­­­­­­­gefallenen Biberhut aufsammeln, die Taschen des Toten nach einem Hinweis durchsuchen. Er musste, denn wenn man ihn hier fand, neben einer Leiche liegend, würde das Fragen aufwerfen, die zu beantworten er nicht gewillt war. Niemand würde den Sohn und Erben eines Herzogs zur Rechenschaft ziehen, weil er einen Strauchdieb getötet hatte, aber die Aufmerksamkeit, die ein solcher Vorfall auf ihn lenkte, wäre mehr als ungünstig.

Er wälzte sich ächzend herum und kam auf die Knie. Brennender Schmerz fuhr durch seine verletzte Schulter, sein Ärmel war schwer und nass von Blut. Ihm wurde schwindelig. Mit schwindender Kraft begann er die Taschen des Toten zu durchsuchen. Der Mann erwies sich auch hier als professioneller Attentäter, denn er führte nichts Persönliches bei sich, keine Papiere, keinerlei Schmuck, nichts außer unauffälliger Kleidung und dem Messer, das ein paar Schritte neben ihm auf dem Pflaster lag.

Idris tastete mit einem gemurmelten Fluch nach dem Griff des Stockdegens, schob die Klinge zurück in ihre Scheide und stemmte sich dann mithilfe des Stockes in den Stand, wobei er noch seinen Biberhut aufklaubte. Er warf dem Toten einen letzten Blick zu, um sich dessen Züge einzuprägen. Der leere Blick der hellen Augen spiegelte den matten Schimmer der Sterne und verlieh dem leblosen Gesicht einen Anschein von Lebendigkeit. »Fahr zur Hölle«, flüsterte Idris, setzte den Hut auf und wandte sich um.

Es stand außer Frage, dass er nach Hause ging. Sein Kammerdiener war ein fähiger Bursche, aber er war kein Feldscher und er neigte zu altjüngferlicher Betulichkeit und Aufregung, was seinen Herrn betraf. Idris brauchte jemanden, der seine Wunde versorgte, und zwar schnell, umsichtig und ohne Aufsehen.

Mit einem Zähnefletschen, das eher einer Grimasse als einem Lächeln glich, machte er kehrt und ging den Weg zurück, den er gekommen war.

Tristan Fox, der Viscount Raventhorne, trocknete seine Hände und beugte sich über die Lederrolle mit seinen Instrumenten, die auf den Tisch lag. »Ich sollte dich wirklich besser zu einem Arzt bringen.«

»Das haben wir doch zur Genüge diskutiert.« Idris lehnte schwer in dem geschnitzten Stuhl mit seinen breiten Armlehnen.

Raventhorne hatte ihn schon aus den Kleidern geschält und seine Wunde gesäubert, was nur unter Qualen abgelaufen war. Idris hatte eingewilligt, zwei große Gläser Brandy zu leeren, die einen betäubenden Nebel über alles legten.

»Du musst stillhalten«, sagte Raventhorne resigniert und griff nach einer gebogenen Nadel und Zwirn. »Ich werde mich bemühen, eine halbwegs hübsche Naht zu fabrizieren, aber ich war nie sonderlich gut in Handarbeiten.«

»Wie auch?«, murmelte Idris und schloss die Augen. »Oder lernt man so was auf dem Jesuitenkolleg?«

Raventhorne lachte leise und stach die Nadel durch die Haut.

Idris zwang seine Gedanken von der Pein in seiner Schulter auf praktische Dinge. »Galt der Anschlag mir persönlich oder steckt mehr dahinter?«, dachte er laut nach. »Der Mordbube war kein gewöhnlicher Räuber. Er hat kein Wort gesagt.« Er sog zischend die Luft durch die Zähne und ächzte leise.

»Kein Wort über seinen Auftraggeber«, fuhr Idris nach einigen Atemzügen fort. »Hölle, Raven, wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich denken, du willst mich töten!«

»Trink noch etwas«, sagte sein Freund mitleidlos und nähte weiter.

»Er hat ›Wechselbalg‹ zu mir gesagt. Das spricht für ein persönliches … verflucht!«

»Ich kann dir einen Lederriemen zwischen die Zähne klemmen, wenn dir das hilft«, schlug Raventhorne vor.

»Du klingst hämisch«, klagte Idris. »Raven, ich bin enttäuscht.« Er streckte den unverletzten Arm und nahm das volle Glas vom Tisch. Seine Zähne klapperten gegen den Rand.

Ein beinahe mitleidig zu nennender Blick traf ihn. Raventhornes rotblondes Haar leuchtete im Schein der Lampe wie eine ­Gloriole. Mit einer weniger kühnen Nase und ohne seine Sommer­sprossen hätte er ausgesehen wie einer der Engel, die der Modemaler Johnson mit solchem Erfolg an die Salons der Damenwelt verkaufte. Die dunkle Augenklappe über dem linken Auge hatte auch wenig Engelhaftes, ebenso. Und natürlich war da der Blick seines unverhüllten Auges, wasserblau, nüchtern, taxierend, kühl. Ganz und gar nicht sanftmütig oder entrückt. Nein, das Bild eines Engels besetzte in ihrem Quartett unangefochten der goldgelockte, sanftäugige Lucien Cavanaugh mit seinem strahlenden Lächeln … »Au, verflucht seist du, kannst du nicht ein bisschen zartfühlender … zur Hölle mit dir!«

»Geh mir nicht auf die Nerven, Auden! Ich tue hier nur, was du von mir verlangt hast.« Der rothaarige Viscount ließ sich nicht beirren. Seine langen, geschickten Finger führten das Werk zu Ende, während Idris ihn wortreich zum Teufel wünschte.

»So«, sagte Raventhorne aufatmend und wischte seine blutigen Finger an einem rotgefleckten Handtuch ab. »Ich verbinde dir die Schulter und bringe dich zu Bett. Was machen wir mit dem Trottel Seyton und seinem Duell? Ich könnte ihn benachrichtigen, dass ein Unfall …«

»Nein.« Idris richtete sich auf und verzog das Gesicht. »Ich werde hingehen.«

Ein Anflug von Verblüffung zog über Raventhornes Züge. »Du kannst den Arm nicht benutzen«, gab er zu bedenken.

»Ich schieße mit links immer noch besser als jeder einzelne der Seyton-Brüder mit rechts«, fauchte Idris. »Und ich gedenke nicht, mich des Kneifens bezichtigen zu lassen. Denk doch nach, Raventhorne. Wenn der Überfall auf mich publik wird …«

»Schon verstanden«, unterbrach ihn sein Freund. Er zog die glatte Stirn in Falten, dass seine Sommersprossen zu tanzen begannen. »Dennoch …«

»Nein.« Idris schloss ermattet die Augen. »Ich brauche nur zwei Stunden Schlaf, dann bin ich wie neu. Sei so gut, schicke einen Diener zu mir nach Hause, ich benötige frische Kleider und meine Duellpistolen.« Ein schwaches Grinsen glitt über seine Züge. »Und bring mir die Karaffe mit Brandy, alter Knabe. Ich gedenke, schwankend zum Duell anzutreten.«

Wider Erwarten war es ihm gelungen, für kurze Zeit die Augen zu schließen und in einen unruhigen, wiewohl erfrischenden Schlummer zu fallen. Als er von Hantierungen im Zimmer erwachte, war es noch finster draußen und ein unerfreulich kalter Luftstrom zog durch den Fensterspalt.

Raventhornes stummer Diener, der damit beschäftigt gewesen war, das Feuer im Kamin erneut zu entfachen, stellte nun ein Tablett mit kaltem Braten und Brot neben Idris auf den Tisch und zog sich mit einem Neigen seines Kopfes zurück.

Wenig später öffnete sich erneut die Tür und der Viscount trat ein. »Hast du ein wenig geruht?«, fragte er und ging zum Kamin, um sich über dem Feuer die Hände zu wärmen. Er sah übernächtigt aus, mit dunklen Schatten unter den Augen und zerzaustem Haar. Raventhorne hatte seine Augenklappe auf die Stirn geschoben, ein Zeichen des Vertrauens, das Idris wider Willen rührte.

Idris streckte die schmerzenden Knochen und ächzte leise, als die frische Naht protestierte. »Danke«, murmelte er und nahm den Krug mit warmem Bier entgegen, den sein Freund ihm reichte. Er nahm einen großen Schluck und schob ein Stück Braten hinterher. »Du nicht, wie du aussiehst.«

»Ich habe einen Bow Street Runner aus dem Bett gejagt und auf die Spur des Meuchlers gesetzt«, erwiderte der Viscount matt und ließ sich in seinen Sessel fallen. Er streckte die langen Beine aus und drückte das Kinn in den strengen Knoten seines ­Halstuchs.

»Hältst du das für klug?« Idris wärmte seine Hände an dem Becher. »Man wird sich fragen, wer ihn getötet hat und warum.«

»Ich habe behauptet, ich wäre es gewesen.« Raventhorne lächelte schmallippig und das Glitzern in seinem hellen Auge verbat sich jeden Kommentar. »Du weißt, dass Barlow mir blind vertraut.« Er stieß ein kurzes, trockenes Lachen aus, das jeden Funke Humor entbehrte.

Idris verzog das Gesicht. »Alberne Wortspiele vor Sonnenaufgang«, knurrte er. »Du weckst in mir das Verlangen, dir eine Kugel in den Kopf zu jagen statt meines Duellgegners.«

Raventhorne grinste und faltete die Hände vor dem Bauch. »Dann schlage ich vor, du machst dich fertig, Auden. Die Kutsche wartet auf uns.«

Der Atem stand als weiße Wolke vor Idris’ Mund, als er aus dem Haus trat. Er fröstelte und knöpfte die Redingote zu, bevor er seine Handschuhe überstreifte. Die Wunde schmerzte und er fühlte sich matt und abgeschlagen. Mit einem Nicken nahm der dem stummen Diener seines Freundes die Flasche ab, die dieser ihm reichte, und stieg in die Kutsche mit dem Wappen des Viscounts Raventhorne. Der Kutscher ließ seine Peitsche schnalzen und das Gespann Braune zog an.

Raventhorne saß vornübergebeugt ihm gegenüber, die Ellbogen auf die Knie gestützt. Seine Hessenstiefel waren makellos poliert, seine Pantalons saßen so eng, dass sich jeder Muskel darin abzeichnete, und der Garrick, den er trug, war von bestechender Eleganz, ebenso wie sein perfekt gebundenes Halstuch. Idris musterte ihn mit leisem Missfallen. »Was ist los mit dir, Raventhorne?«, fragte er und zog den Korken aus der Flasche. »Bist du unter die Stutzer gegangen, alter Haudegen?«

Raventhorne zog eine Braue empor und würdigte ihn keiner Antwort. Er lehnte sich zurück, verschränkte die Arme und musterte Idris scharf. »Was hast du vor?«, fragte er mit einem Zucken seines Kinns in Richtung Brandy. »Willst du dort zu allem Überfluss angesäuselt erscheinen? Du bist verwundet …«

Idris grinste und nahm einen kräftigen Schluck aus der Flasche, ehe er sie seinem Freund reichte. »Los, spül dir den Mund damit aus«, sagte er. »Und dann gib sie mir wieder.«

Raventhorne folgte kopfschüttelnd dem Befehl. Idris legte den Daumen auf den Flaschenhals und begann damit, das Getränk sorgfältig über seine Kleidung zu verteilen. »Wilby bringt mich um«, sagte er. »Ich werde ihm vorschlagen, die Kleider zu verbrennen.«

Fox saß da, das Kinn in die Hand gestützt, und beobachtete das Schauspiel mit amüsiertem Unglauben. »Was willst du damit erreichen?«

Idris betrachtete den Rest in der Flasche und setzte sie dann erneut an die Lippen, um sie zu leeren. Er warf sie auf den Boden und strich sich mit beiden Händen durchs Haar, bis es ungebärdig vom Kopf abstand, dann lockerte er seine Krawatte und ruckte an seinem Mantel, bis er schief von seinen Schultern hing.

Der Viscount schüttelte den Kopf. »Du siehst aus, als hättest du nicht nur eine Nacht durchgezecht«, sagte er amüsiert und öffnete ein Stück das Fenster. »Und du stinkst. Hättest du nicht warten können, bis wir angekommen sind, Mann? Ich werde allein vom Geruch besoffen.«

Idris überkreuzte die Knöchel und wischte über seinen Biberhut, der einige Tropfen abbekommen hatte. »Wilby tötet mich«, wiederholte er düster.

»Die mörderischen Gelüste deines Kammerdieners dürften in der nächsten halben Stunde dein kleinstes Problem darstellen.« Raventhorne blickte hinaus. »Wir sind da.«

Die Kutsche hielt am Rande einer der abgelegenen Wiesen des Hyde Parks. Bäume umstanden das Areal und verhinderten, dass vom Weg aus jemand sehen konnte, was auf der Wiese vor sich ging. Raureif hing an den kahlen Ästen und eine dünne Schneeschicht bedeckte das winterlich vergilbte Gras. Ein Stück entfernt standen zwei weitere Kutschen, ein Phaeton und ein gesatteltes Pferd, das unruhig mit den Hufen scharrte.

»Wymond ist auch schon da«, sagte Raventhorne ruhig. »Kennst du den Unparteiischen?«

Idris beugte sich vor und musterte den soignierten älteren Herrn, der mit Seyton, seinem Duellgegner, sprach. »Nein«, sagte er. »Aber den Arzt, er war schon bei meinem letzten Duell vor Ort.« Er setzte seinen Hut schief auf und klopfte gegen das Dach.

Der Kutscher sprang vom Bock und öffnete den Schlag. Der Viscount stieg aus und reichte Idris die Hand, um ihm aus der Kutsche zu helfen. Idris stolperte und stürzte ihm entgegen, rief laut und fröhlich: »Hoppala«, und knickte in die Knie, als er endlich den Boden erreicht hatte. »Danke schön, alter Junge«, lallte er und ließ sich von Raventhorne aufhelfen. »Was is’ los, haben wir Sturm? Ordentlicher Seegang heute, was?«

Ihr Auftritt erregte die gewünschte Aufmerksamkeit. Die Sekundanten seines Kontrahenten, der Arzt und der Unparteiische starrten sie an, als wäre ein Elefant auf einer Teeparty des Prince of Wales erschienen. Nur Ned Wymond legte eine Hand vor den Mund, als würde er gähnen. Idris sah seine amüsiert funkelnden Augen und grinste ihn breit und betrunken an. »Wymond, alter Knabe«, rief er laut. »Auch so früh auf den Beinen?« Er lachte albern und stützte sich schwer auf Raventhorne.

»Mein Gott, Auden«, sagte Seyton laut und angewidert. »Sie sind voll wie ein irischer Pfaffe. Ist Ihnen denn nichts heilig?«

Idris zerrte die Handschuhe von den Fingern, verlor einen davon und trat darauf, als er sich schwankend bemühte, ihn vom Boden aufzuklauben. »Mist«, sagte er und blieb vornübergebeugt stehen. »Ich glaube, ich muss kotzen.«

Seyton und seine Sekundanten sprangen hastig rückwärts. Der Unparteiische sah Fox und Wymond an. »Meine Herren, wollen Sie im Namen Seiner Lordschaft von dem Duell Abstand nehmen? Eine Entschuldigung …«

»Nichts da, das könnte euch so passen«, lallte Idris und richtete sich auf. Er wedelte fahrig in Raventhornes Richtung. »Meine Pistolen, Raventhorne.«

Raventhorne trat mit unbewegter Miene vor und öffnete den Kasten mit den Duellpistolen. Der Unparteiische prüfte sie mit missbilligender Miene und nickte dann. »Die Regeln sind Ihnen bekannt«, sagte er. »Sie schießen auf eine Entfernung von fünfzehn Schritt, jeder von Ihnen hat einen Schuss. Ich wünsche Ihnen Glück.«

»Brauch ich nicht«, nuschelte Idris und fummelte an den Knöpfen seines Mantels herum. »Zieht mir das Ding aus. Ich kann mit diesem Kragen nichts sehen.«

»Sieht doch ohnehin alles doppelt«, murmelte einer der gegnerischen Sekundanten und erntete ein Auflachen. Der Arzt saß auf den ausgeklappten Stufen der Seytonschen Kutsche und betrachtete gleichmütig das Geschehen. Mit ein wenig Glück auf beiden Seiten würde er nicht tätig werden ­müssen.

Fox nestelte die Knöpfe der Redingote auf und sagte leise: »Schieß diesmal lieber nicht in die Luft, mein Lieber. Triff ihn meinetwegen in die Schulter, das wird er überleben. Er ist fest entschlossen, dich abzuknallen und man sagt, er sei ein hervorragender Schütze.«

»Pah«, machte Idris und kniff die Augen zusammen. »Bestenfalls mageres Mittelmaß. Mach dir keine Sorgen, ich bin nicht so leicht umzubringen.«

»Dein Wort in Gottes Ohr«, sagte Raventhorne resigniert.

Die Duellanten nahmen Aufstellung. Idris hielt seine Pistole ungeschickt in der linken Hand und kniff ein Auge zu, als würde er zielen, während er schwankte wie ein Rohr im Wind. Er hörte das zynische Lachen seines Kontrahenten und die lauten Anweisungen des Unparteiischen, der um Aufstellung bat.

Idris konzentrierte sich. Seine linke Hand war deutlich schwächer als die rechte, er musste also eher darauf achten, nicht selbst getroffen zu werden, als darauf zu hoffen, zu treffen.

»Kann der Kerl nicht ruhig stehen?«, hörte er Seyton murren, während sie Rücken an Rücken standen. »Es ist ja geradezu ein Gnadenakt, das besoffene Schwein zu erlegen.«

Idris gab sich unbeeindruckt und machte die fünfzehn Schritte mit der stocksteifen Haltung eines Betrunkenen, der sich konzentriert, geradeaus zu marschieren.

Dann drehte er sich um, richtete seine Pistole auf seinen Gegner und ließ die Mündung Achten und Kurven in die Luft zeichnen.

Seyton stand mit verkniffener Miene da und zielte auf Idris’ Kopf. Ganz offensichtlich würde er sich nicht mit einem harmlosen Blutopfer zufrieden geben. Er wollte seinen Kontrahenten tot sehen.

Der Unparteiische zählte und Idris sandte ein lautes Rülpsen in die eisige Luft des Wintermorgens. Er behielt Seyton scharf im Auge. Der Zeigefinger krümmte sich … und Idris schoss.

Beide Pistolen knallten beinahe gleichzeitig. Die Kugel aus Seytons Pistole zischte um Haaresbreite an Idris’ Ohr vorbei – er hatte richtig vorhergesehen, wohin Seyton zielen würde und hatte sein ständiges betrunkenes Schwanken in eine winzige ausweichende Bewegung umgewandelt, die der Unparteiische nicht würde bemängeln können. Seine eigene Kugel schlug einen Fuß links von Seyton in den schlanken Stamm einer Buche ein. »Upsi«, sagte Idris langgedehnt und ließ sich nach vorne fallen, als wäre er getroffen.

Raventhorne stürzte zu ihm und milderte seinen Sturz. »Vorsicht, alter Junge«, murmelte er. »Die Naht hält solche Spielchen vielleicht nicht aus.«

Idris lächelte breit und träge zu ihm auf. »Deine Nähte halten länger als das Fleisch um sie herum«, gab er zurück. »Da kommt der unselige Seyton. Ich hätte ihn vielleicht doch erschießen sollen.«

Der Arzt war als erster bei ihm. Er stellte seine Tasche neben Idris in den Schnee und legte seine Hand auf dessen Schulter. »Wo sind Sie getroffen, Mylord?«

»Gar nicht«, lallte Idris. »Ich habe bloß keine Lust mehr, weiter herumzustehen.«

Raventhorne drehte sich so, dass er Idris gegen Seyton abschirmte, und gab Wymond ein Zeichen, dessen Sekundanten abzulenken. »Schauen Sie sich bitte seine Schulter an«, sagte er leise zu dem Arzt. »Ich habe sie notdürftig geflickt, aber …«

Der Arzt nickte und knöpfte Idris’ Weste auf. Raventhorne stand auf und blockierte Seytons Sicht. »Ich denke, der Ehre ist nun Genüge getan«, sagte er schroff. Er blickte den Unpartei­ischen an. »Mr Hemsworth?«

Der Unparteiische zuckte die Achseln und schlug den Kragen seines Mantels hoch. »Ich sehe keinen Grund, länger hier in der Kälte zu verweilen«, sagte er. »Die Angelegenheit ist erledigt. Meine Herren.« Er lüpfte seinen Hut und ging zu seiner Kutsche.

Seyton starrte mit Genugtuung in den schmutzbraunen Augen auf Idris, an dessen Schulter sich der Arzt zu schaffen machte. »Tot wäre er mir zwar lieber«, sagte er, »aber immerhin habe ich nun den unbesiegbaren Marquess Auden zu Boden gestreckt. Das wird im ton für allerlei Gesprächsstoff sorgen.« Er sah den Viscount eisig an. »Raventhorne.«

»Seyton«, erwiderte dieser mit einem milden Lächeln. »Scheren Sie sich zum Teufel.«

Es war dem anderen anzusehen, dass er über eine neuerliche Forderung nachdachte, aber als sich nun auch Ned Wymond zu Raventhorne gesellte und Seyton abschätzig anblickte, gab dieser nur ein Schnauben von sich und machte auf dem Absatz kehrt. »Fahren wir in meinen Club«, rief er seinen Sekundanten zu. »Ich kann ein Frühstück brauchen.«

Raventhorne und Wymond sahen zu, wie die Kutschen davonrollten. Wymond stieß eine riesige Atemwolke aus und begann zu lachen. »Wie besoffen ist er wirklich?«

Raventhorne zog seine Schnupftabakdose aus der Tasche und bot sie Wymond an. »Sagen wir es so: Es riecht schlimmer als es ist.« Er nahm elegant eine Prise, schneuzte sich und schlenderte zum Arzt hinüber, der Idris gerade wieder in seinen Ärmel half. »Wie sieht es aus, Doktor?«

»Was?«, rief Wymond und drängte sich zwischen sie. »Er ist getroffen worden? Wie kann das sein?«

Idris, der blass und müde aussah, nachdem er alle Schauspielerei hatte fahren lassen, und unter dessen Augen dunkle Ringe lagen, lachte hustend und quälte sich in seinen Mantel, wobei er den Ärmel der verletzten Seite leer baumeln ließ. »Danke, mir geht es großartig«, sagte er. »Ein kräftiges Frühstück, ein warmes Bett und drei Tage Ruhe und ich bin wieder wie neu.«

2

Miss Portia Redgrave beugte sich zu ihrer besten Freundin, Miss Ariana Seabright, und flüsterte hinter vorgehaltenem Fächer: »Sie werden das ›liederliche Quartett‹ genannt. Ich habe gehört, wie Lady Dalrymple das zu Lady Bolton sagte.«

Ariana riss die dunkelblauen Augen weit auf, legte eine Hand vor dem Mund und rief: »Oh, Portia! Wie grauenhaft!«, denn Miss Ariana Seabright kultivierte eine Neigung zu überschwänglicher Gedankenlosigkeit.

Portia ignorierte den Ausruf ihrer Freundin. Ihr Blick aus schokoladenbraunen Augen hing fasziniert an dem großen, breitschultrigen Mann in dunkelgrün schillerndem Taft mit den blendend weißen Strümpfen und dem zu einer schnee­igen Kaskade gebundenen Halstuch. »Er sieht verrucht aus«, wisperte sie. »Schau nur, sein Haar, es glänzt wie Rabenfedern. Und die vornehm helle Haut. Und diese Augen!« Sie seufzte hingerissen.

»Portia!«, zischelte ihre Freundin und kniff sie in den Arm. »Starr ihn nicht so an, das ist ungehörig!« Sie konnte selbst kaum den Blick von dem Bewussten wenden. »Er ist sehr groß«, flüsterte sie. »Und er sieht kräftig aus, nicht so schwindsüchtig und bleich wie dieser Oliver Brownsmith, der uns ständig hinterherläuft.«

»Dir, Ariana. Dir.« Portia folgte dem Mann mit ihren Blicken. »Lord Auden soll volltrunken bei einem Duell angeschossen worden sein, vor ein paar Tagen. Er hatte eine junge Lady entehrt, erzählte Lady Bolton.«

»Oh, wie verworfen.« Arianas Wangen glühten. »Er sieht hinreißend aus!« Sie zog die Brauen zusammen. »Aber wo verstecken sich die anderen Herren des verruchten Quartetts?« Sie sah sich mit funkelnden Augen um, und nun war es Portia, die sie mahnend in die Seite knuffte.

Wieder versanken beide in anbetende Betrachtung. Lord Auden stand mit einer älteren Dame und ihrer Begleiterin in der Nähe einer dekorativen Topfpalme und ließ eine nicht unbeträchtliche Portion Charme spielen. Portia seufzte. »Diese Augen«, sagte sie. »Grün wie Smaragde. Meine Katze Tinker hatte solche Augen.«

Ariana neigte sich zu ihrem Ohr und wisperte: »Angeblich verdankt er sein Aussehen der Tatsache, dass er ein Changeling ist.« Sie sah Portia bedeutungsvoll an.

Ihre Freundin lachte und gab ihr einen Klaps mit dem Fächer. Sie zupfte ihre zarte Stola zurecht und glättete eine Falte in ihrem buttergelben Seidenrock. »Du redest ein Zeug«, rügte sie lächelnd. »Ein Wechselbalg! Er ist der zukünftige Duke of Grenville!«

»Das ist ja das Tragische!« Ariana verdrehte die Augen, die sich wie auf Bestellung mit Tränen füllten. »Stell dir doch nur einmal vor, Portia! Der alte Duke of Grenville, der seinen ältesten Sohn und Erben an die verfluchten Sid… an das Schöne Volk verliert und darüber so krank vor Leid wird, dass er seinen Stammsitz nicht mehr verlässt. Und Lord Auden selbst, der weiß, dass der wahre Lord Auden im Elfenreich in Gefangenschaft schmachtet, und er selbst ist nur ein hohler Abklatsch, ein Wechselbalg, dessen Eltern zum Schönen Volk gehören. Einsam und verlassen, gestrandet in der Welt der Menschen! Das muss doch unendlich traurig und schrecklich für ihn sein!«

»Den Eindruck macht er mir allerdings nicht«, erwiderte Portia trocken. Der so von Herzen bemitleidete Lord Auden lachte gerade herzhaft über etwas, das die ältere Dame zu ihm sagte, und trank dabei von seinem Portwein. »Ariana, du musst nicht alles glauben, worüber in Tante Netties Nähkränzchen geklatscht wird. Wenn Lord Auden ein Changeling wäre, dann hätte Corin mir doch sicher davon erzählt.«

»Corin?« Ariana lachte auf. »Er würde eher sterben, als seiner Angebeteten solch degoutante Details über seine Familie zu verraten.«

Dem wusste Portia nichts entgegenzusetzen. Ihre Miene verdüsterte sich. »Ich werde nicht länger warten, dass etwas passiert«, sagte sie sehr energisch, leerte ihr Glas Champagner und erhob sich.

»Portia, was hast du vor?«, rief Ariana und sprang auf. Sie presste beide Hände vor den Mund und sah der zierlichen Gestalt ihrer Freundin nach, die sich den Weg durch die Gäste bahnte.

Idris hatte sich von Lady Leatham verabschiedet und genoss nun einen Moment relativer Ruhe, soweit das in einem überfüllten Ballsaal überhaupt möglich war. Er sah sich betont träge um und vermied dabei jeden Augenkontakt, der als Aufforderung verstanden werden könnte, sich ihm zu nähern. Er fragte sich, warum er heute ausgerechnet diese Einladung angenommen hatte, statt jetzt bequem zu Hause vor dem Kamin zu sitzen, eine Flasche Portwein zu leeren und ein Buch zu lesen.

Eine Hand fiel auf seine gesunde Schulter und eine wohlbekannte Stimme sagte: »Auden, alter Mistkäfer. Traust du dich wieder in die Gesellschaft? Nett von dir, hier vorbeizuschauen, dann kann ich dich gleich anpumpen.«

»Wymond, sei nicht lästig«, erwiderte Idris sanft und pflückte die klammernde Hand von seinem Arm. »Du verlierst also gerade wieder, habe ich recht?«

»Wann hättest du je unrecht, Edelster aller Edlen?« Edward Wymond grinste und verschränkte die Arme vor der Brust. »Komm schon, alter Junge, du bist mir was schuldig.« Seine Blicke sprangen wie Eichhörnchen durch den Saal. »Hast du gesehen? Bellinghan steht dort mit dem jüngeren der Ayres-Brüder. Was die beiden wohl wieder aushecken?«

Idris zuckte scheinbar gleichgültig die Achseln und zog eine fein ziselierte Schnupftabakdose aus seiner Tasche. Er bot Wymond davon an, und während die beiden die Köpfe zusammensteckten, fragte er leise: »Hast du Raventhorne und Cavanaugh irgendwo gesehen? Sie wollten kommen, sagte Raven.«

Wymond zog sein Schnupftuch und putzte sich geziert und umständlich die Nase. »Bislang noch nicht«, murmelte er. »Raventhorne kommt aber mit Sicherheit, er wollte sich hier mit Saint-Hilaire treffen. Aber hör mal, wer ist bloß dieses süße Ding, das dich so anhimmelt? Sie steuert geradenwegs auf uns zu.«

Idris wandte sich um und blickte erstaunt in die großen, schokoladenbraunen Augen einer jungen Dame in einem buttergelben Kleid, die vor ihm in einen tiefen Knicks sank, so dass er einen guten Ausblick in ihr hübsches Dekolletée und auf einen üppigen Schopf kastanienbrauner Locken hatte.

»Ich bitte um Verzeihung?«, sagte er fragend und reichte ihr die Hand, um ihr aufzuhelfen.

»Eure Lordschaft«, sagte das Mädchen mit atemloser Stimme. Rote Flecken zierten ihre zarten Wangenknochen. »Ich weiß, dass es sich eigentlich nicht gehört, aber ich dachte, da wir doch beinahe …«

»Portia Redgrave«, schrillte eine Frauenstimme durch den Saal. »Wie kannst du nur …«

Eine atemlose ältere Frau tauchte an ihrer Seite auf und griff nach dem Ellbogen des Mädchens, um sie mit sich zu ziehen. Allerdings weigerte sich Portia Redgrave, auch nur einen Schritt zu weichen. Sie zog eine aufsässige Schnute und erklärte: »Tante Nettie, dieser Herr ist Lord Auden. Ich dachte, ich könnte …«

»Ich weiß, wer dieser Herr ist«, schnappte die ältere Dame und zerrte stärker. »Verzeihen Sie meinem Schützling, Mylord. Sie ist zum ersten Mal in Gesellschaft und hat wohl ihre Manieren vergessen. Wir entfernen uns jetzt unverzüglich, Miss Redgrave!«

»Tante Nettie!« Portia stemmte die Fersen in den Boden wie ein bockendes Pony. »Er ist Corins Bruder!«

Idris konnte erkennen, dass die ältere Dame an sich halten musste, um nicht Portias Ohr zwischen Daumen und Zeigefinger zu klemmen und sie wie ein unartiges Kind abzuführen. Es gelang ihr, das Mädchen von Idris abzudrängen, während sie gedämpft und scharf mit ihr schalt. Portia gab die Gegenwehr auf, als sie bemerkte, dass sie Aufsehen zu erregen begannen. Sie warf Idris noch einen herzzerreißend flehenden Blick zu, dann folgte sie mit hoch erhobenem Haupt ihrer Anstandsdame.

Ned Wymont pfiff leise durch die Zähne. »Was war das denn für ein Auftritt?«, fragte er. »Ist das eins deiner Opfer, Auden? Ich dachte immer, du hast sie gerne etwas erfahrener.«

Idris verengte die Augen zu eisigen Schlitzen. »Spar dir deine Witze, Wymond«, fauchte er. »Sie hat gesagt, ich sei Corins Bruder. Was meinte sie damit?«

Wymond griff ein Glas Champagner von einem vorbeigetragenen Tablett und trank es leer. »Nun«, murmelte er desinteressiert, »vermutlich meinte sie damit, dass du einen Bruder namens Corin hast. Was, soweit ich mich entsinne, den Tatsachen entspricht.«

Idris lächelte noch nicht einmal über diesen schwachen Scherz. Er warf suchende Blicke durch den Saal. Dann sagte er knapp: »Ich treffe dich am Spieltisch« und ließ Wymond stehen, der ihm verdutzt hinterhersah.

Portia ließ ergeben die Strafpredigt über sich ergehen, nachdem sie noch einmal versucht hatte, ihrer Tante zu erklären, dass sie mitnichten gegen die Etikette verstoßen habe, jedenfalls nicht … und weiter war sie nicht gekommen.

»Lord Auden ist keine Gesellschaft für ein junges Mädchen, das auf seinen Ruf zu achten hat«, erklärte die Tante ihr und Ariana, die tapfer an ihrer Seite ausharrte. »Er mag ein Marquess sein und der Erbe eines Herzogs, aber er ist auch ein Mann von überaus schlechtem Ruf, ein berüchtigter Lebemann, von dem eine junge Dame sich tunlichst entfernt zu halten hat.«

»Tante Nettie«, wagte Portia noch einmal einzuwenden, »ich werde mich in Zukunft doch schwerlich von ihm fernhalten können, sobald …«

»Papperlapapp«, fuhr Tante Nettie ihr über den Mund. »Du wirst dich entweder in Begleitung einer Anstandsdame oder deines Verlobten und späteren Ehemanns mit ihm treffen, wenn überhaupt. Er hat sich, soweit ich informiert bin, schon seit Jahren nicht mehr bei seiner Familie blicken lassen.« Sie schniefte und ruckte mit dem Kopf, was ihr in ihrer schwarzen Witwentracht das Aussehen eines missmutigen Huhns verlieh. »Wie auch immer«, schloss sie, »wir werden das nicht weiter diskutieren. Es wäre nicht im Sinne deiner Eltern, wenn du dich … oh!« Ihr kieksender Ausruf veranlasste Portia, sich umzusehen. Sie riss die Augen auf und Ariana stieß ein schrilles Kichern aus.

Ihre Gastgeberin, die Herzogin von Stanhope, segelte zielstrebig auf sie zu, und in ihrem Kielwasser folgte der düstere Marquess Auden.

Tante Nettie sank in eine Art Hofknicks, Ariana tat ihr graziös nach, aber Portia stand wie erstarrt und blinzelte nur, als die Herzogin vor ihr anhielt. »Liebes Kind«, sagte sie mit vornehmem Näseln, »ich habe es vollkommen versäumt, Sie mit Ihrem zukünftigen Schwager, dem Marquess Auden, bekannt zu machen. Idris, Lieber, darf ich dir die Verlobte deines ­Bruders, Miss Portia Redgrave, vorstellen? Dies sind ihre Begleiterinnen …«, ihr Blick ging nach innen, als suchte sie auf einer in ihrem Gedächtnis verzeichneten Gästeliste den richtigen Eintrag, »Mrs Dormer und Miss Seabright.«

»Ich bin überaus erfreut«, sagte der Marquess und beugte sich über Portias Hand. »Idris Hathaway, zu Ihren Diensten, Miss Redgrave.«

»Mylord«, wisperte sie, für einen Augenblick mit Sprachlosigkeit geschlagen.

Er lächelte, was seinem kantigen Gesicht erstaunlich viel Charme verlieh. Portia ertappte sich dabei, dass sie seine Lippen anstarrte, und senkte hastig den Blick.

Lord Auden verschwendete eine großzügige Portion seiner Ausstrahlung an Tante Nettie, was einen Hauch Farbe auf die faltigen Wangen zauberte. »Mrs Dormer, Miss Seabright, ich entführe Ihnen Miss Redgrave für einen Tanz. Sie erlauben?« Er bot ihr galant seinen Arm und wartete, bis sie ihre zitternde Hand in seiner Ellenbeuge platziert hatte.

Portia holte tief Luft und lächelte, als sie nebeneinander zur Tanzfläche schritten. »Das war sehr raffiniert von Ihnen, Mylord.«

»Nicht wahr?« In seinen Augenwinkeln bildeten sich kleine Fältchen, obwohl seine Miene unbewegt blieb. »Ich kann nur hoffen, dass Sie auch mit mir tanzen wollen, Miss Redgrave.«

»Gerne«, sagte sie, und ein unvermuteter Anfall von Befangenheit ließ sie die Augen niederschlagen. Stumm tanzten sie die ersten Takte zwischen den anderen Paaren, und Portia bemerkte bei aller Aufregung, dass sie neugierige Blicke trafen und ein leises Tuscheln ihren Weg über die Tanzfläche begleitete. »Mylord«, sagte sie beherzt und wagte es, ihm ins Gesicht zu schauen, »mir tun die Füße weh und ich glaube, ich brauche ein wenig frische Luft.«

Sein verhangener Blick wich nicht von ihrem Gesicht. Sie ertrug die eingehende Musterung schweigend, ihre Lippen begannen zu beben, was sie mit einem unwilligen Zusammenpressen unterband.

Lord Auden senkte die Lider, nur das grünliche Glitzern, das durch die schmalen Schlitze zu erkennen war, ließ seine amüsierte Verwunderung erkennen. »Sind Sie sicher, dass Sie sich mit mir auf die Terrasse wagen möchten?«, fragte er leise. »Ihre Tante hatte genügend Zeit, Sie vor mir und meiner rufschädigenden Gegenwart zu warnen.«

Portia hob das Kinn. »Meine Tante fürchtet allerorten rufschädigende Einflüsse«, sagte sie. »Ich habe keinerlei Bedenken, in Begleitung meines zukünftigen Schwagers ein wenig Luft zu schnappen.«

»Sie sind eine mutige junge Dame«, sagte er und reichte ihr wiederum seinen Arm. »Mutig oder tollkühn.« Ein Schatten flog über sein Gesicht. »Sie sind sich hoffentlich bewusst, dass mein Bruder Ihnen diese Eskapade verübeln könnte?«

»Corin?« Portia lachte unbehaglich. »Aber nein, niemals! Er liebt mich, wissen Sie? Und er liebt Sie als seinen Bruder. Er würde es uns niemals vorwerfen, dass wir uns gut verstehen.« Zumindest hoffte sie das.

Sein Arm spannte sich unter ihrer Hand an, aber sein Gesicht blieb unbewegt. »Ich wünsche und hoffe, dass Sie sich nicht täuschen«, sagte er.

Die frische, kalte Luft auf der Terrasse ließ Portia in ihrem dünnen Seidenkleid frösteln. Sie bedeckte die Gänsehaut auf ihren Schultern mit den Handschuhen und hauchte eine Atemwolke in den nächtlichen Himmel. Die Sterne glitzerten wie Diamantenstaub und die dünne Schneeschicht, die auf allem lag, ließ den Garten in der Dunkelheit schimmern wie ein zartes Gemälde.

»Es ist zu kalt hier«, sagte der Marquess energisch und sah sich um. »Kommen Sie, Miss Redgrave. Ich gehe doch recht in der Annahme, dass Sie nur einen Ort gesucht haben, an dem wir unbeobachtet miteinander reden können?« Ohne ihre Antwort abzuwarten, griff er nach ihrem Ellbogen und dirigierte sie über die Terrasse an der Hausfront entlang. Sie ließen den hellerleuchteten Ballsaal hinter sich und gelangten zu einer Reihe von Fenstern und einer Tür, die zurück ins Haus führte. Lord Auden öffnete sie mit großer Selbstverständlichkeit und schob Portia hindurch.

Sie fand sich in einem anmutig eingerichteten Salon wieder, in dessen Kamin noch einige niedergebrannte Scheite glühten, die ein wenig Wärme abgaben. Auden schob ohne großes Federlesens einen Lehnsessel ans Feuer, verfrachtete Portia hinein und nahm dann noch eine Tagesdecke von der Récamiere, in die er sie einwickelte, als wäre sie ein Kind. Portia überlegte, ob sie gegen diese Behandlung protestieren sollte, aber dann ergab sie sich seiner unpassenden Fürsorge und kuschelte sich behaglich in die leichte Wolle.

»So«, sagte er und zog einen Sessel für sich an den Kamin. Er beugte sich vor und stocherte in der Glut, um die Flammen erneut zu entfachen. »Hier werden wir hoffentlich nicht gestört, das ist der Morgensalon der Herzogin.«

Portia hob die Brauen. »Mit der Sie auf so vertrautem Fuß stehen, dass Sie hier einfach eindringen dürfen?« Es klang ein wenig pikiert.

Er hob ebenfalls eine Braue, was seinem Gesicht einen arroganten Ausdruck verlieh. »Honor ist meine Cousine, Miss Redgrave. Wir sind miteinander aufgewachsen.«

»Oh«, murmelte Portia und blickte auf ihre Hände nieder.

Er streckte die langen Beine mit überkreuzten Knöcheln zum Feuer und senkte das Kinn auf die Brust. Immer noch war sie sich seines bohrenden Blickes bewusst. Portia atmete tief ein und wieder aus. Ihren stolzen Worten zum Trotz war sie sich durchaus dessen bewusst, dass sie sich momentan in einer überaus kompromittierenden Lage befand, in der sie ungern ertappt werden würde. Gar so sicher war sie sich der gelassenen Reaktion ihres Verlobten nicht, wie sie vorhin seinem Bruder gegenüber vorgegeben hatte. Sie war sich Corins überhaupt in keiner Weise mehr sicher, manchmal glaubte sie, einen Fremden vor sich zu haben, wenn sie zusammen waren.

»Miss Redgrave?«, riss Audens dunkle Stimme sie aus ihren ängstlichen Überlegungen. »Worüber wollten Sie denn nun so dringend mit mir sprechen?« Er spielte mit einer silbernen Münze, die er von Fingerknöchel zu Fingerknöchel tanzen ließ. Seine Hände wirkten plump und nicht sehr geschickt, aber dieses Fingerspiel beherrschte er auf geradezu hypnotisch wirkende Weise. Portia riss ihren Blick davon los und sah ihm ins Gesicht.

»Mylord«, sagte sie beherzt, »ich muss gestehen, dass ich den Eindruck gewonnen habe, mein Verlobter und Sie hätten sich entzweit. Ich würde mir wünschen, dass Sie sich vor unserer Hochzeit versöhnen.«

»Oh«, murmelte Auden und eine Braue ging in die Höhe. »Wie sonderbar und überaus ungewöhnlich.« Die Münze verschwand und er legte die Hände zu einem Spitzdach vor den Lippen zusammen. Seine Augen blieben starr auf Portia gerichtet. »Lassen Sie hören.«

Portia klammerte die Hände in den Saum der Decke. »Corin und ich sind seit fast zwei Jahren verlobt, nachdem er mir ein Jahr lang den Hof gemacht hat. In all der Zeit waren Sie nicht ein einziges Mal auf Grenbury Hall zu Besuch.« Sie wurde sich bewusst, dass ihre Stimme anklagend klang, und bemühte sich um einen versöhnlichen Tonfall. »Ihr Vater spricht sehr selten von Ihnen, aber ich bin mir überaus sicher, dass er sich nach Ihnen sehnt. Und Corin erwähnt gelegentlich zwar Ihren Namen, aber immer mit Bitterkeit.« Sie blickte in die versteinerte Miene Lord Audens und biss sich auf die Wange. »Was geht mich das an, denken Sie jetzt sicher.« Mit kämpferisch gerecktem Kinn setzte sie hinzu: »Aber ich stamme aus einer Familie, in der Familienbande heilig gehalten werden. Was auch immer geschieht, nichts tritt zwischen einen Redgrave und den anderen! Und wenn wir uns streiten, dann trachten wir auch unverzüglich nach Versöhnung. So gehört es sich in einer Familie, Mylord!«

Lord Audens Kiefer mahlten. Er stieß einen gemurmelten Fluch aus und wich ihrem Blick nicht aus, sondern fixierte sie geradezu grimmig. Dann begann er zu ihrer Erleichterung und Überraschung zu lachen. Wenn die Strenge aus seiner Miene wich, wirkte er viel jünger, stellte Portia fest. Sie lächelte und schälte sich aus der wärmenden Umhüllung, denn vor dem Feuer war es mollig warm. »Mylord«, begann sie, aber Lord Auden unterbrach sie gleich.

»Nennen Sie mich Auden«, sagte er und starrte dabei mit zusammengezogenen Brauen ins Feuer. »Ich denke, wir sind in naher Zukunft miteinander verschwägert, also dürfte das in Ordnung sein.«

»Gerne«, sagte Portia und berührte ihre erhitzten Wangen. »Ich heiße Portia, aber das wissen Sie ja schon.«

Er lächelte und seine Stirn glättete sich. »Nun, Miss Portia, dann erzählen Sie mir von Corin. Warum ist er nicht an Ihrer Seite?«

Der Schmerz flammte auf, ohne dass Portia sich dagegen gewappnet hatte. Sie presste eine Hand auf ihre Brust und wandte den Blick zum Feuer, um sich zu fassen. Sie spürte mehr, als sie es sah, dass er sich mit besorgter Miene vorbeugte. Dann legte er behutsam seine Hand auf ihren Arm. »Was bedrückt Sie so sehr?«