Vorrede

Inhalt

Obgleich der Verfasser dieses Buchs, das unter dem Titel »Fairy legends and traditions of the South of Ireland«, London 1823, erschien, sich nicht genannt hat, so darf man doch voraussetzen, daß er ein geborener Irländer ist oder lang in Irland gelebt hat. Er zeigt genaue Kenntnis von Örtlichkeiten, Sitten und Denkweise und ist vertraut mit eigentümlichen Ausdrücken, Gleichnissen, sprichwörtlichen Reden und andern Kleinigkeiten dieser Art, die nicht wenig dazu beitragen, seine Darstellung zu beleben und in der Ferne oder aus einem Buch sich nicht erlernen lassen. Daher bedarf es kaum der Versicherung, welche er in ein paar als Einleitung vorangehenden Zeilen gibt, daß er alles aus dem Munde des Volks und in dem Stil, in welchem es gewöhnlich vorgetragen werde, aufgenommen habe. Abgesehen von dem eigentlichen Inhalt verleiht diese Treue und Wahrheit der Ausführung seiner Sammlung noch einen besonderen Wert, denn sie gewahrt eine Reihe kleiner, mit richtigen Farben und in allen Nebendingen sorgfältig ausgemalter Bilder, die als irische Idyllen gelten könnten. Man muß nachsichtig urteilen, wenn manchmal etwas zu viel sollte getan sein; dieser Fehler des zu sorgsamen Ausmalens, der immer nützlich und wobei Fleiß und Bestreben an sich achtungswert ist, erklärt sich am natürlichsten aus dem Einfluß, den Walter Scotts Darstellungsart gegenwärtig in England ausübt, welche ihrer Natur zufolge bei Nachahmern, selbst bei talentvollen, leicht die rechte und feine Linie überschreiten kann. Wer noch Sinn hat für schuldlose und einfache Poesie wird sich von diesen Märchen angezogen fühlen, sie haben einen eigentümlichen Beigeschmack, der nicht ohne Reiz ist, und kommen aus einem Lande, an das wir gewöhnlich nur in wenigen und gerade nicht erfreulichen Beziehungen erinnert werden. Gleichwohl wird es von einem Volke bewohnt, dessen Altertum und frühe Bildung die Geschichte bezeugt und das, wie es zum Teil noch in der eigenen Sprache redet, auch lebendige Spuren seiner Vorzeit wird aufzuweisen haben, wovon der hier dargestellte Glaube an überirdische Wesen vielleicht eins der besten Beispiele abgibt.

Den einzelnen Erzählungen unmittelbar zugefügte Anmerkungen des Sammlers sind nach englischer Sitte so weitläufig als möglich und oft gar nicht auf die Sache, sondern einen nebenbei erwähnten, unwesentlichen Umstand gerichtet. Nichts was zur Erläuterung der Überlieferung selbst diente, ist von uns ausgelassen, wohl aber was ungehörig schien, darunter auch manche gerade nicht glückliche allgemeine Sprachbemerkung oder etymologische Ausführung. Von uns herrührende Zusätze sind jedesmal mit einem Stern bezeichnet worden. Einiges wenige, was sich auf das Wesen der Elfen bezog, haben wir für die einleitende Abhandlung verwendet, die wir hinzuzufügen für zweckmäßig hielten.

Kassel, 10. Juli 1823

VI. Wohnung

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1. Die Lichtelfen wohnen nach der Edda bei dem Sonnengott Freir, die schwarzen aber in der Erde und in Steinen. Die heutigen Sagen weisen ihnen sämtlich ein ausgedehntes Reich in Bergen, wilden und unzugänglichen Schluchten, Riesen-hügeln und Felsklüften an. Sie haben darin oftmals ordentliche Wohnungen, die mit Gold und Silber angefüllt sind, und sehr prächtig werden die schottischen Shians beschrieben, dem Frau Venusberg der deutschen Sage (Nr. 170.) ähnlich. In Schweden glaubt man, sie säßen in kleinen, zirkelrund ausgehöhlten Steinen, die man Elfenmühlen (alfquarnar) heißt, dergleichen elfmills auch die schottische Sage kennt und womit die isländ. âlfavakir, kleine Höhlen in dem Eis, übereinkommen. Wolfram redet im Wilhelm dem heiligen S. 26b von Bergen: daz den wilden getwergen wäre ze stîgenne dà genuoc. Hug von Langenstein in der heil. Martina f. 128d: sie loufent ûf die berge


als die wilden twerge.

von wilden getwergen hân ich gehoeret sagen


sie sin in holn bergen.

ich gibe wol swem mich lustet silber oder golt


ich mahte einen man wol rîche, dem ich wäre holt.

unde hâst dû ûf der erden des landes alsò vil,


sô hân ich darunder klâres goldes swaz ich wil.

VII. Sprache

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1. Die Edda schreibt den Elfen eine eigene von der der Götter, Menschen und Riesen verschiedene Sprache zu, deren Ausdrücke für die größten Naturerscheinungen im Alvîsmâl aufgezeichnet werden. Ungefähr wie Homer an mehreren Stellen zwischen göttlichen und menschlichen Benennungen unterscheidet. Bemerkenswert ist, daß das Echo in dem nordischen Volksglauben Dvergmâl oder Bergmal, d. h. Zwerg-oder Bergsprache genannt wird (Vgl. Biörn Haldorson I. 73a und Färöiske Qväder. Randers 1822. S. 464. 468.) – In Wales haben die Unterirdischen eine eigene, ganz verschiedene Sprache, von der ein Mensch, der bei ihnen gewesen war, einige Worte gelernt hatte.

2. Die Elfen reden ganz leise. Auf Mau hörte Waldron ein Wispern, das nur von ihnen herrühren konnte. Auch in Schweden ist ihre Stimme leise, wie die Luft. Hinzelmann (Deutsche Sagen I. S. 104. 111. 113.) hatte die feine Stimme eines zarten Knaben.

3. Dagegen der häßliche, verschrumpfte Elfe in der irischen Sage (“Die Flasche”) spricht mit einem schnarrenden und schneidenden Ton, der den Menschen erschreckt. Als Wechselbalg spricht er gar nicht, heult und schreit aber zum Entsetzen und wird er genötigt, so klingt seine Stimme wie die eines uralten Mannes (“Der Wechselbalg”).

4. Verschiedene Waldgeister schreien laut und brüllen. Der serbischen Vile wird die Stimme des Spechts zugeschrieben.

VIII. Nahrung

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Die Elfen bedürfen einiger zarter Nahrung; erst wenn sie in nähere Verbindung mit den Menschen treten, scheint Verlangen nach gröberer Speise zu entstehen. In Irland schlürfen sie Tautropfen ein; sonst scheint süße Milch ihre eigentümliche Nahrung zu sein. Nicht selten wird ihnen nach den deutschen Sagen (Nr. 38. 45. 75. 273. 298.) eine Schüssel voll hingesetzt; und in Wales herrscht gleiche Sitte. Einem Berggeist in der französischen Schweiz ward jeden Abend ein Napf voll süßer, frischer Nidle (Rahm) auf das Dach des Viehschoppens gestellt und allzeit von ihm geleert (Alpenrosen für 1824. S. 74.). Sie genießen auch wohl Krumen von Käse oder Weißbrot. In Preußen wurde ihnen sonst Brot und Bier Nachts hingesetzt und dann die Türe verschlossen; man war erfreut, wenn man am andern Morgen fand, daß sie davon gegessen hatten. Ausdrücklich wird gesagt (Deutsche S. Nr. 67.), daß bei den Nixen die Speise ungesalzen sei. –

Walter Scott (Minstrelsy II. 163.) bemerkt, daß auf der Spitze des Minchmuir, eines Berges in Peeblesshire, eine Quelle sei, welche die Käsequelle genannt werde, weil vordem jeder Vorübergehende ein Stückchen Käse hineingeworfen habe, als Opfer für die Elfen, denen sie geweiht gewesen. –

Seltsam ist, daß nach Grant Stewart (S. 136.) in den schottischen Hochländern der Genuß des Käses als ein Mittel betrachtet wird, sich vor dem Einfluß der Elfen zu sichern. Er muß nämlich aus der Milch einer Kuh gemacht sein, welche ein gewisses Kraut gefressen hat, das gälisch Mohan heißt und auf Gipfeln oder Abhängen hoher Berge gesammelt wird, wo noch kein vierfüßiges Tier Nahrung gesucht oder hingetreten hat.

IX. Lebensweise

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1. Die Elfen leben in großen Genossenschaften, manchmal frei, manchmal unter einem Oberhaupt. In den schottischen Hochländern weiß man nichts von der Königin, deren wohl in Irland und England gedacht wird. In Wales haben sie einen König, der von einem Hof umgeben ist; auch in Schweden (Schwed. Lieder III. 158. 159.), wo sie die menschlichen Einrichtungen nachahmen. In Island ist das Verhältnis am meisten ausgebildet. Dort ist der unterirdische Staat dem menschlichen fast ganz ähnlich. Ein Elfenkönig wohnt in Norwegen und dahin reist der Statthalter nebst einigen Untertanen alle zwei Jahre, Bericht abzustatten; dann wird Recht gesprochen und gehandhabt. In deutschen Gedichten des Mittelalters erscheinen Zwergenkönige, die mächtig in ausgedehnten Reichen herrschen. Elberich trägt eine Krone (Otnit Str. III.) und ist König über große, unterirdische Reiche, er sagt zum Otnit (Str. 173):

ich hàn eigens landes mê dan dîner drì.

Kirschbaum, Kirschbaum,


heb die Äste oben,

unter dir die Vilen

führen Zaubertänze;

Radischa vor ihnen

schwingt Thau mit der Geisel

führt zwei Vilen,

redet zu der dritten.

X. Geheime Kräfte und Kunstfertigkeiten

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1. Schon aus dem Besitz der Nebelkappe ergibt sich, daß die Elfen nach Gefallen verschwinden und sich unsichtbar machen können. Dieser Glaube herrscht überall, wir wollen daher bloß einige Zeugnisse aus älterer Zeit anführen. Elberich macht sich dem Otnit, obgleich von keiner Tarnkappe in diesem Gedicht die Rede ist, vielleicht weil er eine Krone trägt, unsichtbar, wie er will, und Otnit selbst hat ihn nur kraft eines Ringes erblickt. Niemand kann ihn greifen:


Str. 298.

wie sol man gevâhen daz nieman ensihet?

sie sluoc unde roufte sich diu maget minneclich,


dô huop ir die hende der kleine Elberich;

ir minnecliche hende er in die sînen gevie.

diu tohter sprach zuo der muoter: »wir sin niht einec hie

mich hat einez bevangen.«

Dô huop sich der kleine wider in den berc


dô nam er ûz der essen daz herliche werc.

XI. Charakter

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Sinnesart und Neigungen der Elfen zeigen eine eigentümliche Mischung von gut und böse, List und Aufrichtigkeit, die sich vollkommen aus der Mischung zweier ursprünglich entgegengesetzter Eigenschaften erklärt. So entschieden sie auch manchmal nach einer von beiden Richtungen hingetrieben werden und sich edel und hilfreich oder im höchsten Grad boshaft betragen, so halten sie sich doch im ganzen so bestimmt in einer zweifelhaften Mitte, daß man diese als das charakteristische ihrer Natur angeben muß.

1. Sie necken gerne, höhnen und spotten die Menschen, ohne ihnen eigentlichen Schaden damit tun zu wollen und eine gewisse Gutmütigkeit bricht neben dieser Neigung hervor. Der Hausgeist in der Deutschen Sage (Nr. 75.) hatte seine größte Freude daran, die Leute aneinander zu hetzen, trug aber vorher alle tödlichen Waffen fort, damit sie sich kein Leid antun konnten. Sonst narrte und neckte er die Leute, wo er konnte, hatte seine Kurzweil mit einem Narren und machte Spottlieder auf die, welche in seine Falle gegangen waren. Elberich zeigt dieselbe Natur: Otnit Str. 451: er wolde die heiden irren, Elberich was kluoc,


der beiden abgöte er in die burc truoc

dâ mite wolt’ er sie effen unde trîben sînen spot.

XII. Verhältnis zu den Menschen

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1. Die Unterirdischen lieben ein verborgenes, heimliches Leben, können Lärm und Geräusch nicht vertragen und heißen in dieser Beziehung das stille Volk. »Daheim soll man nicht die Ruhe nehmen (stören)!« sagt ein eddischer Zwerg (Alvîsmâl I.). Bei Tag halten sie sich ruhig, erst wenn die Menschen schlafen, in der Nacht, werden sie tätig und munter. Sie haben es ungern, wenn ein menschliches Auge sie erblickt; begehen sie ein Fest, feiern sie eine Hochzeit, so vergönnen sie wohl dem Hausherrn zuzusehen, (Deutsche S. Nr. 31.), aber wenn ein anderes Auge nur durch die kleinste Öffnung neugierig schaut, entfliehen sie plötzlich und ihre Lust ist gestört. In Tipperary entfernen sie sich, wenn Menschen sich ihren alten Tanzplätzen nahen und das Gebrüll der Herden klingt ihren Ohren unerträglich. Kommt ein Geistlicher des Wegs (“Die Mahlzeit des Geistlichen”), so verstecken sie sich eilig. Die erzgebirgischen Zwerge wurden durch Errichtung der Hämmer und Pochwerke (Deutsche S. Nr. 36.) verjagt, andere durch das Glockengeläut in nahgebauten Kirchen. Als ein Bauer im Wald Bäume fällt und Balken haut, verdrießt es den Berggeist, er ruft klagend: »Wer lärmt hier so stark?« »Ein Christ«, antwortet ihm sein Gesell, »ist gekommen, haut uns den Wald und unsere Schlupfwinkel weg und tut uns großes Leid an.« (Danske Viser I. 175. 176. 178.). Thiele (Danske Folkesagn I. 42. 43. 122. 174. 175.) hat ähnliche Sagen gesammelt, nach welchen die Trolde vor dem Glockengeläut das Land verlassen oder an einzelnen Orten wegbleiben. Eine Stelle im Angelsächsischen Gedicht von Beovulf zeigt das hohe Alter dieser Überlieferungen, der König hatte eine Burg unfern dem Aufenthalt des Geistes Grendel bauen lassen, fröhlich hausten darin die Helden, aber (S. 9.)

se ellengäst earfodlîce


thrage getholode, se the in thystrum bâd,

thät he dôgora gehvam dreám gehyrde

hlûdne in healle; thär väs hearpan svêg

svutol sang scôpes.

but now can no man see non elves mo;


for now the grete charitee and prayerers

of limitoures (Bettelmönchen) and other holy freres,

that serchen every land and every streme,

as thicke as motes in the sonne beme,

blissing halles, chambres, kichenes and boures,

citees and burghes, castles highe and toures,

thorpes and bernes, shepenes and dairies,

this maketh, that ther ben no fairies.

For ther as wont to walken was an elf,

ther walketh now the limitour himself

in undermeles and in morweninges,

and sayth his matines and his holy thinges,

as he goth in his limitatioun.

Women may now go safely up and doun

in every bush, and under every tree,

ther is non other incubus but he,

and he ne will don hem no dishonour.

Goblinus Persona, der gegen das Ende des 15ten Jahrh. bis in das 16te hinein lebte, erzählte von dem König Goldemer, einem Hausgeist, der sich drei Jahre bei einem Neveling von Hardenberg aufhielt, alle Eigentümlichkeiten eines solchen zeigte und wahrscheinlich derselbe Goldemar ist, dessen im Reinfried von Braunschweig f. 194e wo er »daz riche keiserliche getwerc« genannt wird, und im Anhang vom Heldenbuch Erwähnung geschieht. (Vgl. Altdeutsche Wälder 1.297.298.)

XIII. Feindliche Gesinnung

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Die Elfen zeigten sich bei aller Lust zu Neckereien als gutgesinnte Wesen, den Menschen geneigt und wenn auch manchmal in die Stille sich zurückziehend, doch im ganzen gern mit ihnen verkehrend. Völlig entgegengesetzt ist eine andere Ansicht, wovon gleichwohl die Sagen aller Völker durchdrungen sind und welche die feindlichste Stellung der Elfen gegen die Menschen behauptet.

1. Schon ihr bloßer Anblick töte, glaubt man in Wales, oder sei im höchsten Grad gefährlich. Krankheit, heftiges Fieber, Verlust des Verstandes erfolgt daraus nach Thomas Bourkes Bekenntnissen (s. “Die Bekenntisse des Thomas Bourke”). Ein Jüngling erblickte einen braunen Zwerg, fiel in eine langwierige Krankheit und starb in Jahresfrist (Walter Scott Lady of the Lake, p. 386.). Überall wird geraten, sich zu entfernen oder nicht aufzublicken, wenn der nächtliche Zug der Elfen kommt. Wer durch ein Astloch nach den Elfen sieht, verliert das Auge. Eine Wehmutter erzählt, was sie im Berg bei den Unterirdischen gesehen hat und erblindet (Thiele I. 36.).

2. Sie haben ein Geschoß, einen Pfeil, wodurch Menschen und Tiere unfehlbar getötet werden; die bloße Berührung reicht schon hin (s. die schottischen Sagen). Die Elfenjungfrauen drohen dem Olof mit Krankheit und geben ihm einen Schlag zwischen die Schultern, und am andern Morgen liegt er tot auf der Bahre (Danske Viser I. 238. Schwed. Lieder III. 163.). Ein Jüngling auf der Insel Man entzog sich den Liebkosungen einer Nixe und erzürnt warf sie nach ihm; ob er sich gleich nur leicht vom Kiesel getroffen fühlte, so empfand er doch von dem Augenblick eine qualvolle Angst und starb nach sieben Tagen. Elberich übt noch die gewohnte Rache; als Otnit ihn berührt und forttragen will, heißt es:

Str. 108:

im wart zuo dem herzen ein grôzer slac getân.

XIV. Alte Zeugnisse

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Ein hohes Alter des Elfenwesens ergibt sich aus dem frühen Dasein verschiedener dabei vorkommender Benennungen, welche wir an den passenden Orten nachgewiesen haben. Aber es fehlt auch nicht an (bisher noch von niemand aufgesuchten) Zeugnissen, die sich auf den Inhalt der Sagen selbst beziehen und insoweit ein noch größeres Gewicht haben, als ihre Beweiskraft mehr in die Sinne fällt. Zwar hätten sie sich gleichfalls einfügen lassen, doch schien es teils vorteilhafter, sie der Reihe nach zu übersehen, teils war es nicht gut möglich, sie anders als hier, vorzüglich nachdem das Wesen des Hausgeistes dargestellt ist, vollständig zu erläutern.

1. Cassianus (im 5ten Jahrh. Geistlicher zu Marseille) collationes patrum VII. c. 32.

Nonnullos (immundos spiritus), quos faunos vulgus appellat, ita seductores et joculatores esse manifestum est, ut certa quaeque loca seu vias jugiter obsidentes nequaquam tormentis eorum, quos praetereuntes potuerint decipere, delectentur, sed derisu tantummodo et illusione contenti fatigare eos potius studeant, quam nocere; quosdam solummodo innocuis incubationibus hominum pernoctare.

Er beschreibt die Kleinen, welche das Volk Waldgeister nennt, die sich an Spielen vergnügen und die Menschen anlocken. Sie haben ihre Lieblingsplätze, wollen den Vorübergehenden nicht schaden, nur sie necken und auslachen, wie alles die Elfen zu treiben gewohnt sind. Zuletzt gedenkt er des Alps, der nächtlich die Menschen drückt.

2. Isidorus hispal. (Anfang des 7ten Jahrh.) Etym. Lib. VIII. c. ult.

Pilosi, qui graece panitae, latine incubi appellantur – hos daemones Galli Dusios nuncupant. Quem autem vulgo Incubonem vocant, hunc Romani Faunum dicunt.

Die pilosi sind die haarigen Erdelfen, wie der schottische Brownie noch jetzt zottig und im Wolfdieterich die rauche Els ausdrücklich dargestellt wird. Der gallische Name Dusii findet sich schon ein paar Jahrhunderte früher bei dem heil. Augustin de civ. Dei c. 23. daemones, quos Dusios Galli nuncupant, von dem vielleicht Isidor diese Bemerkung entlehnt hat, so wie aus einem von beiden nachher Hincmar de divortio Lotharii p. 654. und Gervasius I. 989. Sämtlich führen sie an, daß Frauen unerlaubten Umgang mit diesen Geistern gepflogen hätten. Die Erklärung von Incubo durch Faunus, welche gleichfalls aus dem Augustin genommen ist, zeigt, wie wir Faunus in der Stelle bei Cassian verstehen müssen; vgl. incubo in der oben angeführten Stelle des Petronius.

3. Eine Stelle bei Dücange (v. aquaticus) aus dem cod. reg. 5600, welcher um das Jahr 800 geschrieben ist:

Sunt aliqui rustici homines, qui credunt aliquas mulieres, quod vulgum dicitur, strias esse debeant et ad infantes vel pecora nocere possint, vel dusiolus vel aquaticus vel geniscus esse debeat.

Die Dusii werden also auch als kleine Geister gedacht und es bestätigt sich durch den Gegensatz zu den andern angeführten, daß sie Wald-oder Hausgeister sind, denn unter aquaticus wird ohne Zweifel ein Nix, unter geniscus aber (von genius, Alp) ein eigentlicher Elfe oder Lichtgeist verstanden; beide Worte enthalten wörtliche Übersetzungen. (Hincmarus remensis, opp. Paris 1645. T. I. p. 654. nennt lamiae, sive geniciales feminae). Sie schaden den Kindern, indem sie Wechselbälge an ihre Stelle legen und daß sie das auch bei den Tieren tun, sagt die schottische Sage ausdrücklich.

4. Monachus Sangallens. (starb 885.) de Carolo M. (Bouquet V. p. 116.).

Daemon, qui dicitur larva, cui curae est ludicris hominum illusionibus vacare, fecit consuetudinem ad cujusdam fabri ferrarii domum (in Francia quae dicitur antiqua) venire et per noctes malleis et incudibus ludere. Cumque pater ille familias signo salutiferae crucis se suaque munire conaretur, respondit pilosus: »mi compater, si non impedieris me in officina tua jocari, appone hic potiunculam tuam et quotidie plenam invenies illam. Tum miser ille plus penuriam metuens corporalem, quam aeternam animae perditionem, fecit juxta suasionem adversarii. Qui adsumpto praegrandi flascone cellarium bromii vel ditis illius (eines habsüchtigen Erzbischofs) irrumpens, rapina perpetrata, reliqua in pavimentum fluere permisit. Cumque jam tali modo plurimae cubae exinanitae fuissent, animadvertens episcopus quia daemonum fraude periissent, benedicta aqua cellam adspersit et invecto crucis signaculo tutavit. Nocte autem facta furis antiqui callidus satelles cum vasculo suo venit et cum vinaria vasa propter impressionem sanctae crucis non anderet attingere, nec tamen ei liceret exire, in humana specie repertus et a custode domus alligatus, pro fure ad supplicium productus et ad palum caesus, inter caedendum hoc solum proclamavit: »vae mihi! vae mihi! quia potiunculam compatris mei perdidi!«

Deutlich wird hier der Hausgeist beschrieben und die ganze leicht tausendjährige Sage ist so sehr in dem Geist der noch heute umgehenden, daß man glauben könnte, sie sei daraus entnommen. Man nennt ihn larva, das heißt, Wicht, Schrat, wie die oben angeführten alten Glossen übersetzen; dann auch wie bei Isidor: Pilosus; er zeigt gleich den Wichtlein menschliche Gestalt. Er kommt nachts, und hat sein Spiel mit den Werkzeugen des Schmieds, so wie der Cluricaun klopft und man die Unterirdischen nächtlich hämmern hört. Er ist ihm dafür gewogen, macht ein Geschenk mit einer nie versiegenden Weinkanne, um nach Art des Kobolds für den Vorteil des Hauses zu sorgen. Er macht sich kein Gewissen daraus den Wein anderwärts zu stehlen, wie der irische Cluricaun nächtlich in die angefüllten Keller schlüpft, und um nach seiner Art Gerechtigkeit zu üben und den Geizigen zu bestrafen, läßt er den Wein aus den Fässern fließen.

5. Odericus Vidalis (geb. in England im Jahr 1075, lebte in der Normandie) hist. eccl. V. p. 556.

Deinde Taurinus fanum Dianae intravit Zabulonque coram popub visibilem adstare coegit, quo viso ethnica plebs valde timuit. Nam manifeste apparuit eis aethiops niger et fuligo, barbam habens prolixam et scintillas igneas ex ore mittens. Deinde angelus Dei splendidus ut sol advenit cunctisque cernentibus ligatis a dorso manibus daemonem adduxit. Daemon adhuc in eadem urbe degit et in variis frequenter formis apparens, neminem laedit. Hunc vulgus Gobelinum appellat et per merita S. Taurini ab humana laesione coercitum usque hoc affirmat.

6. Poenitentiale in einer Wiener Handschr. aus dem 12ten Jahrh. (Cod. univ. 633.); wahrscheinlich ist das Werk älter.

fol. 12. Fecisti pueriles arcus parvulos et puerorum sutularia et projecisti eos in cellarium sive in horreum ut satyri vel pilosi cum eis ibi jocarentur et tibi aliorum bona comportarent et inde ditior fieres.

Den Hauswichtlein werden, da sie klein sind, Kinderspielsachen, in den Keller oder die Scheune, ihren gewöhnlichen Aufenthaltsort, hingelegt: ein Bogen, um kleine Pfeile auf die Menschen abzuschießen und sie damit, wie sonst mit Steinchen zu necken, denn der gefährliche Elfenpfeil der schottischen Sage hat gewiß sein Gegenstück in einem unschädlichen. Ein paar Kinderschuhe, das sind die sutularia (bei Notker, Capella 16. 37. suftelâre, petasus, subtalare, was man unter den Fuß bindet, sie wurden nur bei Nacht und im Sommer getragen, s. Dü Cange), denn die Wichte lieben Kleidungsstücke über alles. Das tut der Hausherr, damit der listige Kobold andern heimlich etwas (meist Nahrungsmittel) stehle und es ihm bringe, denn wo er haust, da ist Zufluß von allen Dingen.

7. Radevicus (im 12ten Jahrh.) de gestis Frid. I. L. II. c. 13. bemerkt die Vorzeichen, ehe die Kirche zu Freisingen abbrannte, darunter:

Pilosi, quos Satyros vocant, in domibus plerumque auditi.

Man hört nämlich die Kobolde in den Häusern klopfen und pochen, als Warnung, wie die Wichte dem Bergmann den Tod anklopfen (Deutsche Sagen Nr. 47.) und die Hausgeister Unglück voraus verkündigen.

8. Hieran schließen sich die in den vorigen Abschnitten angeführten Stellen aus dem Gervasius Tilburensis, dessen Otia imperialia in das 13te Jahrh. gehören, worin der Glaube von dem Brownie, Wechselbalg und Nachtmahr übereinstimmend mit den heutigen Sagen dargestellt wird.

9. Endlich führen wir ein Märchen von einem Hausgeist an, das in einem Heidelberger Codex (Nr.341. f. 371. 372.) sich befindet und dessen mit der heutigen Sage völlig übereinstimmender Inhalt ebenso merkwürdig, als seine Darstellung artig ist. Die Handschrift gehört in das 14te Jahrhundert, das Gedicht selbst aller Wahrscheinlichkeit nach ist älter und noch in dem 13ten Jahrhundert abgefaßt. Was die Quelle dieser Erzählung betrifft, so scheint am natürlichsten anzunehmen, daß ein Deutscher im Norden die Sage gehört, oder ein reisender Norwege sie in Deutschland erzählt habe.

Der König von Norwegen will dem König von Dänemark einen zahmen, weißen Bären zum Geschenk machen. Der Normann, der ihn dahin führt, kehrt unterwegs in einem Dorfe ein und bittet einen Dänen um Nachtherberge. Dieser schlägt es nicht ab, klagt aber dem Fremden, daß er seines Hauses und Hofes nicht Herr sei, weil ihn ein Geist darin quäle:

mit niht’ ich daz ervarn kann


swaz creatiuren ez sî.

sìn hant ist swär’ alsam ein blî:

wen ez erreichet mit dem slage –

ez slät in, daz er vellet nider.

sîn gestalt unt sînin gelider

diu moht ich leider nie gesehen,

wan daz ich des vürwâr muoz jehen

unde sage ez iu ze wunder,

daz ich gevriesch nie kunder

sô stark noch sô gelenke:

tische, stuele unde benke

die sint im ringe alsam ein bal;

ez wirfet ûf unde ze tal

die schüzzeln unde die töpfe gar,

ez rumpelt stäte vür sich dar,

ovenbrete unt ovensteine,

körbe, kisten algemeine,

die wirfet ez hin unde her.

ez gêt ot allez daz entwer

waz ist in dem hove mîn.

dô nû der guote man gelac


unde slâfes nâch der muede pslac

unt ouch der muede ber entslief,

hoeret, wie ein schretel dort her lief,

daz was kûme drîer spannen lanc,

gein dem viure ez vaste spranc.

ez was gar eislich getàn,

unde hät ein rôtez keppel an.

daz ir die wàrheit wizzet,

ez hät ein vleisch gespizzet

an einen spiz îsenîn,

den truoc ez in der hende sin.

daz schretel ungehiure

sich sazte zuo dem viure

unde briet sîn vleisch durch lîpnar,

unz ez des bern wart gewar

ez dâhte in sìnem sinne:

waz tuot diz kunder hinne?

ez ist so griulîche getân!

unde sol ez bî dir hie bestân,

dû muost sin lîhte schaden nemen;

nein, blîbens darf ez niht gezemen.

ich hân die andern gar verjaget,

unde bin ouch noch niht sô verzaget,

ez muoz mir rûmen diz gemach.

nîtlich’ ez ûf den bern sach,

ez sach ot dar unt allez dar,

zelest erwac ez sich sin gar

unde gap dem bern einen slac

mit dem spizze ûf den nac.

er rampf sich unde grein ez an,

daz schretel spranc von im hindan

unde briet sin vleischel vürbaz,

unz daz ez wart von smalze naz,

dem bern ez aber einez sluoc,

der ber im aber daz vertruoc,

ez briet sin vleisc vür sich dar

unz daz ez rehte wart gewar,

daz nû der brâte sûsete,

unt in der hitze brûsete,

den spiz ez mit dem brâten zôch

vaste ûf über daz houbet hôch,

daz boese tuster (oder custer?) ungeslaht

sluoc ûz aller sîner maht

den mueden bern über daz mûl.

nû was der ber doch niht sô vûl,

er vuor ûf unde lief ez an.

nû bîzâ bîz, nû limmâ lim!


nû kratzâ kraz, nû krimmâ krim!

sie bizzen unde lummen,

sie krazten unde krummen.

ze acker er damite gienc,


er mente sîn ohsen, hin treip er,

nû lief daz schretel dorther

unde trat ob im ûf einen stein,

mit bluote wâren sîniu bein

berunnen ûf unt ze tal,

sîn lîbel daz was überal

zekratzet unde zebizzen,

zezerret unde zerrizzen

was sîn kepel daz ez truoc.

ez rief eislîch’ unt lûte genuoc

unde sprach dem bûmanne zuo,

ez rief wol drîstunt: »hörest dûz dû?

hörest dûz dû? hörest dûz iedoch?

lebet dîn grôze katze noch?«

er luoget ûf unde sach ez an,

sus antwurt’ im der bûman:

»jâ, jâ, min grôze katze,

dir ze trutze unt ze tratze

lebet sie, dû bösez wihtel, noch:

sam mir daz öhsel unde daz joch!

vümf jungen sie mir hînt gewan,

die sint schoene unde wolgetân

lancsîtic, wîz unde herlich,

der alten katzen alle gelich.«

»vümf jungen?« sprach daz schretelin.

»ja, sprach er, ûf die triuwe mîn,

louf hin unde schöuwe sie,

dû ne gesaehe sô schöner katzen nie,

besich doch, ob ez wâr sî.«

»pfì dich! sprach daz schretel, pfì!

sol ich sie schouwen, wê mir wart,

nein, nein, ich kom niht ûf die vart,

sint ir nû sehse worden,

sie begunden mich ermorden.

diu eine tät mir ê sô wê,

in dînen hof ich niemer mê

kom, die wîle ich hân mîn leben.«

diu rede kam dem bûman eben,

daz schretel sâ vor im verswant,

der bûman kêrte heim zehant,

in sînen hof zôch er sich wider

unde was dâ mit gemache sider,

er unde sîn wîp unt siniu kint,

diu lebeten dâ mit vröuden sint.

XV. Elfische Tiere

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Auf den Färöer glaubt man, daß große und fette Kühe und Schafe der Elfen unsichtbar unter dem übrigen Vieh weiden und daß manchmal ein Stück davon, oder einer ihrer Hunde, gesehen werde. Derselbe Glaube herrscht auf Island, man hält ihre Herden nicht für zahlreich, aber für sehr fruchtbar, sie zeigen sich nur, wenn es ihnen gefällt. In Norwegen treiben die Huldre Vieh vor sich her, das blau ist, wie sie selbst. Auch in Deutschland erzählt man von einer elfischen blauen Kuh, die voraus wußte, wenn Feinde sich näherten und den Menschen sichere Zufluchtsorte zeigte (Strack Beschr. von Eilsen. S. 7.). In Schweden treibt die Meerfrau schneeweißes Vieh auf Inseln und auf den Strand, da zu weiden (Schwed. Volksl. III. 148.) und die Elfenjungfrauen versprechen in einem Lied (das. III. 171. u. 173.) zwölf weiße Stiere.

Ausführlich ist die schottische Sage von dem Elfstier, gleichwohl schon sehr alt, denn bereits im Anfang des dreizehnten Jahrhunderts muß sie in Island bekannt gewesen sein, wie aus der, in jene Zeit fallende Eyrbyggia-Saga (Cap. 63.) erhellt. Eine Kuh kam abhanden, man wollte sie auf der Weide mit einem Stier, der die Farbe eines Grauschimmels hatte (apalgrâr) und der offenbar dem mäusefarbigen Stier der schottischen Sage entspricht, gesehen haben. Im Winter findet sie sich auf einmal wieder vor dem Stall ein, ist trächtig und wirft gegen den Sommer ein Stierkalb, das so groß ist, daß sie beim Kalben umkommt. Eine alte blinde Frau, die in ihrer Jugend hellsehend gewesen war, ruft, als sie das Kalb brüllen hört:

»Das ist das Gebrüll eines Elfen und nicht eines lebendigen Wesens, ihr werdet wohl tun, es sogleich zu töten!«

Sie wiederholt ihren Ausspruch, dem aber wegen der Schönheit des Tiers nicht Folge geleistet wird. Es wächst gewaltig heran, brüllt zum Entsetzen und durchbohrt mit den Hörnern im vierten Jahr seinen eigenen Herrn.

Auch in Deutschland scheint der Elfstier nicht unbekannt gewesen zu sein. Im Simplicissimus (Buch V. Cap. 10.) wird erzählt, daß aus dem Mummelsee, (d.h. dem See der Wassernixen, denn sie heißen auch Muhmen, Mummeln, so wie die Landelfinnen Roggenmuhmen vgl. Nr. 89.) als Hirten ihr Vieh dabei gehütet, ein brauner Stier herausgestiegen sei und sich zu dem andern Vieh gesellt habe; doch ein Wassernixe sei ihm sogleich nachgefolgt, um ihn wieder zurückzutreiben, dem er aber nicht gehorchen wollen, bis ihm dieser gewünscht, es solle ihm sonst aller Menschen Leid ankommen, worauf beide sich wieder in den See begeben hätten. Man muß hiermit die irische Sage von der Kuh mit den sieben Färsen und die Schweizersage von dem gespenstischen Tier, das die Alpen verheerte und nur durch einen besonders dazu auferzogenen Stier gebändigt werden konnte (Deutsche Sagen Num. 142.), vergleichen.