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Martin Meyer-Pyritz

Der Feuerwehrmann

Droste Verlag

Vorwort

Das vorliegende Buch schildert die Realität, den harten, oft gefährlichen und ergreifenden Alltag der Düsseldorfer Feuerwehr. Alle in diesem Buch genannten Einsatzkräfte gibt es wirklich. Es sind jene Männer und Frauen, die tagtäglich zum Schutze der Bevölkerung ihr Bestes geben. Ihre Namen stehen stellvertretend für alle Feuerwehrmänner und -frauen der Berufsfeuerwehr Düsseldorf. Und genau wie mein Name nur stellvertretend steht für sie alle, so ist auch der Name der Stadt austauschbar. Denn überall in Deutschland – von Flensburg bis Passau, von Aachen bis Chemnitz – stehen die Männer und Frauen im blauen Rock und

retten – schützen – löschen – bergen,

so wie ich es in meinem Buch beschreibe. Dabei kommt es nicht darauf an, ob wir einer Freiwilligen Feuerwehr, einer Werksfeuerwehr oder einer Berufsfeuerwehr angehören – die Leistung, der Mut und der Idealismus dieser Männer und Frauen ist überall gleich!

In der heutigen Zeit, in welcher der Rotstift des Sparens auch vor der Feuerwehr nicht Halt macht und wir ständig unterbesetzt arbeiten müssen, benötigen wir fortschrittliche, kluge und weitsichtige Männer an unserer Spitze. Männer, die nicht nur hierarchisch über ihrer Mannschaft, sondern auch voll hinter ihr stehen. In Düsseldorf ist dies unser Leitender Branddirektor Armin Harbort. In meiner Heimatstadt Ratingen ist es der Stadtbrandmeister Helmut Gansen. Ihre Namen stehen stellvertretend für etwa zwei Millionen Feuerwehrmänner und -frauen in Deutschland. Sie alle sind Garanten dafür, dass wir in Sicherheit leben können, denn jeder von uns hat einen Eid abgelegt, notfalls sein eigenes Leben einzusetzen, um das Leben anderer zu retten.

Sämtliche Einsätze wurden aus datenschutzrechtlichen Gründen verfremdet.

Martin Meyer-Pyritz

Hitzewelle

Eigentlich trinke ich nicht gerne Kaffee, aber nun stand dieser dickwandige Porzellanbecher doch vor mir und ich legte die frierenden Hände fest an seine wärmende Glasur. Ich war müde. Meine Augen waren trocken, stark gerötet und brannten noch von dem Qualm und der Hitze des Brandes, der uns bis vor knapp dreißig Minuten beschäftigt hatte.

Verdammt – es war nichts Besonderes gewesen, nur einer dieser viel zu oft angezündeten Müllcontainer, was wieder irgendeinem Menschen ein fragwürdiges Vergnügen bereitet hatte. In dieser Nacht war es schon der dritte und bereits der Tag hatte uns genug Arbeit beschert.

Wir, acht Mann, saßen abgeschlagen und still in der Küche der Feuerwache 6, zu müde zum Reden. Der nahe Morgen kündigte sich schon mit der Dämmerung an. Es lohnte nicht mehr, sich erneut hinzulegen, ab 7:00 Uhr würden die Männer der dritten Wachtour eintreffen und uns nach und nach ablösen. Spätestens um 7:30 Uhr hatte dann jeder von uns die Wache verlassen und befand sich auf dem Weg nach Hause.

Mit grimmigem Gesicht sagte Achim: »Man müsste diesen Kerl mal zu fassen kriegen.«

Unser Chef erinnerte sich: »Ich weiß noch, wie es im Sommer ’64 in der Kartonfabrik gebrannt hat, dabei verbrannte eine junge Frau. Auf dem Gelände lief ein Mann mit ’nem Benzinkanister rum, der aussah, als hätte er Kontakt mit dem Feuer gehabt. Wir haben ihn ins Löschfahrzeug herein gezerrt und wenn der Chef damals nicht dazwischen gegangen wäre, ich glaube, wir hätten ihn grün und blau geschlagen. Aber das ist so lange her, das kennt ihr jungen Burschen ja nicht.« Stille – jeder hing wieder seinen eigenen Gedanken nach, zu hören war nur das behagliche Schlürfen von Kaffee.

»Wer geht mit unter die Dusche?«, fragte Jochen, stand auf und schob mit den Kniekehlen den Stuhl zurück.

»Okay, vielleicht werde ich dann wach«, sagte ich und mit zwei weiteren Kollegen, die sich auch etwas langsamer bewegten als gewöhnlich, verließen wir die Küche.

»Duscht nicht alle gleichzeitig! Ich will jeden Mann dabei haben, wenn noch was kommt, ist das klar?!«, rief uns der Chef hinterher, während wir eine Etage tiefer gingen. Natürlich war uns das klar. Wir mussten mit katastrophalem Personalmangel leben und da durfte keiner zurückbleiben. Mit etwas Pech kommt der Alarm genau dann, wenn man unter der Dusche steht, klitschnass zum Fahrzeug rennen muss und auch noch versucht, sich dabei anzuziehen. Da wird die Zeit verflixt knapp, denn egal ob Tag oder Nacht, spätestens eine Minute nach Beginn des Alarms muss der Löschzug die Feuerwache verlassen haben. Da zählt nur eine Entschuldigung, wenn man nicht dabei ist: du sitzt gerade auf der Toilette und schaffst es nicht mehr schnell genug. Dann sind die anderen abgefahren und du siehst ganz schön alt aus.

Herrlich erfrischend lief das warme Wasser über unsere eingeschäumte Haut und etwas Energie kehrte mit dem massierenden Brausestrahl zu uns zurück. Aber lange durften wir das Vergnügen nicht ausdehnen, alles ging zügig vonstatten. Ein langes Duschen bedeutete im wahrsten Sinne des Wortes ein Spiel mit dem Feuer. Die Schnellsten trockneten sich gerade ab, als wir das leise Knacken der Rundspruchanlage hörten. Jeder hörte dieses Geräusch, jeder in jedem Raum. Wir wussten sofort, was das bedeutete, schon bevor der Gong ertönte und die Leitstelle ihre Durchsage machte. Selbst nachts genügte oft dieses kurze Knacken und der Schlaf wich in Erwartung des folgenden Alarms. Ein doppelter »freundlich-melodischer« Gong erklang, es folgte die knappe präzise Durchsage des Leitstellenpersonals:

»Einsatz für den Notarzt FW 6, Koblenzer Str. XXX – Atemnot!« Mit einer gewissen Erleichterung grinsten wir uns an.

»Oh, der arme Doktor muss auch mal raus, das tut uns aber leid.« Ein klein wenig Sarkasmus war nicht zu verleugnen. Während wir noch spöttelten, erklang die Wiederholung der Leitstelle durch die Lautsprecher. Diesmal vom Telegraphisten unserer Wache, der sämtliche Alarme, die in der Hauptwache eingingen und von dort zu uns geschaltet wurden, ein zweites Mal durchrief:

»Einsatz für den Notarzt; Einsatz für den Notarzt!«

Im Schlafraum des Arztes sowie in dem daneben liegenden Raum, in dem die drei Rettungssanitäter ruhten, ging mit dem Alarm das Licht an. Gleichzeitig sprangen vier Männer in ihre Hosen und Schuhe, und während die zweite Durchsage ertönte, befanden sie sich schon auf der Treppe ins Erdgeschoss, wo in der großen Fahrzeughalle neben den bulligen Löschfahrzeugen auch der Notarztwagen steht. Im Vorbeieilen drückte der Telegraphist dem Teamführer die schriftliche Alarmierung in die Hand: Name, Straße, Hausnummer, Uhrzeit. Die Versorgungsleitung Strom wurde abgekoppelt, der Maschinist startete, kurzer Blick nach hinten. Der Doc war drin und der Teamführer meldete den Notarztwagen der Leitstelle unter Angabe der Einsatzstelle über Funk aus. Die Leitstelle bestätigte, damit etwaige Irrtümer, z. B. gleich lautende Straßennamen, ausgeschlossen wurden.

Der Straßenverkehr ruhte; dennoch: Blaulichter einschalten, Sirene an. Einige Menschen fühlen sich bestimmt im Schlaf gestört, waren ärgerlich, sauer auf die Feuerwehr. An diesem Morgen rettete das Notarztteam ein Kind vor dem Ersticken! Dann blieb es ruhig für den kurzen Rest der Nacht.

Meine Ablösung kam pünktlich. Ich zog mich um und ging zu dem kleinen Bahnhof in der Nähe der Feuerwehr. Bald darauf saß ich auf dem Weg nach Hause zwischen den vielen Menschen, die zur Arbeit fuhren, in der S-Bahn Richtung Hauptbahnhof. Es war schon ein Glücksfall, während des morgendlichen Stoßverkehrs einen Sitzplatz zu erhalten. Düsseldorf Hauptbahnhof – wie in vermutlich allen westlichen Großstädten leerte sich die Bahn merklich, und die Menschenströme bewegten sich über die Bahnsteige zu den breiten Rolltreppen. Die Zwischenstops waren nur kurz, und unter dem signalisierenden »Piep – piep – piep« schlossen sich die hydraulischen Türen. Der Zug rollte wieder an. Ich sah noch, wie ein gehetzter junger Mann den Türgriff zog und dann fluchend vor den Waggon trat. Es gab keine Verzögerungen, kein zusätzliches Anhalten, denn die heutige Zeit ist schnell, vielleicht etwas zu schnell. Obwohl die S-Bahn fürchterlich unpünktlich ist und Ausfälle zur Tagesordnung gehören, benutze ich sie dennoch regelmäßig. Meine Fahrt nach Hause dauerte nur ca. 35 Minuten, kein Umsteigen erschwerte den Weg, und ich wohne nahe am Bahnhof. Auch die Feuerwache ist nur wenige Schritte von der S-Bahn-Station entfernt und diese Annehmlichkeit, besonders im Winter und bei chaotischen Straßenverhältnissen mit verstopften Autobahnen und Städten, tröstete mich immer wieder über den relativ teuren Fahrpreis und die vielen Unpünktlichkeiten hinweg.

»Hösel!«, kündigte der Zugführer an, wobei ein Nichteingeweihter wohl kaum dieses geflüsterte, verstümmelte Wort verstehen würde.

Hösel war einst eine selbstständige Dorfgemeinde und wurde später im Zuge der großen Flurbereinigung eingemeindeter Stadtteil Ratingens. Ungeachtet dessen ein nobler Villenvorort mit mehr Millionären als irgendwo sonst im Bundesgebiet. So berichtete das jedenfalls irgendeine Zeitung. Mittlerweile hatte sich die Bevölkerungsstruktur »normalisiert«, nur in den alten Wohngebieten standen nach wie vor noble Häuser und alte Villen hinter Vorgärten, die größer waren, als die Gärten der meisten Otto Normalverbraucher.

Meine Mietwohnung in einer alten Villa der Jahrhundertwende war glatt zwei Nummern zu groß für das Gehalt eines Oberbrandmeisters. Aber da mir die Pflege von Haus und Garten übertragen war, hatte die Miete einen entsprechenden Nachlass, so dass ich hier wohnen konnte. Jeder, der seinen Garten intensiv pflegt, wird nachvollziehen können, was es heißt, für 1.600 m2 verantwortlich zu sein. Ich verbrachte den größten Teil meiner Freizeit mit der Freundschaft zu Regenwurm und Blattlaus.

An diesem Morgen jedoch verspürte ich das dringende Verlangen, meinen Schlaf nachzuholen. Obwohl sportlich und körperlich topfit, belasteten mich die vielen nächtlichen Einsätze mit gerade vierzig Jahren mehr als noch vor zehn oder fünfzehn Jahren. Verständnisvoll dachte ich an die wesentlich älteren Kollegen, die oft forderten, dass man ab fünfzig nicht mehr für den Krankentransport eingeteilt werden sollte. Weiß Gott, die Kranken- und Rettungswagen fahren 24 Stunden rund um die Uhr mit ein und derselben Besatzung. Vierzehn Einsätze sind häufig die Norm, und von nächtlicher Ruhe kann kaum die Rede sein. Dieser jahrelangen Dauerbelastung sind alle Feuerwehrmänner ausgesetzt, denn wir wechseln regelmäßig zwischen dem Tätigkeitsbereich auf dem Löschzug sowie dem Einsatz im Rettungsdienst und Krankentransport. Rückenschmerzen durch erhöhten Bandscheibenverschleiß stellen sich unweigerlich bei den meisten ein. So gut wie jeder Patient wird auf einer Trage zum Fahrzeug getragen. Manchmal vermuten wir, dass Menschen, die in den oberen Etagen wohnen, öfter krank werden, und so mühen wir uns tagtäglich und nachtnächtlich durch enge Treppenhäuser. Nur selten existieren Aufzüge, die groß genug sind, um eine Trage aufzunehmen. Da es in diesem schönen Land für alles Richtlinien und Vorschriften gibt – was ich nicht unbedingt negativ sehe – darf ein arbeitender Mensch zum Schutze seiner Gesundheit maximal 50 kg an Lasten tragen. Das Durchschnittsgewicht eines Erwachsenen liegt in einem »Wohlstandsland« jedoch längst weit darüber, und so wuchten, stemmen und schleppen zwei Mann einen Dritten, wobei oft genug die Haut der Handknöchel am Rauputz enger Treppenhäuser zurückbleibt.

Aus dem ersehnten Vormittagsschlaf wurde nichts, ich musste dringend mit unserem Golf zum Getränkemarkt. Nicht eine Wasserflasche steckte mehr in den drei Kästen, und wir litten zur Zeit unter einer Hitzeperiode. Ozonloch und Treibhauseffekt sind längst Realität geworden, dachte ich und lüftete den glühendheißen Wagen, bevor ich einstieg.

Die Zufahrt zum Parkplatz des Getränkemarktes war total verstopft. Offenbar glaubte jeder, dass die anhaltende Trockenheit auch zur Verknappung von Limonaden und Bier führen würde; wie könnte man sich sonst diesen vorher nie erlebten Run auf Flüssigkeit erklären.

Die Hitze machte vielen zu schaffen. Hinter mir verlor ein Fahrer im Lieferwagen die Nerven, betätigte wild die Dauerhupe. Aber trotz »Penner, fahr weiter!«, der zweifellos ich sein sollte, gab es kein Fortkommen. Ich ließ drei, vier Autos vom Hof, was mir erneute Ehrentitel einbrachte. Mein Hintermann zeigte die ganze Begabung orientalischer Beredsamkeit. Ich blickte rückwärts aus dem Fenster und ließ mich zu einem charakteristischen Handzeichen verleiten, worauf mir dieser vollbärtige Recke mit Löwenmähne und tätowiertem Arm Prügel ankündige.

Endlich war ich auf dem Hof – der Kerl würde doch nicht etwa Ernst machen? Ein mulmiges Gefühl machte sich in der Magengegend breit. Sieben Jahre Tae-Kwon-Do hatten aus mir keinen Schläger gemacht. Im Gegenteil, die strenge Disziplin dieser Sportart lehrt auch die Ehrfurcht vor dem Menschen.

Aber dieser Mensch kam rüber. Ehrfurcht hin, Ehrfurcht her, hier drehte einer in der Sonnenglut durch. Mir stand nicht der Sinn nach Prügeln, obwohl das vielköpfige Publikum von Anfang an interessiert zugesehen hatte.

»Kommen Sie ruhig her, wenn Sie sich mit einem Polizisten außerhalb der Dienstzeit schlagen wollen!«, rief ich ihm mutig entgegen. Stocken im Gang – ein Stutzen – und mit einem Fluch auf den Lippen drehte die Gefahr ab. Dem Einkauf kühlen Wassers stand nichts mehr im Wege.

Was ich mir als Flaschenware kaufen konnte, blieb der Natur vorenthalten. Der dringend notwendige Regen stellte sich nicht ein und die flimmernde Hitze des Tages fand in dieser Nacht kaum Abkühlung. Nicht der geringste Durchzug strich durch die nach allen Seiten geöffneten Fenster und am nächsten Morgen fühlte ich mich zerschlagen und völlig unausgeruht.

24 Stunden Dienst, 48 Stunden frei, wobei die 12 Stunden des ersten freien Tages ja noch Nachtstunden bei der Feuerwehr waren. In den Frühnachrichten des Radios hörte ich von den alljährlichen verheerenden Waldbränden in Südfrankreich und Korsika. Trocken wie Pulver war es bei uns zur Zeit auch.

Der nächste Arbeitstag begann. Ausnahmsweise pünktlich um 6:31 Uhr traf die S-Bahn von Essen kommend über Düsseldorf nach Langenfeld auf dem Höseler Bahnhof ein. Meine Haltestelle ist Düsseldorf-Garath, Trabantenstadt mit stark expandierendem Einzugs- und Siedlungsgebiet. Ich erreichte meinen Wachbezirk um 7:04 Uhr und knapp drei Minuten später wechselte ich die zivile Kleidung gegen Stiefel und Uniform.

Feuerwache 6, II. Tour

Seit mehreren Jahren arbeite ich nun schon auf der Feuerwache 6. Es ist die größte und modernste von 8 Feuerwehrwachen sowie einer Feuerlöschbootstation im Hafen der Landeshauptstadt. Diese letzterbaute Wache in Düsseldorf besteht aus einem lang gestreckten dreistöckigen Gebäudekomplex, der förmlich zwischen Hauptverkehrsstrecken eingezwängt ist. Auf der Vorderseite verläuft eine Schnellstraße und hinter der Wache und unserer kleinen Zufahrtsstraße mit Wendehammer wird das Gelände der Wache durch die S-Bahnstrecke und anschließender Autobahn begrenzt. An die Großstadtwache und den Großstadtverkehr hatten wir uns gewöhnt, zumal der Architekt bestimmte Bereiche der Aufenthaltsräume geschickt nach innen verlegt hatte. Nur in den Ruheräumen der Rettungsmannschaften hatte man nachts bei geöffnetem Fenster das Gefühl, dass die Lastwagen und Bundesbahnzüge mitten durchs Zimmer fahren würden.

Diese Feuerwehrwache vereinigte alle Zweige unseres breit gefächerten Berufes in sich. Zum ersten das eigentliche Wachgebäude, das als so genannte Zugwache ausgelegt ist. Hier sind folgende Fahrzeuge mit Besatzung eingesetzt: ein Löschgruppenfahrzeug (LF 24), eine mechanische 30 m Drehleiter mit einem anzuhängenden Rettungskorb (DLK 23-12) sowie ein Tanklöschfahrzeug mit 5.000 Liter Wassertank und Wasserwerfer auf dem Dach (TLF 24/50) vorschriftsmäßig besetzt mit 21 Mann. Aber leider herrscht bei allen Berufsfeuerwehren Personalmangel und so lag unsere Wachstärke durch Urlaub oder Krankheit manchmal nur bei 12 bis 14 Mann. Eine schier untragbare Situation, die wir Männer vor Ort nicht verstehen können. Wir fahren immer unterbesetzt mit meist nur zwei Fahrzeugen in den Einsatz und sind schon oft durch Personalmangel in gefährliche Situationen geraten.

Der zweite Bereich ist die Rettungswache, wobei Feuerwache und Rettungswache eine Einheit bilden, da das Personal identisch ist. Auf unserer Wache sind ein Notarztwagen (NAW), ein Rettungswagen (RTW) sowie zwei Krankenwagen (KTW) und ein Bus (GKTW) als Großkrankentransport im Einsatz. Die andere große Hälfte dieser Wachanlage bildet die Feuerwehrschule, eine Ausbildungsstätte für angehende Feuerwehrmänner und Rettungssanitäter. Hier werden nicht nur die Feuerwehrleute für die Stadt Düsseldorf ausgebildet, sondern auch für viele andere Städte, die zwar ausbilden wollen, aber nicht über eine qualitativ hochwertige Schule sowie das entsprechende Ausbildercorps verfügen. Hier werden Werkfeuerwehrmänner, die freiwilligen Feuerwehrmänner der sieben in der Düsseldorfer Peripherie gelegenen Wachen sowie die Männer der Stadt Ratingen unterrichtet. Ebenso werden täglich Kurse und Seminare in allen Verwendungszweigen des feuerwehrtechnischen Bereichs für die eigenen 670 Kollegen in Theorie und Praxis gehalten. Das Lehrtauchbecken wird nicht nur von der Tauchergruppe der Berufsfeuerwehr Düsseldorf genutzt, auch Polizeitaucher und Tauchgruppen benachbarter Feuerwehren nutzen diese Möglichkeit, ihre Leute im sicheren Gewässer zu schulen.

Feuerwehr, das heißt körperliche Fitness und ständiges Erweitern seines Wissens. Das Erhalten und Anwenden des Erlernten, das ständige Trainieren verschiedener Extremfälle: Stromunfall, Säureunfall, Explosion, atomare Strahlung, Transport gefährlicher Güter auf allen Wegen – egal ob Straße, Schiene oder Luft –, Leitern klettern, Retten am Seil, Blut sehen, unter Straßenbahnen zu Verletzten kriechen, Fahrzeuge löschen, Tiere retten, Menschen trösten, Feuer bekämpfen.

Da, wo alle wegrennen, müssen wir hin. Dafür hat jeder von uns einen Eid geleistet, notfalls auch sein Leben einzusetzen, um anderen zu helfen.

7:28 Uhr, die gesamte Wachbesatzung traf sich in der Fahrzeughalle. 7:30 Uhr, das Knacken in der Leitung, aber wir blieben ruhig. Jeder Morgen brachte die gleichen Abläufe und das Leitstellenpersonal machte seine Durchsage.

»Guten Morgen, es ist 7:30 Uhr, es folgt Probealarm. – Ding Dong-Dong Dong! – Probealarm Ende.«

Unser Chef kam aus seinem Büro, den Wachplan in der einen, die Brille in der anderen Hand.

»Morgen Männer!«

»Morgen Hennes!«, klang es zurück. Wir waren alle per du. Der Chef war ein alter Fuchs, schon über 40 Jahre dabei, ein Pfundskerl, mit dem man blind in den Einsatz gehen konnte. Trotz seines Alters war er unheimlich fit und wir wussten, dass er jeden einzelnen persönlich aus einem Feuerloch holen würde, und wenn es noch so gefährlich wäre. Deshalb mochten wir ihn, diesen alten Bär mit Glatze, dem Schnurrbart und dem lieben Gesicht, wie das des Meister Eder vom Pumuckl. Obwohl natürlich auch er seine Mucken und Launen hatte und oft ein Donnerwetter losließ, dass man sich wünschte, zu Hause geblieben zu sein. Über den Rand seiner nach unten gerückten Brille blickte er in die Runde.

»Ihr könntet auch mal mehr sein!«. Dann las er den Dienstplan vor, der schon am Nachmittag des letzten Diensttages getippt und ausgehängt worden war, so dass jeder seine Position bereits kannte. Hinter seinen großen Pranken verschwand der überwiegende Teil des Papiers. Johannes Keup, liebevoll Hennes genannt, benötigte kein Stemmeisen bei verschlossenen Türen.

Getreu dem Schutzpatron gegen Feuersbrunst werden Feuerwehrfahrzeuge mit dem Namen Florian sowie einer Funkrufnummer bezeichnet. Und so ertönte nun die Aufzählung der Namen von Fahrzeugen, Männern und Aufgaben.

»Florian 6/46/1, Zugführer Keup, Maschinist Decker, Angriffstrupp Meyer-Pyritz und Schorn, Wassertrupp Zierfass und Hintz. Florian 6/33/1, Kindgen und Ehard; Florian 6/59/1 Kindgen und Ehard. Florian 6/24/1 nehmen wir nur im Bedarfsfall mit. Das gleiche gilt für den Rüstwagen. Im Ernstfall sag ich Bescheid. So weiter, Notarzt Florian 6/81/1 Heck, Schulze und Flesch. Florian 6/83/1, Osthoff und Sbrzesny, Telegraphist Bragoner. Dann ist hier noch ein Rundschreiben: Die Stettiner Straße ist wegen Bauarbeiten gesperrt. Die Leitstelle meldet vom Flughafen starke Sturmböen mit Gewitter am späten Nachmittag. Denkt dann daran, dass jeder sein Fenster schließt, sonst gibt es wieder eine Überschwemmung. Um 8:00 Uhr treffen wir uns in der Fahrzeughalle zum Unterricht – das wär’s.«

Jeder begab sich zu seinem Fahrzeug und checkte seine Ausrüstung sowie die für seinen Bereich in Frage kommenden Geräte durch. Am gründlichsten arbeiteten die Maschinisten. In der knappen halben Stunde erfolgte eine Art kleine Generalinspektion der Feuerwehrfahrzeuge: Kraftfahrzeugtank, Löschwassertank, Batteriezustand, Stromaggregat, Lichtmast, Handfunkgeräte, Pumpenbedienstand und, und, und.

Die Leitstelle auf Feuerwache 1 in der Hüttenstraße rief durch die Lautsprecher zur Funkprobe.

»Florian Düsseldorf ruft zur Stationsprüfung: Feuerwache 6 kommen!« Das galt unserem Telegraphisten Hugo Bragoner; er war die Schaltzentrale unserer Wache, quasi ein Ableger der großen zentralen Leitstelle der Hauptwache.

»Feuerwache 6 verstanden«, antwortete er in das stationäre Funkgerät. »Florian 6/46/1 kommen.«

»Florian 6/46/1 verstanden«, bestätigte Peter Decker, der Maschinist des 1. Fahrzeugs.

»Danke, Florian 6/33/1 kommen.«

»Florian 6/33/1 verstanden.«

»Danke, Florian 6/81/1 kommen.«

»Florian 6/81/1 verstanden«, bestätigte der Teamführer Horst Heck über einen extra eingebauten Telefonhörer im Patientenraum des Notarztwagens. Diese Zusatzsprechverbindung ist erst vor wenigen Jahren fest eingebaut worden und hat sich als sehr nützlich erwiesen. Mit ihr ist der Arzt zum einen in der Lage, akute Zustände und Vorbereitungen des Patienten an die Leitstelle durchzugeben und zum anderen konnte der Rettungssanitäter z. B. in der Unfallstation Herzalarm auslösen. Das war früher schwierig. Entweder musste der Maschinist dies während der Fahrt alleine erledigen, oder er musste den Telefonhörer – die Telefonschnur bis zum Ende ausgezogen – durch das Schiebefenster nach hinten reichen.

Sieben Dienstschichten lang besetzt jeder die ihm zugeteilte Position, dann wurde in der Regel gewechselt. Nur der Teamführer auf dem Notarztwagen bleibt circa ein halbes Jahr auf seinem Posten. Dies ermöglicht eine bessere Zusammenarbeit mit den Ärzten, die gerne mit einer festen Bezugsperson zusammenarbeiten. Auf unserer Wache fährt immer ein fester Stamm junger Ärzte des Benrather Krankenhauses mit. Sie arbeiten wie wir 24 Stunden, lösen sich jedoch um 19:30 Uhr ab, so dass sie die Nacht mit der einen Feuerwehrschicht und den Tag mit der nächsten Tour fahren.

Da es so gut wie keine ruhigen Nächte für den Notarztwagen gibt, schaltet die Leitstelle bei den morgendlichen Durchsagen das Notarztzimmer ab, um dem Doktor noch etwas Schlaf zu gönnen.

Gefährliche Schnellstraße

Heute sollte unserem derzeitigen Notarzt Dr. Thomas Frankenhauser diese kleine Erholungspause jedoch nicht vergönnt sein. Notfallkoffer, Medikamente, Infusionen, Elektrokardiogramm, Defibrillator und Beatmungsgerät waren bereits überprüft, Laken und Bezüge für die Krankentrage gewechselt, als mitten im allmorgendlichen Desinfizieren und Auswischen von Ablagen und Fußboden der erste Alarm einging.

»Einsatz für Florian 7/83/1 und den Notarzt Feuerwache 6, Werstener Feldstraße, Ecke Münchner Straße, Verkehrsunfall!« Während das entsprechende Hallentor hydraulisch geöffnet wurde und die eigens für die Feuerwehr installierte Ampelanlage den frühmorgendlichen Verkehr stoppte, überprüfte ich gerade die Bebänderung meines Atemschutzgerätes. Alles ist auf Schnelligkeit ausgelegt, so sitzt man z. B. mit dem Rücken gegen das Gerät und kann es während der Fahrt anziehen. Atemschutzmaske, Helm, Hakengurt, Handlampe, Fangleine, Fluchthaube, Handschuhe und Lederjacke, alles war an seinem Platz. Im Mannschaftsraum des Löschgruppenfahrzeuges wird es durch zusätzliche Ausrüstungen immer enger. Sollten wir tatsächlich jemals mit vorgeschriebenen neun Feuerwehrmännern ausrücken, hätten wir kaum Platz, um uns auszurüsten.

Höchstens vier Minuten nach Alarmierung des Notarztes gab es erneuten Alarm. Die Lichter gingen an und der Vierfachgong schallte durch alle Gänge.

»Einsatz für Zug 6 und Florian 6/83/1 zur Werstener Feldstraße, Ecke Münchner Straße, Unterstützung Notarztwagen, VU (Verkehrsunfall) mit eingeklemmten Personen.« Jetzt wurde es ernst; Nachforderungen durch das eigene Personal bedeuten immer eine echte Unfallsituation, im Gegensatz zu vielen Meldungen von Privatpersonen, die angesichts der Angst und Verwirrung an den Unfallstellen zu Übertreibungen neigen. Aber egal wie die tatsächliche Situation auch aussieht, die Leitstelle schickt lieber einen Wagen mehr oder einen Zug zu oft, als ein einziges Mal zu wenig.

»Die Drehleiter besetzt den Rüstwagen!« brüllte der Chef durch die Halle. Toni Kindgen und Addi Ehard hatten sich bereits mit ihrer persönlichen Ausrüstung dorthin begeben. Der Rüstwagen, ein altes Ungetüm mit einem unverwüstlichen Dieselmotor unter der langen Schnauze, war wohl das Lieblingsauto unseres Chefs Hennes Keup. Es schien uns oft so, als hätte er eine fast zärtliche Beziehung zu diesem Veteranen, der mit ihm gemeinsam in Dienst gestellt worden war. Das Gerücht hielt sich hartnäckig, dass der Rüstwagen mit der Pensionierung des Chefs im nächsten Jahr auch ausgemustert werden würde. Zwei von den Besten, Mensch und Maschine, dickes Blech, dickes Fell, robust und bestimmt noch tauglich für viele Jahre.

Die Motoren dröhnten und das Starktonhorn räumte den letzten Zweifel unter den Autofahrern aus, dass wir es eilig hatten. Aber trotz Wegerecht und gesetzlich legalisierter Vorfahrt mussten die Maschinisten, besonders im Zugverband, hochkonzentriert fahren. Zu leicht wird unser Signal nicht gehört; wer achtet in seiner rollenden Diskothek auf zuckende Blaulichter. Wir brauchten nur etwa fünf Kilometer auf der direkt an unserer Wache vorbeiführenden Schnellstraße in Richtung Innenstadt zu fahren. Dabei überquerten wir drei große Ampelkreuzungen, jede davon hat ihre Geschichte. Wir kannten sie alle, die Unfälle von Rasern, die die Gelbphase oder das dunkelste Rot überfahren hatten. Tempo 70 war erlaubt, also fuhr der Durchschnitt 90 km/h, manche mehr. Ein Feuerwehrdiesel von 16 Tonnen ist kein Rennpferd, aber wenn diese Masse ihre volle Beschleunigung erreicht hat, dauert es sehr lange, um sie abzubremsen. Es gibt genug Spinner, die uns zeigen wollen, dass sie schneller sind als wir. Andere Fahrer irren vor uns her, total verwirrt wie Krähen auf der Flucht mit den unmöglichsten, nicht vorhersehbaren Reaktionen. Die Fahrt stellt an den Maschinisten ein Höchstmaß an fahrerischem Können und Konzentration. Er leistet Schwerstarbeit hinter dem Steuer. Gott sei Dank verhielt sich der überwiegende Teil der Verkehrsteilnehmer diesmal diszipliniert und freundlich, so dass wir zügig durchkamen. Ein Polizeiauto mit eingeschalteten Sondersignalen rauschte an uns vorbei. Kurz darauf meldete der Chef die Fahrzeuge an.

»Florian Düsseldorf kommen für Zug 6.«

»Kommen Sie.«

»Zug 6 mit Rüstwagen und 6/83/1 eingetroffen.«

»Eingetroffen, verstanden, Ende.«

Vor unseren Augen bot sich ein Bild der absoluten Verwüstung. Auf der stadtauswärts führenden Spur dieser autobahnähnlich ausgebauten Schnellstraße hatte ein Sattelschlepper ein großes Metallgestell verloren. Der nachfolgende PKW mit angehängtem Wohnwagen war beim Ausweichmanöver ins Schleudern geraten und dabei auf dem Überholstreifen von einem anderen PKW erfasst worden. Hinter diesen beiden fuhr ein Tanklastwagen und hatte die gesamte Masse Autos mit blockierenden Bremsen in die Kreuzung geschoben. Der Wohnwagenanhänger war total zerfetzt und ein undefinierbarer PKW hing zwischen den Resten des Wohnwagens und dem Führerhaus des Lkws. Dieser wiederum hatte ein lang gezogenes Leck in seinem hinteren Tankaufbau in etwa 3 m Höhe. Orangefarbene Warntafeln signalisierten eine gefährliche Ladung. Der Anhänger musste das wuchtige, fast 6 Tonnen schwere Eisengestell beim Vorbeifahren gestreift haben. Im nachfolgenden Verkehr hatten sich durch überhöhte Geschwindigkeit oder zu geringen Abstand weitere Auffahrunfälle ereignet.

Die Straße war mit den Trümmern des Wohnwagens übersät. Der gesamte Hausstand einer Urlauberfamilie verstärkte das Bild des Chaos. Menschen irrten blutend und schreiend umher, übertönt von den klaren, laut gerufenen Befehlen unseres Chefs.

Alles, was später nach Beendigung des Einsatzes in Ruhe besprochen, diskutiert und analysiert wird und wo der Unfallhergang mit einer Unfallskizze bis ins letzte Detail nachvollzogen wird, musste jetzt vom Einsatzleiter in Sekunden erfasst, bewertet und durch klare Befehle an seine Männer weitergegeben werden. Die Einschätzung von Gefahrenschwerpunkten, die Art ihrer Bekämpfung sowie ein sicheres Erkennen, ob die eigenen Einsatzkräfte in Bezug auf Mannschaft und Material ausreichen, bilden die Grundlage, nach der sich der gesamte weitere Einsatzablauf gestaltet. Ständig können neue Umstände die Lage gefährlich verändern, so dass der Einsatzleiter immer den Überblick behalten und blitzschnell seine Mannschaft entsprechend einsetzen muss. Nur ein gut eingespieltes Team, in dem jeder einzelne voll belastbar, flexibel und aufmerksam ist, hat eine Chance, in einem solchem Chaos Ruhe zu bewahren und mit routinierter Gelassenheit Arbeiten zu verrichten, die den Einsatzkräften das Letzte abfordern.

»Pitter Rückmeldung – leck geschlagener Tankwagen, eingeklemmte Personen in PKW, mehrere Auffahrunfälle mit Personenschaden! Hydraulikspreizer vom Rüstwagen! Angriffstrupp, Säureschutzanzug, Leck abdichten! Wassertrupp, Schwerschaumrohr und ein C-Rohr vornehmen!« Der Einsatz lief mit der Präzision eines Uhrwerks ab, jeder kannte seine Aufgabe. Die Handgriffe saßen, wir wussten alle, das hier war ein Pulverfass, das jeden Augenblick in die Luft gehen konnte. Der Tanklastzug hatte Kraftstoff geladen und die letzte der fünf Kammern war aufgerissen. Ein armdicker Strahl Benzin ergoss sich auf die Straße, breitete sich zu einem großen See aus – ein Funke, ein heißes Blech, eine Zigarettenkippe würde das Ende für uns alle bedeuten. Aber da gibt es kein Weglaufen, kein »sich in Sicherheit bringen«, wir kämpften um die eingeklemmten Menschen in den unförmigen Autowracks.

Es war schon gewagt, in diesem zerquetschten, verbeulten und scheibenlosen Etwas Überlebende zu vermuten. Aber trotz der tonnenschweren Schubkraft des Tankwagens war die Fahrgastzelle noch halbwegs intakt. Verformungsenergie von Kofferraum und Motorhaube hatten ihre vorprogrammierte Arbeit geleistet. Als weiterer Puffer hatte der völlig zertrümmerte Wohnwagen gedient. Ein beträchtlicher Teil des hinteren Wagendaches war heruntergedrückt und steckte unter dem Führerhaus des Lkws. Dabei waren Front- und Heckscheibe herausgedrückt und die vier Türen total verkeilt worden. Der Teamführer des Notarztwagen hatte sich mit größter Mühe über die Trümmer, Splitter von Glas und scharfkantigen Blechteilen durch das Frontscheibenloch in den engen Raum zu den stöhnenden Menschen gequetscht. Draußen zogen die beiden Rettungssanitäter Medikamente in Spritzen auf, bereiteten Infusionen zur Kreislaufstabilisierung und zur Bekämpfung des Volumenmangelschocks vor, während der Notarzt in das Führerhaus des Tanklastzuges kletterte, um nach dem bewusstlosen, blutenden Fahrer zu sehen.

In fliegender Eile zurrte ich Schulter- und Beckengurt meines Pressluftatmers stramm.

»Zieh dir bloß vorher die Jacke aus«, riet mir mein Kollege Achim, der sich mit gleicher Schnelligkeit ausrüstete. Auf Socken, nur mit Hose, Hemd und Helm bekleidet, half uns der Maschinist in die Chemikalienschutzanzüge. Bevor wir die Hauben über unsere behelmten Köpfe stülpten, drehte jeder dem anderen den Lungenautomat in das Anschlussgewinde seiner Atemschutzmaske. Sofort erklang das zischende Geräusch des Ausatemventils. Der Anzug in leuchtendem Gelb besteht aus einem säurefesten, beschichteten Stoffgewebe mit angeschweißten Stiefeln und Handschuhen und ist so groß zugeschnitten, dass trotz des darunter getragenen Atemschutzgerätes die Kunststoffhülle in weiten Falten um den Körper hängt.

Der Maschinist hatte bereits eine Kiste voller Holzkeile und einen Hammer bereit gestellt sowie zwei Steckleiterteile vom Dach des Löschfahrzeuges herunter geholt, damit wir an das Leck heran konnten. Im Nachhinein ist es mir immer noch ein Rätsel, wie Peter in so extrem kurzer Zeit alles einsatzbereit hatte. Denn immerhin musste er auch die Feuerlöschkreiselpumpe im Heck bedienen und sämtliche Schlauchanschlüsse für das befohlene C-Rohr und Schwerschaumrohr herstellen.

Von den Aktivitäten unserer übrigen Kollegen sahen und hörten wir jetzt nichts mehr. Von der Außenwelt isoliert, bewegten wir uns wie zwei Raumfahrer auf das hintere Ende des Tankwagens zu. Ein Laufschritt war nicht nur wegen der beschwerlichen Ausrüstung unmöglich. Auch die Gefahr, in dem sich ständig vergrößernden Benzinsee auszurutschen, verhinderte allzu eilige Bewegungen. Ich ging voran, Achim hinter mir, die Leiter trugen wir wie eine Brücke zwischen uns, oben darauf die Kiste mit Keilen und Hammer. Äußerst behutsam setzten wir Leiter und Kiste links neben der Austrittsstelle ab, ein Funke, ein Schleifen der blechbeschlagenen Leiterfüße könnte die Zündung der Dämpfe des um uns befindlichen Benzinsees verursachen. Jetzt richteten wir die Leiter unmittelbar am Leck auf. Wie eine Schwalldusche spülte das sprudelnde Benzin über unsere Anzüge. Durch den Riss, etwa 30 – 35 cm lang und 2 – 3 cm breit, waren schon etliche hundert Liter Benzin auf die Straße geflossen. Der penetrant durchdringende Benzingeruch lag wie eine Dunstglocke über der ganzen Einsatzstelle. Davon bemerkten wir jedoch nichts – abgekapselt von der Außenluft stieg dafür mit jeder Minute die Temperatur in diesem »Saunaanzug«. Körpereigenes Schwitzwasser sammelte sich in den Stiefeln und die Ausatemluft pumpte unsere faltenreichen Anzüge immer mehr in eine ballonähnliche Form. Ich war auf die Leiter gestiegen und trieb mit festen Schlägen einen schlanken Holzkeil neben den anderen in das Leck, bis der gefährliche Inhalt nur noch durch den Riss tropfen konnte.

Um uns herum veränderte sich das Straßenbild. Aus dem gewaltigen Schwerschaumrohr hatten Hans Zierfas und Waldemar Hinz eine mehrere Zentimeter dicke Schaumschicht, die wie flockiger weißer Schnee aussah, herausgepustet. Als Dämm- und Trennschicht schützte sie vor dem Entzünden der gefährlichen Flüssigkeit. Die Gefahr war aber damit bei weitem noch nicht gebannt. Zu viel Benzin war ausgeflossen und hatte sich weiträumig verteilt, die Fläche war zu groß, um sie zuverlässig mit Schaum abzudecken, zumindest für die Schaummittelvorräte eines Löschgruppenfahrzeugs.

Aber der Chef konnte jede Minute mit Verstärkung rechnen. Die anfänglich durchgegebene Rückmeldung zur Leitstelle löste dort eine Vielzahl von Aktivitäten aus. Der unserer Einsatzstelle nächstgelegene Löschzug von Feuerwache 7 war seit geraumer Zeit im Einsatz – Zimmerbrand mit starker Verqualmung des Treppenhauses in der 3. Etage. So erklärte sich auch, warum die erste Nachalarmierung von unserem eigenen Notarztwagen gekommen war und nicht vom Rettungswagen der Feuerwache 7. Denn dieser war vorsorglich zu deren Einsatz mit ausgerückt. Allerdings hatte die Leitstelle nach den ersten Meldungen den Rettungswagen vom Zimmerbrand abgezogen und mit dem Notarztwagen zu unserem Einsatzort geschickt.

Die Besatzung, bestehend aus zwei Rettungssanitätern, hatte sich geteilt. Als sie kurz nach dem Notarztwagen eintrafen, kümmerte sich einer um den Auffahrunfall, der andere kletterte zum Notarzt in das Führerhaus des Tankers. Der Tankwagenfahrer war durch die erzwungene Vollbremsung und sein fast gelungenes Ausweichmanöver um das herabgestürzte Metallgerüst mit großer Wucht auf den Lenkradkranz geprallt. Oberkörper und Kopf waren im Bruchteil von Sekunden unkontrolliert gegen die harten Teile des Armaturenbrettes sowie der Windschutzscheibe geschlagen. Der Fahrer hatte vor dem unvermeidbaren Zusammenstoß versucht, sich mit den Armen gegen das Lenkrad zu stemmen. Jetzt hing er schlaff wie eine Gummipuppe mit offenen Unterarmfrakturen im Handgelenkbereich über dem Lenkrad. Eine tiefe Bewusstlosigkeit ließ ihn die Schmerzen seiner schweren Verletzungen nicht spüren.

Gegenseitig öffneten wir uns den langen, von der Brust bis zum Bein herabreichenden Reißverschluss des Chemikalienschutzanzuges und stülpten dann die Kopfhaube nach hinten. Nachdem wir den Lungenautomaten abgedreht hatten, drang die erste frische Luft in unsere Lungen. Jetzt runter mit der Atemschutzmaske, die ihre Gummidichtungen als rötliche Striemen in unsere Gesichter gezeichnet hatte. Das verschwitzte Gesicht Achims lachte mich an.

»Was ist Martin, schon müde?«, flachste er, dabei sah er bestimmt nicht minder abgekämpft aus als ich. Eine Pause gab es aber nicht, zu viel musste noch getan werden, darum stiegen wir wieder in unsere Feuersicherheitsstiefel, setzten den Helm auf und meldeten uns beim Chef.

»Leck mit Holzkeilen abgedichtet«, meldete ich.

»Gute Arbeit! Achim, hilf du Toni bei der hydraulischen Schere, und du Martin kümmerst dich mit um die Verletzten.« Die Kollegen hatten fieberhaft an der Befreiung der eingeklemmten Urlauber gearbeitet. Mit der hydraulisch betriebenen Schere waren erst die vorderen und dann die mittleren Dachholme durchgekniffen worden. Mehrere Tonnen Druck ließen die gehärteten Stahlschneiden wie Butter durch die Profilbleche gleiten. Einige Querschnitte ins Dach und es konnte wie der Deckel einer Konservendose aufgeklappt werden. Die Limousine wurde zum Cabriolet.

Die zwei Kinder, die auf der Rückbank saßen, hatte die Notarztbesatzung bereits durch das Frontscheibenloch herausgeholt. Sie befanden sich im Rettungswagen und wurden von den Rettungssanitätern versorgt. Abgesehen von einigen harmlosen Schnittverletzungen waren sie nicht ernsthaft verletzt worden. Heinrich Osthoff, selbst Vater von drei Kindern, übernahm ihre Betreuung und es gelang ihm mit viel Geduld, die beiden verängstigten und weinenden Kinder zu beruhigen. Allerdings musste er bei ihnen bleiben, zwei kleine Händchen festhalten und die Geschichte vom kranken Goldhamster bei der Feuerwehr erzählen.

Ihren Eltern ging es schlechter. Beide benötigten Infusionen zur Stabilisierung des unterversorgten Kreislaufs. Schnittwunden, Prellungen, Knie- und Fußverletzungen wurden schon im Autowrack versorgt. Mit vorsorglich angelegter Halskrause hoben wir die vom Schock gezeichnete Frau aus dem inzwischen offenen Wagen, danach folgte ihr bewusstloser Mann. Beide wurden auf Vacuummatratzen gelagert und in die Rettungsfahrzeuge gebracht.

Mittlerweile waren mehrere verstärkende Fahrzeuge an der Einsatzstelle eingetroffen. Die Polizei hatte die gegenüberliegende Doppelfahrbahn wegen der großen Brandgefahr gesperrt. Dadurch konnte der Notarzt von Feuerwache 1 sowie ein Tanklöschfahrzeug, ein Umweltschutzwagen und ein Wechselladerfahrzeug zum Umfüllen der leck geschlagenen Kammer bis an die Unfallstelle über diese freie Fahrbahn herankommen.

Zu solchen umfangreichen Einsatzstellen schickt die Leitstelle immer den auf der Hauptwache stationierten Feuerdienst. Der Feuerdienst besteht aus qualifizierten Fachkräften des feuerwehrtechnischen Bereichs zur Koordinierung mehrerer Einsatzgruppen und Löschzüge, die auch die Folgemaßnahmen einleiten und überwachen. So wurde hier die untere Wasserbehörde wegen des auslaufenden Kraftstoffes eingeschaltet und die Gewerbeaufsicht zur Unfallerfassung und Klärung benachrichtigt.

Der Wasserwerfer auf dem Dach des nachgerückten Tanklöschzuges hatte etliche Kubikmeter Schwerschaum über den Benzinsee verteilt. In Schutzbekleidung begannen die Feuerwehrmänner des Umweltschutzwagens, den Inhalt der defekten Kammer in einen eigenen Tankwagen umzufüllen. Der schwer verletzte Fahrer wurde vom Notarzt der Feuerwache 1 versorgt und dann fuhren unter dem Heulen ihrer eingeschalteter Sirenen beide Notarztfahrzeuge zu verschiedenen Krankenhäusern in Richtung Innenstadt. Die Rettungswagen folgten, konnten ihre Patienten aber bei normaler Fahrt transportieren. Insgesamt waren acht Menschen verletzt worden. Drei davon schwer, die übrigen hatten leichte bis mittlere Verletzungen und eine Person wurde vorsorglich ambulant untersucht.

Die Aufräumarbeiten hielten uns noch über drei Stunden an der Unfallstelle fest und erst gegen 12:00 Uhr mittags fuhren die großen Feuerwehrfahrzeuge wieder auf ihre festen Plätze in die Fahrzeughalle der Feuerwache 6 ein.

Es herrschte ausgelassene Stimmung. Wir hatten gut gearbeitet und wir hatten Glück gehabt, viel Glück, aber das braucht man in unserem Beruf trotz der Qualität unserer Ausbildung und Ausrüstung.

Uns allen knurrte der Magen. Das Frühstück war ausgefallen, die Zubereitung des Mittagessens war ebenfalls nicht möglich gewesen und wir hatten noch alle Hände voll zu tun, um die Fahrzeuge und die Ausrüstung wieder auf Vordermann zu bringen.

Die Atemschutzgeräte wurden gewechselt, die Chemikalienschutzanzüge gereinigt und zum Trocknen aufgehängt. Wasser und Schaummitteltank mussten gefüllt, Armaturen gereinigt und Schlauchmaterial gewechselt werden.

Der Chef schickte einen Mann zum Essen holen. Gyros mit Pommes und Krautsalat für alle. Eine knappe Stunde später saßen wir kauend und schwatzend in der Küche. Der Notarzt war schon wieder unterwegs, aber wir hatten Glück, es blieb ruhig, jedenfalls die nächsten paar Stunden.

Wespen

13:30 Uhr; im Wachgebäude herrschte Ruhe. Die meisten Männer hatten sich aufs Bett gelegt und entspannten sich teils lesend, teils Radio hörend oder hatten die Augen geschlossen. Einige hatten die schwere Einsatzhose über die Stiefel gestülpt, andere nur die Stiefel ausgezogen. Es war heiß in unseren Schlafräumen und kein Lüftchen wehte durch die geöffneten Türen und Fenster. Die Temperatur stieg auf 28° C im Schatten. Gegen 14:00 Uhr hörten wir laute Befehle.

»Erstes C-Rohr! Wasser marsch!«

»Angriffstrupp mit 3-teiliger Schiebeleiter zum dritten Obergeschoss vor!« Der Grundausbildungslehrgang übte auf dem Hof. Ich hörte das Zischen des Wasserstrahls und die Geräusche der hydraulischen Drehleiter. Meine Gedanken schweiften in die Vergangenheit.

Vor 15 Jahren hatte ich selbst eine solche feuerwehrtechnische Grundausbildung erhalten. Damals fand diese Ausbildung noch an der Feuerwache 2 in Oberkassel statt. Die räumlichen Verhältnisse waren beengt, dennoch wurde intensiv gelehrt und gelernt, sowohl theoretisch als auch praktisch. Jeden Morgen Sport, Gymnastik, Laufen, Krafttraining, anschließend Unterricht in fachspezifischen Fächern wie Brandlehre, Löschlehre, Fahrzeug- und Gerätekunde, Fachrechnen sowie Physik und Chemie. Es war eine starke Zeit in einer prima Truppe. Die meisten haben es geschafft und sind seitdem wie ich auf einer unserer acht Wachen im Alarm tätig.

Heute wird den »Neuen« weitaus mehr abverlangt als damals. Der fortgeschrittenen Technisierung und der alltäglichen Bedrohung durch Chemikalien in allen Lebensbereichen, hatte sich auch die Feuerwehr angepasst. Ein hochmoderne Schulkomplex mit mehreren Unterrichtsräumen, einer umfangreichen, sich ständig vergrößernden und erneuernden Lehrmittelsammlung, sowie Ausbildern in allen Zweigen des breiten Feuerwehr- und Rettungsdienstes, ist die konsequente Antwort an die Aufgaben der Feuerwehr im Alarm der Großstadt. Wer diese Ausbildung mit Erfolg abschließt, gilt als befähigt, im Ernstfall eingesetzt zu werden. Danach kommt die Zeit der Bewährung draußen. Hier wird dir im täglichen Einsatz abverlangt, was vorher nur Übung war. Manche schaffen es nicht, die körperlichen und seelischen Belastungen sind sehr groß.

Heute bin ich selbst Ausbilder für das Personal im Rettungsdienst. Jeder Feuerwehrmann der Berufsfeuerwehr Düsseldorf muss auch Rettungssanitäter sein, denn er wird ständig bei Unfällen und Notfällen eingesetzt und es gab in den letzten 10 Jahren keinen Kollegen, der nicht bei mir in der Ausbildung war.

Durch den langen Einsatz auf der Frankfurter Straße hatte sich unsere Mittagspause verschoben und wir trafen uns um 15:00 Uhr in der Fahrzeughalle. In unserem großen Wachbetrieb fallen täglich Arbeiten an, wobei der überwiegende Teil aus Wartungs-, Pflege- und Instandhaltungsaufgaben besteht. Auch das Fenster putzen der Fahrzeughallentore gehört dazu. Allerdings erreichte einige Tage nach Beginn der großen Hitzeperiode ein Rundschreiben der Direktion alle Wachen:

»Aufgrund der großen Hitze sind die anfallenden Arbeiten im täglichen Dienst auf die notwendigen Bereiche zu beschränken.« So verzichteten wir auf die Reinigung der Hofanlagen.

Die Feuerwehr ist kein Produktionsbetrieb; die körperliche Einsatzkraft muss für den Ernstfall aufrechterhalten werden und die Arbeit auf dem in der Hitze flimmernden Hof ist dazu nicht gerade geeignet. Und so bedauerten wir die auszubildenden Feuerwehranwärter, die ihre anstrengenden Übungen unter der sengenden Sonne draußen in voller Montur absolvierten, und erledigten selbst nur einige Wartungsarbeiten an den Fahrzeugen.

Eine halbe Stunde später saßen wir alle in dem kleinen Fernsehraum, der von uns auch als Unterrichtsraum genutzt wird, weil er eine große Schultafel besitzt.

»Passt auf, Leute«, begann unser Chef. »Ich habe euch zusammengerufen, weil es einige neue Dinge in puncto Wespeneinsätzen gibt. Wie ihr wisst, gibt es mehrere Nachbarstädte, die keine Wespeneinsätze mehr fahren. Wir werden allerdings weiter damit zu tun haben. Das geänderte Umweltbewusstsein bringt es mit sich, dass Wespen nicht einfach getötet werden dürfen, nur weil sich einige Menschen gestört fühlen.«

»Machen wir doch sowieso nicht«, sagte Manfred. »Also, wenn ich z. B. ein Wespennest in einer Hecke finde, erkläre ich dem Besitzer, er solle diesen Bereich meiden, da Wespen nützliche Tiere sind. Stimmt doch, oder?«

»Absolut korrekt, Manni, nur denkt nicht jeder so wie du. Einige Kollegen vernichten Wespen immer noch mit Insektengift, aber das darf nicht pauschal vorkommen. Die Vernichtung muss eine Ausnahme bleiben, die nur bei akuter Gefahr anzuwenden ist. Das passende Beispiel dafür ist das Wespennest im Jalousienkasten vor dem Kinderzimmer. Es gibt Schutzbestimmungen für Insekten. Von den 17 bei uns bekannten Wespenarten stehen die meisten unter Artenschutz und ihre Vernichtung wird mit Geldbußen bis 50.000,– Euro bestraft. Ein absolutes Vernichtungsverbot gilt für Hornissen, Hummeln und selbstverständlich für Bienen. Überprüft bei dieser Gelegenheit auch mal wieder die Schutzausrüstung. Wer war das noch, der letztens dreimal von einer Wespe in den Nacken gestochen wurde, weil er das Netz des Imkerhutes nicht richtig zugebunden hatte?«

»Erinnere mich nicht daran, die Stiche der Mistviecher spüre ich jetzt noch«, erwiderte ich lachend. Wir hatten ein ziemlich großes Wespennest im Schrank auf einem Balkon in der 2. Etage vorgefunden. Die Bewohner waren im Urlaub und sahen bei ihrer Rückkehr die lieben Tierchen durch die Lamellen ein- und ausfliegen. Gott sei Dank hat keiner die Türe geöffnet; so aggressive Wespen wie diese hatte ich noch nie zuvor erlebt. Sie gingen direkt auf uns los.

»Ja, ja, jeder bekommt das, was er braucht«, spöttelten die anderen.

»Ok, ich denke, ihr wisst Bescheid«, beendete der Chef die aufkommende Heiterkeit. »Wir sollten unserer Verantwortung gerecht werden und entsprechend umweltbewusst handeln. Am besten gehen wir jetzt noch mal zum Wagen und sehen uns gemeinsam einiges an. Ich habe noch Verschiedenes zu erklären, was sich geändert hat.«

Das Fahrzeug, ein VW-Bus für kleinere Einsätze, die von zwei Mann ausgeführt wurden, stand in einer Nebenhalle zusammen mit einem Reservekrankenwagen. Wir führen den Wagen unter dem Begriff »Einzelhilfe«. Dieses Fahrzeug kommt zum Einsatz, wenn z. B. verschlossene Türen geöffnet werden müssen, bei kleineren Wasserschäden und auch beim Wespeneinsatz.

»Martin, du als zuletzt Gestochener erklärst uns jetzt den Unterschied zwischen Wespen- und Bienenstich.«