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Nr. 2674

 

Das Reich der Angst

 

Menschen auf Druh – im Machtzentrum der Sayporaner

 

Uwe Anton

 

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In der Milchstraße schreibt man das Jahr 1470 Neuer Galaktischer Zeitrechnung (NGZ) – das entspricht dem Jahr 5057 christlicher Zeitrechnung. Das heimatliche Solsystem ist vor mehr als drei Monaten spurlos von seinem angestammten Platz im Orionarm der Milchstraße verschwunden.

Die Heimat der Menschheit wurde in ein eigenes kleines Universum transferiert, wo die Terraner auf seltsame Nachbarn treffen, die ihnen allem Anschein nach übelwollen. Seither kämpft die solare Menschheit um ihr Überleben.

Von den geheimnisvollen Spenta weiß man am wenigsten: Ihnen liegen Sonnen am Herzen. Ihrer Ansicht nach wird Sol durch den Leichnam der Superintelligenz ARCHETIM verschandelt – deshalb haben sie das Herz des Systems »verhüllt«.

Reginald Bull gelingt ein Bündnis mit einem Teil der Sayporaner, die anfangs als Übeltäter angesehen wurden. Die Ränke gegen Terra gehen nur auf eine kleine Gruppe zurück, die das sayporanische Volk beherrscht. Helfen die Terraner, diese zu stürzen, werden die Sayporaner ihrerseits ihnen gegen die anderen Gefahren der Anomalie beistehen. Um das Bündnis zu besiegeln, bricht eine Expedition auf in DAS REICH DER ANGST ...

Die Hauptpersonen des Romans

 

 

Reginald Bull – Der Resident entsendet eine Expedition.

Shanda Sarmotte – Die Mutantin erhält einen Auftrag.

Toufec – Delorians Helfer reist ins Weltenkranz-System.

Odo Ollowa und Daniil Veriaso – Zwei Spezialisten betreten das Reich der Angst.

Chourtaird – Der Sayporaner fordert die Terraner zum Handeln auf.

1.

Das Parkett

 

Gefühle prasselten auf mich ein, so intensiv, dass ich sie kaum verkraften konnte.

Angst, Aggression, Aufregung, Neugier.

Nicht unbedingt in dieser Reihenfolge, aber so in etwa. Menschen umgaben mich, viele Menschen, und sie reagierten wie vor hunderttausend Jahren, als sie in einer Höhle um ein Feuer hockten und sich fragten, was draußen vor dem Eingang herumschlich und dabei fauchte, knurrte und brüllte.

Sie hatten Angst.

Angst vor dem Transitparkett. Es konnte jeden Augenblick aktiviert werden, und dann würde das, was vor Urzeiten vor der Höhle gelauert hatte, sich durchs Feuer am Eingang wagen und sie angreifen. Fagesy, Sayporaner, Roboter, was immer über das Parkett kommen würde, würde zuerst schießen und dann Fragen stellen.

Unsinn!

Es würde gar keine Fragen stellen, nur schießen. Und das wussten die Raumlandesoldaten, TLD-Agenten und Sicherheitsspezialisten, die das Parkett schützten, ganz genau. Sie waren angespannt. Adrenalin jagte durch ihre Körper, erzeugte Aggression. Die Kombistrahler der Elitetruppen waren nicht gesichert, der geringste Zwischenfall würde verheerende Folgen haben. Ich dachte mit Grauen daran, was geschehen würde, wenn das violette Leuchten, das an die Unterseite der Glasdielen des Parketts drängte, endgültig hochsteigen und damit ungebetenen Besuch ankündigen würde.

Mehrere Dutzend TARAS umstellten das Parkett und sicherten es, in meiner Wahrnehmung waren sie Pole der Ruhe und Gelassenheit, Fundamente der Zuverlässigkeit, Gelassenheit und Selbstkontrolle.

In all diese Angst und Aggression mischten sich aber auch Aufregung und Neugier. Schon die Höhlenmenschen mochten sich gefragt haben, was genau sich des Nachts vor ihrer Behausung herumtrieb, wollten es unbedingt in Erfahrung bringen, und all diese Gefühle hatten sich im Laufe von hunderttausend Jahren kaum verändert.

Dutzende Wissenschaftler von der Waringer-Akademie und verschiedenen Universitäten, die wie Ameisen in diesen Saal des mittlerweile gesicherten TLD-Towers geströmt waren, verspürten zwar ebenfalls Angst vor dem, was jeden Augenblick kommen mochte, doch so seltsam es mir vorkam – ihre Aufregung und Neugier waren stärker.

Die Aufregung, vielleicht einen gewaltigen Schritt tun zu können.

Die Neugier, hinter die Fassade des Transitparketts zu blicken. Die Hoffnung, dem Parkett seine Geheimnisse zu entreißen und sie vielleicht für eigene Zwecke einsetzen zu können.

Diese Aufregung und Neugier hatten vielen Höhlenmenschen das Leben gekostet, doch ohne sie wären sie wahrscheinlich nie aus ihren einigermaßen sicheren Unterschlüpfen getreten.

Es war eine seltsame Mischung, der sich meine paranormalen Sinne ausgesetzt sahen.

Während den Sicherheitsposten die Finger am Abzug juckten, versuchten die Wissenschaftler, sich an den TARAS vorbeizudrängen, um zum Ziel ihrer Begierde zu gelangen. Zum ersten Mal war uns ein funktionstüchtiges Transitparkett in die Hände gefallen!

Nur mit Prallfeldern konnten die Roboter die Experten zurückhalten, ohne sie allzu hart anzufassen.

Ich hatte meine eigenen Probleme: den Medoroboter, der um mich herumwieselte, um ein paar kleine Kratzer zu versorgen. Auf meine scheuchenden Handbewegungen reagierte er nicht, und irgendwann ignorierte ich ihn einfach, weil meine Aufmerksamkeit ausschließlich dem Parkett galt. Unter den gläsernen Dielen, die den Boden bildeten, unter dieser bedrohlich dünnen Schicht stieg aus einer unabschätzbaren Tiefe violettes Wogen und Wabern empor. Es stieß an die Unterseite der Glasdielen, zerrann, floss nach unten ab, sammelte sich wieder und stieg erneut auf.

Dieses Gewölk war unruhig. Als warte es auf etwas, lauere, wolle endlich zum Zug kommen. Tun, was es tun musste. Wie der Säbelzahntiger, der Witterung aufgenommen hatte, der roch und genau wusste, dass sich leichte Beute in der Höhle aufhielt, die er schlagen konnte, wenn er nur die Angst vor dem Feuer überwand, das im Höhleneingang flackerte.

Es war schlicht und einfach unheimlich.

Ich war geradezu erleichtert, als eine durchdringende Stimme, die ich sofort erkannte, durch den Saal dröhnte. »Shanda Sarmotte zum Ausgang C. Shanda Sarmotte umgehend zum Ausgang C!«

Es war schön, Reginald Bulls Stimme zu hören. Er war für mich ein genauso wichtiger Ruhepol wie die TARAS, die keine Gedanken hatten, die ich erfassen konnte und die ich nur sah. Und er erinnerte mich an meine Aufgabe und riss mich aus der Betrachtung des Parketts.

Ich blickte auf den Zeitmesser. Es war halb sieben am 2. Dezember 1469 NGZ, Terrania-Standardzeit.

Als ich zum Ausgang C ging, folgte mir der Medoroboter wie ein Schoßhündchen.

 

*

 

Ich bahnte mir den Weg durch das strukturierte Gefüge aus Raumlandesoldaten, TARAS und Wissenschaftlern. Dabei schien ich die einzige Person zu sein, die sich von dem Parkett entfernen wollte. Alle anderen strebten ihm entgegen. Trotz des Wogens und Waberns, trotz der Fagesy, die jeden Augenblick kommen mochten.

Reginald Bull hatte am Ausgang C eine Oase der Ruhe geschaffen. Prallfelder sorgten für einen gewissen Abstand zum allgemeinen Getümmel, ein Akustikfeld für die nötige Ungestörtheit.

Er blickte kurz auf, als ich durch die Strukturlücke trat. »Schön, dass du da bist, Shanda«, sagte er. Er klang etwas ungehalten, erkundigte sich aber nicht nach dem Grund meiner Verspätung.

Es wäre mir peinlich gewesen, hätte ich eingestehen müssen, dass ich mich fast nicht von dem Wogen und Wabern des Parketts hatte lösen können. »Dann sind wir endlich komplett. Wir haben nicht mehr viel Zeit.«

Komplett. Ein kleiner elitärer Kreis.

Da war Toufec. Ein Mann aus einer anderen Zeit, der Dinge gesehen hatte, von denen Normalsterbliche nicht einmal träumen konnten. Dessen Loyalität einzig und allein Delorian Rhodan gehörte. Und der mich auf eine Art und Weise beeindruckte, die mir gar nicht gefiel.

Ich schämte mich deshalb nicht. Menschen veränderten sich, kamen zusammen, gingen auseinander. Verloren sich aus den Augen ... und Gedanken.

In Toufecs Gedanken war ich allerdings eingedrungen.

Odo Ollowa grinste mich an. Der kleine, kompakte Terraner mit den breiten Schultern schien sich aufrichtig zu freuen, mich zu sehen.

Genau wie Daniil Veriaso, der Bedächtigere des Zweier-Teams mit seinen verstrubbelten Haaren und den langen Armen.

Die beiden waren ausgebildete Saboteure der Raumlandeverbände oder – vornehmer ausgedrückt – »Spezialisten für Funktionsanalyse und prophylaktische Intervention«.

Auch um sie scharwenzelten mit leisem Summen Medoroboter, versorgten sie medizinisch und medikamentös und verpflegten sie. Schließlich hatten sie bei der Eroberung des TLD-Towers die Hauptlast getragen, und nun wartete bereits der nächste Einsatz auf sie.

Ihr TARA-VII-UH-Roboter Stainless Stan schwebte neben ihnen. Stan unterschied sich äußerlich nicht von den TARAS, die das Parkett sicherten: eine kegelförmige, gliedlose Konstruktion mit halbkugeligem Ortungskopf und vier Waffenarmen, zweieinhalb Meter groß, aus Ynkonit geschmiedet. Er bewegte sich auf Antigravfeldern und per Gravopuls-Antrieb, war demnach gleit- und flugfähig. Er wurde von einem Hochenergie-Überladungsschirm geschützt und war ein wandelndes Waffenarsenal: je ein Impuls- und Intervallstrahler, zwei Kombistrahler mit Thermo-, Desintegrator- und Paralysator-Modus. Seine Zentral-Individual-Steuerung war biopositronisch ausgelegt.

Man konnte sich in seiner Gegenwart einigermaßen sicher fühlen.

Die TARAS wurden bei den terranischen Raumlandetruppen meist in Mensch-Roboter-Zweierteams eingesetzt. Sie konnten als Vorhut, zur Aufklärung und als Beschützer eingesetzt werden. Bei Stainless Stan stritten Odo und Daniil jedoch ständig darüber, wer von den beiden der verantwortliche »Roboterführer« war, was auf Außenstehende mitunter ein wenig peinlich wirkte. Aber ich kannte die beiden mittlerweile und mochte sie.

Ich sah Reginald an. Er erwiderte meinen Blick, wich ihm nicht aus. Es hatte eine Zeit gegeben, da hatte er bei mir jeden Gedanken an Rence verdrängt. Aber es war nie etwas daraus geworden. Zum Glück. Er hatte seine Fran. Und ich ...

»Das ist also das Team, das so schnell wie möglich über das Parkett nach Druh gehen soll«, sagte Reginald.

 

*

 

Toufec sah Reginald ausdruckslos und eher gelangweilt an, Odo und Daniil standen stramm.

Ich räusperte mich. Bevor ich jedoch etwas sagen konnte, aktivierte Reginald über das Terminal, vor dem er stand, eine Holoverbindung.

Mit Chourtaird.

Mich schauderte leicht, wann immer ich den Sayporaner sah. Er wirkte auf mich uralt, wie ein Greis. Er stand vornübergebeugt und war so hager, dass er brüchig erschien.

Er schaute in die Holo-Schnittstelle, und sein rechtes Auge blinzelte milchig blind. Es tränte, wobei es ein kupferfarbenes, metallisch wirkendes Sekret absonderte.

Wenigstens kam er mir jetzt wie ein alter Herr vor und nicht wie eine alte Dame. Dann benahm er sich durchaus etwas überkandidelt.

Der Sayporaner Chourtaird gehörte, wie bereits der Name anzeigte, zur Berufsgruppe Chour. Er war kein Botschafter, kein Formatierer, kein Prokurist, auch kein Inspektor oder Militär. Die Chour waren vielmehr eine Art von gestaltenden Soziologen, die die Entwicklung der sayporanischen Gesellschaft steuern sollten, was jedoch vor langer Zeit völlig aus dem Ruder gelaufen war. Daraufhin waren die Chours entmachtet und degradiert worden.

Chourtaird gefiel der Weg nicht, den die Sayporaner seitdem genommen hatten. Doch konnten wir ihm wirklich vertrauen? Hatte er sich tatsächlich auf die Seite der Terraner geschlagen, oder verfolgte er eigene Ziele?

Vielleicht traf beides zu. Ich hatte nichts dagegen, solange seine Ziele auch die unsrigen waren.

Wie pflegte Toufec manchmal zu sagen? Die zuverlässigsten Freunde sind die Feinde deiner Feinde.

Der Sayporaner wandte den Blick wieder von dem Aufnahmegerät ab, setzte die Tätigkeit fort, bei der Reginald ihn offensichtlich unterbrochen hatte.

»Wie ich sehe, arbeitest du fieberhaft«, sagte Reginald.

Ich musste ein Grinsen unterdrücken. Wenn man das bei einem Sayporaner so sagen konnte ...

Chourtaird antwortete nicht. Ich fragte mich, wieso Reginald dem Sayporaner solch ein Vertrauen schenkte.

»An der Justierung des Transitparketts, nehme ich an.« Reginald rief weitere Holos auf. Die terranischen Wissenschaftler beobachteten den Sayporaner, machten Aufzeichnungen. Chourtaird ließ sie einfach gewähren, als nähme er sie gar nicht zur Kenntnis.

»Das Protokoll des Parketts hat ergeben«, sagte er ruhig, »dass tatsächlich etliche Sayporaner über das Parkett gegangen sind. Mit unterschiedlichen Zielorten. Auch einige Fagesy sind entkommen.«

Damit verriet er nichts Neues. Etliche Fagesy waren jedoch gefangen genommen worden. Reginald hatte überprüfen lassen, ob ihr Anführer Chossom unter den Gefangenen war, doch das schien nicht der Fall zu sein.

»Besteht die Gefahr, dass die Sayporaner das Parkett benutzen, um neue Truppen in den TLD-Tower zu schicken?« Reginald sah diese Möglichkeit durchaus. Genau deshalb hatte er das Parkett von Dutzenden TARAS umstellen lassen.

»Das glaube ich nicht«, erwiderte Chourtaird.

»Und wie kommst du voran?«

»Ich käme schneller voran, wenn du mich nicht störtest.«

Reginald unterbrach die Verbindung. Ich fragte mich, wieso er diesem Sayporaner dermaßen vertraute, dass er ihn schalten und walten ließ, wie es ihm beliebte. Aber mir blieb nichts übrig, als seiner Einschätzung zu vertrauen.

»Also«, sagte Reginald. »Fassen wir zusammen, während Chourtaird an der Arbeit ist. Der Auftrag des Kommandos ...«

Ich verzog das Gesicht und hoffte, dass niemand es bemerkte. Reginald hatte das schon zweimal mit uns durchgekaut und peitschte es nun ein drittes Mal durch, weil sein sayporanischer Vertrauter noch keine Ergebnisse erzielt hatte.

»Vorstoß zur und möglichst nachhaltige Ausschaltung der Raumüberwachung für das Weltenkranz-System«, fuhr Reginald ungerührt fort. »Das komplexe Überwachungssystem hat nämlich eine Schwachstelle: das Informationskabinett oder – sayporanisch: – das Thauta Theann.«

Chourtaird hatte ihn gut instruiert. Ich hoffte es jedenfalls.

»Dieses Informationskabinett sammelt alle eingehenden Informationen und leitet sie der Akademie für Logistik zu. Diese Monopolisierung der Informationsverarbeitung ist vergleichsweise neu; sie wurde im Zug der Machtübernahme der Akademie durchgesetzt.«

Das weiß ich schon , dachte ich, hütete mich aber, es laut zu sagen.

»Allerdings gibt es, was das Thauta Theann angeht, ein kleines Problem: Das Informationskabinett ist, wie Chourtaird uns informiert hat, mobil. Und es ist – da es ein Geheimprojekt der Akademie für Logistik ist – auch nicht bekannt, wie es aussieht.«

Ich lachte leise auf. »Alles andere wäre auch zu einfach gewesen, oder?«

Reginald funkelte mich wütend an, sagte jedoch nichts.

Dann wandte er sich den Details der Mission zu.

 

*

 

Chourtaird brauchte insgesamt eine geschlagene halbe Stunde, um das Parkett neu zu justieren. »Als Ziel habe ich ein sogenanntes Taychour auf Druh eingestellt, ein altes und wahrscheinlich weitgehend verlassenes Meditationszentrum der Chour«, teilte er schließlich mit.

»Warum gerade das?«, fragte Reginald.

»Es wären auch andere Parkette in Reichweite, aber diese anderen Zielorte könnten von militärischem Interesse, also entsprechend gesichert sein. Das Taychour hingegen ist ein Ort, der der persönlichen Selbstversenkung der Sayporaner dient, ihrer Selbstfindung, ihrem psychischen Wohlbehagen ...«

»Ein Wellnesscenter«, spöttelte ich. »Genau, was ich jetzt brauche.«

Reginald sah mich erneut an, verzog dann aber ebenfalls leicht die Mundwinkel.

Nicht jedem hätte er so eine Bemerkung durchgehen lassen. Ich nahm das als Gunstbeweis. Er mochte mich.

Der Medoroboter, der mir gefolgt war, stellte seine Bemühungen um mein Allgemeinbefinden ein. Offenbar war er mit dem Ergebnis zufrieden. Auch die Einheiten, die sich um Toufec und die beiden Funktionsanalytiker gekümmert und kleinere Schrammen versorgt hatten, zogen sich zurück.

»Wellnesscenter?«, wiederholte Chourtaird. »Genau. Aber ob es sich nun um eine zivile Einrichtung handelt oder nicht, die Überwachungseinrichtungen auf Druh werden registrieren, dass das Parkett aktiviert wird. Und sie werden reagieren. Viel Zeit wird der Gruppe nicht bleiben.« Der Sayporaner zögerte kurz, während er mit seiner eigentlichen Arbeit fortfuhr. »Die Lage Druhs im Allgemeinen ist euch bekannt?«

Natürlich war sie das. Wir hatten bereits Datenträger mit allen relevanten Informationen studiert.

Druh war einer von 18 Planeten der roten Riesensonne Banteira – er umkreiste sie ebenso wie Saypor, Sadoyra, Pareezad und Gadomenäa wie ein Planetenkranz auf der Bahn des dritten Planeten. Die fünf Welten des Kranzes hielten immer denselben Abstand zueinander und ähnelten einander sehr in allen wesentlichen Belangen wie Größe, Schwerkraft und so weiter.

»Druh ist eine unter dichten Wolken liegende Regenwelt«, fuhr Chourtaird fort. »Es regnet dort seit Jahrtausenden. Das ist natürlich nur dank einer meteorologischen Manipulation möglich. Alles auf dieser Welt ist dunkel, verhangen.«

Das war mir schon beim Studium des Datenträgers aufgefallen. Aber das Motiv begriff ich nicht. »Warum? Wieso diese Manipulation?«

Chourtaird zögerte. »Das ist eine innere Angelegenheit Druhs und der Druhsporaner.«

»Weißt du es nicht«, hakte ich nach, »oder willst du es nicht sagen?«

Er wandte den Blick ab und beschäftigte sich wieder mit dem Transitparkett. Er wusste es nicht. Darauf hätte ich gewettet.

»Ich habe mich nie darum gekümmert«, sagte er schließlich, ohne aufzublicken. »Ich weiß jedoch, dass sich auf Druh die Bergungsakademie befindet, die für die Leichen von Superintelligenzen zuständig ist, außerdem die Akademien der Botschafter und für Logistik, die zuständig für die Planung von Kriegen und anderen Militäroperationen ist.«

Diese Akademie war unser eigentlicher Feind. Chourtaird zufolge hatte die Akademie für Logistik die gesamte Zivilisation der Sayporaner übernommen und die eigentliche Regierung zu einem Marionettentheater degradiert. Paichander, der Dekan der Akademie, war der eigentliche Herrscher. Ihm zur Seite standen in erster Linie Paigaross, der Inspektor der Bergungsakademie, und Paifhaz, dem die Akademie der Botschafter unterstellt war. Aber auch die Inspektoren der anderen Akademien hatte er angeblich unter seinen Einfluss gebracht.

»Wie sieht es aktuell auf Druh aus?«, fragte Reginald. »Jede neue Information könnte für uns wichtig sein.«

»Wie gesagt, das weiß ich leider nicht«, antwortete unser Verbündeter. »Nur so viel noch ... Viele Sayporaner sind in den alten Zeiten auf den Planeten gegangen, um besondere Meditationen zu üben, sich ihrer Angst zu stellen. Ich selbst habe dafür nie ... eine Veranlassung gesehen.«

So einschmeichelnd seine Stimme klang, mir fiel durchaus das kurze Stocken in seinem letzten Satz auf. Plötzlich war ich mir sicher: Irgendetwas verschwieg er. Er sagte uns nicht die ganze Wahrheit.

Was mich noch misstrauischer machte. Die Expedition nach Druh gehörte zu Chourtairds Plan, und unsere Operation dort, der Schlag gegen die Akademie für Logistik, war Teil der Bedingungen, die er gestellt hatte. Reginald würde es vielleicht nicht ganz so krass ausdrücken. Er hatte den dringenden Wunsch geäußert ... Oder so ähnlich.

Wir mussten diesen Schlag führen, oder Chourtaird würde den Terranern nicht mehr gegen die Spenta beistehen. Er erwartete von uns, dass wir die militärischen Abwehreinrichtungen auf Druh sabotierten und den Planeten wie auch das System angreifbar machten, alles mit dem Ziel, die Akademie für Logistik so bald wie möglich aus dem Spiel zu nehmen.

Unser Team war klein, weil einerseits das Parkett nur diese Personenzahl fasste und andererseits auch die Kapazität von Pazuzu, Toufecs Dschinn – eigentlich ein Nano-Hilfsmittel –