Image

LEKTÜRESCHLÜSSEL
FÜR SCHÜLERINNEN UND SCHÜLER

Johann Wolfgang Goethe

Götz von Berlichingen

Von Kathleen Ellenrieder

Reclam

Dieser Lektüreschlüssel bezieht sich auf folgende Textausgabe: Johann Wolfgang Goethe: Götz von Berlichingen mit der eisernen Hand. Ein Schauspiel. Anm. von Volker Neuhaus. Stuttgart: Reclam, 2002 [u.ö.]. (Universal-Bibliothek. 71.)

Alle Rechte vorbehalten
© 2003, 2013 Philipp Reclam jun. GmbH & Co. KG, Stuttgart
Gesamtherstellung: Reclam, Ditzingen
Made in Germany 2013
RECLAM, UNIVERSAL-BIBLIOTHEK und RECLAMS UNIVERSAL-BIBLIOTHEK sind eingetragene
Marken der Philipp Reclam jun. GmbH & Co. KG, Stuttgart
ISBN 978-3-15-960208-0
ISBN der Buchausgabe 978-3-15-015331-4

Inhalt

1. Erstinformation und Hinführung zum Werk

2. Inhalt

3. Personen

4. Die Struktur des Werks

5. Wort- und Sacherläuterungen

6. Interpretation

7. Autor und Zeit

8. Zur Rezeption

9. Checkliste

10. Lektüretipps

Anmerkungen

1. Erstinformation und Hinführung zum Werk

In bunten, anschaulichen Szenen lässt Goethe in seinem Schauspiel das seinerzeit vergessene Rittertum des Spätmittelalters wieder aufleben. Hauptfigur des Stücks ist der Ritter Gottfried (Götz) von Berlichingen, dessen historisches Vorbild 200 Jahre vor Goethe lebte.

Mit diesem Werk hat Goethe eine für die damalige Zeit innovative Theaterkonzeption geschaffen: Wie in einem Panorama will er seinen Zeitgenossen die Vergangenheit vergegenwärtigen. Deshalb dienen etliche Szenen und handelnde Personen in erster Linie dazu, unterschiedliche Bereiche historischen Lebens zu veranschaulichen. So bringt er bis zum Ende des Stücks immer neue Figuren auf die Bühne, wie sie in den spätmittelalterlichen Städten gelebt haben mochten: Hofstaat, Ratsherren, schaulustige Prozesszuschauer, Reiterheere, Knechte. Die dramatische Handlung erscheint dadurch besonders bewegt und lebensecht. Goethe reiht eine bunte Einzelszene an die andere, verzichtet dabei oft auf fließende Übergänge oder direkte Zusammenhänge. Verbunden sind die einzelnen Sequenzen allein durch Goethes Anspruch einer Gesamtbetrachtung der Geschichte: Das Publikum soll die Vielfalt und die menschlichen Widersprüchlichkeiten einer versunkenen Epoche nacherleben. Jede Szene, jede Figur, jeder Schauplatz ist dabei ein Baustein dieser Gesamtbetrachtung. Goethe nennt es »innere Geschichte« der Vergangenheit; sie zieht sich wie ein roter Faden durch das Stück und enthält eine Botschaft an das Publikum.1 So gibt das Thema des Stücks, die Geschichte und das Schicksal des »edlen« Götz von Berlichingen, Lehren für die Gegenwart. Als aufrechter Vorfahr, als Vorbild der Deutschen wird der kämpferische Reichsritter dargestellt, der sich auch unter der letztendlich stärkeren Macht gesellschaftlicher Konventionen nicht verbiegen lässt.

2. Inhalt

Goethe hat seinen Götz von Berlichingen nach klassischem Dramenschema in fünf Akte eingeteilt, die insgesamt aus 56 Einzelszenen bestehen (– im Folgenden gezählt, mit Seitenangabe in Klammern).

Erster Akt (5–37)

1 (5). In einer Waldherberge streiten sich die rebellischen Bauernführer Metzler und Sievers mit zwei Kundschaftern des Bischofs von Bamberg. Hintergrund ist ein Zwist des mächtigen Kirchenfürsten mit dem Ritter Götz von Berlichingen. Götz, den die Bauern unterstützen, lässt unterdessen nach seinem ehemaligen Jugendfreund Adelbert von Weislingen suchen; dieser lebt am Hof des Bischofs.

2 (7). Götz und seine Reiter lauern Weislingen schon seit Tagen auf, nachdem ihnen der Bischof zuvor entkommen konnte. Ein Klosterbruder macht Götz seine Aufwartung. Er bewundert den Unabhängigkeitssinn des kaisertreuen Ritters, der sich gegenüber den mächtigen Territorialfürsten wacker behauptet. Da meldet Götz’ Knecht Georg die Ankunft feindlicher Reiter. Götz stürmt ihnen mit seinen Getreuen entgegen.

3 (14). Auf Götz’ Burg Jagsthausen bangen seine Ehefrau Elisabeth, sein kleiner Sohn Carl und seine Schwester Maria um die Heimkehr des Ritters. Elisabeth hält Weislingen für einen Verräter, weil dieser den Kaiser gegen ihren Mann einzunehmen versucht. Kurz darauf treffen Götz’ Leute mit dem gefangenen Weislingen ein. Götz bietet seinem ehemaligen Weggefährten die Hand; Weislingen schlägt ein.

4 (25). Kurz bevor die Nachricht von Weislingens Gefangennahme in Bamberg eintrifft, erörtert der Bischof mit seinen Getreuen seine Sicht der politischen Lage. Hauptthema ist das deutsche Rechtssystem: die römische Rechtsprechung mit ihrer universellen Anwendbarkeit hat inzwischen das mittelalterliche Faustrecht des Rittertums abgelöst. Dem Bischof von Bamberg sind die alten Reichsritter (Berlichingen und seine Freunde Sickingen und Selbitz) ein Dorn im Auge. Sie unterstehen allein dem Kaiser und weigern sich deshalb, den modernen Territorialstaat und dessen Machthaber anzuerkennen. Außerdem wirft der Kirchenfürst den Rittern Raubzüge vor.

5 (31). Weislingen verlobt sich inzwischen mit Maria von Berlichingen. Vertrauensvoll entlässt Götz den Bräutigam seiner Schwester nach Bamberg, damit er sich dort verabschieden kann. Da überbringt Weislingens Knecht Franz seinem Herrn die Grüße des Bischofs. Er berichtet auch begeistert von einer schönen und reichen jungen Witwe, Adelheid von Walldorf, die derzeit am Bamberger Hof nach einem neuen Mann Ausschau hält.

Zweiter Akt (38–56)

1 (38). Dem Bischof macht derweil Weislingens Frontenwechsel zu schaffen. Er beauftragt seinen Hofnarren Liebetraut damit, Weislingen zurückzuholen. Als Lockvogel soll die schöne Adelheid dienen.

2 (41). In Jagsthausen planen Götz und sein Bundesgenosse Hans von Selbitz einen Racheanschlag gegen die Reichsstadt Nürnberg. Mit einem Überfall auf einen Kaufmannszug wollen die Ritter die Nürnberger Stadtväter dafür bestrafen, dass sie den Bamberger Bischof unterstützen und einen Knecht gefangen genommen haben.

3 (42). Unterdessen berichtet Liebetraut dem Bischof von seinem geglückten Versuch, Weislingen durch »Weiber-, Fürstengunst und Schmeichelei« wieder nach Bamberg zu locken.

4 (43). Im Spessart erwarten Götz, Selbitz und Georg die Nürnberger Kaufleute. Die Ritter schicken Georg als Bamberger Reiter verkleidet an den Hof des Bischofs, um dort nach Weislingen zu fahnden.

5 (44). In Bamberg macht der Bischof dem noch schwankenden Weislingen heftige Vorwürfe. Da lässt Adelheid Weislingen zu sich rufen. Er folgt, beabsichtigt aber, anschließend nach Jagsthausen zurückzukehren.

6 (46). In Adelheids Zimmer kann sich Weislingen den Reizen der schönen Witwe kaum entziehen; umso härter treffen ihn ihre Vorwürfe, sich mit einem Raubritter gegen Kaiser und Reich verbündet zu haben. Adelheid gibt Weislingen zu verstehen, dass er am Bamberger Hof viel freier und mächtiger sein könnte denn als Bundesbruder eines Standes, dessen Tage gezählt sind. Weislingens Argumente (freundschaftlicher Treueeid, Verlobung, Heldenmut und Freisinn der Reichsritter) weist Adelheid kategorisch zurück. Um den entflammten Weislingen vollends zu verwirren, entlässt sie ihn in Ungnade.

7 (49). Adelheid verweigert dem schmachtenden Weislingen jeden Kontakt; verwirrt beschließt Weislingen, doch noch am Bamberger Hof zu übernachten.

8 (49). Georg berichtet Berlichingen inzwischen aus Bamberg: Weislingen hat ihm gegenüber seiner Verbindung zu Götz entsagt, sich mit dem Bischof versöhnt und ein Auge auf die schöne Adelheid geworfen.

9 (51). Adelheid treibt den grübelnden Weislingen weiter in die Enge; gleichzeitig macht sie ihm eine Allianz mit ihr und dem Bischof schmackhaft.

10 (54). Bei einer Bauernhochzeit erfahren Berlichingen und Selbitz vom langwierigen und kostspieligen Procedere moderner Gerichtsprozesse römischen Rechts. Angesichts der Missstände fühlt sich Berlichingen in seinem Festhalten an der mittelalterlichen Rechtsprechung bestätigt.

Dritter Akt (57–83)

1 (57). Zwei von Berlichingen überfallene Kaufleute beklagen sich beim Kaiser. Dieser wird von Weislingen begleitet, der die Reichsritter für die Unruhen im Land verantwortlich macht. Weislingen drängt den Kaiser dazu, die Ritter wegen Bruchs des Treueeids zu bestrafen. Der Kaiser beschließt, Götz von Berlichingen auf seine Burg zu verbannen (Achtbefehl).

2 (59). In Jagsthausen hält inzwischen Götz’ Bundesgenosse, der Reichsritter Franz von Sickingen, um die Hand der verlassenen Maria an.

3 (60). Währenddessen sammelt sich ein Trupp kaiserlicher Soldaten, um Berlichingen vor das kaiserliche Reichsgericht der Stadt Heilbronn zu bringen.

4 (61). Berlichingen erhält die Nachricht vom kaiserlichen Achtbefehl: außerhalb seiner Burgmauern ist der Ritter vogelfrei, d. h., jedermann darf ihn straflos umbringen, wenn er sich aus seiner Burg entfernt. Um Berlichingen vor den Soldaten zu schützen, trommelt Sickingen Verteidiger zusammen.

5 (63). Weislingens Knecht Franz berichtet Adelheid von den Vorbereitungen zu Berlichingens Gefangennahme.

6 (64). Der junge Recke Lerse verdingt sich bei Götz. Selbitz kündigt an, mit fünfzig Mann Verstärkung zu Hilfe zu kommen. Georg meldet einen kaiserlichen Spähtrupp; Götz und Lerse werfen sich den Soldaten entgegen.

7 (66). Götz, Lerse und Georg nehmen einen feindlichen Knecht gefangen, der sich abseits der kaiserlichen Soldaten im Wald versteckt hat. Stolz erzählt Georg dem Knecht, dass Götz dessen Herrn gerade vom Pferd gestoßen habe.

8 (67). Dieser kann mit gebrochenen Rippen fliehen und berichtet im Heerlager seine Niederlage.

9