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Karlheinz Rossbacher
LESEN UND LEBEN

Karlheinz Rossbacher

LESEN UND LEBEN

Ein persönliches Alphabet

O T T O  M Ü L L E R  V E R L A G

www.omvs.at

ISBN 978-3-7013-1208-5
eISBN 978-3-7013-6208-0

© 2013 OTTO MÜLLER VERLAG SALZBURG-WIEN
Alle Rechte vorbehalten

Satz: Media Design: Rizner.at, Salzburg

Druck und Bindung: Druckerei Theiss GmbH, A-9431 St. Stefan Coverbild: Ulrich Staebner, Salzburg

Für Constanze, Bettina und Christian

Anstelle eines Vorworts. „Anderes betrachten, nicht immer nur das Eigene“, notierte sich Elias Canetti mit Blick auf seine Aufzeichnungsbücher, die zum Teil den Charakter von Tagebüchern haben, in seine Nachträge aus Hampstead. Wenn man ein Berufsleben lang das Andere betrachtet hat, Literatur von Autorinnen und Autoren, kann man auf den Gedanken kommen, Canettis Notat umzudrehen: Das Eigene betrachten, nicht immer nur Anderes. Aber wie, mit welchen Ermunterungen, und wie ausgiebig?

Ich bin ein Dutzend Mal oder öfter umgezogen; erhalten haben sich wenige ältere Fotos, keine frühen empfangenen Briefe, aus denen ich auf meine abgeschickten schließen könnte. Ich habe nie ein Tagebuch geführt, aber doch Aufzeichnungsbücher bzw. -hefte mit Zitaten, Einfällen, Notizen, Exzerpten aus allen möglichen Literaturen und Genres: Prosasätze, Gedichte, Aphorismen, Sentenzen, die mich beeindruckt haben. Aber ergiebige Daten und Dokumente fehlen. Eigentlich habe ich nur meine Memoria. Deshalb stand am Anfang dieses selbstbiografischen ABC eine Art Gedächtnisstärkungsprogramm, dahinter die reichlich kühne These, dass, wenn man sich in die Verzweigungen des Langzeitgedächtnisses hineintastet, auch das Kurzzeitgedächtnis davon Nutzen ziehen könnte. Die neuen Lebensdeuter und Einsager unserer Gesellschaft, die Hirnforscher, werden darüber lachen, und vielleicht haben sie ja recht, denn auf einen überzeugenden Beweis für meine These warte ich noch. (Wer hat mir bloß gestern im Bus welchen Film empfohlen?)

Ich bin im Zweiten Weltkrieg geboren, habe ihn jedoch kaum bewusst durchlebt. Dass mein Vater 1945 im Osten ums Leben kam, wohin er geschickt worden war, um die Rote Armee aufzuhalten, erfuhr meine Mutter erst im Jahre 1948. Das war allerdings einschneidend, denn da war zu erahnen, was eine vaterlose Kindheit bedeuten könnte. Aber weitere einschneidende Erfahrungen habe ich, wie meine Generation, nicht gemacht. Und auch nicht schlechte. Nach einigen Darbejahren wurde langsam alles immer besser.

Doch Generation hin oder her: Beim 2007 verstorbenen polnischen Reiseschriftsteller Ryszard Kapuściński lese ich, dass die Menschen sich heute vor allem für das Individuum interessieren. Kapuściński führt in Die Welt im Notizbuch Gründe dafür an, vor allem das Scheitern der großen Welt-Erklärungen, wie sie die totalitären Ideologien geliefert und sich dabei, blutig, kompromittiert haben. Dann schreibt er: „Das zunehmende Interesse für sich selber ist auch eine Abwehrreaktion gegenüber einer Welt, die überfrachtet ist mit Informationen, die in ihrer Fülle und ihrem Übermaß unsere Psyche und Empfindsamkeit gefährden.“ Er setzt hinzu, dass, je mehr Demokratie sich ausbreitet und Freiheit sich verwirklichen lässt, das Individuum unabhängiger und selbständiger werden und ein Bewusstsein eigener Kraft, aber auch eigener Schwächen erlangen kann. Das erhöht das Interesse an eigener Lebensvergangenheit. Und da hört man Johann Wolfgang Goethe: „Wir lieben nur das Individuelle; daher die große Freude an Vorträgen, Bekenntnissen, Memoiren, Briefen und Anekdoten abgeschiedener, selbst unbedeutender Menschen. Die Frage: ob einer seine eigene Biografie schreiben dürfe, ist höchst ungeschickt. Ich halte den, der es tut, für den höflichsten aller Menschen.“

Das ermuntert. Zwar: Bekenntnisse möchte ich nur in Maßen abliefern, Memoiren nur wörtlich als Gedächtniszeugnisse. Und der höflichste aller Menschen im Sinne Goethes bin ich vielleicht auch nicht geworden. Trotzdem leichtes Zögern: Goethe schrieb das vor zweihundert Jahren. Da war das Individuum gerade entdeckt, und Goethes Autobiografie wurde in ihrer Ablaufstruktur zum klassischen Modell für zahlreiche andere. Hat Giuseppe Tomasi di Lampedusa, der sizilianische Schriftsteller und Solitär der Weltliteratur, dessen Lebenszeit, er starb 1957, noch in meine hereinragte, Goethe gelesen? Einige seiner Sätze klingen danach:

„Ein Tagebuch führen oder in einem bestimmten Alter seine Erinnerungen schreiben, müsste von ‚Staats wegen verordnet‘ sein: der Stoff, der sich nach drei, vier Generationen aufgehäuft hätte, würde einen unschätzbaren Wert darstellen: viele psychologische und historische Probleme, die die Menschheit peinigen, würden sich lösen. Es gibt keine Erinnerungen, mögen sie auch von unbedeutenden Persönlichkeiten geschrieben sein, die nicht gesellschaftliche und geradezu malerische Werte ersten Ranges enthielten.“

Lassen wir einmal den Staat beiseite und vor allem auch die Frage – die Tomasi di Lampedusa wohlweislich gar nicht erst aufgeworfen hat –, wie denn solche Papiergebirge von Erinnerungen zu ordnen, verwalten, verfügbar und damit „unschätzbar“ wertvoll zu machen wären, so klingt das ebenfalls ermunternd. Aber dazwischen gibt es blinkende Gelblichter: Ich höre den Schriftsteller Max Frisch, den Fachmann für autobiografisches Schreiben: „Jedermann erfindet sich früher oder später eine Geschichte, die er für sein Leben hält, oder eine ganze Reihe von Geschichten.“ Und ich höre auch den Schriftsteller Alfred Döblin: „Eine wirkliche Autobiographie ist nicht möglich. Denn man kann nicht zugleich der Mann sein, der in den Spiegel schaut, und der Spiegel.“

Es ist aber interessant, dass Goethe und Tomasi di Lampedusa allgemein von Erinnerungen sprechen, nicht aber vom literarischen Genre Autobiografie. Von Czesław Miłosz, dem polnischen Nobelpreisträger für Literatur (1980) gibt es ein Buch mit dem Titel Mein ABC. Von Adam und Eva bis Zentrum und Peripherie. Er meinte nicht einen chronologischen Ablauf seines Lebens, sondern kurze Texte, nach Stichworten alphabetisch gereiht: Kurzeinblicke in sein Leben, historische Rundblicke und natürlich auch Reflexionen über Literatur, manchmal alles in einem. Damit vermied er eine Ablauf-Autobiografie vom Geborenwerden bis zum Zeitpunkt der Niederschrift, mit ihrem chronologischen Und-dann-und-dann und mit ihrer Suche nach Kausalitäten: was, was vorher, was warum nachher. Dagegen vertritt ein ABC nur scheinbar eine ablaufende Ordnung, inhaltlich läuft es auf Bruchstücke hinaus.

Der englische Schriftsteller Julian Barnes: „In jungen Jahren kann man sich an sein kurzes Leben in seiner Gesamtheit erinnern. Später wird die Erinnerung etwas aus Fetzen und Flicken Zusammengesetztes.“ Vielleicht haben Miłosz und Barnes einen Brief Paul Valérys an Jeannie Valéry gekannt und sich zu Kopfe genommen: „Es ist seltsam, wie der Lauf der Zeit jedes Werk – und also jeden Menschen – in Fragmente verwandelt. Nichts Ganzes überlebt – genau wie in der Erinnerung, die immer nur aus Trümmern besteht und sich immer nur über Fälschungen präzisiert.“ Die ABC-Methode verleitet weniger zur Fälschung, hält das Zusammenhäkeln fraglicher Zusammenhänge hintan und gebietet Zurückhaltung beim Ausbreiten von Befindlichkeiten.

Ein Satz von Botho Strauß hängt an meiner Pinnwand: „Befindlichkeiten sondieren, das ist, als wollte einer Badeschaum an die Wand nageln.“ Daneben klebt ein weiterer Gedanke Ryszard Kapuścińskis: In unserer Zeit der zunehmenden Geschichtsvergessenheit werde Geschichte ersetzt durch Collage. Das mag auch für eine persönliche Lebensgeschichte gelten. Wenn man sein Leben besser verstehen will und mit SØren Kierkegaard der Meinung ist, dass man es zwar vorwärts leben muss, aber nur rückwärts verstehen kann, dann braucht man sich nicht mit allzu großen Bedenken an eine Niederschrift von Gedächtniskonserven machen. Und das heißt: mit einem selbst-biografischen Fleckerlteppich als Resultat. Ein Fleckerlteppich ist eine Art Collage, ist nicht überall gleichförmig verknüpft, zeigt nicht nur spektakuläre Farben und wenig Muster, aber es ist ein Teppich. Eine Ermutigung finde ich auch noch beim Philosophen Arthur Schopenhauer. Man müsse bedenken, schreibt er, „daß weder zum Leisten, noch zum Genießen unsere Fähigkeiten das ganze Leben hindurch vorhalten. Daher kommt es, (…) daß wir mit den Vorarbeiten zu einem Werke die Jahre hinbringen, welche derweilen unvermerkt uns die Kräfte zur Ausführung desselben rauben.“ Der Schriftsteller John Updike war gerade einmal 74 Jahre alt, als er schrieb: „Der Grips lässt nach, die Zeit wird knapp.“ Ein springender Brunnen, wie Martin Walser ein Erinnerungsbuch genannt hat, springt nicht kontinuierlich, vielleicht nur in Schüben, und vielleicht gar nur einmal.

Der französische Schriftsteller Alain, Verfasser von originellen „propos“ (siehe A wie Alain), meinte einmal, das Bedürfnis zu schreiben entspringe der Neugier wissen zu wollen, was man schreibend finden und begreifen wird. Zugleich ist auch ein anderer Gedanke Alains interessant: dass man eine Idee von demjenigen lernen soll, der sie erfunden hat. Ich wandle das ab und verstehe es so: Was man meint, sagt so manches Mal die Literatur besser. Wenn das der Fall ist, zitiere ich. Der deutsche Journalist und Schriftsteller Henning Ritter notierte sich in seine Notizhefte, dass das Zitat den Abstand zum Leser vergrößere. Ich glaube ihm nicht. Der spanische Schriftsteller Jorge Semprún meinte in seinem Buch Der Tote mit meinem Namen, Zitate seien „Krücken eines noch unschlüssigen Denkens“. Auch ihm glaube ich nicht. Solange man mit Schriftstellerinnen und Schriftstellern auf einem jederzeit belegbaren Zitatenwege respektvoll und nicht kumpel-haft verkehrt, können sie einem aus Unschlüssigkeiten heraushelfen und, im Sinne Alfred Döblins, den einen oder anderen Spiegel leihen, und dann ist man nicht immer nur sein eigener.

Alain. Der französische Schriftsteller Alain hieß eigentlich Émile-Auguste Chartier und lebte von 1868 bis 1951. Mit Alain erging es mir wie mit manch anderer Literatur: Ich wurde früh, vor fünfzig Jahren etwa, auf ihn aufmerksam gemacht: Alain müsse man gelesen haben. Meinem Magerfranzösisch durfte ich nicht wirklich trauen, und so vergaß ich die Leseempfehlung. Dann stieß ich auf Übersetzungen ins Deutsche, überging sie aus irgendeinem Grunde abermals. Und dann, vor zwanzig Jahren, blieb eines seiner Bücher in meinen Händen und sorgte für anhaltende Neugier.

Alain wird als philosophischer Schriftsteller und Journalist bezeichnet. Das Erste trifft auf eine besondere Weise zu, das Zweite nicht. Nur weil jemand regelmäßig für eine Zeitung schreibt, ist er noch kein Journalist. Ab 1906 veröffentlichte Alain seine Propos d’un Normand für die radikalsozialistische Tageszeitung Dépéche de Rouen. Er schrieb diese Propos kontinuierlich über die Jahre hinweg, und auch als ihn 1936 ein Schlaganfall teilweise lähmte, schrieb er sie weiter. Es sind in Summe an die 5.000. Sie sind seine spezielle Gattung geworden, den Begriff „propos“/Propos verbindet man mit ihm mehr als mit irgendeinem anderen Namen aus der Literatur. Die Gattung ist ein Solitär unter den literarischen Formen, Alain ist ein Solitär unter den Schriftstellern. Während eine so unverwechselbare Gattung wie das japanische Haiku von Menschen quer über die Welt geschrieben wird, ist das Schreiben von Propos an seinen Erfinder gebunden geblieben.

Der Gattungsname Propos ist an sich unübersetzbar. Im Nachwort zu Alains Band Die Pflicht glücklich zu sein schreibt Albrecht Fabri, ein Propos sei eine „äußerlich lockere, an einen beliebigen Anlaß anknüpfende Bemerkung.“ (Dabei ist vielleicht ein Gedanke an die Redewendung „à propos“ hilfreich, aber nur anfänglich.) Es sei „Prosa, die ganz Bewegung ist“, die ein Thema antippt und ihm dann in die Verästelungen seiner Bedeutungen folgt. Dabei breitet Alain eine Palette von Reflexionen aus, was ihm die Bezeichnung „philosophischer Schriftsteller“ eingetragen hat. Ein System verfolgt er nicht, und seine Propos sind nicht länger als zwei Seiten, bei einigen wenigen kommt eine halbe dazu. Es sind keine Texte, für die etwas Aktuelles recherchiert worden ist. Es sind keine dokumentarischen Orte oder Anlässe erkennbar, von denen aus Alain seine Kunst des kurzessayistisch-feuilletonistischen Schreibens entwickelt hat.

Der Dichter Fernando Pessoa (1888–1935), Vertreter der portugiesischen Moderne, hat in seinem berühmten, von seinem Halb-Heteronym, dem Hilfsbuchhalter Bernardo Soares aufgezeichneten Buch der Unruhe, neben der Gelehrsamkeit des Verstandes auch eine Gelehrsamkeit der Sensibilität gefordert. Alain ist, obwohl direkte Bezüge zu Pessoa sich nicht aufdrängen, eine Verkörperung von Gelehrsamkeit und Empfindsamkeit. Bei ihm haben zudem eingehendere Betrachtungen etwas Legeres. Das ist auch der Grund, warum sich manche Abschnitte gleichsam Zeit lassen, sich dem Leser einzuprägen. Alain ist auch ein Autor für Menschen, die zu Nachdenklichkeit neigen, aber nicht gerne lange Texte lesen.

Alains Themen sind weit gespannt. Aus dem Band Die Pflicht glücklich zu sein: Vorhersagen, Die Beredsamkeit der Leidenschaften, Von der Verzweiflung. Aus anderen seiner auf Deutsch erschienenen Sammlungen: Ökonomie, Pädagogik, Moral, Religion. Ein grundsätzlicher Gedanke scheint ihm über die Jahrzehnte Leitlinie gewesen zu sein: „Man muß an sich glauben; ohne diesen ganz zweckfreien Ausgangspunkt würde auf der Welt nichts unternommen; das wissen alle Praktiker.“ Wiederholt hat Alain über das Glück geschrieben, über Glück haben im Sinne von „luck“ ebenso, wie über das dauerhaftere Im-Glück-Sein. Sein Gedanke, man müsse sein Glück überhaupt erst einmal wollen, ist überraschend, meint man doch mit Sigmund Freud zu wissen, dass alle Menschen nach Glück streben. Doch wird man Alain zustimmen, wenn man einmal alle seine Freunde und Bekannten genau sichtet: Man wird durchaus auf einige stoßen, die eher dem Unglück als dem Glück hinterher sind. Die Vorstellung, dass jemand jemanden glücklich machen kann, beginnt man zu überdenken, wenn man liest: „Sowohl Mann wie Frau sollten ständig daran denken, daß das schönste Geschenk, das einer dem anderen machen kann, das eigene Glück ist.“ Alain reißt eine ganze Psychologie der großen Schurken der Geschichte an, wenn er schreibt: „Denn meiner Meinung nach sind die ganzen Leichen, Ruinen und Rüstungsausgaben das Werk von Menschen, die es nie verstanden haben, glücklich zu sein, und nicht ertragen können, andere glücklich zu sehen.“ In der Psychosomatik weiß er Bescheid und sensibilisiert dafür. Vielleicht wird jemand einmal die Ursachen eines Burnout nicht ausschließlich in Belastungen von außen oder in einer bösen Umgebung, sondern auch im Inneren des Einzelnen suchen, der versucht, Schläge auszuteilen, sie aber nicht anbringt: „Denn Bosheit macht einen großen Teil unserer Krankheiten aus.“ Ähnliches, und das ist kein bequemer Gedanke: „Das übertriebene Leid kommt zweifellos von den Gedanken, die wir darauf verwenden und mit denen wir sozusagen dauernd die wunde Seele abtasten.“ Wie mit der Zunge die schadhafte Plombe, möchte man hinzufügen.

Manchmal ähneln die Propos der Gattung Sentenz. Beamteten Unterrichtsplanern, die den Schülern vor allem Kompetenz und Diskussionsfähigkeit vermitteln und Sachinhalte hintan stellen wollen, möchte man schon einmal zurufen: „Ein kraftvoller Geist stellt nur Überlegungen an angesichts eines Objekts.“ Es gibt eben, wie ein Hirnphysiologe so nebenbei festgestellt hat, keine Diskussionsfähigkeit im datenfreien Raum. Wäre vorstellbar, dass Staatspräsidenten, Generalsekretäre, Generalstäbler, Rüstungs-industrielle sich von Alain-Lektüren beeinflussen ließen? Kaum. Trotzdem ist nicht undenkbar, dass manche von ihnen sich vor Augen halten würden: „Die Faust verletzt sich, die verletzt.“ Und würden sich vielleicht beim nächsten Mal überlegen, ob sie Krieg in Vietnam führen und sich dabei ihre großmilitärische Faust und ihr Land verletzen sollen, ob sie in Afghanistan einfallen und sich eine blutige Nase holen sollen, nur um eine kommunistische Marionette zu stützen, ob das Erdöl des Irak es wert war, in eine Niederlage zu schlittern und so weiter.

Viel noch wäre zu rühmen: dass man bei längerem Lesen den Propos anmerkt, dass sie eine „prose sans ratures“ sind, das heißt, dass Alain aus einem Guss schreibt, dass er die Sprache gleichsam ohne Streichungen und Verbesserungen fließen lässt; dass seine Kunst der Strichpunktsetzung deren stilistische Aufladung bewirkt; dass man fast immer glaubt, mehr gelesen zu haben als die jeweiligen zwei Seiten und auch, dass ein Charme seiner kurzen Texte mit langer Wirkung darin besteht, dass sie eine Schule der literarischen Merkfähigkeit fördern. Mich hat Alain dazu gebracht, schöne Sätze im Ohr noch aufmerksamer zu betreuen und zu konservieren, zum Beispiel diesen von Robert Walser: „Was wir verstehen und lieben, das versteht und liebt auch uns.“

Alkohol. Der Grazer Schriftsteller Wolfgang Bauer (1941–2005) begann im Jahre 1993 eine Prosa-Lesung im Kunsthaus Mürzzuschlag mit der Frage: „Was täte der Alkohol ohne die Menschen?“ Verblüffung gelungen. Die Frage stellte alles, was man über Alkohol zu wissen meinte, auf den Kopf, so wie in Wolfgang Bauers Theaterstücken, nicht nur in seinen sogenannten Mikrodramen, manche Dinge auf dem Kopf stehen. Nach der Lesung im Gasthaus, mit verschiedenen Alkoholika auf dem Tisch, ließ die surreale Wirkung zwar nach, hinterließ aber eine seltsame Gesprächigkeit über das Trinken von Alkohol. Das reichte von Bier und Most über Wein bis zur Vielfalt von Gebranntem. Während man beim Essen durchaus ausführlich und lange über Speisen, Rezepte und Zubereitungen sprechen kann, ist es einigermaßen merkwürdig, beim Trinken ausführlich und lange über das Trinken zu sprechen. Man könnte einwenden, es gebe aber doch Trinklieder, noch dazu schöne, und die sprechen sehr wohl über das Trinken („Setzt das Gläschen an den Mund“, aber nicht im Weinkeller, sondern „in den Rosen,/Und trinkt es aus bis an den Grund…“). Gegeneinwand: Wer erinnert sich, jemals in einer Tischrunde Trinklieder gesungen zu haben, es sei denn, er war bei einer schwedischen Familie zum Abendessen eingeladen? Oder er liebt das Schunkeln.

Unter meine Rückblenden in Kindheit und Jugend in Kärnten mischen sich früher oder später dörfliches Essen und Trinken und die Rolle, die Alkohol dabei spielte. Nach dem Krieg war Essen nicht, wie heutzutage jede Nase feststellen kann, immer und überall zugänglich. Auch auf dem Lande nicht, weniger aus Mangel, sondern weil Essen, besonders im bäuerlichen Tagesablauf, mit Zeitordnung verknüpft war. Frühes Frühstück fast immer mit heißer Milch und Sterz, die sogenannte Vorjause um ungefähr 10 Uhr, Mittagessen immer warm, zum Beispiel Knödel in der Suppe, die sogenannte Nachjause um ungefähr 16 Uhr, häufig mit Speck, an besonderen Tagen der „schöne“, sonst der schon etwas überständige, dann Abendessen. Essen zubereiten, das hieß, die Frauen gingen es „richten“. Wenig Zwischendurchnascherei.

Im Tagesablauf weniger und seltener zugänglich war Alkohol. Die Gemischtwarenhandlung im Dorf verkaufte keinen außer Bier, höchstens vielleicht auch noch Rum für Mehlspeisen. In das Gasthaus meiner Tante kamen die Bauern erst nach ihrer Feldarbeit, und die Arbeiter nach Schluss der Schicht. Sie arbeiteten an der Regulierung des Gailflusses und bei der sogenannten Moosentsumpfung, der Trockenlegung saurer Wiesen, die vorher bestenfalls Pferdefutter hergaben, hernach aber Anbauflächen für fast alles waren. Die vormaligen Feuchtareale waren mit Kanälen durchzogen – eiskaltes Wasser mit merkwürdigem Geschmack, von dem die Leute meinten, es eigne sich nicht zum Trinken. Deshalb musste es mitgebrachtes Quellwasser sein, kalt gestellt in eben diesem Mooswasser.

Viele Arbeiter gingen nicht auf Schicht nach der Uhr, sondern auf sogenannten Akkord, d. h. sie übernahmen nicht zu knapp angesetzte Laufmeter an Erdaushub. Wenn sie schufteten, waren sie früher fertig. Einige taten das, um eher zu Hause zu sein und in ihrer kleinen Landwirtschaft zu arbeiten. Andere, häufig Junggesellen, schufteten, um früher mit dem Feierabend zu beginnen, aufs Motorrad zu steigen und dann mit ihren Freundinnen einige Kilometer zu fahren – nicht allzu weit, denn Benzin hatte seinen Preis. Manche, nicht viele, kehrten früher ein und begannen zu trinken: zuerst Bier, selten sofort Wein. An Samstagabenden – die Arbeitswoche endete nicht schon mit dem Freitag – nahm das Trinken Fahrt auf. Ich habe, noch nicht als kleiner Bub, sondern erst etwas später begriffen, was Alkohol damals, nach dem Kriege, bedeutete. Man konnte es mithören, im Gasthaus: Vom Getränk befeuert wurden Kriegserlebnisse erzählt, und immer waren es Erlebnisse der Einzelnen, kaum je war es die Frage nach dem Krieg überhaupt, nach dem Warum. Man hatte überlebt, und gar nicht selten waren da Märsche und Fahrten gewesen, die man jetzt, im Frieden, leider wohl nie mehr unternehmen werde und die deshalb einmalige Erfahrungen bleiben würden. Und oft hatte ich den Eindruck, alles in allem sei der Krieg eine nicht nur einprägsame, sondern auch interessante Angelegenheit gewesen.

Ein Bauer an der Bergstation eines Schilifts führte ein gutes Gasthaus, einen blitzsauberen Stall, war weithin bekannt für seine leicht angeselcht gesottenen Würste und vermietete Sommer-frische-Zimmer für Gäste aus der Bundesrepublik. Beim Wein begann er zu erzählen: „Eines Abends sagte der Alte zu uns: ‚Jungs, morgen früh…‘“ Der Alte, das war der Kommandant seiner Kompagnie. Der Erzähler hatte die Wehrmachts-Erzähl-sprache beibehalten, aufgefrischt wohl durch die notorischen Landser-Hefte aus dem Pabel-Verlag. Der Alkohol half mit, Erzählen und Schwadronieren zu vermengen. Ein Schmied zum Beispiel ging nach etwa vier Achteln verlässlich von Tisch zu Tisch, stand stramm, salutierte und erstattete Meldung, irgendeine. Oft meldete er lediglich, dass er angetreten sei. Doch die, die Schlimmes erlebt hatten und es nicht mehr aus dem Kopf brachten, redeten wenig oder gar nicht vom Krieg.

In den späteren fünfziger Jahren kamen schnelle Fahrten über die nahe Grenze nach Italien in Mode, hinunter zum billigen Wein. Man wusste, dass es dort, wo die Fernlaster standen, auch gutes und preiswertes Essen gab. Jahrelang war das Restaurant Diana in der Kleinstadt Tricesimo, kurz vor Udine, der Inbegriff von Brathuhn mit Rosmarin und Wein. Immer wurde dann daheim von den großen Tischen für große Familien samt Nonno und Nonna und den Bambini erzählt, die, wo gibt’s denn so was, bis in den späten Abend mit dabei sein durften. Die Fahrt nach Hause über die Grenze war nicht ohne Risiko, obwohl das Promille-Limit noch bei null-komma-acht lag. Man sprach von drei Achteln Wein, aber zu denen kamen, die Fahrt sollte sich ja auszahlen, noch einige dazu, denn man konnte doch was vertragen. Dazu die erlaubten zwei Liter pro Person in der stroh-umflochtenen Chianti-Flasche und dann noch zwei weitere, irgendwie geschmuggelte.

Das Dorfgasthaus als Ort des Trinkens: Einige Bauernburschen kamen mit Motorrädern, und wir wussten, wer mit welchem. Durchs Fenster war zu beobachten, wie der Alkoholpegel stieg, wer wann austrat und sich dann wieder vor sein Glas setzte. Somit war sein Motorrad dran. Mit einem Nagel manipulierten wir das Zündschloss, und dann: aufsteigen und abfahren. Das Gefühl der Überwindung des Körpergewichts und sonstiger Erdenschwere, allein durch Aufdrehen des Gasgriffs in der Faust, das Fahren, das im Gegenwind zum Fliegen wurde: gut nachzulesen in dem sorgfältig erzählten Roman Der Amateur von Walter Kappacher. Drinnen in der Gaststube war dann irgendwann eine gesungene Mischung aus Durst und Geldknappheit zu hören: „Ja is denn kana do, der wos an Lita zohlt?“ Das Lied hatte nur diese eine Zeile und wurde so oft wiederholt, bis sich jemand fand, der zahlte. Eine alte Trinkerin tauschte gerne legfrische Eier gegen ein Achtel Rum ein, und beim Gedanken daran holt mein Gedächtnis jetzt die Verkleinerungsformen fürs Alkoholische hervor. Noch ein Halbile (einen halben Liter Wein), noch ein Pudile (Schnaps in einer kleinen Bouteille, sprachlich noch aus der Franzosenzeit), das Schweigile (für das Stadium zwischen Schwips und Rausch, woher?): Wörter, hinter denen der Dialekt die Promille versteckt und Alkoholmenge und Rausch semantisch entschärft. Doch diese Verniedlichung zwinkerte gleichsam mit den Augen. Je mehr Geld – ohnehin in Maßen – in Umlauf kam, desto weniger vereinsamte der Alkohol. Die alte Frau mit den legfrischen Eiern für ihren Rum fiel nur auf, weil sie eine Frau war und zudem ohne Bargeld. Ein Mann hatte es leichter, Trinker zu sein und auch so genannt zu werden. „Den hat der Alk“ galt als witzige Formulierung. An einem Alkoholiker die Krankheit zu erkennen, kam noch niemandem in den Sinn. Aber natürlich ließ man den Alkohol auch in harmloseren Quanten, als Mittel der Geselligkeit, zu seinem Recht kommen. Abstinenzler habe ich keine kennen gelernt, bin auch selbst keiner geworden. In späteren Jahren gab es durchaus Gelegenheiten, bei denen man den Punkt übersah und den Alkohol rumoren ließ. Aber das Gedächtnis ruft lieber andere Anlässe auf, zum Beispiel an der Seite meiner Frau, mit einem in Wien abgeholten Preisgeld in der Tasche, gelassen autoflanierend, in die Wachau, nach Dürnstein, in den Kastaniengarten des Gasthofs Richard Löwenherz mit seiner lobesamen Speisekarte, hoch über der Donau: Wo denn sonst sollte ein Grüner Veltliner getrunken werden?

Den ersten Alkoholiker, der sich selbst als solchen bezeichnete, aber „trocken“ war und auch ein autobiografisches Buch darüber geschrieben hatte, lernte ich in der Person des Schriftstellers Ernst Herhaus (1932–2010) kennen. Das Goethe-Institut in Boston schickte ihn auf Lesereise quer durch Amerika. Er las an der University of Massachusetts in Amherst aus seinem Buch Kapitulation. Aufgang einer Krankheit, wobei Kapitulation die entscheidende Erkenntnis über Alkoholabhängigkeit ist, der Zusammenbruch des Glaubens, man könne, wenn man nur wolle, jederzeit mit dem Trinken aufhören. Des Sprechens über den Aufgang seiner Alkoholsucht, bei viel Kaffee und vielen Zigaretten, war kein Ende. Kein Ende auch des Erzählens über seinen schon seit einiger Zeit erfolgreichen Kampf gegen den Alkohol, mit Hilfe der Anonymen Alkoholiker, jenem weit gespannten Netz von Selbsthilfegruppen, in denen sich Ernst Herhaus auch während seiner Lesereise durch die USA immer wieder Festigung holte. Ein Jahr später lud ich ihn zu einer Lesung in Strobl am Wolfgangsee ein. Er war noch immer trocken, las und sprach eindrucksvoll, und bei einem Spaziergang entlang der Ischler Ache, Abfluss des Sees, lichteten sich bei ihm einige Vergessensnebel, und er holte aus den Tiefen seines Gedächtnisses hervor, dass er schon einmal, vor vielen Jahren, mit den Schriftstellern Gerhard Fritsch und Gerhard Rühm, möglicherweise sei auch Konrad Bayer dabei gewesen, genau denselben Weg gegangen war, alle sturzbetrunken. Übrigens fragte Herhaus bei jedem Stück Kuchen und bei jeder Praline, die man ihm anbot, ob darin Alkohol verarbeitet sei. Er erzählte, wie ihn einmal eine Likör-praline aus der Trockenheit und in den Absturz gerissen habe. Und einmal war es so gekommen, weil seine Frau ihn geküsst, kurz zuvor jedoch ein Gläschen Wein getrunken hatte. In jenem Jahr 1979 war Herhaus bereits von einer unkonventionellen Frömmigkeit durchdrungen. Er stellte sie ab auf die Bitten des protestantischen Theologen Friedrich Christoph Oetinger (1702–1782) an Gott: „Gib mir Gelassenheit, Dinge hinzuneh-men, die ich nicht ändern kann; gib mir den Mut, Dinge zu ändern, die ich zu ändern vermag; und gib mir die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.“ Mit diesen drei Bitten holte sich Ernst Herhaus Rückhalt im Kampf gegen seine Sucht. Es war eindrucksvoll, wie man mit ihm in einer der verdunkelten amerikanischen Bars sitzen konnte, die Galerie von Flaschen voll im Blick, und wie hartnäckig er eine Tasse Kaffee nach der anderen trank und eine Zigarette nach der anderen rauchte. Darauf angesprochen, sagte er, es erfordere genug Kraft, das erste Glas Alkohol stehen zu lassen – so lautet die Grundregel der Anonymen Alkoholiker –, und nun möchte er nicht auch noch gegen das Nikotin antreten.

Der Schriftsteller Ernst Jünger, der in seinen umstrittenen Tagebüchern den Zweiten Weltkrieg, wie schon den Ersten auch, beschrieben und reflektiert hat, liest in dem von der deutschen Wehrmacht eroberten Paris in einem Buch des englischen Schriftstellers Harold Begbie, und einen Abschnitt notiert er sich: „…daß die oft unwiderstehliche Kraft des Alkohols nicht auf dem physischen Genuß beruht, sondern auf seiner mythischen Kraft.“ Das mag vielleicht etwas hoch angetragen klingen. Jünger notierte sich weiters: „Der Trunk gibt den Armen, den Ungebildeten, was anderen die Musik, die Bibliothek gewähren: er schenkt ihm (sic) erhöhte Wirklichkeit.“ Daran dürfte, vom Elitebewusstsein Ernst Jüngers weiß man einiges, etwas dran sein. Er mag aber damit auch erfasst haben, was die aus dem Kriege Zurückgekehrten und den Gastwirt beim Wein zum Erzählen vom Krieg drängte: sich mit Trunk eine erhöhte Wirklichkeit zu verschaffen und die Negativseiten des Krieges weg zu blenden.

Aber, so könnte man fragen, wie erklärte sich Ernst Jünger dann, dass Nicht-Arme und Gebildete trinken, und besonders auch Schriftsteller, von denen dergleichen ja leicht öffentlich wird? Liegt es vielleicht nur daran, dass es Schriftsteller sind, die über Schriftsteller als Trinker gerne schreiben? Oder sind tatsächlich Schriftsteller und Schriftstellerinnen Menschen, die mit mehr Volt im Kopf leben, von denen sie zum Schreiben gedrängt werden? Oder ist Alkohol einerseits ein Schreib-Befeuerer und andererseits ein Vergess-Helfer, mit dem man alles beim Schreiben Störende beiseiteschieben kann? Alkohol, so viel ist sicher, schafft schwere Ambivalenzen. Der bei uns erst seit kurzer Zeit in seiner Bedeutung erkannte ungarische Schriftsteller Sándor Márai (1900–1989) ging, nachdem 1948 die Kommunisten die Staatsmacht übernommen hatten, mit seiner Frau ins Exil nach Italien und lebte und schrieb in Neapel/Posillipo (bevor sie in die Vereinigten Staaten auswanderten). In sein Tagebuch von 1949 notierte er sich, die niedrigen Weinpreise in den Trattorien schätzend: „Wie anders arbeite ich doch, wenn ich am Abend einmal den Wein weglasse! Leichter, selbstbewusster! Ist dieser herbe Rauschzustand es wert, daß ich anderntags müde bin und mir jegliche Selbstsicherheit fehlt?… Natürlich ist er das.“

„Es wert“ scheint der Rauschzustand auch für viele andere Schriftsteller in Vergangenheit und Gegenwart gewesen zu sein. Liegt es an der Kulturindustrie oder doch an ihrer Karriere in einer puritanisch grundierten, den Alkohol beargwöhnenden Gesellschaft, dass, wenn man an stramme Trinker in der Literatur denkt, zuerst amerikanische Namen fallen: Edgar Allan Poe, Jack London, Sinclair Lewis, Ernest Hemingway, F. Scott Fitzgerald, William Faulkner, Truman Capote, Jack Kerouac, John Cheever, Norman Mailer, Tennessee Williams, Charles Bukowski und, nicht zu vergessen, Patricia Highsmith. Aber der Zusammenhang zwischen Trinken und Schreiben ist international: Charles Baudelaire, Arthur Rimbaud, Georges Simenon, Per Olov Enquist. Der Alkoholismus des walisischen Dichters Dylan Thomas ist in ein Theaterstück von Sidney Michaels eingegangen. Ich sah das Stück am Broadway in New York und habe noch im Ohr, wie der schwankende, aber ganz klar artikulierende Alec Guinness den amerikanischen Reportern seinen Vornamen beibrachte: „Dylan as in dillan, not Dylan as in nylon.“ Unter den Deutschen darf man durchaus Johann Wolfgang Goethe nennen, der zum Abendtisch bat, aber, wie Johann Peter Eckermann berichtet hat, nicht aß, jedoch verlässlich trank, eine Flasche Würzburger oder etwas mehr, ohne eine Abhängigkeit zu entwickeln; sodann E.T.A. Hoffmann in seiner Berliner Stammkneipe Lutter & Wegner; auch Gottfried Keller in Zürich, kleinwüchsig, aber im Rausch durchaus rauflustig. Von Irmgard Keun (1905–1982; Das kunstseidene Mädchen) ist bekannt, dass sie nicht erst in späteren Jahren an Alkoholismus litt. (Schriftstellerinnen, so will es ein Gemeinplatz, trinken eher im Verborgenen.) Blickt man in die neuere österreichische Literatur, dann sind es, neben Wolfgang Bauer, auch der als Schriftsteller unterschätzte Helmut Qualtinger, der mit 58 Jahren aus dem Leben geschiedene Erzähler Franz Innerhofer, dem der große Erfolg seines Erstlingsromans Schöne Tage zu einer Schreib- und Lebenshürde wurde, und der mit 36 Jahren verstorbene Dramatiker Werner Schwab. Man las und hörte davon, aber es war das Fernsehen, das den Persönlichkeitsverfall eines Alkoholikers frei Haus lieferte. Der vielseitige Schauspieler und Sänger Harald Juhnke, geboren 1929, hatte sowohl die Hauptrolle in Carl Zuckmayers Hauptmann von Köpenick als auch Frank Sinatras Song I did it my way in seinem Repertoire und bot sowohl gekonnte Unterhaltung als auch betrunkene Interviews vor laufender Kamera. Im Jahre 2005 starb er in einer Anstalt and did it his way. Erst später wurde bekannt, dass Juhnke nicht nur an Alkoholismus, sondern auch an Demenz erkrankt war, die er fallweise durch ein paar Gläschen kaschierte. In aller Öffentlichkeit war auch der Verfall des Schauspielers Oskar Werner (1922–1984) zu verfolgen, der als Rezitator mit seiner unverwechselbar melodischen Stimme, von der manche Menschen regelrecht bezaubert waren, auch dann noch Aufsehen erregte, als er, der nicht mehr Berechenbare, keine Bühnenrollen mehr erhielt.

Vielleicht verhält es sich im Showgewerbe ähnlich wie im literarischen Betrieb? Es gilt, ständig zu produzieren, das Ergebnis in die Öffentlichkeit zu bringen, auf die Bühne oder auf die Buchmessen und Lesereisen. Und es geht dabei nicht nur um die Verschärfung dieser Exponiertheit, den Druck, die Fehlschläge. Es gibt durchaus das, was man als Erfüllungsdepression oder Erfolgsmelancholie bezeichnet hat: die Abspannung nach dem Erfolg, die jene nervliche Delle verursachen kann, die wiederum mit Alkohol gefüllt sein will. Ein berühmt gewordenes Foto zeigt die amerikanische Filmschauspielerin Faye Dunaway, wie sie am Morgen, nachdem sie einen Oscar erhalten hat, am Swimmingpool des legendären Beverly Hills Hotels sitzt, Zeitungen mit den Oscar-Schlagzeilen um sich herum, den Kopf in die Hand gestützt: die klassische Melancholie-Geste seit Albrecht Dürers Melencolia I.

In einem meiner Seminare über den alkoholkranken Schriftsteller und Journalisten Joseph Roth durfte seine letzte Erzählung, Die Legende vom heiligen Trinker (1939), eine seiner schönsten, nicht ausgespart sein. Ernst Herhaus’ Alkoholismus-Buch Kapitulation erwies sich als Augenöffner, nicht nur für Joseph Roths exzeptionelle Erzählweise, sondern auch für sein Lebensproblem. Es ist eine Erzählung, die Roth mit eingetrübtem Kopf schrieb, dem aber wunderbar klare Sätze entsprangen. Als Roth seinen Trinker Andreas sterben lässt, mit einem letzten Seufzer und plötzlich, heißt es als Schlusssatz: „Gebe Gott uns allen, uns Trinkern, einen so leichten und so schönen Tod!“ Die beiden Studentinnen, die die Erzählung bearbeiteten, erhoben in ihrer Herkunftsgegend und auch bei den anderen Seminarteilnehmern, wer denn einen Alkoholiker/eine Alkoholikerin persönlich kenne oder jemanden kenne, der jemanden kenne. Das Ergebnis war verblüffend und belegte, wie breit und tief Alkohol in unsere Gesellschaft eingeströmt ist. Und mehr und mehr Jugendliche erfasst. Spitalsärzte dürften die ersten Erwachsenen gewesen sein, die mitbekommen haben, was „vorglühen“ heißt. So wie ein Dieselmotor erst gut anspringt, wenn er vorgeglüht ist, dann aber in die Vollen geht, so gilt das auch fürs Trinken in der Gruppe, besonders wenn gierige Wirte, genügend Konsumenten vorausgesetzt, ein „Soviel ihr wollt für zehn Euro“ ausloben. Mit Koma im Klinikbett landen dann, wenn sie Glück haben, Einzelne als Einsame.

Wolfgang Bauer variierend könnte man fragen: Was hätte der Alkohol ohne Helmut Schelsky getan? In der Mitte des 20. Jahrhunderts war Helmut Schelsky (1912–1984) der renommierteste Soziologe Deutschlands. Er prägte für die Gesellschaft der Bundesrepublik den Begriff der „nivellierten Mittelstandsgesellschaft“ und kennzeichnete damit die Tatsache, dass sich immer mehr Aufsteiger aus der Unterschicht und immer mehr Absteiger aus der Oberschicht zur dadurch breiter werdenden Mittelschicht formierten. Auf Schelsky geht auch der Begriff der „skeptischen Generation“ (so der Titel seines Buches von 1953) zurück, Kontrast zu den bündisch-gläubigen Jugendgenerationen der vorangegangenen Jahrzehnte. Schelsky wurde Professor für Soziologie an der Universität Hamburg, wurde als Mitglied der NSDAP enttarnt, ging 1960 an die Universität Münster, war 1970 Mitbegründer der Universität Bielefeld und des daran angeschlossenen Zentrums für interdisziplinäre Forschung (ZiF), ging 1973 zurück an die Universität Münster und 1978 in die Emeritierung. Seine entschlossene Gegnerschaft zu den Soziologen der Achtundsechziger-Bewegung ist in zahlreichen Veröffentlichungen dokumentiert, seine wissenschaftliche Stimme verlor aber rasch an Bedeutung. Schelsky, der dreizehn Personen zur Habilitation führte, war einer der einflussreichsten Repräsentanten der deutschen Universität gewesen. Dass er auch Gedichte verfasst hat, scheint in seiner Werkbibliografie nicht auf.

Warum schrieb Schelsky Gedichte? Im Salzburg Journal, Parallelausgabe des von Jörg Mauthe gegründeten Wiener Journals, wurden im Oktober 1982, zwei Jahre vor Schelskys Tod, unter dem selbstironischen Titel Senile Kinderspielreime (in Konjunktiven, April 1981) mehrere Gedichte gedruckt, darunter das folgende:

„Ich wollt, ich wär mein Hund,/Dann wär ich doch gesund./Ich tränke weniger Alkohol/und mir wär wohl.//Ich lebte dreizehn Jahr/und hätte dichtes Haar./Ich bellte mir die Lunge raus,/und dann wärs aus.“

Warum Schelsky das Gedicht verfasste, legt der Zusammenhang zwischen seiner Biografie und seinem Text nahe, und die im Titel angekündigten Konjunktive enthalten Wünsche: Ein gestandener Vertreter des akademischen Lebens hat einen tiefen Fall getan. Er hat erfahren müssen, was Zurückstecken heißt und was Erfolglosigkeit im akademischen Kampf gegen die revolutionäre Bewegung der Achtundsechziger für seine Gesellschaftsanalysen bedeutete: Abstieg. Es ist das Lebensresümee eines Mannes, der nicht mehr aus dem Sinn brachte, dass er in seinen frühen Jahren einer falschen Ideologie verfallen gewesen war, dass er diesen Fakt nicht verheimlichen konnte, vielmehr zusehen musste, wie er öffentlich wurde, der über die ganze Zeit hindurch natürlich älter wurde, der sein Haupthaar einbüßte, der vom Alkohol loskommen wollte, es aber nicht schaffte, der eigentlich nicht mehr leben wollte, weil sein Bellen, anders als das seines Hundes, niemand mehr hörte. Dass er sich darüber in einer bitter-humorvollen Weise poetisch äußerte, ist eine Würdigung wert. Vielleicht hat ihm beim Schreiben dieses und der anderen Gedichte der Alkohol geholfen. Umgekehrt hat Schelsky dem Alkohol eine lakonisch-ästhetische Form verliehen. Was täte der Alkohol ohne die Menschen?

Angst. „Ohne Angst kein Mut.“ Dieser Satz ist in einer deutschen Verfilmung des Märchens Dornröschen aus dem Jahr 2009 zu hören. Er steht zwar nicht bei den Brüdern Grimm, ist aber trotzdem gescheit, weil er etwas über die Biochemie der Angst aussagt. In Situationen von Bedrohung schüttet der Körper Adrenalin aus. Das unterstützt entweder den Kraftaufwand für Flucht, oder den für Standhalten und Gegenwehr mit Mut.

Angst ist etwas anderes als Furcht. Furcht bezieht sich auf Konkretes, man fürchtet etwas. Angst dagegen ist sehr häufig gegenstandslos, sie ist mehr- oder allseitig. Es ist interessant, dass nicht das Wort Furcht Eingang ins Englische gefunden hat, sondern Angst als „angst“. Da sie nicht klar gerichtet ist, ist sie schwer zu negieren und kaum zu unterdrücken. Die Novelle Angst (1920) von Stefan Zweig zum Beispiel, die nicht zu meinen vordersten literarischen Favoriten gehört, müsste eigentlich Furcht heißen. Die Anwaltsgattin, die ein Verhältnis mit einem jungen Musiker eingegangen ist, wird von einer Mitwisserin erpresst. Da sie nichts anderes fürchtet, als dass das Verhältnis entdeckt wird, und da sie den immer neuen Forderungen der Erpresserin nicht mehr nachkommen kann, beginnt ihr seelisches Stehvermögen zu bröckeln. Sie beginnt, zwischen Geständnis und Selbstmord zu schwanken. Aber sie fürchtet eben nur das eine. (Da sich herausstellt, dass ihr Ehemann die Erpressung als Intrige inszeniert hat, um ihr Gelegenheit zu einem kathartischen Geständnis zu geben, geht die Novelle, wie man so sagt, gut aus. Den Hang Stefan Zweigs, in Handlung und Stil immer noch ein Schäuferl drauf zu legen und dergestalt auf Nummer doppelt-sicher zu gehen, fanden übrigens schon Hugo von Hofmannsthal und Arthur Schnitzler nicht besonders einnehmend.) Dass die deutsche Sprache es ermöglicht, statt „ich fürchte etwas“ auch zu sagen „ich habe Angst vor etwas“, verwischt den Unterschied zwischen Furcht und Angst nicht.

Mitte 1998 erreichte mich die Einladung, im September 2000, anlässlich der Eröffnung des Weltkongresses der Internationalen Vereinigung für Germanistik (IVG), der nur alle fünf Jahre stattfindet, im Goldenen Saal des Musikvereins in Wien den ersten Plenarvortrag zu halten. Ich freute mich und nahm die Einladung an. Nachdem der Zusagebrief abgeschickt war, rührte sich, als Kopfgemurmel, ein Ängstlein. Es ging in den folgenden Tagen nicht weg, sondern wurde Angst. Es war keine Angst, die, wie im Märchen, Mut macht. Es war keine Furcht, deren Ursache ich klar benennen hätte können. Mein Befinden ließ zu wünschen übrig, die Arbeit an einem umfangreichen Buch wuchs sich aus, immer neue Aspekte fielen mir ein, was ja durchaus positiv sein kann, aber es führte auch dazu, dass ich einen Abschluss nicht absehen konnte. Und da war, keineswegs zum ersten Mal, das Empfinden, auf mich als Institutsleiter immer zu viel Administration, universitären Reform- und Sparzwang und also Verwaltung des Mangels zukommen zu sehen. Wenn das eine erledigt war, war schon das andere da, und vieles kam überhaupt zugleich. Als mich einmal jemand fragte, ob er mir einen guten Rat geben dürfe, fiel mir ein, dass in Boris Pasternaks Roman dem Arzt Dr. Schiwago, der aus der zwangsweisen Verpflichtung bei den Rotarmisten wieder entlassen wird in jene Welt, in der die Russische Revolution tobt, ein Anführer dieselbe Frage stellt: „Soll ich dir einen Rat geben?“ Und Dr. Schiwago antwortet: „Sagte der Mühlstein zum Weizen.“ Das Gefühl, nun zu anderen Terminverpflichtungen noch eine weitere, und keine kleine, auf mich genommen zu haben, kam hinzu. Es wurde eng, und ich begann zu ahnen, dass Enge und Angst wortverwandt sind. Rationale Überlegung – du hast keinen Grund, einen Vortrag zu fürchten, denn wie man das macht, müsstest du inzwischen ja wohl wissen – nützte nichts. Eine weitere Überlegung, letztlich doch genügend Vorbereitungszeit zur Verfügung zu haben, fast ein Jahr und ein halbes, fruchtete ebenso wenig wie die Überlegung, einige andere Verpflichtungen wären im Ernstfall durchaus so rechtzeitig abzusagen, dass man niemanden brüskieren würde. Der Große Saal im Wiener Musikverein, der Goldene, wird voll sein – na und? Ich kannte ihn ja. Schon als Student hatte ich dort das eine oder andere Konzert der Wiener Philharmoniker gehört, wenn auch nicht von vorne, sondern von den billigen Plätzen aus. Aber vorne zu stehen, wie würde das sein? Es war auch nicht so, dass ich mich davor gefürchtet hätte, die Germanistik des Veranstalterlandes Österreich repräsentieren zu müssen, denn das wurde zunächst vom Eröffnungsredner erwartet, gleich hernach allerdings auch vom ersten Plenarvortragenden. Der Versuch, meine Zusage in Gedanken überhaupt wegzuschieben und eine Zeit lang gar nicht an den September 2000 zu denken, fruchtete nicht; meine nicht immer löbliche Gewohnheit, mich sehr rechtzeitig an eine Arbeit zu machen, stand dagegen. Der kluge Gedanke Martin Walsers – „Wenn du ausweichst, verfolgt dich das, wovor du ausweichst.“ (Meßmers Reisen, 2003) – konnte mir damals noch nicht unterkommen. Ein Buchtitel der Holländerin Helena Rubinstein fiel mir ein: Nichts zu verlieren und dennoch Angst. (Niets te verliezen en toch bang.) Hätte mir jemand gesagt, was ich viel später gelesen habe, dass Angst „eine der mächtigsten Triebfedern des Lebens“ oder gar, dass sie „das Superbenzin für Erfolg“ sei (Borwin Bandelow), ich hätte aufgedacht. Ich hatte mich für ein Thema entschieden („Lesen“), ich hatte mehr und immer mehr Sagenswertes gesammelt, aber keine überzeugenden Gedanken für die Strukturierung des Materials. Ich erinnerte mich, dass jemand einmal geschrieben hatte (Ernst Jünger gar?), Denken und Angst seien schlechte Partner, und wer zu denken beginnen möchte, müsse zuerst die Angst entschärfen. Aber wie?

In dieser Situation stieß ich auf das Buch Eroberung des Glücks (1930) von Bertrand Russell, Philosoph, Mathematiker und Literaturnobelpreisträger des Jahres 1950. Darin las ich einige Sätze, die mich geradezu ansprangen:

„Jede Art von Angst wird aber dadurch, daß man ihr ausweicht, nur noch schlimmer. (…) Darum besteht die richtige Behandlung jeder Angst darin, daß man vernünftig und ruhig, aber sehr konzentriert so lange darüber nachdenkt, bis sie einem völlig vertraut geworden ist.“

Psychologen und Verhaltensforscher mögen, wenn sie Angstbekämpfungseminar halten, gegen Spinnen- und Schlangenangst etwa, ungefähr dasselbe sagen, nur ein wenig drastischer. Sie sorgen dann dafür, dass man sich der Angst stellt, ganz handfest durch Anschauung des Angsterregenden. (Streng semantisch genommen ist das der Punkt, an dem Angst zu Furcht wird. Sei’s drum.) Wenn man sie eine Zeitlang aushält, dann verringert sie sich. „Es scheint eine Art Angstspeicher zu geben, und wenn der leer ist, beruhigt sich die Person automatisch.“ Das tat ich, zunächst durch Imagination, aber vielleicht, in Bertrand Russells Sinne, nicht vernünftig genug und nicht ruhig genug. Schließlich kam mir die Idee, das, was mir bevorstand, die Situation, in der ich den Vortrag halten würde, vor mir zu sehen. Ich schrieb an den Wiener Musikverein und bat darum, einmal im Goldenen Saal vorne oben stehen zu dürfen, nur für eine Minute. Eine freundliche Sekretärstimme rief mich an und teilte mir mit, gleich nach einer Orchesterprobe, noch während die Musiker den Saal verlassen, könnte ich vom Dirigentenpult aus den Saal betrachten, durchaus mehrere Minuten lang, und ich solle nicht vergessen, auch einen Blick auf die vergoldet-enthüllten Damen zu werfen, die unter den Längsbalkonen links und rechts als Karyatiden fungieren. Ich fuhr nach Wien, erklomm das Dirigentenpult, drehte mich um und schaute in den Saal, einen der schönsten Konzertsäle der Welt, mit der besten Akustik. Das half. Meine Frau und unsere Tochter, die im Saal saßen, riefen mir zu, wenn ich im Vortrag stecken bliebe, könnte ich ja einfach den Radetzkymarsch dirigieren, so wie es der Dirigent in jedem Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker tut. Das tat ich denn auch kurz: Dadada dadada tammtata… Duett-Gelächter aus dem Saal, dazu meines im Terzett, und anschließend im Kaffeehaus auch noch. Dass ich mir in der Folge Bertrand Russells Sätze noch mehrere Male durch den Kopf gehen ließ, besorgte den Rest. Den Vortrag habe ich gehalten. Ein österreichischer Schirennläufer aus dem Salzkammergut, gefragt, was denn in ihm so vorgehe, wenn er es wieder einmal geschafft hatte, verweigerte Auskünfte über Befindlichkeiten und pflegte zu antworten: „Wenn’s laft, laft’s.“ Nach den ersten Sätzen lief es, und ich meinte zu bemerken, dass mir eine der vergoldet-enthüllten Damen zuzwinkerte, die siebente oder achte links, oder vielleicht von gegenüber.

Bani-Sadr. Sommersemester 1981, Seminar über Georg Büchner. Natürlich, und mit Blick auf das Programm der kommenden Salzburger Festspiele erst recht, war Dantons Tod ein großes Thema. Büchner hat das Stück „Drama“ genannt, nicht „Tragödie“. Nichtsdestoweniger ist es die Tragödie des George Jacques Danton, des grausamen Akteurs der Französischen Revolution, der glaubt, im Ereignis- und Handlungsstrom der Revolution stehen bleiben zu können. Dadurch macht er sich zu einem Hindernis in ihrem blutigen Ablauf und wird guillotiniert. Bekanntlich studierte und verwendete Georg Büchner auch einschlägige Originaldokumente. Die Seminarteilnehmer waren beeindruckt.