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Peter Eckhart Reichel

Aus dem Tagebuch eines Hundes

Ein hündischer Monolog für Herrchens Frauchen und Frauchens Herrchen





BookRix GmbH & Co. KG
80331 München

Vowort

Vorwort

 

Wenn ihr jetzt denkt, ein Hund kann überhaupt gar kein Tagebuch führen, weil Hunde ja auch nicht wie die Menschen schreiben können, sondern angeblich nur bellen, geschweige denn komplizierte Gedanken in Worte fassen und diese dann auch noch in einem Buch aufzuschreiben, dann zeigt das eigentlich nur, dass ihr leider nur sehr, sehr wenig von uns oder über uns wisst. Dass wir durchaus schreiben können, seht ihr ja gerade selbst, aber ihr werdet staunen, was wir Hunde sonst noch so alles drauf haben, ohne das ihr es auch nur im Geringsten ahnt.

Ich behaupte mal: Wir Hunde sprechen die natürlichste Sprache, klar, direkt, einfach hündisch. Das es aber sehr häufig weitaus mehr bedeuten kann, als nur ein ganz normales mit dem Schwanz wedeln, Knurren oder Bellen, wie ihr es wahrscheinlich tagtäglich irgendwo sehen oder hören könnt, das möchte ich euch gern etwas ausführlicher erklären.

Und das geht am besten mit einem Tagebuch.

Jetzt habt ihr schon damit begonnen es zu lesen und ich wünsche mir vor allem, dass es euch gefallen wird.

Also, wer von euch Lesern hat schon mal ein Hundetagebuch gelesen?

Leider kann ich als Tagebuchschreiber nicht sehen, wie viele Leser gerade mit der Stirn runzeln oder mir einen Vogel zeigen, um damit zu signalisieren, dass ich sehr wahrscheinlich nicht recht bei Verstand sei.

Und wer hat sich schon mal darüber Gedanken gemacht, wie unsere Sprache funktioniert oder was diese Signale, wie beispielsweise mit dem Schwanz wedeln, Knurren oder Bellen eventuell bedeuten könnten?

Wer uns Hunde so richtig verstehen möchte, der sollte vor allem auch auf unser Gesicht achten. Falls einer meiner Artgenossen zufällig gerade in eurer Nähe sein sollte, probiert es doch gleich mal aus. Ihr werdet es sicherlich gleich bemerken, wir sprechen sogar mit unseren Augen, mit den Lefzen und den Barthaaren und selbstverständlich auch mit unseren Ohren. Es ist genau wie bei den Menschen, getreu nach dem Motto: Schau mir in die Augen, Kleines, wenn Du erfahren willst, was ich gerade denke und fühle. Im Grunde sind wir mit euch Menschen in mancherlei Hinsicht sogar viel ähnlicher als ihr es vielleicht glaubt. Schließlich sind die Menschen mit uns Hunden seit über 20.000 Jahren in herzlicher Zuneigung verbunden. Da lernt man schon so einiges voneinander. Natürlich gibt es auch Angelegenheiten, die wir naturgemäß etwas anders zu verrichten pflegen als die Menschen. Aber diese Dinge werdet ihr ganz bestimmt von ganz allein herausfinden, vielleicht sogar mit Hilfe meiner Tagebuchaufzeichnungen.

Natürlich komme ich nicht jeden Tag zu einem Eintrag in mein Tagebuch. Es passiert ja nun mal auch nicht jeden Tag etwas Weltbewegendes im Leben eines Hundes. In eurem etwa? – Na also. Aber wenn wirklich etwas Schönes, seltsames, bemerkenswertes oder manchmal auch trauriges passiert, dann schlage ich mein Büchlein auf, nehme einen Bleistift in die Pfote und schreibe es einfach auf, so wie es mir gerade in den Sinn kommt. Habt ihr das selbst auch schon mal probiert?

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Aus dem Tagebuch eines Hundes

 

Ein hündischer Monolog

für Herrchens Frauchen und Frauchens Herrchen

 

von Peter E. Reichel

 

 

 

 

 

 

© 2013 by Peter E. Reichel / 3. leicht überarbeitete Auflage - eBook-Version

Alle Urheber- und Leistungsschutzrechte vorbehalten.

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt.

Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Autors unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigung, Übersetzung, Vertonung, kommerzielles Filesharing und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

 

Auch als CD-Hörbuch oder MP3-Download erhältlich.

Weitere Infos unter: www.words-and-music.de

 

 

 

 

Dieses Buch ist weder ein schlauer Ratgeber über moderne Hundeerziehung noch eine wissenschaftliche Abhandlung zum Thema artgerechte Haustierhaltung. Es soll vielmehr zu einer allgemein verständlichen „hündischen“ Familienunterhaltung beitragen. Daher ist es für alle Hundefreunde und die es werden wollen gedacht. Für alle Frauchen und Herrchen, die gern „hündisch“ erlernen möchten, aber auch für alle, die bereits schon fleißig mitreden können.

Es sei aber besonders all denjenigen wärmstens ans Herz gelegt, die sich gerade überlegen, einen vierbeinigen Freund anzuschaffen - denn ohne ein Wort „hündisch“ zu verstehen, wird kaum eine gute Verständigung zwischen Hund und Hundehalter möglich sein. Für bissige Korinthenkacker, kläffende Erbsenzähler oder andere zweibeinige Besserwisser ist dieses Buch weniger geeignet. Wisangtschin – wenn Sie wissen, was ich meine.

 

 

Wie alles begann

Wie alles begann

 

Frauchens Herrchen und Herrchens Frauchen nennen mich seit wir uns das erste Mal begegnet sind „Soso“. Ich bin jetzt schon 2 ½ Jahre alt und ich lebe in der größten Hundestadt, die es überhaupt in Deutschland gibt. 110.000 meiner Artgenossen hat man hier jüngst gezählt, also kann man einigermaßen mit Fug und Recht behaupten: Berlin ist eindeutig die Hundehauptstadt von Deutschland. Warum das so ist, wissen nicht einmal die ganz klugen Leute.

Aber ich habe natürlich nicht immer hier gelebt. Geboren wurde ich in einem kleinen Kaff in Norddeutschland, dessen Namen ich leider vergessen habe. Meine Mama war eine reinrassige Brandlbracke und sehr adlig, also mit Stammbaum. Meinen Vater kenne ich nur oberflächlich. Aber wie ich herausgefunden habe, war er ein ausgebüchster Dorfköter, ein Schäferhundmix, und er verkehrte nur kurzfristig in unserem Hause. Soweit ich mich daran erinnern kann, sprach meine Mama nur sehr selten über ihn. Er muss wohl ein ziemlicher Hallodri gewesen sein. Ich bin also nicht unbedingt das Ergebnis einer dauerhaften Liebesbeziehung.

Die Verbindung meiner Eltern war auf jeden Fall nicht arrangiert und deshalb auch vom Herrchen meiner Mama, der ein strenger Brandlbrackenzüchter war, ganz und gar nicht gewollt. Aber so was kommt ja bei Adeligen auch hin und wieder mal vor, nicht wahr. Ich jedenfalls hatte noch weitere sechs Geschwister, alles kleine und niedliche Brandlbracken-von-feinster-abstammung-mit-dahergelaufenen-straßenköter-schäferhund-mixturen, die gerade an jenem Tag, an dem mein Leben sich grundlegend verändern sollte, als Annonce angeboten in der Ortszeitung standen: Gesunde Mixwelpen kostengünstig abzugeben. Interessenten melden sich bitte beim Wirt des Gasthauses „Sonne“.

An diesem denkwürdigen Tag, es war obendrein ein Sonntag, unternahmen zwei Menschen aus der großen Stadt Berlin mit ihrem Auto einen Ausflug quer durchs Land. Sie waren bereits schon auf der Heimreise, als sie plötzlich einen knurrenden Magen verspürten, der sie auf den Einfall brachte, das nächstbeste Gasthaus aufzusuchen. Ich weiß das natürlich alles von Frauchens Herrchen und Herrchens Frauchen. Sie haben es mir schließlich oft genug erzählt. Ich selbst war ja damals noch viel zu jung, um mich an alle wichtigen Details erinnern zu können, war ja gerade erst acht Wochen alt. Jedenfalls fuhren die beiden damals vor zwei Jahren mit knurrendem Magen zufällig durch unser kleines norddeutsche Kaff und lasen plötzlich am Straßenrand ein Hinweisschild mit der Aufschrift: Gasthaus „Sonne“ – gutbürgerliche Küche.

Wir kleinen Welpen spielten und tobten gerade auf dem Hof herum, als das Auto aus Berlin vor unserem Gasthaus anhielt. Herrchens Frauchen muss uns sogleich bemerkt haben, denn sie fragte einen aus dem Gasthaus heraus stolpernden, nicht mehr ganz nüchternen Herrn, wem wohl diese süßen Welpen gehören.

Dieser sagte nur: „Ach, die stehen heut in der Zeit-tung. Fragen Sie doch einfach mal - hick - den Wirt.“ Dann stolperte er weiter und bekam einen heftigen Schluckauf. Frauchen und Herrchen betraten daraufhin unser Gasthaus und beide müssen wahrscheinlich auf der Stelle ihren Verstand verloren haben bei unserem Anblick. Sie vergaßen sofort ihren leeren Magen, tollten dann eine Weile mit uns Welpen auf dem Hof herum und nahmen schließlich mich in ihre Arme. Wir machten wohl alle drei ein reichlich verklärtes Gesicht dabei.

Ich weiß natürlich heute, genau so sehen Menschen aus, die dem Charme eines Welpen nicht widerstehen können. Was ja nichts weiter zu bedeuten hat, denn die Menschen verlieren ja fast immer ihren Verstand, wenn sie die Empfindung spüren glücklich zu sein. Der Wirt jedenfalls, der gleichzeitig auch Jägermeister und unser strenger Brandlbrackenzüchter in einer Person war, steckte bald darauf einen Geldschein in seine Hosentasche und war zufrieden - und mir blieb nur noch sehr wenig Zeit, um mich von meiner Mama und meinen Geschwistern verabschieden zu können. Eine halbe Stunde später wurde ich auch schon auf den Rücksitz des Autos auf eine Decke gesetzt und trat meine erste lange Reise an, an die ich mich sogar heute noch nur mit unangenehmen Schauder erinnern kann. Mir wurde nämlich sehr bald speiübel. Alles roch so fremd und schaukelte unentwegt hin und her. Ich glaube, ich hab sogar auf die Decke gepinkelt, die extra für mich auf dem Rücksitz ausgebreitet war. Aber die beiden Menschen, die seit dieser Stunde mein Frauchens Herrchen und mein Herrchens Frauchen waren, zeigten sich sehr freundlich und gaben mir schon bald was zu fressen und zu saufen, obwohl sie ja selbst Hunger hatten. Eine sehr noble Geste, wie ich finde. Vor lauter Aufregung und Glückseligkeit hatten sie nämlich ganz und gar vergessen im Gasthaus „Sonne“ zu essen und so brausten wir nun gen Berlin, der Hundehauptstadt entgegen.

So bin ich zu meinem Namen gekommen, und er gefiel mir gut. Trotzdem, mir war während der ganzen Autofahrt bis nach Berlin kotzübel. Daran erinnere ich mich noch heute sehr genau. Es war die Reise in mein neues Leben. Ich hatte damals allerdings nicht die geringste Ahnung, was mich in meinem neuen Zuhause so alles erwarten würde.