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GROSSPOLYPIGE
STEINKORALLEN

IM MEERWASSERAQUARIUM

PFLEGE UND VERMEHRUNG

Die Gattungen
Trachyphyllia, Euphyllia, Catalaphyllia,
Nemenzophyllia, Plerogyra, Physogyra,
Acanthophyllia, Scolymia und Cynarina

Dieter Brockmann

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Bildnachweis

Fotos ohne Bildnachweis vom Autor

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eISBN: 978-3-86659-332-9

© 2012 Natur und Tier - Verlag GmbH

Inhalt

Vorwort

Was sind großpolypige Steinkorallen?

Physiologie und Körperbau

Natürlicher Lebensraum

Ein Aquarium für großpolypige Steinkorallen

Auswahl beim Aquaristik-Fachhändler

Eingewöhnung

Fütterung

Raumkonkurrenz

Vergesellschaftung

Vermehrung

Im Fachhandel erhältliche Arten

– Gattung Trachyphyllia

– Gattung Euphyllia

– Gattung Catalaphyllia

– Gattung Nemenzophyllia

– Gattung Plerogyra

– Gattung Physogyra

– Gattung Acanthophyllia

– Gattung Scolymia

– Gattung Cynarina

Literatur

Vorwort

Großpolypige Steinkorallen zählten bereits in den frühen Tagen der Riffaquaristik – seit den 1970er-Jahren – zu den beliebtesten wirbellosen Aquarienpfleglingen. Damals waren vor allem Blasenkorallen aus der Gattung Plerogyra sowie die Wulstkoralle (Trachyphyllia geoffroyi) sehr populär. Obwohl der technische Standard der damaligen Riffaquarien im Vergleich zu heute eher gering war (man denke z. B. an Rieselfilter und T8-Leuchtstoffröhren), gediehen diese Nesseltiere oftmals sehr gut. In Aquarien gepflegte Blasen- und Wulstkorallen erreichten auch in dieser Zeit häufig ein erstaunliches Lebensalter und wuchsen zu imposanter Größe heran.

Mit der zunehmenden Verbreitung kleinpolypiger Steinkorallen (z. B. Acropora-Geweihkorallen) in der Riffaquaristik seit den 1990er-Jahren gerieten ihre großpolypigen Verwandten zwar nach und nach in Vergessenheit, doch in den vergangenen Jahren konnte das Interesse an ihnen neu geweckt werden, und sie erleben derzeit eine wahre Renaissance. Aufgrund ihrer Robustheit sowie der Vielfalt an Farben und Formen erfreuen sie sich mittlerweile immer größerer Beliebtheit – sicher auch deshalb, weil ihr fleischiges Gewebe einen schönen Kontrast zu den eher statisch wirkenden kleinpolypigen Steinkorallen bildet.

Mit dem vorliegenden Band der Reihe „Art für Art“ möchte ich dazu beitragen, die Popularität dieser faszinierenden Tiere weiter zu steigern, und Ihnen darüber hinaus mit Tipps und Tricks für die erfolgreiche Pflege zur Seite stehen.

Dieter Brockmann,
Ulm, im Frühjahr 2012

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Aufnahme einer Blasenkoralle (Plerogyra sinuosa) aus dem Jahr 1979. Schon damals, zumeist unter T8-Beleuchtung, erwiesen sich Blasenkorallen als pflegeleicht.

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Gegenüberstellung einer kleinpolypigen Steinkoralle (oben, Familie Acroporidae) und einer großpolypigen Steinkoralle (unten, Familie Mussidae). Die gängige Bezeichnung als „SPS“ und „LPS“ hat keine taxonomische Bedeutung, sondern bezieht sich ausschließlich auf die Größe des fleischigen Polypenkörpers.

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Was sind großpolypigen Steinkorallen?

Steinkorallen gehören zum Stamm der Nesseltiere (Cnidaria). Diese Bezeichnung weist bereits auf ihre mit Nesselkapseln bewaffneten Tentakel hin, mit deren Hilfe sie sich einerseits gegen Fressfeinde und Konkurrenten wehren können, die andererseits aber auch dem Planktonfang und damit der Ernährung dienen. Zu den Nesseltieren zählen mehrere Klassen: unter anderem die Blumentiere (Anthozoa), denen auch die Ordnung der Steinkorallen (Scleractinia) zugerechnet wird. Mit ihren über 18 Familien weist diese einen immensen Reichtum an Arten auf, deren exakte Anzahl noch unbekannt ist.

In der Aquaristik ist es üblich, Steinkorallen zwei groben Kategorien zuzuweisen: Erstens den kleinpolypigen Steinkorallen (SPS = engl. „Small Polyp Stony Corals“) und zweitens den großpolypigen Steinkorallen (LPS = engl. „Large Polyp Stony Corals“ bzw. „Large Polyp Scleractinians“). Diese Einteilung beruht ausschließlich auf der Polypengröße der jeweiligen Arten und hat keinen wissenschaftlichen Hintergrund. Zudem können die Übergänge fließend sein. Vertreter der LPS findet man u. a. in den Familien Euphyllidae, Fungiidae, Mussidae, Faviidae und Trachyphyllidae.

Bei den kleinpolypigen Steinkorallen, zu denen z. B. die Geweihkorallen (Familie Acroporidae, Gattung Acropora) gehören, sind die Koralliten winzig. Diese Nesseltiere bilden Gemeinschaften aus einer immensen Anzahl von Einzelpolypen, die durch ein gemeinsames Gewebe miteinander verbunden sind. Dieses Gewebe bezeichnet man als Coenosarc.

Bei den LPS hingegen erreichen die fleischigen Polypen mehrere Zentimeter Durchmesser. Sie sind entweder Solitärkorallen (z. B. Fungia spp.), die aus nur einem einzelnen Polypen bestehen, oder sie besitzen eine koloniale Struktur mit mehreren Mundöffnungen (z. B. Trachyphyllia geoffroyi und Catalaphyllia jardinei). Darüber hinaus gibt es auch Steinkorallen, die aufgrund ihrer Polypengrößen zwischen den beiden Kategorien SPS und LPS einzuordnen sind. Hierzu zählen z. B. Korallen aus den Gattungen Favia und Blastomussa.

Die Gruppe der LPS enthält zahlreiche Arten, die sich für die Pflege in Riffaquarien eignen. Zu nennen sind dabei vor allem die Gattungen Trachyphyllia, Euphyllia, Catalaphyllia, Nemenzophyllia, Plerogyra und Physogyra sowie Cynarina, Acanthophyllia und Scolymia die nachfolgend im Detail vorgestellt werden.

Physiologie und Körperbau

Bei allen großpolypigen Steinkorallen überzieht weiches Polypengewebe das harte Kalkskelett.

Das Kalkskelett

Das Kalkskelett von Steinkorallen besteht praktisch vollständig aus Kalziumkarbonat (CaCO3 bzw. Kalk) in einer kristallinen Form, die Aragonit genannt wird. Daneben finden sich noch weitere Elemente, z. B. Natrium, Magnesium und Strontium. Ob diese Stoffe aber ebenso lebensnotwendig sind wie das Kalziumkarbonat, ist noch unklar – möglicherweise werden sie nur zufällig in das Korallenskelett eingebaut, weil sie sich im Umgebungswasser befinden.

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Blastomussa wellsi ist mit einer Korallitengröße von 20 mm und einer Polypengröße von bis zu 30 mm zwischen den klein- und den großpolypigen Steinkorallen einzuordnen

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