cover

Verena Keil (Hrsg.)

Happy Hour
mit Jesus

Wahre Storys für Teens

18800.jpg

46589.jpg

Inhalt

Vorwort

„Du brauchst das Geld erst morgen!“

[DETLEF EIGENBRODT]

Die Antwort in 10000 Metern Höhe

[RAPHAELA STETTNER]

Blind und trotzdem glücklich

[JOHANNES SCHNEIDER]

Besser als jeder Spickzettel

[MICKEY WIESE]

Und plötzlich war sie tot

[JOEL KUHN]

Mein Traum vom Profisportler

[DANIEL HARTER]

Wenn ich schwach bin

[NELLI LÖWEN]

„Du musst nicht perfekt sein“

[DéBORAH ROSENKRANZ]

Gott weiß es einfach besser

[ELINA WILDEMANN]

Das alles war nicht nur ein blöder Unfall

[SAMUEL KOCH]

Runter vom Holzweg

[ESTHER MIDDELER]

Spät erkannte Schutzengel

[EVELIN BOLOF]

Die geheimnisvolle Reise

[SR. HANNA-MARIA EHLERS]

Der verborgene Plan

[BARBARA AGRICOLA]

Die Führerscheinprüfung

[MONIKA DEITENBECK-GOSEBERG]

Rettung in letzter Minute

[ANDREAS SCHMIERER]

Er meint es immer noch gut mit mir …

[ELISABETH KOCH]

Stärker als der Tod

[MATTHIAS DITTMANN]

Als die Worte vom Himmel fielen

[BERIT MERKEL]

Unverdient treu

[SASKIA KONZELMANN]

Gott kommt nicht mit Knall und Rauch

[MISCHA MARIN]

Warum gerade ich?

[FELIX PADUR]

Gott ist der perfekte Versorger

[MATTHIAS JÄGER]

Ich hab ein Bild von dir in meinem Kopf

[JOHANNES FALK]

„Waaas, du bist auch Christ?!“

[HARRY VOSS]

Gott hat einen Plan mit mir

[MIT YASMINA HUNZINGER IM GESPRÄCH]

18800.jpg

Vorwort

Ich habe zum Herrn gesagt: „Du bist mein Herr, mein Glück finde ich allein bei dir. Psalm 16,2

Was fällt dir beim Stichwort „Happy Hour ein? Abhängen, Freunde treffen, einen Cocktail zum halben Preis trinken (alkoholfrei natürlich!) – und, das Wichtigste: mehr zu bekommen als sonst?

Hast du schon mal daran gedacht, dass auch Jesus Fan von Happy Hours war, von „glücklichen Stunden also? Mir fällt da die große Happy Hour ein, die es auf der Hochzeit von Kana gab. Dort hat Jesus auf wundersame Weise aus 400 Litern Wasser besten Wein – und aus einer Allerweltshochzeit ein Ereignis gemacht, über das man noch 2000 Jahre später spricht. Oder ich denke an die unzähligen Happy Hours, die die Kranken erlebt haben, als sie von Jesus geheilt wurden. Ein Blinder, der wieder sieht? Mann, der muss doch vor Freude so richtig ausgetickt sein. Und mir fallen die Jünger ein, die völlig perplex waren, als ihr Rabbi aus fünf Broten und zwei Fischen ein Mahl für 5000 Leute kreiert hat. Das war doch nicht normal! Das sprengte den Erwartungshorizont. Das war … ganz bestimmt eine Happy Hour für alle Beteiligten.

Wo Menschen Jesus begegnen, da erleben sie tiefes Glück, nicht nur mal eben für eine Stunde oder einen Abend, sondern ein ganzes Leben lang. Bei ihm gibt es mehr als das, was wir erwarten oder verdient haben. Eine Begegnung mit ihm verändert alles. Das haben auch die Autoren erlebt, die einen Beitrag zu diesem Buch beigesteuert haben. Jeder von ihnen hat erlebt: Ja, der Glaube macht einen Unterschied. Er bewegt. Er gibt Kraft. Er trägt. Gerade auch durch Zeiten, die von außen betrachtet alles andere als Happy Hours sind.

Matthias hat ganz praktisch erfahren: Gott versorgt mich finanziell. Bei ihm ist nichts unmöglich.

Deborah hat erlebt: Gott sagt mir, was ich wert bin: unendlich viel. Alles andere sind Lügen.

Und Samuel: Ich habe Schweres erlebt. Aber Gott ist gut und hat noch was mit mir vor.

Wie wäre es, wenn wir die Happy Hours nicht den Gastronomiebetrieben und Sonnenstudios überlassen würden? Sondern wir uns selbst auf die Suche machen würden nach den besonderen Happy Hours, die man mit Jesus erleben kann?

Ich wünsche dir, dass dich die Geschichten in diesem Buch inspirieren und ermutigen, dich selber auf den Weg zu machen, um Gott zu begegnen. Er lässt sich wirklich finden!

In diesem Sinne, viel Freude beim Lesen!

Verena Keil

18800.jpg

„Du brauchst das Geld erst morgen!“

Es ist schon eine Weile her. Genauer gesagt, mehr als zwanzig Jahre. Aber diese Momente haben mich so nachhaltig geprägt, dass ich mich daran erinnern kann, als wäre es erst gestern gewesen.

Ich war Anfang zwanzig und lernte Gott gerade erst so richtig kennen. Ich war frisch verliebt in diesen Gott, von dem ich eigentlich nicht viel wusste, außer dass er mir guttun will. Und wird. Aber was das dann eben mit meinem richtigen Leben zu tun haben sollte, davon hatte ich nicht die Spur einer Idee, bis zu diesen Erlebnissen …

Damals war ich Mitarbeiter eines der edelsten Hotels Deutschlands und fühlte mich dort pudelwohl. Bis Gott anfing, meine Gefühle zu beeinflussen. Denn aus heiterem Himmel stürzte ich in eine Sinnkrise (ja, das geht auch im zarten Alter von rund zwanzig Jahren!), sodass ich Gott feierlich im Gebet gelobte, dass ich sofort bereit wäre, alle meine beruflichen Pläne über den Haufen zu werfen und Theologie zu studieren, wenn er das von mir wolle. Er müsse es halt nur sagen, dann ging das schon in Ordnung.

Der nächste Tag sollte mir eine meiner ersten ernsthaften Lektionen dazu liefern, wie es ist, mit Gott zu reden und ihm etwas zu versprechen. Denn schon am Morgen traf mich fast der Schlag, als ich vor meiner Arbeit noch schnell den Bibelvers aus der Tageslosung lesen wollte: Ich sollte mein altes Ich ablegen und mich von Gott zu dem Menschen verändern lassen, der nach seinem Willen geschaffen ist (Kolosser 3,10). Fluchtartig machte ich mich auf den Weg zur Arbeit. Den ganzen Tag über war dieser völlig neuartige Gedanke in meinem Kopf und lenkte mich ab. Ob es wirklich möglich war, dass Gott hier mit mir gesprochen hatte? Ob er mir zu sagen versuchte, dass ich alles, was ich bisher erreicht hatte und worauf ich mir so viel einbildete, hinter mir lassen sollte? Es einfach ablegen, wie ein schmutziges T-Shirt? Als ich abends heimkam, lag die aufgeschlagene Bibel immer noch auf dem Tisch und forderte mich wortlos zu einer Antwort auf. Sie starrte mich förmlich an.

Und ich reagierte. Noch am gleichen Abend schrieb ich die Kündigung für meine Wohnung und für meinen Job in diesem wirklich superschönen Hotel. Denn mir war klar: Wenn es tatsächlich Gott war, der hier gesprochen hatte, dann wäre es dumm von mir, das zu ignorieren und ihm nicht zu folgen. Und wenn ich nicht gleich folgen würde – wer weiß, ob ich es jemals tun würde.

Es war nicht ganz einfach, meine Entscheidung meiner Umgebung zu erklären. Am meisten Schiss hatte ich vor dem Gespräch mit meinem Chef (den ich sehr schätzte und nicht enttäuschen wollte). Als ich ihm erklärt hatte, was in mir los war und warum ich kündigen wollte, sah er erst sehr nachdenklich aus und sagte dann: „Das ist der einzige Grund, aus dem ich bereit bin, Sie gehen zu lassen. Damit war es also beschlossen.

Wenig später hatte ich meine Wohnung geräumt und wurde mit gut zwei Monaten Verspätung ins bereits laufende Schuljahr einer Bibelschule aufgenommen, in die ich aber so irgendwie gar nicht zu passen schien: Ich kam aus der Großstadt, hatte in meinem Metier Rang und Namen, man fragte nach mir und man gab etwas auf meine Meinung. Jetzt fand ich mich in einem nur wenige Hundert Seelen zählenden Dorf im Kraichgau wieder und stellte fest, dass ich zwar geschätzt, aber nur einer unter vielen war. Das Besondere, das mich umgeben und von dem ich geglaubt hatte, dass es mich ausmacht, war abgefallen. Ich stand vor einem Neuanfang – und hatte zudem noch zwei Monate Unterricht und Klausuren aufzuarbeiten, sodass ich den laufenden Stoff praktisch nebenbei mitnehmen musste. Und bei alldem schien mein Denken nicht zum Denken der restlichen Mannschaft zu passen. Damals dachte ich noch, dass das an den anderen liegen müsste. Wie dumm und eingebildet ich doch war! Jung und unerfahren – im Leben und im Glauben. Aber Gott hatte mich jetzt in seine Schule genommen, um mich zu verändern. Denn ich hatte wirklich so einiges zu lernen. Über Gott, das Leben im Allgemeinen und vor allem über mich …

33206.jpg

Als ich bereits im dritten von insgesamt vier Studienjahren war, wollte ich mein Hauptpraktikum in Afrika machen. Als ich die Zusage bekam, ein Jahr später für gut sechs Monate nach Guinea Bissau gehen zu können, war ich komplett außer mir und aufgedreht – ich fühlte mich, als hätte ich grad den Hauptpreis gewonnen! Wie sollte ich diese positive Spannung nur aushalten? Fast zwölf Monate warten. Und sparen. Denn ich musste die gesamten Kosten selbst stemmen, so war der Deal. Und das war eine Menge Kohle.

Ganz im Gegensatz zu der Kohle, die ich zur Verfügung hatte: Wenn ich vom Bafög mein Schulgeld bezahlt hatte, blieben mir pro Monat noch etwa dreißig Euro zum Leben übrig. Dreißig Euro! Und ich hatte zehn Monate zum Sparen. Das würde hart, aber ich wollte es schaffen. Als ich allerdings herausfand, dass das gesamte Praktikum mindestens zweieinhalbtausend Euro kosten würde, wurde mir etwas anders. Zweieinhalbtausend Euro! Eine schicke Stange Geld für einen, der im Monat nur dreißig Euro hatte. Dennoch sparte ich, was das Zeug hielt. Jeder Euro und jeder Cent – wir rechneten damals übrigens noch in Mark und Pfennig – wurde zur Seite gelegt. Ich hatte ein Ziel. Ich wollte es schaffen, ich wollte nach Afrika. Dass das Ziel rein mathematisch gar nicht zu erreichen war, hatte ich irgendwie ausgeblendet. Wo ein Wille war, da musste schließlich auch ein Weg sein.

Bei all meinen Bemühungen merkte ich dann aber leider nicht mehr, wie aus Sparsamkeit Geiz wurde. Ich wurde völlig unsensibel und unempfindlich für die Bedürfnisse anderer. Wann immer jemand Geld benötigte, riet mir mein Herz, ihm etwas zu geben. Aber mein Verstand protestierte. Weil ich mein Geld ja selber brauchte. Und zwar für einen guten Zweck: für einen Missionseinsatz im Ausland. Damit war klar, dass ich es nicht ausgeben, sondern gut horten würde. Bis zu dem Tag, der alles ändern sollte.

Wir saßen nachmittags zusammen in einem der Medienräume und schauten ein Video. Die Biografie vom Missionar Hudson Taylor. Der Film war nicht neu, die Geschichte auch nicht. Dann zog mich eine Szene völlig in ihren Bann. Taylor war als Arzt in China und wurde abends zu einer Familie gerufen, deren Kind ernsthaft erkrankt war. Weil die Eltern arm waren und sich keinen Arzt leisten konnten, holte man den Ausländer. Die Diagnose war schnell gestellt, und Taylor wusste, dass dieses Kind unbedingt solide Nahrung brauchte, wenn es überleben sollte. Das sagte er den Eltern und schaute in ihre verzweifelten Augen, bis Taylor verstand, dass sie nicht mal Geld für schlechte Nahrung hatten. Sie hatten gar nichts.

In dem Moment kam es Taylor so vor, als würde er die leise Stimme Gottes vernehmen, der ihm sagte: „Hudson, was ist mit dem Geld in deiner Tasche? Würde das nicht ausreichen, dem Kind zu helfen? Könnte damit nicht das Leben des Kindes gerettet werden? Und Taylor hörte sich selbst wortlos mit Gott argumentieren: „Herr, du hast mich als Missionar nach China geschickt und es ist nicht leicht hier. Das Geld in meiner Tasche brauche ich, um morgen meine Miete zu bezahlen. Sonst sitze ich auf der Straße und kann niemandem helfen. Die Eltern des kranken Kindes starrten fragend und verwundert in das Gesicht des hellhäutigen Ausländers, der so abwesend schien und nichts mehr sagte. „Du brauchst das Geld erst morgen, schien Gott sich erneut an Taylor zu wenden, „aber diese Familie braucht heute Hilfe …

Damit war nicht nur für Hudson Taylor klar, was er zu tun hatte. In dem Augenblick, als er den alten chinesischen Eltern des todkranken Kindes all sein Erspartes übergab, das er eigentlich für die Miete einsetzen wollte, brach in mir ein Damm. Irgendetwas durchflutete mich, warm, angenehm, umwerfend. Und ich wusste genau, was es war. Oder, um genau zu sein, wer es war. Gott legte ein weiteres Mal seine Finger auf einen Punkt, der mich hart gemacht hatte. Er tat es liebevoll, zärtlich, behutsam. Und ich hatte verstanden. Wie Hudson Taylor, der sich von der Familie verabschiedet hatte und mit Gott redend durch die Nacht nach Hause ging, machte auch ich mich auf den Weg in mein Zimmer – ebenfalls mit Gott redend. Ich sagte ihm: „Herr, ich habe verstanden, dass es nicht gut ist, geizig zu sein und das Geld zu horten, dass du hättest gebrauchen wollen. Es ist nicht gut, wenn ich mich auf meine Möglichkeiten verlasse. Es wäre besser, sich auf dich zu verlassen, dir zu vertrauen und dich das machen zu lassen, was ich doch sowieso nicht machen kann. Ich geb dir das Geld, das ich habe. Alles. Und bin gespannt, wie du dich morgen um meine Bedürfnisse kümmern wirst. Ich will doch nach Afrika … Sofort holte ich das Geld und warf es in einen verschlossenen Opferkasten – irgendwo in meiner Bibelschule. Und zusammen mit den paar gesparten Kröten warf ich mein ganzes Vertrauen auf Gott.

Er enttäuschte mich nicht. In den folgenden Wochen und Monaten bekam ich immer wieder Geld von Menschen, die ich gar nicht oder nur kaum kannte. Einmal hatte ich einen Scheck in meiner Post, mit dem ich meinen kompletten Flug bezahlen konnte! Und ich hatte ein Versprechen von einer Familie, die um meine Situation wusste. Die sagten nämlich, dass sie bald in die Schule kämen und mir alles Geld geben würden, was mir für die Reise noch fehlen würde. Ich sollte nur ehrlich sein und es ihnen sagen. Als sie schließlich kamen, um mich zu besuchen, hatte ich bereits mehr Geld als nötig zusammen …

Das, was ich in dieser Zeit über Gott und über mich lernte, trägt mich immer noch. Ich kann Gott vertrauen, ich will Gott vertrauen. Die Situationen mögen sich verändern. Aber der Gott, an den ich glaube, hat sich nicht geändert. Immer noch steht er fest zu seinem Versprechen, immer noch legt er von Zeit zu Zeit seine Finger auf Punkte, die mich hart machen. Und immer noch erinnert er mich daran, wer die Geschicke dieser Welt leitet und wem ich mich anvertrauen kann.

Detlef Eigenbrodt hat schon so einiges erlebt, aber kaum etwas bewegt ihn so wie die Besuche bei Freunden in afrikanischen Townships, ihre strahlenden Augen und ihre herzliche Gastfreundschaft.

18800.jpg

Die Antwort in 10000 Metern Höhe

Seit Wochen freute ich mich schon auf diesen Tag! Ich durfte meine zwei Jahre ältere Schwester in Schweden besuchen, die dort gerade für ein Jahr als Au-pair arbeitete. Eineinhalb Wochen würde ich bei ihr und ihrer Gastfamilie wohnen. Wir hatten schon einige Pläne geschmiedet, was wir unbedingt alles unternehmen wollten, und mein Koffer war schnell gepackt – voll mit Kleidung, Ostergeschenken und Schokoladenhasen. Da ich schon einige Male vorher geflogen war, kannte ich die Reihenfolge von der Kofferabgabe am Terminal über die Suche des Gates bis zum Einstieg ins Flugzeug genauestens. Aber da es mein erster Flug alleine sein würde, war natürlich auch Aufregung mit im Spiel. Wir kamen pünktlich in Frankfurt am Flughafen an, ich gab meinen Koffer ab, verabschiedete mich von meinen Eltern und kam problemlos und zügig durch die Sicherheitskontrolle. Das Flugzeug kam pünktlich, und kurz danach saß ich an meinem Fensterplatz. Irgendwo in der Mitte des Flugzeuges.

Ich liebe es zu fliegen. Wenn man beim Start in die Sitze gedrückt wird und von oben auf die Erde sehen kann, wenn man über den Wolken die strahlende Sonne sieht und über einem nichts als wunderschöner blauer Himmel ist – wunderbar. Doch heute war der Himmel bedeckt, dicke graue Wolken hingen in der Luft, und kaum hatten wir abgehoben, sah man durch das Fenster nichts als eine dunkle dichte Masse. Also packte ich mein Buch aus und begann zu lesen.

33288.jpg

Nach etwa einer Stunde flogen wir dann in das erste Luftloch. Es fühlte sich an, als würde man aus dem Sitz gehoben werden, während das Flugzeug nach unten fällt. Vor Schreck schrien ein paar Menschen auf. Aber da es nur ein sehr kurzes unangenehmes Gefühl für den Körper gewesen war, lachten die meisten gleich danach wieder.

Doch dann kamen heftige Windböen, und das Flugzeug fing an zu wackeln. Wir schwankten leicht von links nach rechts und die Anzeige zum Anschnallen blinkte auf. Etwas beunruhigt schnallte ich mich an und legte mein Buch zur Seite. Jetzt wackelte das Flugzeug immer heftiger und heftiger. Wir flogen durch immer mehr Luftlöcher. Jedes Mal fühlte es sich an, als würde man aus dem Sitz gehoben und kurz danach wieder mit voller Kraft hineingedrückt werden. Viele Passagiere schrien bei jedem neuen Ruck entsetzt auf, mehrere mussten sich übergeben und einige Kinder begannen zu weinen.

Inzwischen hatte auch ich Angst bekommen. Mein Herz raste, meine Hände lagen ineinander verkrampft in meinem Schoß und meine Lippen formten ein stummes Stoßgebet zum Himmel. „Bitte, Gott, lass uns alle wieder sicher auf dem Boden ankommen!

Und Gott antwortete mir sofort! Denn kaum hatte ich dies gebetet, fühlte ich, wie ich innerlich voll und ganz ruhig wurde. Meine Hände entkrampften sich und mein eben noch rasender Herzschlag kehrte wieder zu seiner normalen Geschwindigkeit zurück. Diese Ruhe breitete sich in meinem ganzen Körper aus und ich fühlte mich auf einmal absolut sicher und geborgen. Gerade so, als würde ich im Kreis von meiner Familie vor dem warmen Ofen sitzen und Tee trinken. Die Veränderung meiner Angst in Geborgenheit war so stark, dass ich das sofort spüren konnte. So etwas hatte ich vorher noch nie erlebt! In diesem Moment wusste ich einfach zu hundert Prozent: Wir würden sicher auf dem Boden ankommen! Gott hatte alles unter Kontrolle und dieses Flugzeug würde sicher auf dem Flughafen in Stockholm landen! Über seine Antwort – und vor allem darüber, dass ich sie so stark hatte spüren können – war ich so glücklich, dass ich alle weiteren Turbulenzen mit einem Lächeln im Gesicht hinnahm. Entspannt saß ich auf meinem Platz, und wir landeten pünktlich und unbeschadet …

Raphaela Stettner war gerade für ein Jahr als Au-pair in Spanien und studiert jetzt in Karlsruhe Pädagogik der Kindheit.

18800.jpg

Blind und trotzdem glücklich

Meine Blindheit störte mich nur selten. Ich, 10 Jahre alt, konnte immer noch genug sehen, um zwischen Hell und Dunkel zu unterscheiden. Ich wusste auch nicht, dass ich anders als andere Kinder in meinem Alter war. Ich ging auf eine Schule für Blinde, spielte gerne Fußball und Computer und hörte gerne Musik. Ein ziemlich normales Leben halt. Auch an die extrem vielen Augenarztbesuche hatte ich mich gewöhnt.

Doch als ich dieses Mal zum Augenarzt musste, ahnte ich nicht, dass dieser Besuch mein Leben verändern sollte. Eigentlich sollte es nur eine ganz normale Untersuchung werden. Doch dann entdeckte der Arzt eine schlimme Augenentzündung, die sofort operiert werden musste. Natürlich war ich erst mal total geschockt. Ich wurde schon oft genug operiert und wollte das nicht schon wieder.

Aber der Arzt sagte, dass ich nach der Operation besser sehen könne als vorher.

Na, wenn das so ist …, dachte ich mir und stimmte zu. In den Wochen vor der Operation durfte ich weder Fußball spielen noch irgendeine andere Sportart machen. Schrecklich! Viele Freunde und Bekannte beteten für mich und mein Auge. Als ich ins Krankenhaus kam, fragte ich natürlich die Ärzte, ob ich nach der Operation wirklich besser sehen könnte. „Easy going und „Auf jeden Fall! waren die Antworten. Trotzdem hatte ich kein gutes Gefühl …

Nach der Operation waren sich alle Ärzte sicher, dass alles gut funktioniert hatte. „Der Junge kann jetzt besser sehen als vorher!, glaubte der Arzt, der mich operiert hatte. Nach einiger Zeit durfte ich die Augenklappe, die man mir aufs Auge geklebt hatte, absetzen. Zum ersten Mal sollte ich nun meine Umwelt richtig wahrnehmen können! Doch als ich die Augen öffnete, sah ich nichts als schwarze Dunkelheit. Der Schock saß tief. Auch in den nächsten Tagen änderte sich nichts. Mein Augenlicht war für immer verloren.

31140.jpg

Ich wollte es einfach nicht glauben. Ich fragte mich, wie Gott das zulassen konnte. Wie sollte ich so einmal ein normales Leben führen? Konnte ich überhaupt leben? Mein ganzes Leben kam mir plötzlich so wertlos und verloren vor. Meine Familie und Freunde versuchten, so gut sie konnten, mich zu trösten. Doch auch sie waren fix und fertig! Hoffnung war in diesen Tagen schwer zu finden. Und Jesus? Nein, danke!, dachte ich. So jemand kann mich nicht lieben.

Ein paar Tage später lud mich der Krankenhaus-Pfarrer zu einem Gottesdienst ein.

Ein Gottesdienst – das war so ziemlich das Letzte, was ich jetzt gebrauchen konnte. Trotzdem entschied ich, hinzugehen. Ehrlich gesagt kann ich mich an den Gottesdienst nicht mehr erinnern. Das Einzige, was bei mir hängen blieb, war dieses Lied:

Meine Hoffnung und meine Stärke,

meine Freude, mein Licht, Jesus, meine Zuversicht,

auf dich vertrau ich und fürcht mich nicht,

auf dich vertrau ich und fürcht mich nicht.

Dieses Lied traf mich wie der Blitz. Ich spürte plötzlich, dass Jesus mich nie im Stich lassen würde. Mein Leben machte wieder Sinn. Dieses Lied gab mir so viel Kraft, dass ich es immer wieder in meinem Krankenhausbett sang. Ich hatte verstanden: Gott liebt mich. Genau so, wie ich bin. Blind und trotzdem glücklich.

Etwa ein Jahr später war der Fußballer Cacau in einer Gemeinde im Nachbarort zu Besuch. Da bin ich als Fußballfan natürlich hingegangen. Er erzählte aus seinem Leben und davon, wie er in Brasilien zum Glauben gekommen ist. An diesem Abend vertraute ich mein Leben noch mal bewusst Gott an.

Und heute? Ich finde es immer noch cool, mit Jesus unterwegs zu sein. Jesus ist mein bester Freund. Es tut gut, zu wissen, dass er immer da ist! Manchmal macht allein dieses Gefühl Lust auf eine Jesus-Party. Dann kann ich meine Freude nicht für mich behalten … Ich genieße mein Leben: In meiner Freizeit höre ich am liebsten Musik, chille mit Freunden oder surfe im Internet – oft bei YouTube oder im Chat. (Dafür benutze ich mein iPhone oder iPad. Beide Geräte sprechen mit mir und erzählen mir, was z.B. in der Whatsapp-Nachricht steht.) Natürlich ist nicht immer Party. Das Leben als Blinder kann manchmal auch ganz schön hart sein. Aber was macht das schon, wenn man Gott und Jesus an seiner Seite hat?

Johannes Schneider (18) besucht ein Gymnasium als Integrationsschüler und ist begeisterter Bayern-Fan.