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Gefährlich passend

von Silvia Violet

Aus dem Amerikanischen von Florentina Hellmas

 

Impressum

 

© dead soft verlag, Mettingen 2016

http://www.deadsoft.de

 

© the author

Titel der Originalausgabe: Fitting In

Aus dem Amerikanischen von Florentina Hellmas

 

Cover: Irene Repp

http://www.daylinart.webnode.com

Bildrechte:

© jakabanett – fotolia.com

© rdgraphe – fotolia.com

© Fxquadro – fotolia.com

 

1. Auflage

ISBN 978-3-96089-055-3

ISBN 978-3-96089-056-0 (epub)

 

Inhalt:

Als die beiden attraktiven Cops in seine Bar kommen, glaubt Mason an einen Witz. Niemals können diese zwei Typen echte Cops sein! – Doch rasch erfährt er, dass Jack und Gray nicht nur tatsächlich bei der Polizei arbeiten – sondern auch noch ganz andere Dinge für ihn auf Lager haben. Denn beide begehren ihn.

Was als heiße Nacht zu dritt beginnt, wird schnell mehr. Jack und Gray erfüllen Masons devote Fantasien und aus hartem Sex wird rasch Freundschaft. Doch Mason möchte nicht zwischen den beiden Männern stehen, die ihm bereits nach kurzer Zeit so viel bedeuten. Viel zu viel. Aber kann eine Beziehung zu dritt wirklich funktionieren?

 

Für alle, die mich gedrängt haben, schneller zu schreiben, besonders Christy und Sharon, und an Erika, Hank und Matt für ihre Hilfe auf meinem Weg.

 

Kapitel 1

 

 

Zwei Polizisten betraten das Lokal. Das konnte nur ein Scherz sein, dachte Mason, der Barkeeper. Denn nie im Leben konnten diese geradezu lachhaft heißen Typen echte Cops sein. Die Jungs waren absoluter Stoff für Tagträume. Mason hoffte inständig, sie wären Stripper und bereit, eine Privatvorstellung für ihn zu geben. 

Ihre engsitzenden, dunkelblauen Uniformen betonten ihre Körper genau an den richtigen Stellen. Der größere der beiden Männer war kräftig genug, um Mason hochzustemmen. Sein Hemd sah aus, als würde es aus allen Nähten platzen, und Mason hoffte, es würde genau das tun. Dunkles, gewelltes Haar fiel in seine Stirn und milderte die harten Konturen seines Gesichts. Seine Augen waren dunkel und strahlten keine Wärme aus. Genau richtig für einen Bullen.

Sein Partner war ungefähr so groß wie Mason, etwa 1,80 m und hatte ganz kurz getrimmtes, dunkelblondes Haar und blaue Augen. Er sah jünger aus, so als käme er gerade erst von der Akademie, aber er war genauso unfassbar scharf wie der Große. Er sah eher aus wie der Junge von nebenan, hatte in der Schule wahrscheinlich Baseball gespielt und mit seinem Lächeln die Herzen aller Mädchen erobert. Er war das perfekte Gegenstück zum rauen, beherrschenden Auftreten seines Partners. Die beiden hätten guter Bulle – böser Bulle spielen können, dass nur so die Funken sprühten, und es hätte Mason gefallen, ihr Opfer zu sein.

Wäre Mason in einem Porno gewesen, hätten sie ihn ins Hinterzimmer geschleift und sich seinen Arsch vorgenommen, bis er nicht mehr aufstehen konnte. Doch leider war das hier die Realität. Vermutlich waren die beiden gnadenlos hetero und nur da, um ein Bier zu trinken. Sie steuerten auf das Ende der Bar bei der Kasse zu, wo während der Nachmittagsflaute keine Kunden waren.

„Was darf ich Ihnen bringen, Officers?“, fragte Mason.

Der Große lächelte. „Irgendwas, Hauptsache, es ist kalt.“

Der Kleinere boxte seinen Partner in den Arm.

„Nichts, danke. Wir sind beruflich hier.“

Der große Mann rollte mit den Augen.

„Kriege ich wenigstens eine Limo?“

„Na schön. Zwei Cola, bitte.“

Mason war froh über die simple Aufgabe, Eiswürfel zu schöpfen und Getränke zu zapfen, um sich für ein paar Minuten abzulenken. Welcher berufliche Grund konnte die beiden hergeführt haben? Auch wenn hin und wieder eine Schlägerei ausbrach, typischerweise während der NCAA Basketballmeisterschaften, war das Nathan’s doch kaum eine Brutstätte der Kriminalität.

Er nahm die Getränke, wandte sich ihnen wieder zu und zwang seine Hände, nicht zu zittern. Es war nicht so, als hätte er in der Vergangenheit nicht schon eine Menge attraktiver Männer bedient. Was hatten die beiden nur an sich, das ihn so erregte?

Er stellte die Drinks vor ihnen auf den Tresen und beobachtete, wie sie beide einen Schluck nahmen. Hitze schoss in seine Wangen, als ihm klar wurde, dass er das Muskelspiel in der

Kehle des größeren Mannes beobachtete, als der schluckte.

Konzentrier dich, Mason, konzentrier dich.

„Also … ähm … welche berufliche Angelegenheit bringt Sie zu uns?“

Der kleinere Mann lächelte und streckte ihm die Hand hin.

„Ich bin Officer Jack Abney und das ist mein Partner, Gray Sadler. Wir würden gerne mit den Angestellten sprechen, die gestern Nacht hier gearbeitet haben, als das Gino’s ausgeraubt wurde. Nur für den Fall, dass jemand etwas gehört oder gesehen hat, das bei den Ermittlungen helfen kann.“

Mason schüttelte Jacks Hand. Seine Haut war weicher, als Mason erwartet hatte, und er hielt Masons Hand ein paar Sekunden länger als nötig.

„Ähm … ich bin Mason Shields.“

Jack grinste.

„Nett, Sie kennenzulernen, Mr. Shields.“

Mason dachte, er würde schmelzen. Aber das war nicht der Zeitpunkt, um zu einer Pfütze lustvoller Absichten zu zerfließen. Die Raubüberfälle hatten die Lokalbesitzer im Zentrum von Durham, wo sich auch das Nathan’s befand, ziemlich aufgerüttelt. Der Einbruch bei Gino’s war der dritte in der Gegend und man vermutete, dass es sich in allen Fällen um die Taten von Insidern gehandelt hatte, ausgeführt von gut organisierten Berufsverbrechern.

Gruppen von Jugendlichen, die gelegentlich eine Fensterscheibe einschlugen, um an eine Ladenkasse zu kommen oder die Wertgegenstände zu klauen, die Kunden sorglos in ihren Autos liegen ließen, waren nicht ungewöhnlich. Aber diese Art systematisch organisierter Kriminalität war etwas Neues.

„Ich war letzte Nacht hier, aber bis ich die Sirenen hörte, hatte ich keine Ahnung, dass etwas los war. Es war wirklich voll hier und ich hatte eine Warteschlange an der Bar, also war ich darauf konzentriert, Drinks zu mixen und die Kunden bei Laune zu halten.“

Jack stand auf und sah zum Fenster.

„Man hat hier auch keinen besonders guten Blick.“

Mason schüttelte den Kopf.

„Wenn da drüben die Lichter ausgehen, sehe ich gar nichts. Vor allem, wenn viele Leute mir die Sicht verstellen.“

Nun musterte sein Partner, Officer Sadler, Mason mit einem berechnenden Blick.

„Wenn wir das richtig sehen, hat eine eurer Kellnerinnen bis vor etwa einem Monat bei Gino’s gearbeitet.“

„Ja, Gwen.“

Die Vorstellung, Gwen könnte für eine Bande krimineller Superhirne arbeiten, war lächerlich. Sie war kaum in der Lage, ein paar Tische zu bedienen, ohne die Bestellungen durcheinander zu bringen.

„Hat sie gestern Nacht gearbeitet?“, fragte Gray.

Mason ging den Abend in Gedanken durch. Gwen war da gewesen. Er konnte sich aber nicht erinnern, sie gesehen zu haben, nachdem die Schar der Gäste, die zu Abend gegessen hatten, das Lokal verlassen hatte. Er hatte sich gewundert, weshalb sie unterbesetzt waren, als sich die Bar mit Rowdies gefüllt hatte, die sich ein Spiel ansehen wollten.

„Ja, hat sie. Aber ihre Schicht muss um neun zu Ende gewesen sein.“

„Ist das ungewöhnlich?“

Jack musterte ihn so aufmerksam, wie es zuvor sein Partner getan hatte. Von diesen beiden hinreißenden Männern so angestarrt zu werden, versetzte Masons Inneres ganz schön in Aufruhr und sein anschwellender Schwanz ließ es in seiner Hose ungemütlich eng werden.

„Ja, irgendwie schon, schätze ich. Gewöhnlich arbeiten die Kellner an Wochenenden bis elf. Aber ich glaube wirklich nicht …“

Jack hob die Hand. „Reine Routinefragen.“

„Okay, vielleicht wäre es dann besser, wenn Sie mit der Managerin sprechen.“

„Das werden wir“, versicherte Gray, „aber im Augenblick wollen wir mit Ihnen reden.“

Seine Stimme war tief und sexy. Wenn Mason es nicht besser gewusst hätte, hätte er glauben können, dass Gray mit ihm flirtete. Aber das musste Einbildung sein. Jack starrte seinen Partner an, als ob er den Verstand verloren hätte.

Mason sah zurück zu Gray und war gebannt von seinem coolen, fixierenden Blick. Er biss sich auf die Lippe, bis der scharfe Schmerz ihm erlaubte, den Zauber zu brechen und wegzusehen. Gray strahlte enorme Dominanz aus. Mason bezweifelte nicht, dass er gewohnt war, zu bekommen, was er wollte, und Mason wäre glücklich gewesen, ihm genau das zu geben. Der Gedanke, unter ihm festgehalten zu werden und genau gesagt zu bekommen, wie er ihm gefällig sein konnte, ließ Mason schaudern.

In dem Versuch, die Spannung aufzulösen, die zwischen ihnen vibrierte, sagte Mason:

„Der Barkeeper weiß immer alles, ist das die Theorie?“

„So etwas in der Art.“

Jacks pfiffiges Grinsen ließ Masons Knie weich werden. Diese beiden könnten sein Ende sein.

Die Beamten stellten noch ein paar Fragen, aber Mason hatte ihnen wirklich nichts Nützliches zu erzählen, weshalb sie weitergingen, um die Kellner zu befragen. Er war froh, dass nicht viele Kunden in der Bar waren, denn die beiden Bullen hatten Ärsche, die seine ungeteilte Aufmerksamkeit verdienten. Er seufzte, als er sie beobachtete, während er vorgab, die Theke sauber zu wischen. Was hätte er nicht alles darum gegeben, sie aus ihren dunkelblauen Hosen zu schälen und einen genaueren Einblick zu bekommen.

Mason war erstaunt, wie sehr er sich angezogen fühlte. Grays Größe und seine dominante Ausstrahlung drückten sämtliche Knöpfe bei ihm, weckten seinen Wunsch nach Unterwerfung und lösten Fantasien aus, die ihn schwach werden ließen. Und Jack, Mason konnte ihn sich vorstellen, wie er in einem harten Fick schwelgte oder auch selbst Anweisungen gab, mit dem gleichen selbstbewussten Auftreten, das er bei Verhören an den Tag legte. Hätten die beiden Männer ihn angewiesen, die Hose herunterzulassen, und sich über die Bar zu lehnen, hätte er es womöglich getan. Das brachte ihn aus dem Konzept. Obwohl er seinen Anteil an flüchtigen sexuellen Begegnungen, bei denen keine Namen ausgetauscht wurden, gehabt hatte, war er gewöhnlich keine solche Nutte. Vielleicht war sein Problem ja die Tatsache, dass es bereits Monate her war, seit er sich zuletzt die Mühe gemacht hatte, überhaupt einen Partner zu finden. Er hatte anonymen Sex in Clubs nie wirklich genossen, aber er hatte auf die harte Tour gelernt, dass es sinnlos war, sich darauf zu verlassen, dass jemand für ihn da sein würde. Also war er auch nicht ausdrücklich auf eine Beziehung aus. Durch die Clubs zu ziehen, war die einfachste Möglichkeit, seine sexuellen Bedürfnisse zu befriedigen. Er wagte sich gerade oft genug aus seiner Komfortzone, um nicht an unerfüllter Lust zu sterben. Aber die letzten Male, die er mit irgendwem in einem schäbigen Waschraum gevögelt hatte, war er hinterher mehr angeekelt als befriedigt gewesen. In den letzten Monaten hatte er mehr die Nerd-Seite seiner Persönlichkeit ausgelebt, jenen Teil von ihm, der immer noch hoffte, eines Tages aufs College zurückzukehren, einen Abschluss in Chemie zu machen und danach weiter zu studieren. Statt auszugehen, hatte er in seiner Freizeit wissenschaftliche Magazine gelesen und immer wieder seine Lieblingsfolgen von Star Trek gesehen. Vielleicht löste der Mangel an Sex ja gerade einen Anfall von geistiger Verwirrung aus.

 

Kapitel 2

 

 

Während der nächsten Wochen wurden Jack und Gray zu regelmäßigen Kunden im Nathan’s und Mason wurde nie müde, sie zu beobachten. Er ertappte sie oft dabei, wie sie einander anerkennende Blicke zuwarfen, und auch wenn die meisten ihrer zufälligen Berührungen sich innerhalb akzeptabler Grenzen männlicher Kameradschaft bewegten, war ihr Ausdruck sanfter, als er von abgehärteten Cops erwartet hätte. Er hatte sich schon beinahe selbst überzeugt, dass sie mehr als Freunde waren. Jedes Mal, wenn er einen Hinweis entdeckte, dass die beiden Liebhaber sein könnten, warf er sich vor, dass es sich um Wunschdenken handelte. Das hinderte ihn aber nicht daran, Fantasien darüber, wie die beiden ihre nackten, schwitzenden Körper aneinander rieben, zu seinem bevorzugten Zeitvertreib zu machen. Jack und Gray hatten ihn zu einem ausgewachsenen Polizisten-Fetisch inspiriert.

Eines Abends kamen die beiden nach dem Ende ihrer Schicht vorbei. Nach dem Essen bestellten sie Tiramisu, Masons Lieblingsdessert. Während einer kurzen Pause zwischen dem Aufnehmen der Bestellungen beobachtete er, wie Gray seine Gabel in das Konfekt stach, um dann daran zu lecken wie an einem Lolly. Es war der erotischste Anblick, den er je gesehen hatte. Jede Bewegung von Grays Zunge ließ seinen Schwanz zucken. Keuchend und schmerzhaft hart zwang er sich schließlich, sich abzuwenden und an Dinge zu denken, die sicherstellten, dass er die Erektion loswurde. Das Entsorgen der Mausefallen, die er in der Küche seines Apartments unter der Spüle aufgestellt hatte, oder den neuen Tellerwäscher, der seit letzter Woche im Nathan’s arbeitete, und offenbar noch nie im Leben von Deo gehört hatte. Als selbst bei diesen Gedanken die Luft nicht raus war, wusste er, dass er ein ernstes Problem hatte. Er hatte keine mehrstündige Pause und selbst wenn er hinausschlüpfen konnte – wollte er wirklich an seinem Arbeitsplatz auf dem Klo wichsen wie ein Sechzehnjähriger? Er musste das in den Griff bekommen. Offenbar hatte er sich zu lange isoliert. Aber wenn er durch die Clubs ziehen würde, während er von dieser Besessenheit gesteuert wurde, würde er alle Männer, mit denen er tanzte, mit Gray und Jack vergleichen. Sehr wahrscheinlich würde er an allen etwas zu bemängeln haben.

„Bring mir noch eine Runde, Mason.“

Der Zuruf von Chris, einem der Stammkunden, holte ihn aus seinen Träumereien. Mason hatte ihm schon eine Reihe von Drinks serviert und er sah aus, als würde er jeden Moment von seinem Barhocker rutschen.

„Du hast genug, ich rufe dir ein Taxi.“

„Nein, verdammt. Der letzte Ort, an dem ich sein möchte, ist zu Hause.“

Mason seufzte. Seit seine Freundin sich vor ein paar Wochen in einen anderen Mann verliebt hatte, war Chris nicht mehr nüchtern gewesen, so schien es ihm.

„Du schwelgst schon lange genug in deinem Unglück“, antwortete Mason.

„Geh heim, schlaf dich aus und mach morgen einen neuen Anfang.“   

Chris schüttelte den Kopf.

„Ich begreife es einfach nicht.“

Mason atmete langsam ein. Der Mann hatte wirklich gedacht, das Mädchen, mit dem er ausging, sei die Richtige. Mason hatte den Verdacht gehabt, dass sie nur nach jemandem gesucht hatte, der ihre Drinks bezahlte, und ihr Geschenke machte. Das hatte er Chris aber nicht gesagt. Das Drama, das Chris veranstaltete, begann ihn zu nerven. Diese ganze Barkeeper-Nummer, jemandem mitfühlend ein Ohr zu leihen, entsprach nicht Masons Natur. Er dachte viel lieber über den chemischen Aspekt des Mixens perfekter Cocktails nach, als dass er mit Kunden plauderte. Aber er hatte einen Job mit anständiger Bezahlung gebraucht. Als sein Freund, der den Job davor hatte, seinen Abschluss machte, hatte er für Mason ein gutes Wort eingelegt. Elizabeth, die Managerin, die den Laden von Nathan übernommen hatte, war trotz seines Mangels an Erfahrung bereit gewesen, ihn einzustellen. Er hatte schnell gelernt und Elizabeth so sehr beeindruckt, dass sie ihn zum stellvertretenden Manager befördert hatte.

Er wandte sich von Chris ab, um die Bestellung eines Mädchens mit pink gefärbten Haaren entgegenzunehmen. Sie sah nicht mal wie sechzehn aus und schon gar nicht wie einundzwanzig. Als Mason ihren Ausweis verlangte, sah er, wie Heather, die Ex Freundin von Chris, durch die Tür kam. Sie hatte den Arm um die Hüften ihres neuen Liebhabers geschlungen. Mason seufzte. Im günstigsten Fall würde Chris sich zum Narren machen, im schlimmsten Fall würde er die Nacht in einer Zelle verbringen. Er sah sich nach Jack und Gray um, aber sie saßen nicht mehr an ihrem Tisch in der Ecke.

Er überprüfte den Ausweis der Jugendlichen, der echt zu sein schien. Nachdem er ihr einen Cola–Rum serviert hatte, warf er einen Blick zurück zu Chris, der seine Ex immer noch nicht bemerkt hatte. Sie schmiegte sich an den Mann, mit dem sie unterwegs war, und streichelte ihn bei jeder Gelegenheit. Ein paar Minuten später, nachdem er einige Drinks zu Tischen gebracht hatte, deren Kellnerinnen nicht nachkamen, hörte Mason laute Stimmen vom anderen Ende der Bar. Heather war zu Chris an den Tisch gekommen, um Hallo zu sagen. Legte sie es auf eine Auseinandersetzung an? Mason bonierte die Rechnung eines Kunden, der bezahlen wollte, während er ständig zu Chris sah. Die Situation dort drohte zu eskalieren. Nachdem er dem Kunden sein Wechselgeld gegeben hatte, sah er wieder zu Chris und zuckte zusammen. Chris war von seinem Barhocker gerutscht und stellte den Freund zur Rede. Jeden Moment würden die Fäuste fliegen.

Mason hob einen Finger, um anzuzeigen, dass er sich gleich um den Nächsten in der Warteschlange kümmern würde, und ging auf Chris zu. Er umrundete die Bar und legte ihm eine Hand auf die Schulter.

„Lass mich ein Taxi für dich rufen.“

„Der verdammte Bastard sagt, ich hätte sein Mädchen gestohlen“, sagte der Freund und sah aus, als könne er es nicht erwarten, Chris in den Hintern zu treten.

„Warum sucht ihr euch nicht einen Tisch und die ersten Drinks gehen aufs Haus?“, fagte Mason in dem Bemühen, die Situation zu entschärfen.

Heather und ihr Freund entfernten sich, aber als der die Hand über ihren Rücken gleiten ließ und nach ihrem Hintern grapschte, flippte Chris aus. Er packte den Mann bei der Schulter, drehte ihn herum und schlug zu. Mason bezweifelte, dass es wirklich der neue Lover war, auf den Chris wütend war. Es war Heather gewesen, die herübergekommen war, Chris provoziert und ihren neuen Typen zur Schau gestellt hatte. Aber auch wenn Chris manchmal ein Arsch sein konnte, würde er doch niemals eine Frau schlagen. Also bekam ihr Freund es ab.

Der erwiderte den Schlag, Chris stolperte, fiel gegen die Bar und sprang sofort wieder auf, um weiter zu machen. Mason versuchte, ihn zurückzuhalten, aber er ging auf den anderen Mann los wie ein Bulle auf einen Matador. Alle Besucher der Bar wendeten sich dem Kampf zu. Wären sie in einem Wild West Saloon gewesen, hätte Mason einen Schuss abgefeuert, um die Schaulustigen zu zerstreuen. So konnte er sie nur anschreien, was keine Wirkung zeigte.

Erleichterung machte sich in ihm breit, als er sah, wie Jack sich durch die Menge schob. Er hatte gedacht, die beiden Cops wären schon gegangen. Aber sie hatten ihren Tisch wohl nur verlassen, um zu den Billardtischen oder den Dart-Scheiben zu gehen.

Mason unternahm einen letzten Versuch, Chris zurückzuziehen.

„Du wirst noch verhaftet werden!“, schrie er, als er Chris am Arm packte. Aber Chris stieß ihn weg und er knallte gegen die Bar.

„Bist du okay?“, fragte Jack.

Mason nickte. Da stieß Jack einen Pfiff aus. Das schrille Geräusch schreckte die kämpfenden Männer auf. Die Augen des Freundes weiteten sich, als er Jacks Uniform bemerkte, aber Chris war viel zu daneben, um noch mitzubekommen, was rund um ihn geschah. Er zog die Hand zurück, um erneut auszuholen, aber Jack packte ihn am Arm. Chris drehte sich um und schlug ihm ins Gesicht. Mason zuckte zusammen. Jetzt war Chris wirklich am Arsch. Mason hätte ihn viel früher heimschicken sollen.

Chris hatte weit aufgerissene Augen und einen so irren Blick, dass Mason sich fragte, ob er wirklich nur getrunken hatte. Chris riss sich aus Jacks Umklammerung und nahm wieder den Freund ins Visier, der versucht hatte, sich zurückzuziehen. Er war aber nicht weit gekommen, weil die Menge so dicht gedrängt war.

„Chris!“, schrie Mason.

Der Mann warf ihm einen Blick zu und Mason setzte einen wohlgezielten Schlag. Chris sackte auf dem Boden zusammen und rührte sich nicht. Mason drehte sich um und sah, wie Jack ihn überrascht anstarrte. Mason war klein, aber er hatte vor Jahren einen Selbstverteidigungskurs belegt, nachdem er als dürrer, schwuler Teenager zum ersten Mal zusammengeschlagen worden war. Er hatte sich geschworen, dass er nie wieder so wehrlos sein würde, und war es auch nicht gewesen.

Bevor Jack die Gelegenheit hatte, noch etwas zu sagen, kam Gray auf sie zugelaufen und brachte die Zuschauer dazu, sich zu zerstreuen.

„Ist alles in Ordnung hier?“

Jack wandte sich seinem Partner zu und der Ausdruck auf Grays Gesicht, als er Jacks blaues Auge sah, bestätigte Masons Verdacht. Die beiden waren mehr als Partner. Gray sah wie ein rachsüchtiger Erzengel aus, bereit, jeden in Stücke zu reißen, der es wagte, seinen Geliebten zu verletzen. Er legte eine Hand auf Jacks Arm und zog sie gleich wieder zurück, als hätte er etwas zu verbergen.

„Hat er dir eine verpasst?“, fragte er, die Fassade des harten Polizisten wieder intakt.

Jack zuckte mit den Schultern.

„Ich habe meinen beruhigenden Charme überschätzt, aber unser Lieblingsbarkeeper hat mich gerettet.“

Liebling? Hat er wirklich gerade gesagt, ich bin sein Liebling?

Gray sah zu Mason und musterte ihn von oben bis unten, als müsse er sich erst erinnern, wer er war. Wie hart musste es für jemanden sein, der seinen Partner liebte, den Macho-Cop zu spielen? Auch wenn es Vieles gab, was Mason an seinem Job nicht mochte, zumindest konnte er dort er selbst sein.

„Hat er das?“

Grays tiefe, klangvolle Stimme ließ Mason schaudern.

„Ich habe ihm nur den Schubs gegeben, den er brauchte, um es zu beenden.“

Gray blickte auf den immer noch bewusstlosen Mann hinab.

„Na gib nie mir so einen Schubs.“

Mason lächelte verschmitzt.

„Nein, … ich würde doch nie … ich habe doch nur …“

Gray ersparte ihm die Antwort, indem er seine riesige Hand auf Masons Schulter legte.

„Danke.“

„Gern geschehen. Ich … ähm … gehe jetzt besser zurück und serviere wieder Drinks.“

Jack und Gray nickten.

Mason schlüpfte hinter die Bar, als Gray sich hinkniete, um Chris Handschellen anzulegen.

Der richtete sich auf, ohne wirklich aufzuwachen. Gray warf den halb bewusstlosen Mann über seine Schulter, während Jack sich bemühte, die Menge zu zerstreuen und den Weg zum Ausgang frei zu machen.

Mason musste sich zwingen, Jack und Gray nicht auf ihre tollen Hintern zu starren, als sie das Lokal verließen. Das waren wirklich die zwei heißesten Typen, die er je gesehen hatte. Wenn nur … nein, er war sicherer denn je, dass die beiden zusammen waren. Außerdem waren sie Kunden. Und Mason sollte im Nathan’s mit niemandem etwas anfangen. Die beiden sexy Cops mussten im Reich der Fantasie bleiben.

 

Kapitel 3

 

 

Am Abend nach der Schlägerei kamen Jack und Gray im Nathan’s vorbei und setzten sich wieder an den Ecktisch. Mason nahm seinen ganzen Mut zusammen, um sie in seiner Pause anzusprechen, denn es sah so intim aus, wie sie da zusammen saßen. Ihre Verbindung war nicht etwas, das vielen Leuten auffallen würde, aber seit Mason sicher war, dass zwischen ihnen mehr als Freundschaft war, wirkten ihre Gesten und die Art, wie sie einander ansahen, vielsagend. Mason fragte sich, ob ihre Kollegen auf dem Revier wohl wussten, dass sie schwul waren. Falls ja, durchschauten sie sicher nicht, dass sie ein Liebespaar waren, sonst hätten sie wohl kaum als Partner zusammenarbeiten dürfen.

Jack ertappte Mason einmal dabei, wie er zu ihnen hinüberstarrte, und winkte ihm zu. Hitze stieg in Masons Gesicht und er sah zur Seite. Aber als er einen weiteren Blick riskierte, bemerkte er, dass Jack ihn beobachtete.

Sein Blick wanderte gezielt an Mason auf und ab und begutachtete ihn. Mason grinste und winkte ihm zu, wobei seine Hand zitterte. Er spielte mit dem Feuer, besonders falls Gray ein eifersüchtiger Typ war. Mason konnte vielleicht Chris außer Gefecht setzen, aber Gray könnte ihn auseinanderbrechen wie einen Zweig.

Er fragte sich, welcher Natur Jacks und Grays Beziehung wohl war. Waren sie fest zusammen? Sie wirkten jedenfalls durchaus so, als wären sie mehr als ein bequemer Gelegenheitsfick füreinander. Aber wieso flirteten sie dann mit ihm? Selbst wenn er Grays Kommentar an dem Abend, als sie ihn befragt hatten, falsch interpretiert hatte, konnte er nicht leugnen, dass Jack damals mit ihm geflirtet hatte. Wollte Jack ihn? Hatten sie beide Interesse? Der Gedanke an einen Dreier mit den beiden war fast zu viel für Mason. Er versuchte, diese gefährlichen Gedanken zu ignorieren, und begann die kleinen Schalen mit Früchten und Oliven zu richten, die zu den Drinks serviert wurden.

Später, als Mason nachts alleine in seinem Bett lag und Hand an seinen Schwanz legte, um sich Erleichterung vom Stress des Tages zu verschaffen, gingen ihm die beiden Polizisten immer noch nicht aus dem Kopf. Er ließ seiner Lieblingsfantasie freien Lauf. Gray hatte ihn gefesselt, spielte mit ihm, reizte ihn und sah dann zu, wie Jack ihn nahm. Dann war Gray an der Reihe, ihn hart zu ficken und wissen zu lassen, dass er ihm gehörte. Mason erschauderte und kam. Dabei hatte er das Bild von Gray vor Augen, das Gesicht von seinem eigenen Orgasmus verzerrt, das sich in sein Gehirn brannte.

Sich mit Jack und Gray einzulassen, war eine blöde Idee. Das konnte sich leicht zur Besessenheit entwickeln und Mason hatte die Erfahrung gemacht, dass es besser war, nicht mit einem Paar im Bett zu landen. Mason schüttelte sich, als er an Brett und Andrew dachte und an das Desaster, als das es sich entpuppt hatte, mit ihnen zu schlafen.

Mason hatte sich gerade vor seiner Familie geoutet und die Reaktionen bekommen, die er erwartet hatte. Seine Mutter hatte ihn wegen des gravierenden Mangels an sozialem Taktgefühl beschimpft, das er ihrer Meinung nach an den Tag legte, indem er mit Männern schlief. Sein Vater hatte ihm geraten, mit niemandem darüber zu sprechen, während er sich durch seine wilde Phase arbeitete. Seine Schwester hatte sich wie immer mit beiden verbündet und sich beliebt gemacht. Mason hatte sich mehr als je zuvor alleine gelassen gefühlt. Als dann Brett, der Assistenzlehrer in einem seiner Chemiekurse, mit dem ihn die Begeisterung für die Serie Battlestar Galactica verband, ihn nach der Abschlussprüfung hatte abschleppen wollen, hatte er nicht widerstehen können. Er war mit ihm nach Hause gegangen und hatte sich das Hirn rausficken lassen. Sie hatten sich während der folgenden Wochen noch mehrmals getroffen, bis Brett ihm eröffnet hatte, dass er einen Freund hatte. Mason war entsetzt gewesen, aber Brett hatte ihm versichert, dass er und Andrew eine offene Beziehung hätten, und gefragt, ob er Lust auf einen Dreier hätte. Der Abend war toll gelaufen, auch der nächste und der übernächste. Sie hatten den Großteil eines langen Wochenendes im Bett verbracht. Dann war Mason eines Morgens davon aufgewacht, dass Andrew Brett beschimpfte und ihm vorwarf, lieber mit Mason zu vögeln als mit ihm. Mason hatte sich hinausgeschlichen, während sie stritten.

Im Lauf des Tages war Andrew in Masons Apartment aufgetaucht und hatte ihn bedroht, dass es ihn teuer zu stehen käme, wenn er sich nicht von Brett fernhielte. Brett hatte begonnen, Mason nachzustellen, und ihn angebettelt, mit ihm auszugehen.

In seinem Unbehagen über das Durcheinander hatte sich Mason einem deutlich älteren Mann an den Hals geworfen, den er auf einer Sci-Fi-Convention kennengelernt hatte. Ein Mann, von dem ihm später klar wurde, dass er wohl eher eine Haushaltshilfe als einen Freund gesucht hatte. Mason hatte in der Beziehung Potential gesehen und sogar gedacht, er sei verliebt. Da hatte Masons Vater erklärt, er würde seine Ausbildung nicht finanzieren, wenn Mason nicht vorhätte, nach seinem Abschluss eine juristische Laufbahn einzuschlagen. Es hatte sich herausgestellt, dass sein Freund nicht gewillt war, sich um etwas anderes als seine eigenen Bedürfnisse zu kümmern. Sein Job hatte plötzlich all seine Zeit in Anspruch genommen und letztlich hatte er Mason gesagt, er solle sich zusammenreißen oder es wäre vorbei. Mason hatte danach nie wieder mit ihm gesprochen. Er hatte also gute Gründe, zurückhaltend zu sein, wenn es um Paare ging, die behaupteten, einen Mitspieler zu suchen. Aber manchmal war es ein beschissenes Gefühl, alleine zu sein.

 

***