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Armin Witt

INTIM

Endlich fit im Schritt

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Armin Witt

INTIM

Endlich fit im Schritt

Der persönliche Ratgeber
für die moderne Frau bei
Vaginalinfektionen

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MEINER FRAU ZOFIA
SOWIE ANNIKA UND ARLENA

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Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird auf die Unterscheidung der männlichen und weiblichen Schreibweise verzichtet. Sofern nicht ausdrücklich auf Frauen oder Männer Bezug genommen wird, sind daher beide Geschlechter gleichermaßen angesprochen.

Bibliographische Information der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.

INHALTSVERZEICHNIS

mit Struktur und Beschreibung

VORWORT

Wie wird man als Mann Autor von einem Buch zu diesem Thema?

EINLEITUNG

Kennen Sie die Partyinsel Ios?

Eigene Erfahrungen

CIRCULUS VITIOSUS

Arztwechsel und Arztsuche

Problematik der Alternativmedizin

Placebo-Effekt

TABUTHEMA INFEKTIONEN

… dennoch das Alltagsproblem in der Praxis des Frauenarztes

Wie hoch liegt die Latte für den Frauenarzt?

Warum man rezidivierende Infektionen nicht im Krankenhaus behandeln kann

Das Problem der makroskopischen Untersuchung (Untersuchung ohne Mikroskop)

Das Problem der Vaginalkultur (Laborbefund)

All-inclusive-Urlaub für Bakterien und Pilze, daher falsche Therapien gegen unwichtige Keime. Der Arzt muss die Befunde richtig interpretieren können!

Das Problem der Selbsttherapie

MÄRCHENSTUNDE

Zuckerdiät

„Die Anti-Baby-Pille macht Infektionen.“

Intrauterine device (IUD, „Spirale“)

Impfung gegen vaginale Infektionen (Gynatren®)

Homöopathie (Lilium tigrinum, Borax, Calcium carbonicum, Sepia und Sulfur etc.) und TCM (Traditionell Chinesische Medizin inklusive Akupunktur)

Ätherische Öle (Teebaum, Myrrhe, Lavendel, Manuka und Freunde)

Rechtsdrehende Joghurtmischungen, Tees & Co.

Urintinkturen aus Frauenmantel, Walnuss und Stiefmütterchen mit Geranium-, Lavendel- und Schafgarbenöl in Salbengrundlage

Gele aus Calendula, Echinacea, Rosmarin, Majoran, Rose und Geranie

Sitzbäder mit Urintinkturen von Majoran, Walnuss, Kamille oder Taubnessel

Urintinkturen aus Wermut, Salbei, Thymian, Melisse, Lavendel, Eukalyptus, Bergamotte

Tee aus Gänseblümchen und Taubnessel

Milchsäurekur, Schafgarbe, Brennnessel

Ganze Knoblauchzehe einige Tage einführen, täglich wechseln

Grapefruitkernextrakt, Patchuli, Tea Tree Öl

Naturjoghurt-Tampon

Tampons, getaucht in eine rechtsdrehende Joghurtmischung mit gepresstem Knoblauch

Liquigel, Femiwash & Co.

Tantum Rosa

Multi-Gyn

Gynofit

Eucerin Intim-Schutz

Vionell etc.

Laktobazillenpräparate (Döderlein med, Gynoflor, Gnophilus, Ombe, Vagisan) und Präparate mit Milchsäure-Gel (Balance activ, Gynofit)

Vitamin-C-Präparate (Feminella, Lavagin, Prevegyne, Vagi-C etc.)

Desinfektionsmittel (Betaisodona, Vagi-Hex etc.) und Fluorex

„Tampons verursachen vaginale Infektionen.“

Schwimmbad, Therme

FÄLLE AUS DER PRAXIS

Erfahrungen aus dem Leben mit wiederkehrenden Infektionen. Frauen berichten.

ENDLICH HILFE! DER WEG AUS DEM TEUFELSKREIS EINFACHE DIAGNOSE – RASCHE THERAPIE

Akute Beschwerden

Akuttermin beim Facharzt, nicht in die Apotheke

Chronische Beschwerden

– keine Zäpfchen und Cremen, nicht mit der Therapie nachhinken, sondern prophylaktische Therapieschemata

Wie macht man es als Frau richtig?

Mikroskopische Untersuchung und Kultur – vom Arzt verlangen!

Keine Therapie, falls keine Infektion vorliegt!

Compliance der Patientin – Kontrollen einhalten

Wie macht man es als Mann richtig?

Männer sind Mitbetroffene, weil es um die sexuelle Aktivität geht.

10 % der Männer haben auch Symptome.

Einfühlvermögen!

Partnertherapie: ja oder nein?

FAKTEN

Warum gibt es so viele Bakterien?

Wussten Sie, dass es im menschlichen Körper zehn Mal mehr Bakterien als Körperzellen gibt?

Zwei Milliarden Bakterien pro Quadratmillimeter

Verschiedene Funktionen der Laktobazillen

Die Geschichte vom Aquarium

Antibiotika killen Laktobazillen.

Niemand wird die Vagina steril machen können.

LÖSUNGEN FÜR DIE FRAU

Allgemeines

Die Bakterielle Vaginose (BV)

Definition, Diagnose, Therapie

Eine Bakterielle Vaginose ist nicht dasselbe wie eine Bakterielle Besiedelung der Vagina!

Wiederkehrende Bakterielle Vaginose

Analverkehr

Pilze (RVVC Rezidivierende Vulvovaginale Candidose)

Definition, Diagnose, Therapie

Warum orale Therapie zu bevorzugen ist.

Therapie der wiederkehrenden Pilzinfektion

Laktobazillen – Laktobazillenmagel

Funktion der Laktobazillen

Was sollte vermieden werden?

Wiederaufbau bei Mangel

Harnwegsinfekt

Definition, Diagnose, Therapie

Antibiotika verringern bzw. vermeiden, Schmerzmittel als Alternative

Diagnose immer über Streifentest und Harnkultur

Zumindest einmal eine Blasenspiegelung (Zystoskopie) durchführen

Bei Nierenbeteiligung sofortige Therapie (zumeist im Krankenhaus)

Geeignete alternative Medizin (Akupunktur, pflanzliche Arzneimittel)

Trinkmenge hoch halten (nicht nur mit fadem Tee)

Hausmittel und Hausverstand nicht außer Acht lassen! Akupunktur

Impfung gegen Harnwegsinfekte

Chlamydien

Allgemeines

Falsche Interpretation von Blutbefunden

Therapie

Kontrolle nach Therapie

Human Papilloma Viren (HPV) HPV-Impfung „Krebsabstrich“ – Was heißt PAP II?

HPV-Impfung

High-Risk-Typen, Low-Risk-Typen

Zervixkarzinom und andere

Genitalwarzen

HPV-Impfung

Der Impfstoff Gardasil®

Der Impststoff Cervarix®

„Krebsabstrich“ (PAP-Test)

Was heißt PAP II?

Einteilung PAP II bis V

Verunsicherung durch das Internet

INFEKTIONEN, KINDERWUNSCH UND SCHWANGERSCHAFT

Kinderwunsch

Was sollte man untersuchen?

Was bringt ein Infektionsscreening?

Infektionen und Schwangerschaft

Bakterielle Vaginose

Pilz

Ureaplasmen

Streptokokken

Virale Infektionen in der Schwangerschaft

Hepatitis B

Hepatitis C

HIV

Zytomegalievirus

Epstein-Barr-Virus

Ringelröteln

Röteln

Varizellen

Scharlach

Listeriose

DAS EINMALEINS DER INFEKTIOLOGISCHEN DIAGNOSTIK (MIT BILDERN)

Scheidenpilz (Candidose, Soorkolpitis)

Bakterielle Vaginose (Aminkolpitis, Gardnerellainfektion)

Laktobazillenmangel

Trichomonadeninfektion

Harnwegsinfekt (Blasenentzündung)

Herpes genitalis

Gonorrhoe (Tripper) und Lues (Syphilis)

REGISTER

DER AUTOR

BILDNACHWEIS

VORWORT

Wie wird man als Mann Autor von einem Buch zu diesem Thema?

Na ja,

wenn man Frauenarzt ist,

einiges an Selbsterfahrung mitbringt

und sich für dieses Thema aufgrund der ersten beiden Gründe spezialisiert hat.

Ich bin 35 Jahre alt und leide seit mindestens 15 Jahren unter einer chronischen Scheidenpilzerkrankung. Ich habe wirklich keine Idee mehr, was ich tun soll. Der Pilz kommt in der letzten Zeit fast jeden Monat wieder. Meine Ernährung habe ich schon vor einem Jahr umgestellt. Wir essen zu Hause keinen Zucker – das ist ganz schwer, weil zum Beispiel alle Wurst, jeder Schinken hat Zucker, sogar im Naturjoghurt ist Zucker drin. Wir nehmen kein Weißmehl, keine zuckerhaltigen Lebensmittel, viel Salat und Gemüse, am häufigsten Brokkoli und Kartoffel, Reis, etwa zweimal wöchentlich Nudeln und Fleisch. Natürlich habe ich – selten, aber doch – Gusto auf Kuchen oder Eis. So viel Genuss darf wohl sein im Leben, oder? Als Brot nehme ich Roggenbrot, gekocht wird mit Olivenöl. Ich versuche jeden Tag eineinhalb bis zwei Liter Wasser zu trinken. Kaffee trinke ich mit einem Schluck fast fettfreier Leichtmilch. Einmal habe ich eine einjährige Antipilzdiät gemacht, am Ende wog ich 48 Kilo. Das möchte ich nicht mehr machen. Jetzt bin ich auch schon so dünn. Ich betreibe keine übertriebene Intimhygiene, wasche nur mit Wasser, mache keine Spülungen und trotz Döderlein-Med-Scheidenkapseln, die ich ca. zwölf Tage nacheinander eingesetzt habe, ist der Pilz wiedergekommen. Waschen auf 60° C, keine Slipeinlage und Tangaunterhose. Der Frauenarzt schreibt wie üblich Candibene Zäpfchen und Creme + Flucosept 150 mg 2 Stk. auf. Der Hausarzt sagt, es gibt keinen Zusammenhang mit Ernährung und mit Hormonen. Ich denke, die Ernährung ist wichtig, weil dieser Pilz vom Darm kommt. Mein Partner hat keine Beschwerden, aber er cremt auch fleißig ein, wenn ich Probleme habe. Ich nehme keine Pille, Blutzucker ist in Ordnung. Ich versuche noch eine Kapsel für gesunden Darm (Florea), dann sehen wir einmal, ob das hilft. Grapefruit- und Kernöltropfen trinke ich jeden Tag zweimal 25 Tropfen. Vielleicht haben Sie noch eine Idee, was ich noch anders machen könnte, dass der Pilz nicht so oft kommt. Ich wäre schon sehr froh, wenn ein halbes Jahr ohne Scheidenpilz irgendwie gehen würde …“

E-Mails wie dieses bekomme ich sehr oft, das Kapitel „Erfahrungen aus dem Leben“ in diesem Buch zeigt eine Auswahl. Die Patientenanfragen zeigen deutlich, wie ausweglos die Situation rund um eine chronische Vaginalinfektion sein kann. Darüber hinaus handelt es sich dabei um ein Tabuthema, weil niemand gern zugibt, an einer chronischen Infektion zu leiden. Im Internet gibt es zahllose Tipps und Tricks, hilfreich sind sie zumeist nicht. Der physische Leidensdruck führt schließlich zu einem psychischen, da das Sexualleben mächtig leidet und Partnerschaften gefährdet werden oder gar zu Ende gehen. Die chronische Vaginalinfektion ist (außer in manchen Fällen) nicht unbedingt gefährlich, aber sie ist äußerst lästig. Sie nervt die betroffene Person, den Partner und oft auch die behandelnden Ärzte. In den meisten Fällen führt sie zu wiederholtem Arztwechsel.

Das muss jedoch nicht sein! Und das soll in diesem Buch gezeigt werden. Viele Frauen, aber auch Männer – die leiden nämlich mit! – werden sich und ihre Probleme beim Lesen dieser Lektüre wiederfinden.

Ich bin überzeugt, dass dieses Buch die beiden von mir in Anspruch genommenen Ziele erreicht:

Aufklärung über das Thema, die richtige Diagnose und die Therapie

Enttabuisierung des Problems der chronischen Vaginalinfektion

Wissen Sie, warum ich dieses Buch sehr schnell schreiben konnte? Die Antwort ist einfach: Die täglichen Gespräche mit betroffenen Frauen machten es mir leicht, die Worte zu Papier zu bringen. Im Prinzip wiederhole ich täglich die gleichen Erklärungen, Zusammenhänge, Strukturen und allgemeine Informationen. Diese habe ich nun zusammengefasst und bringe auf diese Weise sicherlich das nötige Licht ins Dunkel der chronischen Vaginalinfektion.

Andererseits ist mir ein echtes Anliegen, mit Halbwahrheiten, Behauptungen oder – besser gesagt – den vielen Märchen aufzuräumen, die rund um dieses Thema verbreitet werden. Viele, teilweise auch gut gemeinte Ratschläge oder jene Tipps, die durch mangelnde Prüfung beziehungsweise Unwissenheit weitergegeben werden, helfen in der Sache einfach nicht weiter und müssen vermieden werden.

Ich will Wege aufzeigen, wie man als Frau – aber auch als Partner von Betroffenen – mit einem Problem fertig wird, das nicht nur die Gesundheit beeinflusst, sondern auch den Alltag, die Psyche, die Sexualität und vor allem natürlich das Verhältnis zum Partner.

EINLEITUNG

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Kennen Sie die Partyinsel Ios?

Die Insel Ios im Ägäischen Meer, auch das „Ibiza der Ägäis“ genannt, ist das Urlaubsziel für junge Menschen, die schöne Badestrände in Kombination mit einem freizügigen und wilden Nachtleben schätzen. Das war auch damals so, als meine Freunde und ich noch jung an Jahren und noch jünger im Kopf waren. Also eindeutig das ideale Reiseziel von Spät-Teenagern, wie meine Freunde und ich es waren.

Die Geschichte beginnt irgendwann im Juli 1987, ebendort auf Ios. Ich stehe am Campingplatz beim Hafen unter der kalten Salzwasserdusche – damals Standard auf griechischen Campingplätzen – und bemerke, dass irgendetwas dort unten nicht stimmt: Es brennt ziemlich. Ich sehe mir die Sache näher an und bemerke rote Tupfen auf der Eichel. Folgende Gedanken schießen mir durch den Kopf: Was sollen die roten Tupfen? Die Salzwasserdusche macht das Brennen nicht besser, sondern spürbar schlechter! Außerdem juckt es auch! Wird schon wieder! Wenn nicht, kann ich den Rest des Urlaubs vergessen.

Ich durfte den Rest des Urlaubs vergessen!

Zunächst denke ich mir nichts Besonderes dabei. Allerdings wird das Brennen in den nächsten Tagen stärker, dazu kommt starker Juckreiz, und die Haut schält sich zusehends. Damals dachte ich noch nicht im Entferntesten an die möglichen Folgen, aber zunächst war einmal der Rest des Urlaubs mehr oder weniger gelaufen. Der Versuch von Sex machte so viel Spaß wie ein Blasensteinabgang. Ich war damals „young, free & single“, und jeder, der diese Insel in den späten Achtzigern gekannt hat, weiß, was man mit einem solchen Problem versäumt …

Ios 1987 war der Beginn einer Odyssee zu verschiedenen Ärzten mit einem Ausgang, der in letzter Konsequenz aber den Grundstein für meinen Beruf und vor allem für meine Spezialisierung bedeutete. Selbst dieses Buch wäre nicht entstanden, wenn ich mich damals nicht gefragt hätte, was mich sprichwörtlich aus der Bahn geworfen hat und wer mir wohl helfen könnte.

Eigene Erfahrungen

Kurz nach der Rückkehr machte ich mich auf den Weg zu einem Hautarzt, der mir eine Pilzinfektion bescheinigte und eine Creme verordnete, die ich etwa eine Woche anwenden sollte. Meine damalige Freundin – nach dem Urlaub war ich nicht mehr „free & single“ – ging zu einem Frauenarzt und kam ebenfalls mit Zäpfchen und Creme zurück. Die Beschwerden wurden allmählich besser, doch nach dem folgenden Geschlechtsverkehr wurde alles wieder schlimmer. Bei der Kontrolluntersuchung meiner Freundin wurde festgestellt, dass der Pilz noch immer da war, außerdem stellte man Condylome (Genitalwarzen) fest. Sie bekam demnach Zäpfchen und Creme von einer anderen Firma, außerdem musste sie die Warzen mit einer Tinktur behandeln. Auch bei mir war die Kontrolle fällig, die Beschwerden waren ja nicht besser geworden. Ich bekam diesmal einen Puder verordnet, und so ging die Therapie weiter. Meine Freundin machte Fortschritte, die Warzen vergingen, der Pilz war ebenso abgeklungen. Bei mir ging der Heilungsprozess viel langsamer, aber irgendwann hatte ich dann doch ein Gefühl der Besserung. Die Haut der Penisspitze hatte sich mehrfach gehäutet, die junge Haut war zwar noch empfindlich, aber Juckreiz und Rötung waren weg. Am Tag der Nachkontrolle stellte ich weiße, spitze Veränderungen fest, die mein Hautarzt sofort als Genitalwarzen erkannte. „Das haben wir schnell im Griff. Ich verwende flüssigen Stickstoff zur Therapie. Das wäre doch gelacht, wenn wir das nicht rasch wieder hinbekommen!“

Gesagt, getan!

Im Nu hatte er eine metallische Flasche in der Hand und sprühte damit direkt auf meinen eh schon sehr in Mitleidenschaft gezogenen Penis. Man muss sich die Situation vorstellen: Wir hatten noch immer hochsommerliche Temperaturen, und die Oberfläche meines besten Stücks wurde binnen Sekunden derartig eingefroren, dass alles weiß erschien. Nach einigen Sekunden kam die Gegenbewegung, sprich die langsame Erwärmung, und das tut noch einmal doppelt so weh. Gefunden hat er damals so an die zehn Warzen, die in rascher Folge auf diese Art „rasch behandelt“ wurden.

Nach einer halben Stunde stand ich vor der Ordinationstür, und ich lachte nicht! Das vorhin angekündigte „Das haben wir schnell im Griff!“ zog sich, um den Bericht jetzt kurz zu halten, über ein gutes Jahr. Ich konsultierte unter anderem einen anderen Hautarzt, den mir ein Bekannter als „Spezialisten und Primararzt“ vermittelt hatte. Dieser kam mit einigen Kollegen in den Untersuchungsraum, würdigte mich eines kurzen Blickes und verordnete mir lustig lächelnd eine Lösung, „die immer hilft“. Diese immer helfende Lösung half besonders den Viren wirklich gut – es kam zu einer ordentlichen Vermehrung, sodass statt den anfänglichen ungefähr zehn größeren Läsionen schließlich an die hundert (vielleicht etwas übertrieben), aber dafür kleine Warzen zu sehen waren. „Sie sind so lustig wie eine Wurzelbehandlung“, dachte ich mir im Stillen und vermied den Spezialisten für den Rest seines Lebens.

In meiner Not kam ich irgendwie zur Adresse einer Dermatologin, die beim Anblick meiner schwer angegriffenen Männlichkeit ziemlich beeindruckt ihren Rollhocker zurückstieß, sich dann wieder sammelte und schließlich aber doch das damals offensichtlich einzig Richtige tat. Sie beschloss, mich durch eine selten angewandte, aber doch intensive Therapie von meinem Leiden zu befreien. Sie verordnete mir Interferon, das ich besorgte und zur nächsten Kontrolle mitbrachte. Sie zog den Inhalt der Ampulle in einer Spritze auf – und was dann geschah, möchte ich nur am Rand wiedergeben. Auch Leserinnen, ganz sicher aber alle Leser unter Ihnen können sich bestimmt recht gut vorstellen, was mit einem Mann passiert, wenn er – ohne Lokalanästhesie oder sonstige Narkose! – eine Nadel mehrfach in Eichel und Penisschaft gestochen und insgesamt rund fünf Milliliter Flüssigkeit dorthin verabreicht bekommt.

Als ich meine Augen wieder öffnen konnte, schlich ich mich winselnd nach Hause und schloss mich für den Rest des Tages im Zimmer ein. Eigentlich beschloss ich, die nächsten Jahre nicht mehr unter der Decke hervorzukkriechen …

Die Condylome waren damit zwar besiegt, die Probleme mit den wiederkehrenden Infektionen ließen allerdings nicht nach. Wir wechselten mehrfach die behandelnden „Heilkünstler“, aber der Pilz ließ sich stets nur für einige Zeit behandeln und kam doch immer wieder zurück. Für mich als angehenden Mediziner – ich befand mich damals ungefähr im fünften Semester –, war jedoch auffällig, dass trotz der relativ großen Anzahl aufgesuchter Ärzte die Methoden von Diagnostik und Therapie ziemlich gleich waren. Es wurden uns zwar Verhaltensmaßnahmen, wie zuckerfreie Diät, Verkehr ausschließlich mit Kondom, täglicher Handtuchwechsel, kein Oralverkehr usw. mitgegeben, die Therapie war aber immer die gleiche: Zäpfchen und Cremen für die Frau, Creme für den Mann. So recht und schlecht kam man damit über die Runden, aber als Lösung empfand ich das nicht.

Die relativ lange Beziehung zu meiner damaligen Freundin ging dann doch in die Brüche, und ich war wieder frei für eine neue Beziehung. Zu meinem Leidwesen stellte ich aber fest, dass mit einem guten Teil neuer Eroberungen relativ rasch wieder die gleichen Probleme hinsichtlich Scheideninfektionen, aber auch Harnwegsinfekten auftraten.

Zum Glück kam ich mit meinem Studium rasch voran und befand mich schließlich im letzten, dem klinischen, Studienabschnitt. In diesen finalen Semestern durchkreuzt man sowohl theoretisch als auch natürlich praktisch die meisten klinischen Fächer. Ich kann mich gut erinnern, dass ich während einer Famulatur an der Hautabteilung der Krankenanstalt Rudolfstiftung in Wien zum ersten Mal ein mikrobiologisches Labor, aber auch – und das verwundert bei meiner Vergangenheit doch einigermaßen – zum ersten Mal eine Ärztin beim Mikroskopieren sah! Zum ersten Mal bekam ich einen Vaginalabstrich nach GRAM-Färbung zu sehen. Da ich – wie üblich – wieder eine Freundin mit Beschwerden hatte, nahm ich am nächsten Tag einen Vaginalabstrich von ihr mit – und siehe da, es handelte sich um eine Mischung von Bakterieller Vaginose und Pilz! Das bedeutete nun aber, dass die übliche Therapie von Zäpfchen und Creme nicht ausreichend war, man musste auch antibiotisch (also gegen Bakterien!) therapieren. Diese Zeit bewirkte bei mir einen Umdenkvorgang, denn zum einen erkannte ich, wie einfach es war, mit einiger Übung selbstverständlich,

in kurzer Zeit eine exakte Diagnose zu stellen und demnach

auch eine zielgerichtete Therapie zu initiieren.

Außerdem erkannte ich mit Erstaunen, dass dies eigentlich niemand machte!

Ich möchte an dieser Stelle selbstverständlich keine Pauschalvorwürfe gegen andere Ärzte erheben, aber ich hinterfrage schon, wie die Praxis der Diagnostik von vaginalen Infektionen abläuft. Der Umgang mit diesem sensiblen Thema hat sich aber leider bis heute nicht wesentlich verändert!

Für meine Ordination kann ich sagen, dass keine Patientin eine Therapie ohne vorhergehende mikroskopische Untersuchung erhält. Natürlich kann man nicht nach jeder Patientin eine GRAM-Färbung machen und anschließend die mikroskopische Untersuchung durchführen. Das würde einerseits zu lange dauern, und die Untersuchung wäre dennoch zu hastig und oberflächlich. Aber ich mache das am Ende der Ordination. Nach der letzten Patientin werden alle Objektträger des Tages gefärbt und gewissenhaft angesehen. Diese Färbemethode dauert vier Minuten, und anschließend kann ich alle Fälle mikroskopieren.

Die telefonische Diagnose erhält die Patientin entweder noch am selben oder am folgenden Tag. Rezepte werden zumeist schon mitgegeben, aber einlösen sollte man diese erst nach meinem Anruf.

Natürlich kann man auch ohne Färbung mikroskopieren, das heißt dann „native Untersuchung“. Bei nativen Präparaten sieht man halt alles nur schwarz-weiß. Da halte ich es wie mit dem Fernsehen. Ich sehe mir das Programm lieber in Farbe an.

Nun möchte ich aber doch noch meine eigene Geschichte fertig erzählen. Durch den Besuch entsprechender Vorlesungen konnte ich meinen Wissensstand hinsichtlich Antibiotika (Medikamente gegen Bakterien), Antimykotika (Medikamente gegen Pilze) und Virostatika (Medikamente gegen Viren) intensivieren und kannte mich bald ziemlich gut aus.

Grundsätzlich ist zur Wirkungsweise zu sagen, dass diese drei Medikamentengruppen ausschließlich gegen die betreffenden Krankheitserreger wirken: Ein Antibiotikum wirkt also nur gegen Bakterien, aber überhaupt nicht gegen Pilze und Viren, und genauso verhält es sich mit Antimykotika und Virostatika.

Immer wieder höre ich beim Erstgespräch Sätze wie „Ich leide seit Jahren an einem chronischen Scheidenpilz und hab’ schon alle Antibiotika genommen.“ Da diese Begriffe immer wieder vertauscht werden, sollen sie im Folgenden noch einmal erklärt werden:

Antibiotika wirken gegen Bakterien, aber nicht gegen Pilze oder Viren.

Antimykotika (Pilzmedikamente) wirken gegen Pilze, jedoch nicht gegen Bakterien oder Viren.

Virostatika (Virenmedikamente) wirken gegen Viren, allerdings nicht gegen Bakterien oder Pilze.

Es wurde mir auch bald klar, dass es nicht ausreichte, die Namen der Substanzen zu kennen, sondern vielmehr ihre Wirkungsweise, ihre Verarbeitung im Körper des Menschen, ihre Wirkdauer etc. zu verstehen. Fragen, wie

Welche Antibiotika wirken tödlich auf Bakterien (= bakterizid)?

Welche wirken bakterostatisch, hemmen also nur deren Wachstum?

Welche Substanzgruppen ergänzen sich?

Welche hemmen einander?

und viele weitere Aspekte ergänzen das Wissen um dieses medizinische Gebiet.

Angestachelt durch meine Erlebnisse im Labor der Rudolfstiftung und durch mein theoretisches Wissen im Bereich der sog. Anti-Infektiva kaufte ich mir mehrere Bücher zu diesem Thema, schrieb mir Dinge zusammen und stellte meine eigenen Regeln für die Therapie von Infektionskrankheiten auf. An der Universität besuchte ich die entsprechende Vorlesungsreihe mehrmals hintereinander, ich glaube, es war in fünf Semestern fünf Mal.

Veränderungen bemerkte ich auch bei der praktischen Ausbildung während des Studiums, der sogenannten Famulatur. Bei diesen Praktika verbringt man einige Wochen auf verschiedenen Abteilungen in unterschiedlichen Krankenhäusern. Dabei kann man nicht nur sein theoretisches Wissen vertiefen, sondern man lernt den ärztlichen Beruf aus der Perspektive des Alltags kennen. Obwohl ich noch Student war und nur als Famulus (= Gehilfe, Schüler) bei Visiten mitgehen durfte, bemerkte ich, dass meine Fragen bzw. Vorschläge für Therapie-Alternativen von älteren Ärzten einerseits sehr erfreut positiv aufgenommen wurden, andererseits wurde mir aber auch mit einer guten Portion Misstrauen begegnet. In jedem Fall fiel mir auf, dass ich mit diesem Thema eine echte Wissensnische gefunden hatte, die sich jedenfalls ausbauen ließ.

Als ich endlich als Turnusarzt tätig werden konnte, wurden meine Kenntnisse von einem sehr klugen und vorausschauenden Primararzt aufgegriffen – und so durfte ich bereits relativ früh Therapien bei „schwierigen“ Patienten vorgeben, natürlich immer nach Rücksprache mit dem zuständigen Oberarzt. Auf diese Weise erarbeitete ich mir in diesem Krankenhaus einen recht guten Ruf und hielt dort auch schon Vorträge bzw. Fortbildungen zum Thema Infektionen, Antibiotikatherapie und dergleichen. Die Technik und meine finanziellen Mittel waren damals (um 1995) noch relativ schwach. Ein befreundeter Oberarzt stellte mir deswegen seinen „neuesten, tollsten und schnellsten“ Computer inklusive Drucker für die Produktion der Vortragsfolien zur Verfügung. Damals gab es noch keine bunten und animierten Powerpoint-Projektionen!

Ich setzte mich also an einem Nachmittag zu dem edlen Gerät und begann mit dem Ausdruck der Farbfolien. Ich hatte meinen Vortrag wohl etwas zu wichtig genommen, denn nach mehreren Stunden hatte ich nur die Hälfte meiner Folien ausgedruckt, dafür war der Drucker kaputt und der vielgerühmte Computer hatte einen Softwarefehler – das Gerät musste in die Reparatur gebracht werden. Zu guter Letzt brach ich auch noch den Schlüssel der Eingangstür im Schloss ab, sodass der Schlüsseldienst gerufen werden musste. Der liebe Oberarzt zeigte noch irgendwie Verständnis, aber von seiner Frau bekam ich doch einiges zu hören.

Wesentlich für meine Entwicklung war eine weitere Begegnung – vor allem deshalb, weil sie die Gesundheit und damit mein privates Glück nachhaltig beeinflusste. Erstmals kam ich in Kontakt mit der neuen Substanzgruppe der sogenannten Azole. Die damalige Freundin meines besten Freundes war Pharmavertreterin für eine große Firma, die unter anderem auch Itrakonazol im Portfolio hatte. Itrakonazol ist gemeinsam mit Flukonazol das gängigste Medikament gegen die häufigsten Pilzarten, und der große Vorteil ist deren Einnahmeweise. Im Gegensatz zu den üblichen lokalen Therapieformen, wie Cremen oder Zäpfchen, werden diese Substanzen in Kapselform geschluckt, also oral eingenommen. Ich hatte schon früher eigene Erfahrungen mit deren Vorgänger, der Substanz Ketokonazol, gemacht, das Nebenwirkungsprofil war aber recht mühsam, wenn nicht gefährlich. Außerdem musste es täglich über einen relativ langen Zeitraum eingenommen werden. Heutzutage gibt es dieses Arzneimittel jedenfalls nur noch als Shampoo.

Das Itrakonazol konnte ich durch diese Bekannte und der dahinter stehenden Verbindung zur Pharmafirma in großem Ausmaß bei meinen Partnerinnen und mir sowie bei Frauen im Freundeskreis klinisch anwenden. Theoretisch wusste ich schon so ziemlich alles darüber, aber ich erkannte rasch, dass durch eine Eintagestherapie mit Itrakonazol die gleichen Ergebnisse erzielt werden konnten wie bei einer Woche Zäpfchen und Creme – nämlich: Der Pilz war weg! Da wir eben einen großen Freundeskreis hatten und demnach auch viele Frauen mit Beschwerden – die Erkrankung ist eben sehr häufig! –, war der Erfolg wirklich überwältigend.

Noch heute kann ich sagen, dass diese orale Form der Pilztherapie für mich eine Revolution darstellt. Neben dieser Substanz wurde bald eine weitere (Flukonazol) auf den Markt gebracht. Man stelle sich vor: Eine Eintagestherapie von, je nach Medikament, einer oder vier Kapseln ersetzt eine Woche Scheidenzäpfchen und dazugehörige Cremen! Die Preise für die eine oder andere Darreichungsform sind außerdem vergleichbar.

Warum kann mir niemand helfen?

Das war die wesentliche Frage zu der Zeit meiner ewigen Beschwerden und häufigen Arztwechsel. Es ist schließlich auch die Frage, warum die meisten zu diesem Buch greifen. Viele von Ihnen haben sicher schon ebenso viel getan, viele wissen, wie mühsam die Situation ist, wenn man zu wiederkehrenden Infektionen neigt. Die körperlichen Beschwerden münden häufig in psychische Probleme, sie belasten die Partnerschaft ernorm. Man möchte, „weil es ja eh immer weh tut“, eigentlich oft gar keinen Sex mehr haben, das belastet die Beziehung noch mehr. Häufig kommt es auch zu Schuldzuweisungen, Verlust des Selbstwertgefühls, Eifersucht und dergleichen.

Also – bevor es zu ernsten Ehekrisen kommt, lesen Sie vielleicht doch vorher noch dieses Buch zu Ende!

CIRCULUS VITIOSUS

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Arztwechsel und Arztsuche

Nachdem man bei einem Arzt in der Sache nicht weiterkommt, ist man logischerweise geneigt, andere Mediziner zu konsultieren. Die Folge ist ein häufiger Arztwechsel in der Hoffnung, endlich doch den Richtigen zu finden. Meiner Erfahrung nach ist das aber nicht grundsätzlich eine Frage der Krankenkassenverträge. Natürlich ist im Rahmen einer Kassenpraxis, bei der die Kosten der Behandlung ausschließlich über die Krankenkasse abgewickelt werden, eine zeitlich aufwendige Behandlung und aufgrund des Patientenandrangs deutlich schwieriger. Es gibt aber durchaus Kassenärzte, die mit dem Thema sensibel umgehen, andererseits kenne ich Privatärzte, honorige Dozenten oder Professoren, die sich bei Infektionen nur so recht und schlecht auskennen.

Wie bei anderen Spezialisten, Handwerkern und sonstigen Berufsgruppen ist auch die richtige Arztwahl schwierig. Wie soll sich der medizinische Laie orientieren? Zumeist folgt man Empfehlungen von Freundinnen oder Familienmitgliedern, wählt in weiterer Folge nach Bekanntheitsgrad bzw. Prominenz, teilweise definiert durch dubiose Zeitungsumfragen. Glauben Sie wirklich, dass sogenannte Experten tatsächlich und ausnahmslos wegen ihres fachspezifischen Könnens in diversen Zeitschriften zu Wort und Bild kommen? Natürlich sind medial auch tatsächliche Experten vertreten, aber wie erkennt man sie?

Im Zeitalter des allgemeinen Internetzugangs ist es natürlich richtig und logisch, dass man sich von verschiedenen Foren bzw. Suchergebnissen in der Arztwahl leiten lässt. Das Problem dabei ist natürlich die Fülle an Möglichkeiten, die das Internet generell, aber auch im Besonderen beim Tabuthema „vaginale Infektionen“ zur Verfügung stellt. Es sind nicht nur offizielle, sondern auch versteckte Suchbegriffe, die zu entsprechenden Verlinkungen auf diverse Webseiten führen. Mit einigem Know-how kann der Betreiber der Homepage die Anzahl der Treffer rasch erhöhen. Diverse Firmen bieten dazu ständig professionelle Hilfe an.