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DOMINIQUE TABOGA

SCHWERES
FOUL

Impressum

egoth Verlag

Alle Rechte vorbehalten. Jegliche Wiedergabe, auch auszugsweise, nur mit ausdrücklicher Genehmigung des Verlags.

ISBN: 978-3-902480-40-8

Lektorat: Lisa Krenmayr

DOMINIQUE TABOGA

SCHWERES
FOUL

IM LABYRINTH
DES SCHÖNSTEN SPIELS
DER WELT

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An all jene, die mir in harten Zeiten zur Seite standen.

Für all jene, die sich meine Erfahrungen zunutze machen können.

Und an mein Ein und Alles – Maddox und Levin

Inhaltsverzeichnis

Einleitung

1Hinter Gittern

2In Spratzern, St. Pölten, Admira und Rapid

3Unter Feinden

4In Krems, Leoben

5In den Fängen des Geldes

6Von Kapfenberg nach Tromsø

7Falsche Freunde

8Wieder in Kapfenberg und in Grödig

9Gefangen in der Parallelwelt

10In der Gegenwart

11Vor Gericht

Epilog

Anhang

Danksagung

Zeittafel

Der Autor

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Einleitung

Bis vor Kurzem lebte ich mit meiner Frau, meinen beiden Kindern und meinem Hund in einem Haus in der Nähe von Salzburg. Wir waren beide berufstätig, die Miete konnten wir uns trotz meines Privatkonkurses leisten. Ich würde sagen, dass es uns den Umständen entsprechend gut ging. Wer einen Blick von außen auf unser Familienleben warf, hätte vielleicht gemeint, dass es schwer ist, eine harmonischere Beziehung zu finden.

Das war. Nun bin ich nicht nur ein bankrotter Wettbetrüger, sondern auch geschieden. Jedes Heute, wie immer man es sich auch gestalten kann, ist beeinflusst und geprägt vom Gestern und vom Vorgestern. In meinem Fall ist das Heute vergiftet, fast umgebracht worden von den Ereignissen meiner jüngsten Lebensjahre. Ich bin zu einem, nunmehr ehemaligen, Fußballer geworden, dessen Name bekannt ist – nicht weil er Rekord-Nationalspieler Österreichs ist oder die Trophäe der Champions League stemmte oder in der spanischen Liga Meister wurde. Mein Name ist verbunden mit den Schattenseiten des Fußballs – es geht um Wettspielmanipulation, und wenn ich schon davon spreche, dann können wir auch gleich über Doping und Schwarzgeld in diesem Sport reden.

Ich habe mir nicht gewünscht, diese Art von Berühmtheit zu werden. Dass es dennoch so gekommen ist, habe ich mir selbst, und nur mir selbst zuzuschreiben. Oft genug hätte ich die Möglichkeit gehabt, einfach „Nein“ zu sagen und den Weg raus aus dem Labyrinth zu finden. Ich war jung, naiv und auch dumm, dachte zu wenig an die Konsequenzen und zu sehr an das, was man sich mit einem lukrativen und noch dazu steuerfreien Zusatzeinkommen leisten kann.

Es ist mir bewusst, dass viele angewidert auf meinen Namen reagieren und sich jetzt vielleicht denken: Und nun muss er auch noch ein Buch darüber schreiben. Besser er hielte die Klappe und verschwände in der Versenkung. Ich schreibe meine Geschichte nicht deswegen auf, weil ich vom Narzissmus getrieben bin, sondern weil ich erzählen will, was im österreichischen Profi-Fußball geschieht, wie sehr Angebot und Nachfrage auseinanderklaffen, wie attraktiv ein paar tausend Euro mehr für einen jungen Burschen in der Bundesliga oder in der ersten Liga sein können. Und dafür muss er nur für einen Elfmeterpfiff oder eben halt für das richtige Resultat sorgen.

Meine Geschichte der letzten Jahre ist eine Geschichte, die ich niemandem wünsche, voll von Anklagen, Anschuldigungen, Verachtung – und dies auf allen Ebenen. Niemand lässt sich das schönste Spiel der Welt und den Sport im allgemeinen kaputt machen, am wenigsten von einem Kicker, der durch die österreichische Provinz tingelte und in der Historie des österreichischen Fußballs maximal eine Fußnote wert wäre. Ich bin nicht Krankl, Prohaska oder Polster, bin nicht Alaba, Junuzovic oder Fuchs. Verglichen mit diesen bin ich ein Niemand. Ein Niemand, der es bezüglich gewonnener Aufmerksamkeit – wenn auch unfreiwillig – mit ihnen aufgenommen hat. Temporär zumindest.

Ich bin der festen Überzeugung, dass viel zu wenig getan wird im österreichischen Sport, um dessen Akteure davor zu warnen und somit zu schützen, in den Einflussbereich von Wettbetrügern zu gelangen. In den Fußballklubs der obersten Ligen gibt es eine einzige Schulung pro Jahr zu diesem Themenbereich. Schon klar: Es würde schmerzen, müsste man sich öfter, nämlich regelmäßig, einmal im Monat oder einmal im Quartal, damit befassen. Ich weise meine Kinder aber ja auch bei jeder Gelegenheit darauf hin, nicht bei roter Ampel die Straße zu überqueren, immer und immer wieder.

Wenn dieses Buch einen einzigen Fußballer dazu bringt, den Verlockungen der Wettmafia zu widerstehen, dann habe ich mein Ziel erreicht. Denn seien wir uns ehrlich: Betrügereien gehören zum professionellen Sport dazu. Es hat sie vor mir gegeben und es wird sie auch nach mir geben. Es ist nicht meine Aufgabe sie aufzudecken. Dafür gibt es andere, die näher dran sind an den großen Fischen, und sogar diese stecken zuweilen im Treibsand. Doch ich empfinde es als meine Aufgabe, meine Geschichte zu erzählen – sei es auch nur zur Abschreckung.

Die Lektüre wird nachdenklich und traurig stimmen. Deswegen verkneife ich mir den standardisierten Schlusssatz vom „viel Spaß beim Schmökern“. Doch ich garantiere, dass der Blick des Lesers oder der Leserin auf den Fußball, auf das schönste Spiel der Welt, 216 Seiten später ein anderer sein wird.

Dominique Taboga

»Warum gehen die Leute ins Stadion?

Weil sie nicht wissen, wie das Spiel ausgeht.«

Sepp Herberger

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Wenig andere Erfahrungen im Leben sind so prägend und so verstörend, wie körperlich gefangen zu sein. Weggesperrt zu sein vom Rest der Gesellschaft, nicht teilhaben zu können an dem, was man gemeinhin als „Leben“ bezeichnet, schlimmer noch, dieses Leben nicht selbstbestimmt führen zu können, sondern abhängig zu sein von vorgegebenen Zeitplänen und sich öffnenden und schließenden Türen.

Am 27. November 2013 wurde ich in Untersuchungshaft genommen; dieses Datum stellt somit eine Zäsur in meinem Leben dar. Bis dahin war ich ein guter Fußballer – einer mit, zugegeben kurzer, Auslandserfahrung gar – und dennoch nur einer von vielen. An diesem Novembertag wurde ich vom Opfer zum Täter, doch innerlich atmete ich auf. Im Gefängnis fühlte ich mich sicherer als in Freiheit. Dort draußen konnten mir die Schergen von Sanel Kuljic und seinen Tschetschenen-Freunden auflauern und mich bedrohen oder gar töten. Kuljic, ein ehemaliger Fußball-Nationalspieler, hatte großen Anteil daran, dass der Wettskandal organisiert wurde und letztlich auch aufflog. Seine Forderungen begleiteten mich in meinen letzten Jahren als Aktiver, so wie mich sein Name heute noch begleitet. Er hat sich und auch mich in den Knast gebracht, dorthin, wo ich ein Gefühl der Sicherheit wiederfinden konnte.

Mein Aufenthalt im Salzburger Gefängnis war nur kurz, er dauerte eine Woche. Ich teilte mir mit einem Drogendealer aus Deutschland die Zelle. Bei meiner Verhaftung hatte ich keinen Rechtsbeistand, doch am zweiten Tag meldete sich eine Person bei mir, die ich kannte. Peter Vogl aus Ried im Innkreis war Präsident des SV Ried und ist nunmehr Ehrenpräsident, und er führt eine Rechtsanwaltskanzlei, in der auch Jörg Steinschnack Partner ist. Vogl und Steinschnack also suchten mich auf und eröffneten mir, dass ihre Kanzlei mich vertreten würde – vorausgesetzt, ich würde öffentlich ausbreiten, was ich über Spielmanipulationen und Hintermänner wusste. „Ich habe ohnehin schon alles gesagt, was ich weiß“, antwortete ich, „und ich werde auch vor Gericht nichts verheimlichen. Aber ich werde mir Ihre Unterstützung nicht leisten können.“ „Über das Finanzielle machen Sie sich nun mal keine Sorgen.“ In weiterer Folge kamen auch die Anwälte Peter Lieskonig aus Graz und Thomas Moser aus Traun zum Team hinzu. Geld muss wirklich keine Rolle gespielt haben.

Nach sieben Tagen in Salzburg wurde ich nach Graz verlegt, und die Reise mit dem „Krokodil“, auf dem groß „Polizei“ stand, war eine Reise in die Vergangenheit. Der Gefangenentransport entpuppte sich von außen als ganz normaler Reisebus mit besonderer Beschriftung, im Inneren waren rund ein Dutzend Blechzellen eingerichtet, ungefähr einen Meter breit und eineinhalb Meter lang, in denen man sitzen konnte und die abschließbar waren. Anstelle eines Fensters wiesen sie einen Schlitz auf, doch da sie nach oben offen waren, konnte ich darin gut lesen. Die Lektüre hatte mit mir zu tun. In NEWS las ich ein Interview mit der Frau Kuljics, die allerlei Unsinnigkeiten verzapfte: dass ihr Mann mir 60.000 Euro für die Wohnungseinrichtung geborgt hätte, die ich zurückzuzahlen hätte, dass Sanel ohnehin unschuldig sei, dass ich der einzig wahre Verbrecher in der gesamten Geschichte wäre. Später meinten meine Anwälte, dass es wohl ein gesteuerter Artikel war und dass das Interview von NEWS eventuell bezahlt worden wäre. Kuljic brauchte für seinen Rechtsbeistand Geld.

Die Fahrt im „Krokodil“ ist nicht so angenehm wie in einem tatsächlichen Reisebus, und sie wird auch nicht besser, wenn sie länger wird. Auf der Autobahn hielten wir ob einer Panne für rund eine Stunde, konnten aber im gleichen Bus weiterfahren. Stehengeblieben wurde fünf, sechs oder siebenmal, immer in Gefängnissen, immer mit dem Ziel, Gefangene aus- oder einzuladen: in Linz, in St. Pölten, in Enzersdorf und so weiter. Bei jeder Station bestand die Möglichkeit, auf die Toilette zu gehen oder eine Zigarette zu rauchen. Kurzum, die Fahrt wurde zu einem langwierigen Unterfangen. Um 9 Uhr waren wir in Salzburg losgefahren, um 18 Uhr hatten wir das Ziel in Wien erreicht. Nach Graz sollte es am nächsten Tag weitergehen.

Als ich zur Zelle in Wien-Josefstadt gebracht wurde, knieten zwei Algerier auf dem Boden und beteten. Die Wände waren verschmiert und abgeschlagen, es roch verraucht, kurzum: es war ein hässliches Zimmer. Zu dritt aßen wir zu Abend und unterhielten uns auf Deutsch. Dass meine beiden Zellengenossen wegen Messerstechereien einsaßen bereitete mir Kopfzerbrechen und ich verbrachte eine unruhige Nacht. Ohne Frühstück ging es im Morgengrauen wieder los und wieder begann das Stop-and-Go. Drei- oder viermal wurden Personen gewechselt, unter anderem blieb man auch in Eisenstadt und Mattersburg stehen. Überall dort also, wo ich irgendwann im Laufe meiner Karriere gespielt hatte, dachte ich mir.

In Untersuchungshaft war ich wegen Verdunklungsgefahr und Verdacht auf Wiederbetätigung genommen worden. In Graz suchte ich um eine Einzelzelle an (die ich zuweilen hatte und zuweilen nicht) und stellte auch sofort den Antrag, einmal in der Woche Sport treiben zu dürfen. Es gibt dort eine Kraftkammer, die in etwa 20 Quadratmeter groß ist und jene Utensilien aufweist, die man zum Bankdrücken oder Hanteltraining benötigt. Und es gab Hometrainer. Doch die Zeiteinteilung bestimmen andere. Über eine Gegensprechanlage in der Zelle wurde mir gesagt, dass ich mich bereit machen solle für die Sportstunde. „Ist jetzt grad etwas ungünstig“ – das ist im Gefängnis nicht gerade eine gute Antwort. Auch in der rund zwölf Quadratmeter großen Zelle trainierte ich zwischen 45 und 60 Minuten täglich und absolvierte ein Programm für Rücken- und Bauchmuskulatur. Der Spaziergang im Hof war ohnehin obligatorisch, und es tat nicht nur mir gut, mich außerhalb der Zelle bewegen zu können.

Dieser Spaziergang war eine der wenigen Möglichkeiten, bei der Häftlinge untereinander in Kontakt kamen, wobei sich meine Kommunikation auf Unverbindlichkeiten und Allgemeinplätze beschränkte. Ich hielt mich in der Regel von anderen fern, vertraute niemandem und posaunte meine Geschichte somit auch nicht groß in den Gefängnishof hinein. Von Tauschhandel und Deals fast aller Art ließ ich die Finger. In der Zelle, die ich für zwei oder drei Wochen zuerst mit einem Gewaltverbrecher und dann einem Steuerbetrüger teilte, las ich oder schaute fern. Kabel-TV wurde für sechs Euro pro Monat angeboten, und am Kiosk, in dem ich einmal die Woche einkaufen durfte, gab es alles (und teilweise auch mehr), was in einem Gemischtwarenladen zu finden war, begonnen bei Kaffee und Butterstriezel, Mineralwasser, Obst und Joghurt, Zigaretten, Duschgel, Rasierer, elektronische Zahnbürsten, Wattestäbchen, Briefmarken, Spielkarten und so weiter. Auch Flat Screens.

Gerne hätte ich während dieser Zeit in einer der gefängniseigenen Einrichtungen gearbeitet, als Koch oder Bibliothekar, doch dies ist während der Untersuchungshaft nicht erlaubt. So lief der Fernseher die ganze Zeit durch und ich las, hauptsächlich Magazine und ein Buch – die Biographie von David Beckham –, schrieb und las Briefe, löste Sudokus und andere Rätsel. Das Essen war nicht schlecht, Kantinenessen eben: schlicht und einfach, aber abwechslungsreich. Es gab Suppe, Hauptspeise, Nachspeise und von allem etwas, Fisch und Fleisch, Reis und Nudel, Gemüse und Obst. Ich bin kein heikler Typ, ich aß auch dort alles. Wenn es nichts zu tun gibt, sind 23 Stunden in einer Zelle eine lange Zeit. Der einstündige wöchentliche Besuch von meiner damaligen Frau war das Highlight, auf das ich Woche für Woche hinfieberte. Zwar trennte uns eine Glasscheibe und das Gespräch über die Telefonhörer wurde von einer Vollzugsbeamtin mitgehört – nur mit meinen Anwälten durfte ich mich unbeobachtet austauschen. Immerhin wurde aber mein Antrag auf Verlängerung der Besuchszeit genehmigt und Nicole durfte mich zwei Stunden besuchen.

Das Verhältnis mit den Wärtern war unaufgeregt und gut. Ich tat, was man mir anschaffte, diskutierte nicht, war immer freundlich. Ich wurde während meiner zweimonatigen Untersuchungshaft gut behandelt. Aber hinter Gittern ist hinter Gittern.

Es gibt noch andere Wege, gefangen zu sein. Gefangen in den eigenen Gedankenwelten, gefangen in den eigenen Verfehlungen, gefangen in der eigenen Schuld. Wenn ich in meiner Zelle lag und auf den grauen, eintönigen Plafond starrte, dachte ich darüber nach, was ich alles falsch gemacht hatte, wann der genaue Zeitpunkt gewesen war, in dem ich den Stein ins Rollen gebracht hatte, der mich in diese verdammte Zelle in Graz-Jakomini gebracht hatte.

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Gefangenen-Nummer 130377

Aus meinem Haft-Tagebuch

2013

27.11.: (Mittwoch): Haftbefehl, Hausdurchsuchung, Einvernahme durch die Beamten Csefan und Holzer. Überstellung nach Salzburg, Schanzlgasse 1, Zelle 55, Gefangenen-Nummer 130377

28.11.: Einvernahme durch Mag. Andrea Reinhart. U-Haft wird bis 12. Dezember verlängert. Gespräch mit dem Sozialdienst.

29.11.: Erster Kontakt mit den Anwälten Peter Vogl und Jörg Steinschnack. Unterzeichnung der Vollmacht, Vorstellung des gesamten Teams. Mag. Vogl überwies mir 100 Euro. Ich beantragte eine Telefonkarte im Wert von 10 Euro.

1.12.: Sanel Kuljic schickt mir ein Essenspaket, wohl als „Bestechungsversuch“. Ich lehnte es ab.

2.12.: Zweiter Kontakt mit Mag. Vogl, Zustellung des Beschlusses der Untersuchungshaft.

3.12.: Brief an Nicole aufgegeben. Antrag zum Telefonieren wurde abgelehnt. Gespräch mit dem Sozialdienst.

4.12.: Benachrichtigung der Überstellung von Salzburg nach Wien, die am Nachmittag stattfand.

5.12.: Überstellung von Wien nach Graz-Jakomini, Conrad von Hötzendorfstr. 43. Ich erhalte eine Einzelzelle (Nummer M1 02) ohne TV und Radio.

6.12.: Gespräch mit dem Sozialdienst. Gefangenenausweis erhalten.

7.12.: Training in der Kraftkammer.

9.12.: Training in der Kraftkammer. Kontakt mit Anwalt Mag. Steinschnack.

10.12.: Spaziergang. Einkauf (Kontostand: 70,34 Euro). Besuch von Nicole!

11.12.: Spaziergang. Besuch von Anwalt Mag. Lieskonig, meinem Vertreter bei der Haftverhandlung, und er nahm mir die letzte Hoffnung auf Freilassung. Erhielt ein TV-Leihgerät.

12.12.: Haftverhandlung. Die U-Haft wird bis 13. Januar verlängert. Erhielt einen Zellenkollegen.

13.12.: Spaziergang. Antrag auf längere Besuchszeit von Nicole wurde angenommen.

14.12.: Spaziergang. Training.

15.12.: Spaziergang. Besuch von Mag. Vogl.

17.12.: Spaziergang. Training. Besuch von Mag. Lieskonig (11 Uhr). Verhör durch Dieter Csefan vom Bundeskriminalamt und der Staatsanwältin in Anwesenheit von Mag. Lieskonig (15 Uhr). Und ich erhalte einen Brief von Nicole.

18.12.: Besuch von Nicole. Einkauf (Kontostand 47,98 Euro)

19.12.: Spaziergang. Besuch Mag. Lieskonig. Telefonat mit Mag. Vogl. Training.

20.12.: Spaziergang. Besuch Mag. Lieskonig. Telefonat mit Mag. Vogl. Training. Briefe von Nicole

21.12.: Spaziergang.

22.12.: Kirche. Spaziergang.

23.12.: Bei der Haftverhandlung wird der Antrag auf vorzeitige Entlassung abgelehnt. Treffen und Gespräch mit Schiedsrichter Harkam, wobei es um den nicht gegebenen Elfmeter beim Spiel Grödig gegen Red Bull Salzburg und um das Leben im Gefängnis ging.

25.12.: Kirchgang (mit Weihnachtskeksen)

27.12.: Spaziergang. Besuch Mag. Lieskonig.

30.12.: Besuch von Nicole.

2014

2.1.: Einkauf (Kontostand 27,10 Euro). Spaziergang. Zwei Briefe von Nicole erhalten. Spaziergang.

3.1.: Spaziergang. Schnitt dem Zellenkollegen die Haare.

7.1.: Training in der Kraftkammer. Besuch Mag. Lieskonig.

8.1.: Einkauf (Kontostand 19,25 Euro).

9.1.: Brief von Nicole erhalten. Telefonat mit Mag. Vogl.

10.1.: Training in der Kraftkammer. Besuch von Nicole.

11.1.: Kirchgang.

14.1.: Training in der Kraftkammer. Bibliothek. Besuch Mag. Lieskonig. Einkauf (Kontostand 10,48 Euro).

16.1.: Training in der Kraftkammer. Acht Radarstrafen erhalten (danke, Sanel!).

20.1.: Training in der Kraftkammer. Besuch Mag. Lieskonig. Zwei Briefe von Nicole erhalten.

21.1.: Besuch von Nicole.

22.1.: Spaziergang. „Auszug“ meines Zellengenossen. Vier Radarstrafen erhalten.

23.1.: Training in der Kraftkammer. Termin für Haftprüfung erhalten.

24.1.: Besuch Mag. Lieskonig. Gespräch mit Leiter der Vollzugsanstalt. Einzug eines neuen Zellenkollegen. Zwei Briefe von Nicole bekommen.

27.1. [Montag]: Spaziergang. Zwei Radarstrafen bekommen. Einen Brief von Nicole erhalten. Haftverhandlung um 10.45 Uhr. Entlassung gegen 12.30 Uhr.

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„Wollen wir wetten?“ Klar doch: Dass ich schneller an der Haustür sein werde als du, dass ich beim nächsten Spiel der U9 von Spratzern mindestens fünf Tore schießen werde, mindestens, und dass ich irgendwann bei Rapid Wien und in der Nationalmannschaft spielen werde. Wetten wir? Wetten bietet die Möglichkeit, sich zu vergleichen oder die Chance, Recht zu haben während ein anderer es nicht hat. Es muss nicht um Geld gehen, es kann auch ein Getränk sein beim nächsten Wirt, oder auch gar nichts: „Um was wollen wir wetten?“ „Ums Recht.“

Eine originelle Wette am Finanzamt Salzburg, mit einer 50-prozentigen Erfolgschance, hätte auch eine auf mein Geschlecht sein können. Dominique Taboga – männlich oder weiblich? Gar viele, nicht nur Steuerbeauftragte, hätten verloren, wie die Zahl der Schreiben an „Frau Taboga“ in meinem Briefkasten bewies. Ich habe mich daran nicht gestört und letztlich daran gewöhnt. Immerhin habe ich meinem Vornamen auch den Umstand zu verdanken, dass mir der Musterungsbefehl sehr spät zugestellt wurde: In St. Pölten wurde ich auf dem Gemeindeamt bis knapp vor meinem 18. Lebensjahr als „weiblich“ geführt, und wenn ich mich nicht selbst um eine Korrektur bemüht hätte, wäre ich vielleicht ganz vom Militärdienst befreit geblieben. Letztlich forcierte ich die Einberufung, weil ich das Pflichtjahr, über dessen Sinn oder Unsinn man auch damals schon hätte diskutieren können, möglichst rasch hinter mich bringen wollte. Als Fußballer schaffte ich es im Gegensatz zu Andreas Ivanschitz nicht in die damalige Heeressport- und Nahkampfschule (HSNS, heute HSZ), die sich im Aufbau befand. Doch nach der sechswöchigen Grundausbildung konnte ich wieder in das normale Mannschaftstraining beim BNZ St. Pölten einsteigen. Ich war nämlich der Schreiber des Unteroffiziers und wohnte genau gegenüber der Kaserne des Panzerbattalions 10 in Spratzern.

„Dominique“ war nicht der gängigste Name zu Beginn der 1980er Jahre. Statistisch gesehen hätte ich Christian, Stefan oder Sebastian heißen müssen, auch die erste Namensidee meiner Eltern, Patrick, fand sich in den Top 30 des Jahres 1982. Für Dominik, Dominic oder, französisch, Dominique gab es nur Fehlanzeigen. So richtig populär wurde dieser Vorname ein Jahrzehnt später. Speziellen Hintergrund zu meinem Namen gibt es aber keinen. Die Schreibweise hat gefallen, Mama Anita und Papa Karl waren schnell einer Meinung. Doch außer meiner Familie hat mich nie ein anderer Dominique genannt – in St. Pölten war ich der „Tabsch“, überall anders der „Tabo“.

Bekannte Namensträger

Dominique Andrey (* 1955), Schweizer Korpskommandant

Dominique Besnehard (* 1954), französischer Schauspieler und Casting-Direktor

Dominique Chauvelier (* 1956), französischer Langstreckenläufer