Die Chronik der

Daemonenfuersten

 

Teil 1

 

Die Engel des Todes

 

 

Roman von

Monika Grasl


Alle Rechte vorbehalten.

Das Buchcover darf zur Darstellung des Buches unter Hinweis auf den Verlag jederzeit frei verwendet werden.

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Die Namen und Handlungen sind frei erfunden.

Evtl. Namensgleichheiten oder Handlungsähnlichkeiten

sind zufällig.

 

www.verlag-der-schatten.de

Erste Auflage 2016

© Monika Grasl

© Coverbild: Fotolia seleznyov

Covergestaltung: Verlag der Schatten

© Zeichen Dantalion: VdS

© Bilder Engelsflügel, Dämonenflügel: Fotolia Sushi,

© Triskele: Fotolia art_of_sun

© Fotos: Fotolia Chee-Onn Leong (Harvard), reiter_philipp (Prater), fotobeam.de (Lateranbasilika außen), jarek106 (Lateranbasilika innen), animaflora (brennendes Haus), jörn buchheim (Dachboden), Mischa Krumm (Sixtinische Kapelle), michael langley (Kamin), st1909 (Kloster), whitelook (Flugzeug), Sobolev Igor (St. Petersburg), tsuguliev (Clare Island)

Lektorat: Verlag der Schatten

© Verlag der Schatten, D-74594 Kressberg-Mariäkappel

ISBN: 978-3-946381-16-7

 

 

 

Die Studentin Evy Munro leidet an Lungenkrebs. Doch das ist nicht ihr einziges Problem, denn ihr verhasster Nachbar Vincent stellt sich plötzlich als ihr persönlicher Engel des Todes vor, der ihr dabei helfen soll, mit ihrem Leben abzuschließen.

Obwohl Vincent nichts Genaues von seinem Vorgesetzten Azrael erfährt, ahnt er schnell, dass hinter diesem Auftrag noch viel mehr steckt. Als Dämonenboten auftauchen und Jagd auf Evy machen, wird ihm klar, dass der Dämonenfürst Dantalion Krieg in die Welt bringen will. Dafür muss er Evys Seele vernichten, die laut einer Prophezeiung verhindern könnte, dass die Kreaturen der Hölle die Erde betreten. Doch auch Azrael braucht ihre Seele.

 

Muss sie aber wirklich geopfert werden, um die Menschheit vor dem drohenden Krieg zu bewahren? Gibt es keine andere Möglichkeit, Dantalion am Ausbruch zu hindern?

 

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Die Tore halten uns nicht auf. Genauso wenig die Cherubim. Alle werden ihr Ende finden. Und zwar durch meine Hand.

 

Dantalion, Großfürst der Hölle

 

 

 

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Inhalt

Prolog

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Epilog

Autorenvorstellung

Vorschau

 

Prolog

 

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Samstag, 15. Januar 2050

Breslau

 

 

Seine Finger strichen über den Anhänger. Die Phiole war ihm in den letzten Jahrzehnten zu einer treuen Gefährtin geworden.

Seit zweiunddreißig Jahren waren Dämonenfürsten nun schon auf der Erde, und noch immer waren Dämonenboten damit beschäftigt, die anderen Großfürsten der Hölle aus den Verliesen zu befreien. Doch die verschlossenen Tore waren nur mit dem Lemegeton Clavicula Salomonis zu öffnen. Und dieses befand sich zwei Räume hinter Vincent – gut verborgen im Hohlraum eines Schrankes.

»Du denkst noch immer an sie«, flüsterte eine bekannte Stimme hinter seinem Rücken.

Der Engel des Todes gab keine Antwort.

Bedächtig kam die Gestalt näher und blickte genauso unverwandt aus dem eingeschlagenen Fenster.

Der tobende Krieg vor seinen Augen zeigte Vincent einmal mehr, dass Evys Opfer sinnlos gewesen war – besonders jetzt, wo Bael, der König der Dämonenfürsten, seine Angriffe verstärkte, um die Stadt einzunehmen und das Buch zu bekommen.

»Sie hätte genauso gut einfach sterben können. Das Ergebnis wäre das gleiche.«

Blitze zuckten über den dunklen Himmel, während er das sagte. Zeitgleich drangen Todesschreie an seine Ohren.

Ein Rascheln war zu hören, ehe der Erzengel meinte: »Du hast recht, ihr Opfer war vergebens. Dämonen kämpfen gegen Engel, und die Menschen gehen dabei zugrunde. Wir alle sind dem Tode näher als dem Leben.« Michael wandte sich ab und ging.

Vincent musste den Worten des Erzengels zustimmen. Der Kampf – Gut gegen Böse – hatte auch ihm einiges abverlangt. Und wenn er sich das Schlachtfeld ansah, auf das Michael gerade hinaustrat, würde es in den nächsten Jahrhunderten nicht anders werden. Die Menschheit verlor die Hoffnung, verzweifelte und stellte sich immer weniger gegen die Dämonenfürsten.

Während Vincent weiter aus dem kaputten Fenster sah, schweiften seine Gedanken zurück zu jenem Tag vor zweiunddreißig Jahren, der sein Leben so grundlegend verändert hatte.

 

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Kapitel 1

 

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Montag, 15. Januar 2018

Cambridge

 

 

Evy Munro starrte ausdruckslos auf ihre ineinander verschränkten Finger hinab und versuchte so, dem durchdringenden Blick ihres Gegenübers zu entgehen. In ihrem Kopf ging es drunter und drüber. Vor ihrem geistigen Auge listete sich alles auf, was sie noch zu erledigen hatte. Leider würde für einiges keine Zeit mehr sein.

»Evy«, drang es leise an ihre Ohren.

Sie brachte es nicht fertig, den Kopf zu heben. Es würde die Gewissheit für das Unausweichliche bedeuten. Und das konnte einfach nicht sein. Nicht in ihrem Alter! Sie war doch erst zwanzig.

Bis eben war sie der Illusion erlegen, eines Tages friedlich einzuschlafen, jetzt würde alles ganz anders aussehen.

So viel hatte sie erreichen wollen! Nun liefen ihr die Stunden und Minuten einfach davon.

»Warum ich?«, fragte sie in den Raum hinein. »Ich habe nie geraucht. Ich dachte, ich würde so sterben wie meine Großmutter – mit achtzig und einem seligen Grinsen, einem Mann, Kindern und vielleicht einem Hund. Nicht mit zwanzig an einem scheiß Lungenkrebs, für den ich nichts kann!«

Schweigen schlug ihr entgegen, ehe Doktor Patrick MacThomas sich räusperte. »Es gibt viele Ursachen oder Faktoren, die das Ausbrechen der Krankheit begünstigen. Es ist nicht immer das Rauchen schuld.«

»Großartig, dann kann ich ja jetzt damit anfangen«, gab sie patzig zurück.

»Evy …«

»Nein! Ich will’s gar nicht wissen. Was meinen Sie, wie lange habe ich noch?« Endlich hob sie den Blick und musterte ihr Gegenüber. Soweit sie wusste, war MacThomas fünfundvierzig Jahre alt. Sie kannte ihn über ihre Großmutter. Für sein Alter sah er gar nicht schlecht aus. Er war stolze eins neunzig groß, und das blonde Haar war nur von wenigen grauen Strähnen durchzogen. Einzig der Vollbart störte. Er ließ ihn alt erscheinen. Aber das machten die blauen Augen und die gebräunte Haut wieder wett.

MacThomas sah sie nicht an, als er erwiderte: »Ein halbes Jahr?«

Evy musste sich beherrschen, um nicht in Tränen auszubrechen. Ein halbes Jahr war nichts! Dabei hatte sie so viele Pläne, Wünsche und Träume. Alles war nun zerstört.

»Evy, wir können es vielleicht hinauszögern mit …«

»… der Chemotherapie? Nein! Ich werde nicht dabei zusehen, wie mir die Haare ausfallen, und mir die Seele aus dem Leib kotzen. Darauf kann ich verzichten.«

»Was willst du dann machen?«

»Nichts! Ich habe ohnehin niemand mehr. Meine Großmutter ist vor zwei Jahren gestorben. Also, was soll ich machen? Mich hinsetzen und mein Testament schreiben vielleicht? Für wen denn?«

»Verleugnungsphase«, murmelte MacThomas.

»Kommen Sie mir nicht mit dem Scheiß.« Für Evy war das Gespräch beendet. Sie nahm die Unterlagen ihrer Untersuchung an sich und stand auf. Dabei fiel ihr eine der kupferroten Haarsträhnen ins Gesicht. Energisch strich sie die an ihren Platz zurück.

Wie alles am heutigen Tag wollte auch das nicht klappen. Die Strähne suchte sich einen Weg zurück in ihr Gesicht.

Evy war immer stolz auf ihre langen Haare gewesen. Die Vorstellung, sie zu verlieren, trieb ihr fast die Tränen in die Augen, aber sie beherrschte sich und biss sich auf die Lippen. Es durfte einfach nicht sein!

Doktor MacThomas stand ebenfalls auf. Deutlich überragte er sie mit ihren eins sechzig.

»Wenigstens habe ich jetzt Gelegenheit einzukaufen. Die Leute sollen während des Krankheitsverlaufs ja abnehmen. Dann kann ich bald meinen Kleiderschrank neu einräumen«, scherzte sie.

Der Arzt reagierte nicht darauf. Evy war es nur recht. Sie brauchte jetzt kein Mitgefühl. Sie wollte aufwachen und feststellen, dass das alles ein Albtraum war.

Tief atmete sie durch, ehe sie die Unterlagen in die Tasche stopfte und zur Tür schritt. Ihre Hand lag bereits auf der Klinke, als sie sich noch einmal zu MacThomas umdrehte.

»Es besteht wirklich kein Irrtum?«, fragte sie nach. Ein letzter Funke Hoffnung! Irgendetwas, an das sie sich klammern konnte!

Der Arzt gab es ihr nicht. »Nein. Und das tut mir sehr leid.«

Evy nickte nachdenklich, während sie den Raum verließ. Sie durchquerte die Praxis mit großen Schritten und stieg in den Aufzug. Ihre braunen Augen hingen auf der Anzeige, die fröhlich von einem Stockwerk zum nächsten sprang. Die Zahlen verschwommen gelegentlich, aber sie würde jetzt nicht weinen. Das war unter ihrer Würde.

Sie ließ das Gebäude hinter sich und stieg in den blauen Kleinwagen, fuhr jedoch nicht direkt in ihre Wohnung. Sie konnte jetzt keinesfalls alleine sein. Evy beschloss deshalb, einen Zwischenstopp an der Universität von Harvard einzulegen. Früh genug würde sie sich mit der Situation auseinandersetzen müssen. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt konnte und wollte sie es aber nicht.

Die Tatsache, dass sie ihr Studium irgendwann nicht mehr weiterführen könnte, schlug ihr während der Fahrt auf den Magen. Sie musste sich ablenken. Was bliebe ihr denn sonst? Selbstbemitleidung? Das stand für sie nicht zur Diskussion. Alles war besser, als zu Hause zu sitzen und zu weinen. Unter keinen Umständen würde sie es so weit kommen lassen. Nicht solange sie die Kraft erübrigen konnte, weiterzumachen. Weniger konnte sie sich nicht zugestehen, zumal sie sich nach dem Tod ihrer Großmutter geschworen hatte, niemals aufzugeben.

 

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Die lange Fahrtzeit war ihr durchaus genehm. Dabei konnte sie nachdenken, wie es mit ihren Forschungsergebnissen weitergehen sollte. Am klügsten wäre es, selbige einem Professor anzuvertrauen, aber dafür brauchte sie mehr Zeit. Ihre Formeln waren noch nicht perfekt.

Als sie den Campus erreichte, machte sie sich auf den Weg zu den Räumlichkeiten im Untergeschoss. Dort vollführten die Biochemiker ihre Experimente – abgeschottet von der Welt und manchmal auch von den Menschen, weil jeder an seinem eigenen Projekt arbeitete. Hier traf sie auf Naomi McLeary.

»Hey, Kleine, da bist du ja endlich! Ich habe mich schon gefragt, ob du überhaupt … Was ist los?«

Evy rollte innerlich mit den Augen. Dass Naomi sie so nannte, lag nur daran, weil die Frau gute eins achtzig groß war. Sie zwang sich zu einem Lächeln, als sie erwiderte: »Nichts.«

»Kleine, du kannst mir alles erzählen. Also, mach schon! Hast du dich endlich von Adam getrennt?«

Adam war eines der leidigen Themen, über die sich Naomi nur zu gerne ausließ. Er war ein Kommilitone aus ihrem Jahrgang, der sich einbildete, sie wären zusammen. Das einzig andere, über das Naomi noch lieber sprach, war Vincent. Aber an den wollte sie jetzt erst recht nicht denken. »Du weißt, dass ich mit Adam nicht zusammen bin«, hielt sie dagegen.

Naomi lehnte sich gegen den Tisch und murmelte: »Blöd nur, dass er das nicht weiß.«

Evy ließ sich nicht zu einer Antwort herab. Sie legte die Tasche auf den Schreibtisch und hängte den Mantel auf. Sie hatte beschlossen, einfach weiterhin zu studieren. Was sollte sie sonst auch tun? So weit, sich mit der Wahrheit auseinanderzusetzen, war sie noch nicht. Ob sie es überhaupt irgendwann wäre?

Und was war mit Naomi? Wie sollte sie ihrer Freundin erklären, dass sie bald sterben würde?

»Also, was ist los? Ich kenne dich lange genug, um zu wissen, dass irgendwas nicht stimmt. Warst du endlich bei MacThomas?«

Evy jagte es einen kalten Schauder über den Rücken. Ihre Freundin behauptete zwar stets, keine Hellseherin zu sein, aber gelegentlich war es eigenartig – besonders, wenn man sich vor Augen führte, dass Naomis Familie von den Cherokees abstammte.

»Ja«, erwiderte sie schließlich, wich den grünen Augen aber bewusst aus, als Naomi sie mit verschränkten Armen musterte. Evy kam nicht umhin, die violetten Haare zu betrachten. Zweimal im Jahr färbte sich ihre Freundin diese in auffallenden Tönen, um ihren Typ hervorzuheben, wie sie nicht müde wurde, zu erklären. Als ob das notwendig wäre! Naomi fiel auch so überall auf durch ihre bunte Kleidung und den unzähligen Schmuck.

»Jetzt lass dir doch nicht alles aus der Nase ziehen. Was hat dein gut aussehender Arzt gesagt?«

Auch so eine Eigenheit von Naomi! Sie fand ältere Männer anziehend. Und auf Doktor Patrick MacThomas hatte sie bereits seit dem Tod von Evys Großmutter ein Auge geworfen. Sie hatte ihn auf der Beerdigung kennengelernt, über einen einfachen Plausch waren die beiden jedoch nicht hinausgekommen.

»Er ist alt genug, um dein Vater zu sein, Naomi«, wies Evy sie zurecht.

Ihre Freundin zuckte unbeeindruckt mit den Schultern. »Mag sein, aber das heißt ja nicht, dass man nicht hinsehen darf. Und wechsle nicht das Thema, Kleine.«

Evy seufzte und machte sich daran, einige Formeln an die Tafel zu schreiben. Abwesend griff sie nach dem dafür benötigten Buch. Dabei fiel ihre Tasche zu Boden.

Erschrocken sog sie die Luft ein und hielt den Atem an, als Naomi sagte: »Ich mach schon. Übrigens, wenn du mir nicht erzählst, was der gute Doc gesagt hat, muss ich mich mit ihm treffen. Und das … Was ist das?«

Während Evy sich umdrehte, schossen ihr Hunderte von Gedanken durch den Kopf, aber kein Wort wollte über ihre Lippen kommen.

Naomi hielt die Broschüren über Lungenkrebs und dessen Behandlung in der Hand, die Patrick ihr gegeben hatte.

»Evy, was …? Oh Gott! Nein, das ist nicht wahr, oder?«

Evy wandte sich wieder der Tafel zu und schrieb einfach weiter. Sie musste sich beschäftigen, irgendwas anderes machen. So hätte Naomi das nie erfahren sollen.

»Verdammt, Evy, sieh mich an!«

»Wozu? Soweit ich weiß, bist du in der Lage, zu lesen.«

»Was hat Patrick gesagt?«

Evy antwortete nicht.

»Rede mit mir! Wann hättest du mir das sagen wollen?«

Evy legte Kreide und Buch beiseite. »Gar nicht«, erwiderte sie schließlich, ohne sich umzudrehen.

»Was? Wolltest du etwa weiterhin studieren und eines Tages einfach nicht mehr herkommen? Das geht doch gar nicht wegen der Therapie.«

»Ich habe Patrick bereits gesagt, dass ich keine mache. Es ist sowieso schon zu spät dafür. Eine Chemo würde alles nur unnötig hinauszögern.«

Sie hörte es hinter sich rascheln. Naomi schien damit beschäftigt zu sein, die Papiere zu lesen. Evy ließ ihr die Zeit, bevor sie sich umdrehte.

Ihr Herz setzte für eine Sekunde aus, als sie Naomi betrachtete. Tränen standen ihrer Freundin in den Augen. Sie hielt den Blick direkt auf Evy gerichtet.

Was sie jetzt wohl dachte? Hasste Naomi sie für ihre Entscheidung?

»Du kannst aber nicht einfach aufgeben«, flüsterte Naomi traurig.

»Ich werde es nicht künstlich hinauszögern. Ich werde bis zum letzten Tag studieren und …« Evy brach ab und senkte den Blick. Sie wusste selbst, dass sie sich etwas vorlog. »Es ist einfach …« Ihre Hände zitterten, als sie sich auf den Stuhl setzte. »Ich wollte doch Biochemie studieren. Erinnerst du dich, wie wir zu Beginn der Studienzeit genau hier standen und darüber redeten? Ich hatte vor, ein Mittel gegen Alzheimer zu finden. Meine Großmutter hat häufig davon gesprochen, dass ihr Vater daran erkrankte, und sie hatte immer die Angst, dass es sie ebenfalls treffen könnte. Es kam ja nicht dazu, aber trotzdem … Was glaubst du, wie vielen Menschen ich damit hätte helfen können, Naomi? Ich dachte immer, wenn ich mal sterbe, dann selig mit achtzig oder meinetwegen wie Marie Curie durch ’ne beschissene Strahlenvergiftung, aber doch nicht jetzt schon und nicht so.«

Naomi ging vor ihr in die Hocke und legte die Hände auf ihre. Evy konnte der Freundin, die ihr von allen Bekanntschaften seit dem ersten Schultag geblieben war, trotzdem nicht mehr in die Augen sehen. Es erschien ihr nicht gerecht.

»Lass uns gehen«, meinte Naomi unvermittelt.

»Ich kann nicht. Ich muss noch …«

Energisch stand Naomi auf. »Du musst gar nichts, außer was essen. Also, lass uns zu East Side Bar & Grill fahren.«

Das zauberte Evy tatsächlich ein Lächeln auf die Lippen. Sie liebte italienisches Essen, und dort bekam man, ihrer Ansicht nach, mit Abstand das beste.

»Ist gut«, gab sie schließlich nach und packte ihre Unterlagen zusammen. Dabei betrachtete sie den Raum mit einer leichten Wehmut. Irgendwann würde sie ihn nicht mehr betreten können. Dann, wenn es dem Ende zuging. Damit wollte sie sich jetzt jedoch nicht weiter beschäftigen.

 

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Montag, 15. Januar 2018

Moskau

 

Azrael fragte sich nicht zum ersten Mal, warum er sich gerade den Ort als neue Heimat ausgesucht hatte, während er nach dem Telefon griff. Eiszapfen hingen von der Decke seiner Wohnung, und durch das kaputte Fenster zog es kalt herein. Eine Unannehmlichkeit, die er mit einem Karton hätte beseitigen können. Aber dieser würde nur Aufmerksamkeit erregen. Immerhin wohnte in dem alten Haus offiziell niemand. Wenigstens konnte er sich mit dem Gedanken trösten, dass er keine Lichtquelle in der vorherrschenden Dunkelheit benötigte. In der Hinsicht war seine Gabe, wie eine Katze im Finstern sehen zu können, eine ungemeine Hilfe.

Gedankenverloren wählte er eine Nummer und wartete, dass jemand abhob. Seine Augen huschten indessen durch den spärlich möblierten Raum. Sie blieben kurz an der Uhr hängen. In Cambridge war es jetzt dreizehn Uhr – kein Grund also, nicht ans Telefon zu gehen.

Endlich knackte es in der Leitung, und eine verschlafene Stimme nuschelte: »Was?«

»Ich habe dich doch wohl nicht geweckt, Vincent?«

»Wozu die Frage, wenn du die Antwort sowieso kennst, Azrael?«, kam es ungehalten aus der Leitung.

»Es gibt Arbeit für dich.«

Man hörte ein Rascheln, ehe die Stimme nun deutlich munterer erwiderte: »Hast du sonst keinen, dem du auf die Nerven gehen kannst?«

»Wenn’s so wäre, würde ich es tun.«

Als Vincent nichts sagte, fragte er: »Bist du noch dran?«

»Würdest du merken, wenn ich auflege?«

»Sehr witzig, Vincent. Das hier ist wichtig, also konzentriere dich.«

»Sag einfach, was ich machen soll.«

Azrael betrachtete noch einmal die Seite des Buches vor sich, bevor er flüsterte: »Evy Munro, sie …«

»… ist meine Nachbarin«, fiel Vincent ihm ins Wort. »Was ist mit …« Er stockte plötzlich. »Das ist nicht dein Ernst, oder? Jetzt schon?«

»Es scheint so. Sie will sich mit der Wahrheit aber nicht auseinandersetzen. Du kennst sie ja und weißt besser als jeder andere Engel des Todes, wie stur sie sein kann. Bring sie dazu, ihre Angelegenheiten zu regeln, und dann bringst du sie zu mir.«

»Das ist doch wohl ’n Scherz! Kann das nicht ausnahmsweise mal jemand anders machen?«

»Nein!«

»Aber Evy hasst mich. Wie soll ich …«

»Mir egal! Und jetzt mach, was ich dir sage, oder du findest dich an einem Ort wieder, an dem du bestimmt nicht sein möchtest«, zischte Azrael. Seine Augen huschten zur Uhr, während Vincent nachdenklich schwieg. Ob er gerade herauszufinden versuchte, wie hoch die Wahrscheinlichkeit war, dass er seine Worte in die Tat umsetzte? Azrael hatte dafür keine Zeit. »Bist du nun ein Engel des Todes oder nicht?«

Leises Atemholen war zu hören, ehe Vincent murmelte: »Ja.«

»Sehr gut. Alles Weitere findest du in einer E-Mail. Ich hoffe, du enttäuschst mich nicht. Ich würde dich nur ungern dahin zurückschicken, wo du herkommst. Ich denke, du kannst dich noch gut an die dort vorherrschende Hitze erinnern«, sagte Azrael und legte auf.

Er holte tief Luft, bevor er aufstand, um sich einen Eiszapfen von der Decke zu holen. In der Küche warf er ihn in eine Tasse. Ein einziger Atemhauch gegen den Inhalt genügte, um das Eis zum Schmelzen und zum Kochen zu bringen. Dann warf er einen Teebeutel dazu und ging zurück ins Wohnzimmer. Dabei streiften seine schwarzen Flügel die Vorhänge.

»Scheiße«, murrte er vor sich hin. Seine Untergebenen hatten es bedeutend einfacher. Ihre Flügel waren nicht auszumachen. Nur die ihnen zugeteilten Todgeweihten, andere Engel des Todes und Dämonenboten, die auf der Erde wandelten, konnten sie sehen.

Azraels freie Hand fuhr unter die Kapuze, und er kratzte sich am Kopf. Er musste nachdenken, wie es nun weitergehen sollte. Bis die Prophezeiung sich erfüllte, würden gewiss noch einige Monate vergehen. Er musste aber bereits jetzt auf alles vorbereitet sein, wenn die Nachrichten aus der Unterwelt stimmten. Dantalion durfte unter keinen Umständen entkommen.

Der Todesengel ließ sich wieder auf den Stuhl am Tisch sinken. Die Tasse hielt er in seiner Hand. Sein Blick ruhte auf dem Buch.

Es würde nicht einfach werden. Vincent war als Engel des Todes noch nicht lange genug im Amt, um diese Sache alleine zu bewältigen.

Während er im Kopf einige Lösungen durchging, zog die Nacht dahin, und er erkannte, dass es keine andere Möglichkeit gab, als Sandrea nach Cambridge zu entsenden, auch wenn ihm das zutiefst widerstrebte.

 

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Montag, 15. Januar 2018

Cambridge

 

Sie hielten in der 306 Washington Street. Naomi kramte in ihrer Tasche nach dem Schlüssel, während Evy das Haus betrachtete. Es war eine typische Wohngegend mit kleinen Gemeinschaftshäusern und Gärten – das genaue Gegenteil zu Naomis ausgeflipptem Lebensstil. Aber sie fühlte sich hier wohl, fand Abstand zum alltäglichen Stress – und irgendwann würde sich Naomi wohl einen Hund oder eine Katze zulegen.

»Du rufst mich ab jetzt jeden Morgen an und sagst mir, wie es dir geht und ob du zur Uni kommst, verstanden?«

Evy grinste. »Ja, Mama.«

»Ich meine es ernst. Machst du es nicht, geh ich davon aus, dass du dich erfolgreich in der Badewanne ertränkt hast.«

»Du kannst es aber auch wirklich übertreiben. Los, raus!«

Naomi schnallte sich ab und umarmte sie noch einmal.

Es war schön, zu wissen, dass eine Person für sie da sein würde, jemand, mit dem sie ihren Kummer in naher Zukunft teilen konnte.

»Lass dich nicht unterkriegen.«

Die Wagentür öffnete sich und wurde gleich danach wieder zugeschlagen.

Evy sah ihrer Freundin nach, bis die im Haus verschwunden war. Erst dann fuhr sie weiter. Sie musste noch einkaufen – eine willkommene Ablenkung.

An der Kasse des Supermarkts machte sie etwas, das sie früher nie getan hätte. Sie kaufte sich eine Packung Zigaretten und ein Feuerzeug. Nicht, dass sie wirklich vorhatte, die zu rauchen, aber vielleicht überkam sie ja in nächster Zeit das Verlangen. Ihre gegenwärtige Lage konnte es kaum viel schlimmer machen.

Der Gedanke verflog recht schnell, als sie ihre Wohnung in der 285 Third Street betrat. Sie hatte die Tür hinter sich noch keine Minute geschlossen, da klopfte es bereits.

»Ich komme!«

Das Geräusch wurde anhaltender. Es klang ungeduldig. Und dieses Trommeln erklang in einem allzu vertrauten Takt.

»Verdammt, Vincent, ich habe dir schon hundertmal gesagt, du sollst das lassen!«, fauchte Evy und riss die Tür auf.

Mit einem süffisanten Grinsen lehnte der junge Mann neben der Tür. Wie immer trug er eine dunkle Jeans und ein weißes Hemd. Es verlieh seinem hellen Hautton etwas Kränkliches. Vielleicht sollte er mal zum Arzt gehen. Ausgerechnet heute trug er zudem eine schwarze Krawatte locker um den Hals, als würde er auf eine Beerdigung gehen oder gerade von einer kommen. Der Anblick war nicht gerade aufmunternd.

»Funktioniert immer wieder«, meinte er lächelnd.

»Du bist ein … Ach, mir fehlt der Nerv dafür.«

»Komm schon, Evy. Ich habe deine Post. Sag mir was Nettes, und ich verschwinde wieder.«

Gespielt hoffnungsvoll strahlte sie ihn an. »Für immer?«

»Nein.«

Er fuhr sich durch die nackenlangen, schwarzen Haare. Sie waren mit einem Band streng nach hinten gebunden, was seinem schmalen Gesicht etwas Engelhaftes verlieh – solange er den Mund hielt.

»Dann verzieh dich.«

Sie wollte die Tür zuschlagen, doch Vincent drückte sie mit der Hand einen Spaltbreit auf. Zeitgleich hielte er ihr ihre Post entgegen. Es waren Zeitschriften, wie sie erkennen konnte. Warum zum Teufel landeten die ständig bei ihm? War der Briefträger zu blöd zum Lesen? Jetzt musste sie sich damit auch noch herumschlagen.

»Darf ich daraus schließen, dass ich die behalten kann? Ich meine, ich interessiere mich zwar nicht für … äh … die Vogue, aber gut.«

»Behalte sie. Vielleicht bessert die Lektüre deinen Modegeschmack auf«, giftete Evy.

Vincent hüllte sich daraufhin überraschenderweise in Schweigen und betrachtete sie besorgt aus seinen rotgrünen Augen.

Schon oft hatte sie ihn gefragt, wo man solche Kontaktlinsen herbekam. Nie gab er ihr eine Antwort.

»Hat’s dir die Sprache verschlagen?«

»Es geht dir nicht gut, hm?«

Evy zuckte leicht zusammen. Damit hatte sie nicht gerechnet. Bisher war er stets der distanzierte Typ gewesen – gerade gut genug drauf, um sie zu grüßen oder ihr die Post zu bringen. Aber heute war irgendwas anders. Dieser Blick! Sein Tonfall! Alles strahlte Rücksichtnahme aus.

»Warum fragst du?«

»Dein Mascara ist verschmiert«, war die trockene Antwort.

»Mein …? Arsch. Und das geht dich gar nichts an.«

War ja klar, dass er nicht einfach seine Besorgnis ausdrücken konnte. Nein, er musste wieder Witze reißen.

»Mag sein. Aber das letzte Mal hast du so ausgesehen, als deine Großmutter gestorben ist. Du hast keine Verwandten mehr, Evy. Also, sag schon! Muss ich mich bald auf ’ne neue Nachbarin einstellen?«

Es war ein Reflex, als sie ausholte.

Sofort zeichnete sich auf seiner hellen Haut ihr Handabdruck ab.

Vincent wirkte jedoch alles andere als erschüttert. Im Gegenteil, er machte den Eindruck, als hätte er genau damit gerechnet.

»Verdammt, ich habe gerade angefangen, mit dir auszukommen. Was meinst du, wie lange hast du noch?«

»Sag mal, geht’s dir noch ganz gut?«

Vincent blinzelte nicht mal. Er sah sie einfach nur an mit diesem wissenden Blick.

»Ach komm schon, gib es zu! Du weißt es, und ich weiß es auch. Folglich können wir mit dem Versteckspiel aufhören.«

Verwirrt sah Evy zu ihm auf, während sie fragte: »Wovon redest du?«

Er trat ein, überwand die kurze Distanz zwischen ihnen, neigte sich zu ihr hinab und flüsterte: »Sieh genau hin, dann erkennst du die Wahrheit.«

Sie folgte seiner Anweisung, fasste Vincent genau ins Auge.

Plötzlich wich sie drei Schritte zurück. Das war unmöglich!

»Oh. Mein. Gott. Was bist …? Wie ist das …? Was, zum Teufel, …?«, stotterte sie, als sie seine blutroten Flügel ausmachte.

»Ich bin ein Engel des Todes. Dein Engel des Todes, um genau zu sein«, gab er ihr gelassen Auskunft.

»Ich habe keine Ahnung, was das für eine Scheiße sein soll, aber du hältst dich ab sofort fern von mir. Ist mir egal, wer oder was du bist. Sehe ich dich noch mal vor meiner Tür, rufe ich die Polizei. Dann kannst du den Beamten diese Geschichte erzählen.«

Ungeduld machte sich in den rotgrünen Augen breit, während sie ihn aus der Wohnung drängte.

»Evy, du hast keine Ahnung, wie gerne ich sagen würde, dass dies ein Traum ist, aber dem ist nicht so. Also setze dich mit der Wahrheit auseinander. Du wirst sterben, und ich bin der Einzige, der dich …«

»Nein, bist du nicht. Ich habe Naomi, und ich habe meinen Arzt«, unterbrach sie ihn barsch. »Und noch hoffe ich, dass das hier eine Nebenwirkung von den Kopfschmerztabletten ist, die ich vorhin geschluckt habe.«

»Evy …«

»Nein!« Schwungvoll warf sie die Tür zu. Zur Sicherheit verriegelte sie sämtliche Schlösser. Dann brachte sie so viel Abstand wie möglich zwischen sich und die Wohnungstür.

Das konnte nicht wahr sein. Evy glaubte nicht an so einen Unsinn. Das war unmöglich. Es konnte einfach nicht sein.

Um sich abzulenken, begann sie, die Einkaufstüten auszupacken und die Vorräte im Kühlschrank zu verstauen. Dabei lauschte sie ständig auf ein Geräusch, aber es war nichts zu hören. Wahrscheinlich war Vincent zurück in seine Wohnung gegangen.

Tief durchatmend nahm sie die Weißweinflasche aus dem Kühlschrank und schenkte sich ein Glas davon ein. Sie nahm nur einen kleinen Schluck, ehe sie sich aufs Sofa setzte. Schlaf würde sie heute gewiss keinen finden, dafür war sie zu aufgewühlt. Seufzend griff sie nach der Fernbedienung und hoffte, dass irgendwas im Fernsehen sie auf andere Gedanken bringen würde.

 

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Kapitel 2

 

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Dienstag, 16. Januar 2018

Wien

 

 

»Sehr geehrte Passagiere, der Flug 5361 nach Cambridge, Massachusetts, wird aufgrund der schlechten Wetterlage auf den morgigen Tag verschoben. Wir bedauern …«

Merfyn hörte nicht weiter zu. Der Flug war wegen des Schneesturms verschoben, und er konnte das Wetter nun einmal nicht beeinflussen. Ihm blieb also nichts anderes übrig, als zu warten.

Seufzend wandte er sich von der großen Glasfront ab und schlenderte an den Geschäften vorbei. Es brachte nichts, am Flughafen auszuharren. Am besten fuhr er zurück in die Stadt und suchte sich ein Zimmer.

Merfyn stieg im Simm’s Hotel ab. Zum Flughafen hin war es das nächste und zudem auch das günstigste.

Auf dem Bett liegend tippte er gelangweilt auf seinem Smartphone herum, bis es läutete.

Bevor er abhob, schluckte er den Kloß, der sich in seinem Hals gebildet hatte, hinunter und fuhr sich über den kahl rasierten Kopf. Das war kein gutes Zeichen. Dantalion hatte zwar kein Telefon, konnte seine Gedanken aber durch das Telefonnetz schicken.

»Wo bist du?«, zischte es aus dem Lautsprecher.

Merfyn lief es kalt den Rücken hinunter. Er kannte Dantalions Launen zu gut. Wenn er wütend war, war es am besten, nicht in der Nähe zu sein.

»Wien. Der Flug wurde gestrichen. Ich hoffe, dass ich morgen …«

»Morgen kann es bereits zu spät sein! Azrael hat gewiss längst seine Leute beauftragt. Ich brauche diese Frau. Beschaff sie mir, Merfyn, oder ich suche mir jemand, der fähiger ist.«

»Als ob es so jemand gäbe«, murmelte er.

»Hast du was zu sagen?«

»Nein, Großfürst. Ich werde Euch nicht enttäuschen.«

»Das will ich hoffen.«

Bevor der Dämonenbote dazu kam, ein weiteres Wort zu sagen, knackte es in der Leitung. Anscheinend hatte Dantalion genug gehört.

Obwohl er sich vorgenommen hatte, im Hotel zu bleiben, zog es Merfyn nun doch hinaus. Er warf den langen Mantel um sich und verbarg den Großteil seines Gesichts und damit die rötliche Haut und die gelbgrünen Augen unter einem Hut.

 

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Da ihm keineswegs der Sinn nach einer größeren Ansammlung von Menschen stand, wählte er den Prater als Ziel.

Als er vor dem Riesenrad zum Stehen kam, stieß er seufzend den Atem aus. Ein beeindruckender Anblick! Er konnte ihn aber nicht genießen. Zu viel ging ihm durch den Kopf.

Während der Schnee auf ihn herabfiel, dachte er über sein Leben nach. Er konnte gar nicht sagen, wie lange er schon ein Dämonenbote war. Man hörte nach etwa hundert Jahren unweigerlich auf, diese zu zählen. Aber eines konnte er mit Gewissheit sagen: Noch nie war ihm ein Fehler unterlaufen. Und kein einziges Mal hatte er sich dazu durchringen müssen, seiner Aufgabe nachzugehen. In dem speziellen Fall war jedoch etwas anders.

Merfyn lag nichts daran, Dantalion auf die Welt loszulassen. Sollten sich Azraels Engel die Todgeweihte doch holen. Insgeheim hoffte Merfyn sogar, dass einer der Engel des Todes die Frau finden würde, bevor er sie erreichte.

Natürlich dachten Dämonenboten so für gewöhnlich nicht. Dantalion war aber von dem Gedanken besessen, Krieg gegen die Engel zu führen. Und das in der Welt der Menschen, da die Dämonenfürsten seit ihrer Verbannung in die Unterwelt auf diese dank Salomon schlecht zu sprechen waren. Der ausgefuchste König hatte sie überlistet. Reichtum und gleichberechtigte Herrschaft hatte er ihnen versprochen. Stattdessen wurden sie in ein Gefäß gesperrt, das Luzifer ausgehändigt wurde. Der befreite die Dämonenfürsten zwar, ließ sie aber nicht aus der Hölle. Seitdem saßen sie in der Unterwelt fest – mit unzähligen Toren zwischen sich und der Welt der Menschen.

 

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Mittwoch, 17. Januar 2018

Cambridge

 

Vincent stand angespannt hinter seiner Wohnungstür. Zum ersten Mal seit zwei Tagen konnte er hören, dass Evy die Wohnung verließ. Ihrem Fluchen nach war sie über die Post gestolpert, die er auf der Türschwelle abgelegt hatte. Er konnte sich ein Schmunzeln nicht verkneifen.

Es verschwand sogleich wieder. Sie glaubte ihm nicht. Das war unmissverständlich gewesen.