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Cover

Vorspann

Die Hauptpersonen des Romans

1.

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11.

12.

Glossar

Impressum

PERRY RHODAN – die Serie

 

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Nr. 2299

 

Ahandaba

 

Sie stehen vor der Entscheidung – und bestimmen ihre Zukunft

 

Uwe Anton

 

 

 

Pabel-Moewig Verlag GmbH, Rastatt

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Im Mai 1333 Neuer Galaktischer Zeitrechnung konnte dem selbst ernannten Gott Gon-O endlich Einhalt geboten werden – die Bedrohung für die Erde und die anderen Planeten des Sonnensystems ist beendet. In einer fürchterlichen Entscheidungsschlacht besiegten die Terraner unter Führung Perry Rhodans die gigantischen Kybb-Titanen.

Der Schutzherr Gon-Orbhon, bisher vom wahnsinnigen Nocturnenstock Satrugar beherrscht, ist nun frei. Er muss sich den Folgen seiner erzwungenen Mittäterschaft stellen. Die Völker, die in Jamondi, Arphonie und den anderen Sternhaufen lebten, können aufatmen – die Tyrannei ist für sie vorüber.

Vor allem die jahrtausendelang unterdrückten Motana können nun das Erbe ihrer Vorfahren antreten. Wie in vergangenen Zeiten kreuzen nun wieder ihre Bionischen Kreuzer zwischen den Sternen der Milchstraße.

Der Friede ist in diesem Jahr 1333 NGZ endlich wieder in greifbare Nähe gerückt – ebenso wie das mysteriöse AHANDABA ...

Die Hauptpersonen des Romans

 

 

Zephyda – Die Stellare Majestät entscheidet sich für die Zukunft.

Gon-Orbhon – Der Schutzherr beugt sich dem Urteil der Motana.

Carya Andaxi – Die »Moral« weist den Weg zur kosmischen Bestimmung.

Perry Rhodan – Der Terranische Resident muss sich dem Leben stellen.

Atlan – Der Arkonide nimmt wieder einmal Abschied.

1.

Der Orchideenkäfig

Terra

28. Mai 1333 NGZ

 

Der Anblick war atemberaubend.

Perry Rhodan legte den Kopf zurück und musste sich eingestehen, dass er ihn vermisst hatte, auch wenn er das damit verbundene Pathos nicht mochte.

Aber an diesem Tag war eine gewisse Symbolik durchaus angebracht. Nicht einmal er konnte sich dem Bild entziehen.

Fünf geschwungene, blattähnliche Elemente, die an einen blumenstielartigen Grundkörper angekoppelt waren, ein schlankes Bauwerk von genau 1010 Metern Höhe, eine riesige Orchideenblüte aus Stahl.

Seit dem 31. Januar 1333 NGZ, zum 40-jährigen Jubiläum der Einweihung, schwebte die Solare Residenz wieder an alter Stelle über dem Residenzpark. Die Energieversorgung war mittlerweile durch zwei modernste Daellian-Meiler sichergestellt.

Das Wahrzeichen Terranias und der Liga Freier Terraner, das Symbol terranischer Leistungskraft, Einigkeit und Moral! Lange Zeit hatte es ein Bild des Jammers geboten. Die stolze stählerne Orchidee hatte aus Gründen der Energieversorgung landen müssen. Die von den Not-Fusionsreaktoren erzeugte Energie war zur Aufrechterhaltung der Prozesse innerhalb der stählernen Orchidee benötigt worden, unter anderem für die Rechenleistung von LAOTSE. Eine Vergeudung wertvoller Ressourcen war in den Anfangszeiten der erhöhten Hyperimpedanz undenkbar gewesen.

Und dann, am 13. März 1333 NGZ, hatte die Menschheit die Residenz an den Feind verloren. Gon-O hatte Maurenzi Curtiz übernommen, den Ersten Terraner, und dieser hatte die schwebende Stahlorchidee abriegeln lassen. Homer G. Adams, Mondra Diamond und dem kleinen Klonelefanten Norman war in letzter Sekunde die Flucht gelungen.

Rhodan dachte über die Bedeutung dieser Ereignisse nach. Schon zuvor hatte das Wahrzeichen Terras seine Funktion nicht mehr erfüllen können. Es hatte über lange Zeit seine Symbolkraft nicht mehr ausstrahlen können, hatte nicht mehr über der Stadt geschwebt, sondern sich aus ihr erhoben wie ein gestrandeter Koloss, der einem verendenden Wal gleich im Wasser lag. Im Zentrum des Parks befand sich ein künstlich angelegter See von 200 Metern Tiefe, unsichtbar von einem sehr massiven Stahlplastikfutteral eingerahmt, das der Solaren Residenz im Katastrophenfall bei einer Notlandung als Halterung diente, damit sie nicht umstürzte. Dort hatte sie geruht, niedergestreckt von den schwierigen Bedingungen nach der Erhöhung der Hyperimpedanz, als die hochgezüchtete Technik versagte.

Und nach der Machtübernahme des von seinen beeinflussten Anhängern so bezeichneten Gottes war die Residenz dann endgültig zu einem Gefängnis geworden, zu einem Orchideenkäfig, auch wenn sie zu diesem Zeitpunkt wieder über dem zu einem wunderschönen Park umgestalteten Trümmergelände des ehemaligen HQ Hanse geschwebt hatte.

Aber diese Zeiten waren nun endgültig vorbei. Terra war befreit, und die Stahlorchidee schwebte wieder, von Antigravprojektoren gehalten, einen Kilometer über Terrania.

Rhodan trat in den volltransparenten Antigravlift, der vom Park hinauf zur unteren Spitze der Solaren Residenz führte. Er hatte sich schon längst daran gewöhnt, über einen Kilometer schwerelos in die Höhe zu steigen. Die meisten Gäste nutzten allerdings die Fähren, die sie zu der unteren Besucherplattform transportierten.

Der Resident schaute nach unten. Reginald Bull folgte als Zweiter, dann kamen Atlan, Homer G. Adams, Julian Tifflor und Icho Tolot mit dem Mausbiber Gucky auf den Schultern.

Die Unsterblichen zogen wieder in die Solare Residenz, das Symbol des freien terranischen Volkes! Und Millionen von Terranern, nicht nur die Einwohner Terranias, hatten sich auf den Straßen der Hauptstadt versammelt und verfolgten das Schauspiel.

Rhodan glaubte, auch hier oben den unbeschreiblichen Jubel hören zu können, der aufbrandete, als die Menschen auf den Straßen ihn und die anderen Unsterblichen sahen.

Die anderen Unsterblichen, dachte er, während er emporschwebte. Alle, die sich in der Milchstraße befanden, bis auf einen ...

 

*

 

Er musste an Myles Kantor denken, an den Weggefährten, der ihn und Terra zwei Jahrhunderte lang begleitet hatte. An den relativ Unsterblichen, der sich vor Ablauf seiner natürlichen Lebensspanne geopfert hatte, damit Terra und die Menschheit überleben konnten. Wann immer er nun in die Sonne blickte, würde er sich Myles' erinnern.

Rhodan legte den Kopf zurück und schaute nach oben, in den Himmel. Das Flammen der Sonne hatte auch in den letzten Tagen noch bedrohlich gewirkt, doch nun beruhigte es sich allmählich. Obwohl im Solsystem keine Ultra-Giraffe mehr zur Verfügung stand – nach der Vernichtung der INTRALUX befand sich das einzige existierende Exemplar an Bord des ENTDECKERS RICHARD BURTON, der noch in der Großen Magellanschen Wolke weilte –, gingen die Wissenschaftler davon aus, dass sich die Prozesse im Sonneninneren von allein wieder beruhigen würden. Der Gegenangriff der Heimatflotte war im allerletzten Moment erfolgt, die Aufheizung des Zentralgestirns gerade noch rechtzeitig vor dem Point of no return gestoppt worden, nach dessen Überschreiten die Sonne unweigerlich zur Nova geworden wäre.

Der Resident mochte gar nicht darüber nachdenken, was ohne Myles Kantors todesmutige Tat geschehen wäre. Wenn die RICHARD BURTON keine gepulste Morse-Botschaft empfangen hätte.

Aber welchen Preis hatte er dafür zahlen müssen? Rhodan konnte es noch nicht begreifen, aber er würde den schüchternen, ungelenken Wissenschaftler nie mehr sehen, nie wieder seine manchmal schier unverständlichen Erklärungen komplizierter technischer Zusammenhänge hören.

Er nagte an seiner Unterlippe. Wie schwer dieser Verlust wiegen würde, würden erst die nächsten Jahre erweisen. Rhodan dachte dabei nicht unbedingt an Myles' wissenschaftliche Qualitäten, die der LFT bitter fehlen würden. Er dachte an den Menschen Kantor. Der Kreis der Unsterblichen war unwiderruflich wieder um eine Person kleiner geworden.

Wir haben schon zu viele Freunde und Gefährten verloren, dachte er. Ras Tschubai, Fellmer Lloyd und all die anderen Wegbegleiter aus drei Jahrtausenden ... Myles Kantors Schicksal hatte ihnen wieder einmal deutlich gemacht, dass die Verleihung eines Zellaktivators durch ES keine Garantie für die Unsterblichkeit war. Sie alle hatten sich an ein Jahrhunderte oder gar Jahrtausende währendes Leben gewöhnt, doch es konnte schon morgen ein Ende finden. Sie durften sich ihrer niemals zu sicher sein.

Rhodan senkte den Kopf wieder, schaute hinab auf Terrania, auf die Menschen und anderen Wesen, die die Straßen der Hauptstadt füllten.

Sie brauchten diesen Tag, dieses Ereignis, diese Zeremonie, die Rückkehr der Unsterblichen und der Regierung in die Solare Residenz.

Im Solsystem herrschte zwar wieder Frieden, doch die Menschen waren ihm in den letzten Stunden wie gelähmt vorgekommen. Die Terraner würden noch viele Jahre brauchen, um endgültig das Trauma zu verarbeiten, das ihnen während der Herrschaft Gon-Os und der Schlacht um das Sonnensystem zugefügt worden war. Doch sie würden es überstehen, wie sie schon viele andere Erlebnisse durchgestanden hatten. Allein in den letzten fünfzig Jahren ...

Rhodan fragte sich nicht zum ersten Mal, was geschehen wäre, hätte er vor 3000 Jahren das galaktische Rätsel nicht gelöst, den Kunstplaneten Wanderer und damit die Superintelligenz ES nicht gefunden. Dann wäre er jetzt seit eben diesen fast 3000 Jahren tot, und die Menschheit wäre ohne die Unterstützung durch ES wahrscheinlich nie zu einer galaktischen Zivilisation aufgestiegen, sondern von anderen Mächten unterworfen worden. Die Erde als arkonidische Kolonie, als Zwangsarbeitslager der Topsider, als Vasallenwelt der Springer ... unvorstellbare Gedanken.

Aber welches Leid wäre der Menschheit dann in den letzten 3000 Jahren erspart geblieben, ganz einfach, weil sie niemals in dieser Form existiert hätte?

Ein müßiger Gedanke, dachte Rhodan. Die Entwicklung hat den Verlauf genommen, den sie genommen hat. Und wie könnte man ein reales Leid gegen ein fiktives aufrechnen? Welches Leid hätte die Menschheit erlebt, wäre Terra dem Arkonidischen Imperium angegliedert worden? Würde es dann überhaupt noch eine Menschheit geben?

Rhodan spürte, wie sein Körper an Schwere und Gewicht zurückgewann. Er hatte die Plattform an der unteren Spitze der Solaren Residenz erreicht.

 

*

 

Er schüttelte sich, um die unnützen Gedanken zu vertreiben, und betrat den öffentlichen Flügel der Residenz. Wie fast immer hielten sich zahlreiche Schaulustige hier auf, mehr als sonst, da die Bevölkerung informiert worden war, dass heute die erste Sitzung der Regierung nach Gon-Os Niederlage stattfinden und die Unsterblichen Rechenschaft ablegen würden.

Und wie fast immer wichen die Menschen, Menschenabkömmlinge und Fremdwesen vor ihm zurück, scheu, fast ehrfürchtig, wie vor einer lebenden Legende.

Die er vielleicht ja auch war.

Er begrüßte die Anwesenheit der Besucher, auch wenn sie es nicht wagten, ihn anzusprechen. Politik und Bevölkerung sollten in der Solaren Residenz nicht getrennt, sondern bewusst so weit wie möglich zusammengeführt werden. Er selbst hatte das damals angeregt.

Schnellen Schrittes ging er an dem holografischen Museum vorbei, das terranische und galaktische Geschichte zeigte, und betrat das Restaurant Marco Polo. Es bot einen atemberaubenden Blick über die Stadt Terrania, doch Rhodan schenkte den großen Panoramafenstern keinerlei Beachtung und ging weiter zu den abtrennbaren Bereichen der Restauration, in denen Konferenzen abgehalten werden konnten.

Drei Männer vom Sicherheitspersonal nickten ihm zu und ließen ihn passieren.

Rhodan atmete tief ein.

Zwei seiner Gesprächspartner warteten bereits auf ihn.

Maurenzi Curtiz und Gon-Orbhon.

 

*

 

Der Erste Terraner wirkte nervös. Normalerweise war der Staatschef der Liga Freier Terraner bedächtig und die Ruhe selbst, doch jetzt verrieten winzige Gesten seiner Körpersprache, dass er sich nicht ganz wohl in seiner Haut fühlte.

Rhodan konnte es ihm nicht verdenken. Auch er nahm Gon-Orbhons beeindruckende Aura wahr, und auch er musste an das denken, was der ehemalige Schutzherr der Menschheit angetan hatte.

Der Resident ließ den Blick über das humanoide Kunstgeschöpf gleiten. Ein nicht alterndes Wesen, seiner Vergangenheit kaum bewusst ... Die Schutzwache Lyressea hatte es in einer Rettungskapsel treibend ohne Gedächtnis im Leerraum zwischen der Milchstraße und der Großen Magellanschen Wolke aufgefunden, und es hatte sich als moralisch hoch stehend und so drückend fähig erwiesen, dass es binnen kürzester Zeit im Orden der Schutzherren aufgestiegen war, trotz des Schattens, den seine ungeklärte Herkunft warf.

Nun wussten sie immerhin etwas mehr. Unbekannte Genetiker hatten ihn im Auftrag der Kosmokraten erschaffen, als potenziellen Kommandanten für ein Sporenschiff, der sich während seiner Ausbildung erst noch qualifizieren musste. Und der gescheitert war.

Rhodan erschauderte unwillkürlich ein wenig. Gon-Orbhons Potenzial entsprach demnach dem der Sieben Mächtigen, ebenfalls Kunstgeschöpfe, die zum Zeitpunkt von Gon-Orbhons Entstehung allerdings bereits seit etwa elf Millionen Jahren für die Kosmokraten tätig gewesen waren. Gon-Orbhon – und zweifellos hatte es an anderer Stelle weitere vergleichbare Wesen gegeben – war also nichts anderes als ein Ersatzmann für die Mächtigen gewesen, sollten diese einmal versagen oder ausfallen, wie es mit Bardiocs Verrat dann ja auch geschehen war.

Die Kosmokraten, dachte Rhodan. Werden wir uns ihrem langen Schatten niemals entziehen können? Werden sie die Geschicke der Menschheit auch weiterhin bestimmen, auch wenn sie sich in unserer Region des Universums nicht mehr in die Belange der niederen Wesen einmischen wollen?

Die gesamten Ereignisse der letzten zwei Jahre, das Auftauchen des Sternenozeans und der Angriff Gon-Orbhons auf das Solsystem ... das alles war eine Folge längst vergangener Aktivitäten der Superintelligenz ES, die im Sinne der Kosmokraten tätig war. Und ausgelöst worden waren sie durch eine direkte Aktivität der Hohen Mächte der Ordnung – die Erhöhung der Hyperimpedanz, mit der sie die Ausbreitung des Lebens an sich behindern wollten, damit es nicht überhand nähme und dadurch die Ordnung gefährde. Erst dadurch waren die Kokons mit den Kugelsternhaufen aus dem Hyperraum in den Normalraum zurückgefallen. Zumindest mussten sie davon ausgehen, auch wenn die letzten Beweise fehlten und Zweifel blieben.

Die Schatten der Vergangenheit, dachte der Resident. Wie lange werden sie uns noch verfolgen?

Rhodan blickte sich um. Die Angehörigen des Sicherheitspersonals versuchten, sich unauffällig im Hintergrund zu halten, doch es gelang ihnen nicht so recht. Sie wirkten nervös, hielten ihre Hände zu nah bei ihren Waffen. Und die, die mit schweren Kombistrahlern ausgerüstet waren, schienen sich zwingen zu müssen, sie nicht auf Gon-Orbhon zu richten.

Auch das befreite, das geläuterte Kosmokratengeschöpf war ein unglaublich gefährliches Wesen. Es war ein mächtiger Mutant, ein Mental-Dislokator, der sein Bewusstsein vom Körper zu trennen und dadurch den Geist fremder Wesen zu übernehmen vermochte. Und nicht nur eins; Gon-Orbhon konnte seinen Geist in beliebig viele und kleine Aktionsquanten aufspalten. Je kleiner die Aktionsquanten waren, desto geringer war allerdings die Kraft, die sie ausübten, sodass ihre Wirkung ab einer gewissen Quantelung nicht mehr ausreichte, ein Wesen zu kontrollieren. Doch Gon-Orbhon konnte durchaus einige Dutzend Personen von normaler mentaler Stärke vollständig kontrollieren oder einige tausend beeinflussen, und das auf Distanzen von bis zu einem halben Lichtjahr.

Maurenzi Curtiz erhob sich, als er Rhodan sah. Wie immer trug er schwarze Kleidung, was im Kontrast zu seinem schneeweißen Bart, den weißen Haaren und den wasserblauen Augen durchaus eine beeindruckende Erscheinung abgab.

»Ich grüße dich, Perry«, sagte der 1,90 Meter große, sehr schmal wirkende Mann. Durch seine dunkle Stimme und sein Auftreten wirkte er auf die meisten Terraner wie eine Vertrauen erweckende Vaterfigur. Das hatte zweifellos seine Wahl und alle folgenden Wiederwahlen erleichtert, doch der ausgebildete Exo-Psychologe und ehemalige Botschafter verfügte über ausgezeichnete diplomatische Fähigkeiten, die ihn fachlich ebenfalls zu einer guten Wahl machten.

Während Rhodan als Resident die tagespolitischen Entscheidungen zu treffen hatte, führte Maurenzi Curtiz als Erster Terraner und Repräsentant der LFT die Staatsgeschäfte. Ihm oblag zudem die Leitung der Parlamentssitzung, die in Kürze beginnen würde.

Maurenzi nickte zu einer Nische des Raums hinüber und zog den Residenten einfach mit sich, ohne Gon-Orbhon auch nur eines Blickes zu würdigen. Mit einer Handbewegung aktivierte er ein Abschirmfeld; die anderen konnten sie nun nicht mehr beobachten oder hören. »Perry«, sagte er, »ich möchte dich vorab informieren. Ich werde auf der Ratssitzung, die wir vorbereiten wollen, meinen Rücktritt anbieten.«

 

*

 

Rhodan runzelte die Stirn. »Hast du dir diesen Schritt gut überlegt?«

Curtiz nickte. »Millionen von Terranern, Motana, Kybb und anderen Intelligenzwesen sind in den letzten Tagen gestorben. Ich wurde von Gon-O übernommen und habe mit dem Feind kollaboriert. Doch niemand« – er breitete beide Arme zu einer weit ausholenden Geste aus – »scheint bereit zu sein, irgendwelche Konsequenzen zu ziehen. Das kommt mir nicht richtig vor, Perry. Furchtbares ist geschehen, und alle gehen wieder zur Tagesordnung über, als wäre nichts gewesen.«

Der Resident zögerte. Er verstand den Ersten Terraner sehr gut.

Die Lage war schwierig und erforderte Fingerspitzengefühl, und es stellte sich tatsächlich so etwas wie eine moralische Frage.

»Maurenzi«, sagte er, »Gon-Orbhon ist ein Mutant. Gon-Orbhon hat dich übernommen. Du konntest dich nicht dagegen wehren. Es ist nicht so, als würdest du zum Beispiel auf geistig unzurechnungsfähig plädieren. Du hast keine Drogen genommen, keinen Alkohol getrunken, nichts getan, was dich in irgendeiner Hinsicht schuldig machen würde. Bitte überleg es dir noch einmal. Ich werde das Parlament auffordern, deinen Rücktritt nicht anzunehmen. Terra braucht jetzt in dieser schwierigen Übergangsphase einen erfahrenen Politiker, der sich – auch moralisch! – nichts hat zu Schulden kommen lassen.«

So wütend, wie Rhodan den Ersten Terraner noch nie gesehen hatte, schaute er durch das Verzerrungsfeld zu Gon-Orbhon hinüber. »Und er, Perry? Er hat all dieses Leid über Jamondi und Arphonie und die Milchstraße gebracht, und er sitzt da ganz locker, als hätte er politische Immunität, und hat nichts zu befürchten.«

»Er«, sagte Rhodan, »muss mit sich selbst ins Reine kommen. Er wurde vom Nocturnenstock Satrugar beherrscht. Und der ist schlicht und einfach wahnsinnig geworden. Gon-Orbhon hat vielleicht mehr Schuld auf sich geladen als du, aber ist er im eigentlichen Sinne schuldig? Wenn wir zugreifen wollten, müssten wir es bei Satrugar tun, und den Teil von ihm, den er auf die Erde hat schaffen lassen, haben wir zerstört.«

»Dann sollten wir nach Parrakh in die Große Magellansche Wolke fliegen und das, was von Satrugar dort noch übrig ist, pulverisieren und in den Himmel jagen.«

Satrugar war nicht bei Sinnen, wollte Rhodan sagen, überlegte es sich aber anders. »Das«, meinte er stattdessen, »wäre vielleicht eine Option.«

Zweifelnd sah Curtiz ihn an.

»Überleg es dir noch einmal mit dem Rücktrittsgesuch«, bat Perry den Ersten Terraner und schaltete das Abschirmungsfeld ab. Gemeinsam kehrten sie zu den anderen Unsterblichen zurück, die mittlerweile im Restaurant eingetroffen waren.

Zuerst Atlan, der Gefährte, mit den es Perry in den Sternenozean verschlagen hatte; dann kamen, einer nach dem anderen, die weiteren Unsterblichen und nahmen neben Maurenzi Curtiz und Gon-Orbhon an dem Konferenztisch Platz.

Rhodan sah den Ersten Terraner an. »Du hast uns hergebeten, Maurenzi?«

»Ich hätte vor der Ratssitzung gern etwas über eure Pläne erfahren«, erwiderte der Staatschef. »Ich möchte das Parlament umfassend informieren. Habt ihr inzwischen entschieden, was ihr tun werdet?«

Atlan legte den Arm um Zephydas Schultern. »Wir werden mit dem Rest der Flotte der Todbringer in den Sternenozean von Jamondi zurückkehren, zum Planeten Tan-Jamondi Zwei.«

»Zum Dom Rogan«, ergänzte die Stellare Majestät. »Und Rorkhete wird uns begleiten.«