cover

image

Das Wissen dieser Welt aus den Hörsälen der Universitäten.

Fachbereich
RELIGIONSPHILOSOPHIE

Gott als Thema der Philosophie

Von Prof. Dr. phil. Josef Schmidt SJ

Wir wollen uns in dieser Vorlesungsreihe mit dem Thema Gott beschäftigen, das allerdings in philosophischer Hinsicht. Oder anders gesagt: Unter dem Blickwinkel der Philosophie wollen wir uns mit dem Thema beschäftigen, das mit dem Begriff Gott gegeben ist.

Gott ist allerdings kein Begriff aus der Philosophie. Er stammt aus dem Bereich der Religion. Haben beide Bereiche miteinander zu tun? Das ist die Frage derjenigen Disziplin, die ich Ihnen jetzt vorstellen werde, und der die folgenden Vorlesungen gewidmet sind, nämlich die philosophische Theologie.

Es gibt einen klassischen Text, in dem die Zuordnung dieser beiden Bereiche deutlich wird. Es sind die „Gottesbeweise“ des Thomas von Aquin. Dort wird philosophisch von Gründen, von Notwendigkeit, von Möglichkeit, von Aktualität, Potentialität gesprochen. Am Ende der Argumentationen stehen Begriffe wie der einer ersten Ursache oder eines höchsten Notwendigen, des unbewegt Bewegenden. Dann heißt es bei Thomas: “das nennen alle Gott”.

Ein religiös Gläubiger würde seinen Glauben nicht mit diesen Begriffen zum Ausdruck bringen. Was meint aber Thomas? Er meint, dass der Begriff Gott einen Inhalt hat, über den man rational nachdenken kann, und das mit bestimmten Ergebnissen. Es sind die Ergebnisse, die für die Philosophie interessant sind oder die direkt aus der Philosophie kommen. Der Begriff Gott muss in gewisser Weise nach dem Maßstab dieser Begriffe gedacht werden. Über Gott kann man dann noch sehr viel mehr sagen als es die Philosophie in diesen Begriffen tut.

Man wird aber nicht über Gott reden können, ohne dass der von der Philosophie dargelegte Inhalt Maßstab ist für ein korrektes Reden von Gott. Andernfalls würde man, so würde Thomas sagen, einen Gott verehren, der im Grunde ein Götze ist.

Wir haben also zwei Bereiche vor uns, die einander zugeordnet sind: Einerseits Philosophie, Rationalität, Vernunft, und andererseits Religion und religiöser Glaube.

Transsendenz

Mit der Religion beschäftigen sich sehr viele Disziplinen. Es gibt auch verschiedene Definitionen von Religion. Zu allererst müssen wir uns einen vorläufigen Begriff von Religion machen, um zu sehen, womit wir es zu tun haben.

Religion hat es offenbar mit einem Bereich zu tun, der über unsere sinnliche, erfahrbare Welt hinausgeht. Man nennt dieses Darüber hinaus Transzendenz. Es ist ein Bereich, der über die sinnliche Erfahrung hinausgeht und der uns aber zugleich angeht, über den wir nicht einfach so hie und da mal spekulieren. Dieser Bereich betrifft uns, er geht uns persönlich an.

Die Vorstellung von diesem Bereich, der über das Sinnliche, Erfahrbare hinausreicht, wurde in den einzelnen Religionen verschieden gefüllt, z.B mit Göttergeschichten. Aber auch mit begrifflichen Aussagen über das Göttliche. Es war jedoch auch immer das Bewusstsein vorhanden, dass dieser Bereich anders ist, dass man über ihn eigentlich nicht so klar reden kann. Das führte dann dazu, dass in den Religionen auch immer ein Bewusstsein davon vorhanden war, dass Gott eigentlich nicht so ist wie unsere Vorstellungen es uns sagen.

In manchen Religionen ist Unterscheidung sogar ganz radikal betont worden, etwa im Buddhismus, wo dieses Höchste, also das die Welt Überschreitende, Nichts genannt wird. Es ist dies nicht einfach nihilistisches Nichts, sondern es ist das Nichts in dem Sinne, dass das Gemeinte sich vollkommen unterscheidet von dem, was wir in unserer Erfahrung haben. Und eben dieses “ganz Andere” geht uns an. Mit dem haben wir zu tun.