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Das Wissen dieser Welt aus den Hörsälen der Universitäten.

Fachbereich

RELIGIONSPHILOSOPHIE

Grund der Welt und letzte Wahrheit

Von Prof. Dr. phil. Josef Schmidt SJ

Die philosophische Theologie hat es mit dem Begriff “Gott” zu tun, der sie zu ihrer Tätigkeit herausfordert, nämlich sich denkend auf dasjenige zu beziehen, was ein Letztes und Höchstes ist, und zu erkennen, dass die Philosophie aus eigener Reflexion auf ein solches Letztes und Höchstes ausgerichtet ist. Dieses Höchste und Letzte wird dann in der Weise in Beziehung gesetzt zum Gottesgedanken der Religion, dass man sagen muss: Wenn der religiös Gläubige sich selbst in seinem Glauben richtig begreift und sich auf den Inhalt des Gottesgedankens be zieht, kann er diesen Gottesgedanken nur so fassen - jedenfalls im Grundsatz - dass er ihn mit seiner Vernunft in dieser Weise begreift. Wenn er unter dieses Niveau des Denkens geht, wird aus “Gott” irgendetwas anderes, irgendein Faktor der Welt und sodann ein Götze. Insofern ist die philosophische Reflexion für das religiöse Bewusstsein wichtig und für die Theologie, also die Reflexion der Religion auf sich selbst über ihren eigenen Inhalt (dies kann man den Begriff der Theologie nennen).

Die philosophischen Gedankengänge, die in dieser Hinsicht besonders wichtig sind, werden gewöhnlich “Gottesbeweise” ge nannt. Freilich ist dies in mancher Hinsicht ein missverständlicher Begriff. Ganz allgemein kann man von einem Beweis sagen, dass in ihm argumentativ erwiesen werden soll, dass es den Inhalt, von dem die Rede ist, auch tatsächlich gibt. In unserem Falle handelt es sich aber um einen ganz einzigartigen Inhalt. Es ist ein Inhalt, der der Vernunft so eigentümlich zugeordnet ist, dass die Vernunft ohne ihn sich gar nicht voll begreifen kann.

Um was für eine Art von Beweis kann es sich in unserem Zusammenhang handeln? Was kann hier Beweis heißen? Nun, Beweis ist hier nicht gemeint im Sinne eines mathematischen Beweises. Ein mathematischer Beweis geht von bestimmten Axiomen aus, euklidischen Axiomen zum Beispiel, und folgert dann aus diesen Axiomen die verschiedenen mathematischen Theoreme, Gesetze und Aussagen. In diesem Sinne können die Gottesbeweise kein Beweis sein, ganz einfach deswegen, weil axiomatische Beweise immer von expliziten Voraussetzungen ausgehen, die einfach einmal hingenommen werden. Beim Gottesbeweis oder bei den Vernunftargumenten, die ihm entsprechen, also dort wo die Vernunft ein Letztes und Höchstes und Grundlegendes erreicht, kann man nicht dabei stehen bleiben, dass man irgendetwas voraussetzt, von dem dann auch wieder zu fragen wäre nach welchen Voraussetzungen diese Voraussetzungen legitimiert sind. Die Vernunft richtet sich hier von vornherein auf das Voraussetzungslose, auf das, was keine Voraussetzungen hat, auf das Ganze, auf das Ursprüngliche, auf das Letzte.