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Das Wissen dieser Welt aus den Hörsälen der Universitäten.

Fachbereich

RELIGIONSPHILOSOPHIE

Höchstes Gut und absolute Verbindlichkeit

Von Prof. Dr. phil. Josef Schmidt SJ

Wir haben uns in der letzten Vorlesung mit dem sog. kosmologischen Gottesbeweis beschäftigt. Der Grundgedanke ist der, dass unsere Welt, unsere Endlichkeit, nicht zu Ende gedacht werden kann ohne einen Grund, der vollkommen in sich selbst steht, der diese Welt transzendiert, aber sie auch innerlich trägt. Und diese Begründung – so haben wir dann zum Schluss gesehen – muss so sein, dass sie auch die Selbständigkeit der Welt und der Dinge in ihr begründet bis hin zu dem, was eben besonders selbständig ist, nämlich die menschliche Freiheit.

Wir haben gesehen, dass dieser Grund in seinem Aus-sich-Sein auch ein Für-sich-Sein ist, ein Umseiner-selbst-willen-Sein. Das ist der Grundgedanke des Guten, des Sinnvollen. In dieser Weise lässt sich auch denken, dass die Freiheit in ihrer Selb ständigkeit begründet ist, nämlich von einem Grund, der sie nicht äußerlich determiniert, sondern innerlich trägt, sie herausfordert, sie gleichsam einlädt zu einem Tun und Handeln und Streben nach dem, was in sich selbst sinnvoll ist.

Das ist der Gedanke eines höchsten Guten, und nach Thomas von Aquin ist das ein eigener Gottesbeweis, den er so erklärt, dass wir in unserem Bewerten, d.h. in unserem Urteilen über das, was gut und schlecht ist, einen höchsten Maßstab voraussetzen. Dieser ist aber nicht einfach unsere Konstruktion, sondern hat als höchster Maßstab seine Gutheit in sich selbst. Und das, sagt Thomas, nennen alle Gott.

Dieser Gedanke, dass wir Menschen in unserem Erkennen und in unserem Urteilen auf ein höchstes Gutes ausgerichtet sind, das dann die Qualität hat, die dem Gottesbegriff zukommt, ist ein Gedanke, den Platon entwickelt hat. Es ist interessant zu sehen, wie Platon zu diesem Gedanken kam.

Wir müssen da einen Schritt in die damalige Zeit tun, in die damalige politische und kulturelle Situation des ausgehenden 5. und des Beginns des 4. Jahrhunderts vor Christus. Es ist die Zeit eines geistigen Umbruchs. Damals tobte ein schlimmer Krieg, der Peloponnesische Krieg, der sog. „Dreißigjährige Krieg“ der Antike. Er hat viele Maßstäbe des Verhaltens zum Wanken gebracht. Die alten Traditionen galten nicht mehr. Was gilt nun eigentlich? Gilt nur die Machtpolitik? In seinem Geschichtswerk geht Tukydides darauf ein, dass die Athener in ihrem Kampf gegen Sparta eigentlich nur auf die Macht setzen. Kann das aber das letzte Normgebende sein?

Sophisten

In dieser Zeit, in der eben traditionelle Werte ins Wanken geraten, taucht ein kulturelles Phänomen auf, das man Sophismus nennt. Wer sind die Sophisten? Es sind nicht mehr die Philosophen, wie wir sie kennen gelernt haben, die vorsokratischen Philosophen, die über das Sein und die Arché nachdachten, sondern Wanderlehrer, die für Geld ihre Weisheit verkauften. Und diese Weisheit besteht darin, dass sie den Menschen die Fähigkeit gibt, sich in der Gesellschaft durchzusetzen. Man muss nämlich bedenken: Athen ist eine Demokratie, das heißt: Wer erfolgreich sein will, muss reden können. Er muss sich in der Politik, auch vor Gericht, verteidigen können. Dazu geben die Sophisten den Menschen die entsprechenden Hilfsmittel.

Das wird aber bei den Sophisten verbunden mit einer Sicht der Werte, die man Relativismus nennen kann. Protagoras sagt: Über jede Sache gibt es verschiedene Meinungen. Worauf es ankommt ist, die an sich schwächere Sache zur stärkeren Sache zu machen.

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