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Das Wissen dieser Welt aus den Hörsälen der Universitäten.

Fachbereich

RELIGIONSPHILOSOPHIE

Glaube an Gott – Ein letztes Vertrauen

trotz Bosheit und Leid

Von Prof. Dr. phil. Josef Schmidt SJ

Als wir uns mit den Gottesbeweisen beschäftigt haben, haben wir gesehen, dass es sich bei ihnen um Argumentationen handelt, die einerseits eine Geschlossenheit aufweisen, aber andererseits auch unabgeschlossen bleiben in dem Sinne, dass sich aus ihnen Folgeprobleme ergeben, an deren Lösung auch wieder die Plausibilität der Geschlossenheit ihrer vorangehenden Argumentation hängt. Wir haben z.B. gesehen, dass der kosmologische Gottesbeweis mit der Anschlussfrage behaftet ist, dass er auf einen Grund schließt, der von dieser Welt unterschieden ist, wodurch sich das Problem ergibt, wie sind beide Sphären zueinander verhalten, die Sphäre des Unendlichen, des letztlich Begründeten, des Unbedingten und die Sphäre des Endlichen, des Begründeten und Bedingten.

Darauf haben wir dann versucht eine Antwort zu geben, indem wir verschiedene Modelle des Gott-Welt-Verhältnisses durchgegangen sind. Dabei zeigte sich, dass die religiös christliche Antwort des Schöpfungsglaubens und der Präsenz Gottes in der Welt durchaus eine Antwort auf dieses philosophische Problem gibt und damit philosophisch relevant ist.

Theodizee

Beim Gottesbeweis aus dem Guten wurde deutlich, dass der Mensch, indem er bewertet und sich auf das Gute ausrichtet, auf ein letztes unbedingtes Gutes zielt, das für ihn bestimmend und wirklich, weil wirkmächtig ist, und dass er dieses letzte Gute als ursprünglich und ihn und die Welt begründend und tragend verstehen muss. Bei diesem Argument gibt es ein sehr scharfes Problem, nämlich das Problem der Theodizee. Es stellt sich im Anschluss an den Gottesbeweis aus dem Guten. Denn wie ist es mit der ursprünglichen, alles tragenden Macht des Guten vereinbar, dass es so viel Leid, so viel Übles und vor allem so viel Böses in der Welt gibt? Das ist die klassische Frage der Theodizee, wie man sie nennt. Theodizee ist ein Wort, das von Leibniz geprägt wurde in seiner Schrift über die “Theodizee” – wir werden auf diese Schrift noch zu sprechen kommen –. “Theodizee” ist ein griechisches Wort. In ihm ist enthalten “theos” (Gott) und “dike”, das heißt Recht oder Gericht. Gemeint ist ein Gericht, vor das Gott gezogen wird, genauer gesagt: unser Reden von Gott. Wie können wir dieses Reden rechtfertigen angesichts des vielen Schlimmen in der Welt?

Das ist die klassische Frage der Theodizee. Nun scheint es zunächst so zu sein, dass es sich hier um ein typisch religiöses Problem handelt, vielleicht sogar um ein typisch christliches Problem, mit dem man es nur dann zu tun hat, wenn man Christ ist und an den gütigen, allmächtigen Gott glaubt. Es zeigt sich aber, dass es ein philosophisches Problem ist und dass die Frage der Theodizee in der Philosophie beginnt.