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Fachbereich RECHT

Familie und Recht

Von Prof. Gabriele Kokott-Weidenfeld

Familie und Recht

Familie, ist das nicht Privatsache? Passen Familie und Recht - und Recht klingt nach Staat – passen die überhaupt zusammen? Das Privatleben sollte doch den gesellschaftlichen, politischen, gesetzgeberischen Einflüssen entzogen werden. Aber Recht ist immer staatlich. Was hat der Staat also mit uns zu tun, mit uns, mit unserem Familienleben? Der Staat will uns vielleicht helfen? Er sorgt sich um unser Familienleben, er will uns stützen. Aber heißt das womöglich, dass der Staat an der Funktionstüchtigkeit unserer Familien, unseres Familienlebens zweifelt? Will er kontrollieren, wie wir leben? Will er festlegen, wie unser Familienleben aussieht? Die Antwort darauf muss sein: Der Staat muss regeln, wenn wir als Bürger in einer Gesellschaft, in einem Staat leben.

Was ist eine Familie

Wir brauchen eine Rechtsordnung, wir brauchen Gesetze in allen Bereichen. Wir kennen das alle. Steuerrecht, das ist etwas, von dem wir alle schon gehört haben. Wir müssen Steuern zahlen. Klar. Wir kennen Arbeitsgesetze, das Arbeitsrecht. Es geht um Kündigungsschutz, es geht um Arbeitszeiten. Dass es strafgesetzliche Regelungen gibt, das wissen wir auch. Wir dürfen nicht gegen die Strafgesetze verstoßen, also dem anderen etwas wegnehmen, was uns nicht gehört, dann werden wir dafür bestraft. Aber was ist „das Recht für die Familie?“ Was ist Familienrecht?

Wenn ich danach frage, dann frage ich zunächst einmal nach den Begriffen, wie die Juristen das so machen. Was ist denn überhaupt Familie? Wer ist Familie? Wer ist „ihre Familie“, „meine Familie“?

Normal denkt man bei Familie: Vater, Mutter, Kind. Das ist die Familie. Aber meine Eltern, sind die nicht auch meine Familie? Ihre Geschwister, Sie haben einen Bruder, eine Schwester. Oder denken Sie an Tante und Onkel, an Ihre Neffen. Denken Sie an Ihre „Ex“. Ist die nicht auch doch noch ein bisschen Ihre Familie? Die Kinder von damals, die Ihre erste Frau mit in die Ehe eingebracht hat, die Sie 5 Jahre, 7 Jahre mit groß gezogen haben. Sie sehen sich noch ab und zu. Sie lieben sie auf Ihre Weise. Ist das nicht auch Ihre Familie? Und die Kinder Ihrer jetzigen Ehefrau, auch das könnte Familie sein. Sie sehen schon, das ist alles sehr kompliziert.

Und wie groß soll denn die Familie sein? Die Statistik gibt uns Auskunft. Die Statistik sagt dazu, wir haben in Deutschland 22,4 Millionen Kernfamilien, sogenannte Kernfamilien. Das heißt, in der Gesamtheit gerechnet, drei Viertel der Bevölkerung lebt in einer Familie, ein Viertel lebt als Single, wie wir heute sagen.

Aber hat nicht auch der Single eine Familie? Auch er hat Eltern oder Geschwister. Die Wissenschaft macht großartige Unterscheidungen nach Begriffen. Sie sagt nämlich, einmal haben wir diese Kernfamilie – Vater, Mutter, Kind. Zum anderen sprechen wir von der sogenannten „Ein-Eltern-Familie“. Vielen bekannt unter dem Begriff „Alleinerziehend“.

Ich, Frau, habe ein Kind. Mann gibt es nicht mehr, schon lange weggelaufen. Ich ziehe das Kind alleine groß. Das ist eine „Ein-Eltern-Familie“, denn Eltern bin ich auch.

Dann gibt es, haben Sie auch schon alle gehört, die „Stief-Familien“, Stiefeltern, meine Stiefmutter. Diesen Begriff kennen wir. Er bedeutet, ich, Mann, bin verheiratet mit einer Frau, die ein Kind mit in die Ehe gebracht hat. Dieses ist mein Stiefkind, ich bin der Stiefvater. Und die Entwicklungen gehen weiter.

In heutiger Zeit haben wir zusätzlich sogenannte „Patchwork-Familien“. Meine Frau hat ein Kind mit in die Ehe gebracht und wir haben gemeinsame Kinder.