Bewertung und Abschreibung
von Diplom-Kaufmann
Manfred Frank,
Steuerberater
und Diplom-Finanzwirt (FH)
Günter Link
7., vollständig überarbeitete Auflage, 2015
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7. Auflage, 2015
ISBN 978-3-415-05637-4
E-ISBN 978-3-415-05876-7
© 1994 Richard Boorberg Verlag
E-Book-Umsetzung: Konvertus
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Die Schriftenreihe DAS RECHT DER WIRTSCHAFT (RdW) ist Teil des gleichnamigen Sammelwerks, einer Kombination aus Buch und Zeitschrift: Zweimal monatlich erscheinen Kurzberichte, die auf jeweils 48 Seiten über aktuelle Rechts- und Steuerfragen informieren. Jährlich erscheinen zusätzlich acht Bücher zu Themen der aktuellen Rechtslage.
Verantwortlich: Klaus Krohn, Assessor
www.boorberg.de
Abkürzungen
I.Bewertung nach Handelsrecht
1.Die Handelsbilanz
1.1Kreis der zur Bilanzierung verpflichteten Personen
1.2Umfang und Inhalt der Bilanz
1.3Ordnungsmäßige Aufstellung des Jahresabschlusses
1.4Verstöße gegen die Bilanzklarheit und ihre Folgen
2.Handelsrechtliche Bewertungsgrundsätze
II.Verhältnis Handelsbilanz und Steuerbilanz
3.Zielsetzung von Handelsbilanz und Steuerbilanz – Unterlagen zur Steuererklärung
4.Maßgeblichkeit der Handelsbilanz für die Steuerbilanz – Steuerliche Wahlrechte
5.Bilanzberichtigung und Bilanzänderung
5.1Bilanzberichtigung
5.2Bilanzänderung
III.Bewertung nach Steuerrecht
6.Grundzüge der steuerlichen Gewinnermittlung
7.Das Betriebsvermögen
8.Betriebsvermögen und Privatvermögen
9.Betriebsvermögen von Personengesellschaften
10.Grundstücke oder Grundstücksteile als Betriebsvermögen
10.1Notwendiges Betriebsvermögen
10.2Gewillkürtes Betriebsvermögen
10.3Notwendiges Privatvermögen
10.4Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben bei Grundstücken
10.5Grundstücke und Grundstücksteile bei Personengesellschaften
10.6Wegfall der Voraussetzungen für die Behandlung als Betriebs vermögen
10.7Keine Bindung an die Einheitsbewertung oder Bedarfsbewertung
10.8Betriebs- oder Privatvermögen?
11.Aktivierung und Passivierung
11.1Aktivierung
11.1.1Grundstücke
11.1.2Generalüberholung und Modernisierung eines voll abgeschriebenen beweglichen Wirtschaftsguts
11.1.3Miet-Kaufverträge
11.1.4Leasing
11.1.5Immaterielle Wirtschaftsgüter
11.1.6Geschäftswert, Praxiswert
11.1.7Computer-Software
11.1.8Vorräte
11.1.9Provisionsforderungen
11.1.10Schadenersatzanspruch
11.1.11Rechnungsabgrenzungsposten
11.2Passivierung
11.2.1Rückstellungen
11.2.2Schwebende Geschäfte (Drohverlustrückstellungen)
11.2.3Ausgleichsverpflichtungen und Provisionsfortzahlungen gegenüber Handelsvertretern
11.2.4Garantieverpflichtungen
11.2.5Nachbetreuung abgeschlossener Versicherungsverträge
11.2.6Patentverletzungen
11.2.7Pensionsrückstellungen
11.2.8Sozialpläne
11.2.9Prüfung und Aufstellung des Jahresabschlusses
11.2.10Aufbewahrung von Geschäftsunterlagen
11.2.11Unterlassene Instandhaltung und Abraumbeseitigung
11.2.12Wechselobligo
11.2.13Gewerbesteuer
11.2.14Jubiläumsaufwendungen
11.2.15Rückstellung für die Verpflichtung von Pfandgeld
11.2.16Urlaubsverpflichtungen
11.2.17Prozesskostenrückstellung
11.2.18Auflösung von Rückstellungen
11.2.19Rechnungsabgrenzungsposten
11.2.20Rücklagen
11.2.21Rücklage für Ersatzbeschaffung
11.2.22Übertragung stiller Reserven nach § 6b EStG
11.2.23Stille Rücklagen
11.3Grundzüge der Aktivierung und Passivierung schwebender Geschäfte
12.Grundsätze der Bewertung
12.1Die einzelnen Bewertungsmaßstäbe
13.Die Anschaffungskosten
14.Die Herstellungskosten
15.Einzelfragen zu den Herstellungskosten eines Gebäudes
15.1Berücksichtigung von Zuschüssen bei der Bewertung von Anlagegütern
16.Umsatzsteuer und Anschaffungs- oder Herstellungskosten
17.Bewertung nach dem Teilwert
17.1Der Teilwert bei abnutzbarem Anlagevermögen
17.1.1Der Teilwert bei Gebäuden
17.1.2Der Teilwert bei Maschinen und sonstigen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens
17.2Der Teilwert bei nicht abnutzbarem Anlagevermögen
17.3Der Teilwert bei Wirtschaftsgütern des Umlaufvermögens, insbesondere bei Waren und Vorräten
17.4Wertaufholungsgebot
18.Bewertung von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens, die der Abnutzung unterliegen
19.Bewertung von Wirtschaftsgütern, die der Abnutzung nicht unterliegen
20.Bewertung des Umlaufvermögens
20.1Bewertung des Vorratsvermögens
20.1.1Einzelbewertung
20.1.2Gruppenbewertung
20.1.3Festwert
20.1.4Bewertung nach unterstellten Verbrauchs- und Veräußerungsfolgen (Lifo-Methode)
20.2Bewertung von Forderungen
21.Bewertung von Rückstellungen
22.Bewertung von Verbindlichkeiten
23.Bewertung von Entnahmen und Einlagen
23.1Entnahmen
23.2Einlagen
IV.Absetzungen für Abnutzung und Substanz verringerung
24.Wovon kann abgesetzt werden?
24.1Bewegliche Wirtschaftsgüter
24.2Immaterielle Wirtschaftsgüter
24.3Unbewegliche Wirtschaftsgüter, die keine Gebäude oder Gebäudeteile sind
24.4Gebäude und Gebäudeteile
25.Wer kann absetzen?
25.1Gebäude auf fremdem Grund und Boden
25.2Behandlung des Nießbrauchs und anderer Nutzungsrechte
25.3Dingliches Wohnrecht
25.4Vorbehaltenes obligatorisches Nutzungsrecht
25.5Bestellung eines Nießbrauch- oder eines anderen Nutzungsrechts zwischen nahen Angehörigen
26.Die Höhe der Absetzungen
27.Abschreibungsarten
27.1Abnutzbare bewegliche Anlagegüter und Betriebsvorrichtungen
27.2Degressive Abschreibung bei abnutzbaren beweglichen Wirtschaftsgütern
27.3Abschreibung bei Gebäuden
28.Die außergewöhnliche Abnutzung
29.AfA bei Gebäuden in Sonderfällen
29.1Nachträgliche Anschaffungs- oder Herstellungskosten
29.2Herstellungskosten für ein neues Wirtschaftsgut
29.3AfA nach Entnahme aus einem oder Einlage in ein Betriebsvermögen
30.Absetzung für Substanzverringerung
31.Sammelabsetzungen
32.Nachholung unterlassener Absetzungen
V.Bewertungsfreiheit für geringwertige Wirtschaftsgüter
33.Sofortabschreibung für geringwertige Anlagegüter und Bildung eines Sammelpostens
VI.Investitionsabzugsbetrag, Sonderabschreibungen und erhöhte Absetzungen
34.Investitionsabzugsbetrag und Sonderabschreibungen zur Förderung kleiner und mittlerer Betriebe (§ 7g EStG)
34.1Investitionsabzugsbetrag
34.2Sonderabschreibungen
35.Erhöhte Absetzungen (§ 7h EStG) und Sonderbehandlung von Erhaltungsaufwand (§ 11a EStG) bei Gebäuden in Sanierungsgebieten und städtebaulichen Entwicklungsbereichen
35.1Erhöhte Absetzungen
35.2Sonderbehandlung von Erhaltungsaufwand
36.Erhöhte Absetzungen (§ 7i EStG) und Sonderbehandlung von Erhaltungsaufwand (§ 11b EStG) bei Baudenkmalen
36.1Erhöhte Absetzungen
36.2Sonderbehandlung von Erhaltungsaufwand
37.Gemeinsame Vorschriften für erhöhte Absetzungen und Sonderabschreibungen (§ 7a EStG)
Sachregister
a. a. O. |
=am angegebenen Ort |
Abs. |
=Absatz |
Abschn. |
=Abschnitt |
a. F. |
=alte Fassung |
AfA |
=Absetzung für Abnutzung |
AfaA |
=Absetzung für außergewöhnliche Abnutzung |
AktG |
=Aktiengesetz |
AO |
=Abgabenordnung |
BB |
=Betriebsberater |
Beschl. |
=Beschluss |
BetrVG |
=Betriebsverfassungsgesetz |
BewG |
=Bewertungsgesetz |
BFH |
=Bundesfinanzhof |
BFH/NV |
=Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des Bundesfinanzhofs (Zeitschrift) |
BGB |
=Bürgerliches Gesetzbuch |
BGBl. |
=Bundesgesetzblatt |
BGH |
=Bundesgerichtshof |
BilMoG |
=Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz vom 25. 5.2009 (BGBl. I S. 1102) |
BiRiLiG |
=Bilanzrichtlinien-Gesetz |
BilRUG |
=Bilanzrichtlinie-Umsetzungsgesetz vom 17. 7. 2015 (BGBl. I S. 1245) |
BMF |
=Bundesminister der Finanzen |
BStBl. |
=Bundessteuerblatt |
DB |
=Der Betrieb |
DBA |
=Doppelbesteuerungsabkommen |
EFG |
=Entscheidungen der Finanzgerichte |
EGHGB |
=Einführungsgesetz zum Handelsgesetzbuch |
EStDV |
=Einkommensteuer-Durchführungsverordnung |
EStG |
=Einkommensteuergesetz |
EStH |
=Einkommensteuerhandbuch |
EStR |
=Einkommensteuer-Richtlinien |
ff. |
=fortfolgende |
FG |
=Finanzgericht |
FördGG |
=Gesetz über Sonderabschreibungen und Abzugsbeträge im Fördergebiet (Fördergebietsgesetz) |
GmbH |
=Gesellschaft mit beschränkter Haftung |
GmbHG |
=Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung |
GrS |
=Großer Senat |
HFR |
=Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung |
HGB |
=Handelsgesetzbuch |
HS |
=Halbsatz |
i. d.F. |
=in der Fassung |
i. E. |
=im Einzelnen |
i. S. d. |
=im Sinne des/der |
i. V.m. |
=in Verbindung mit |
m. w.N. |
=mit weiteren Nachweisen |
n. F. |
=neue Fassung |
RFH |
=Reichsfinanzhof |
RGSt |
=Entscheidungen des Reichsgerichts in Strafsachen |
RStBl. |
=Reichssteuerblatt |
Rz. |
=Randziffer |
S. |
=Seite |
Schr. |
=Schreiben |
StGB |
=Strafgesetzbuch |
Stpfl. |
=Steuerpflichtiger |
Urt. |
=Urteil |
URefG |
=Unternehmensteuerreformgesetz 2008 v. 14. 8.2007 (BGBl. I S. 1912) |
Wj. |
=Wirtschaftsjahr |
1
In seine Bilanz setzt der Kaufmann die positiven und negativen Vermögensgegenstände seines Unternehmens ein. Mit welchen Werten diese eingesetzt werden dürfen, müssen oder können, ist eine Frage der Bewertung. Diese Frage wiederum beantwortet sich unterschiedlich nach dem Zweck und der Zielsetzung der Bilanzierung, denn der Wert an sich ist kein absoluter Maßstab. Der Wertansatz kann ein ganz anderer sein, wenn der Kaufmann die Bewertung unter dem Gesichtspunkt seiner Kreditwürdigkeit vornimmt, oder wenn die Wertansätze in der Bilanz eines Unternehmens ausgewiesen werden, das aufgelöst werden soll, oder wenn ein aus der Gesellschaft ausscheidender Teilhaber abgefunden werden soll oder schließlich, wenn die Bilanz für steuerliche Zwecke erstellt wird.
2
Welche Vermögensgegenstände überhaupt anzusetzen und zu bewerten sind und wie sie zu bewerten sind, ist weitgehend in gesetzlichen Vorschriften festgelegt, die im Handelsrecht zum Teil eine andere Zielsetzung verfolgen als im Steuerrecht. Zudem bestehen gesetzlich festgelegte Spielräume, innerhalb derer sich der Unternehmer bei der Bewertung bewegen kann oder an deren Grenzen er sich unter gewissen Voraussetzungen sogar bewegen muss. Der Umfang und die Bedeutung dieser Vorschriften nach Handelsrecht und nach Steuerrecht bilden den Gegenstand der folgenden Ausführungen.
3
Jeder Kaufmann hat zu Beginn seines Handelsgewerbes
▷seine Grundstücke, seine Forderungen und Schulden, den Betrag seines baren Geldes sowie seine sonstigen Vermögensgegenstände genau zu verzeichnen und dabei den Wert der einzelnen Vermögensgegenstände und Schulden anzugeben (Inventar – § 240 Abs. 1 HGB),
▷einen das Verhältnis seines Vermögens und seiner Schulden darstellenden Abschluss (Eröffnungsbilanz) aufzustellen. Auf die Eröffnungsbilanz sind die für den Jahresabschluss geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden (§ 242 Abs. 1 HGB), soweit sie sich auf die Bilanz beziehen.
4
Die Aufstellung des Inventars und der Bilanz hat dann jeweils zum Schluss eines jeden Geschäftsjahres zu erfolgen, wobei die Dauer des Geschäftsjahres zwölf Monate nicht überschreiten darf (§§ 240 Abs.2 und 242 Abs. 1 HGB). Außerdem muss er für den Schluss eines jeden Geschäftsjahres eine Gegenüberstellung der Aufwendungen und Erträge des Geschäftsjahres (Gewinn- und Verlustrechnung) aufstellen. Die Bilanz mit der Gewinn- und Verlustrechnung bilden den Jahresabschluss (§ 242 Abs. 2 und 3 HGB).
5
Der Verpflichtung zur Bilanzierung unterliegen alle Kaufleute im Sinne des Handelsgesetzbuches.
6
Danach gilt als Handelsgewerbe jeder Gewerbebetrieb, der nach Art oder Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert (§ 1 Abs.2 HGB). An die Stelle des früheren Musskaufmanns und Sollkaufmanns ist nunmehr der „Istkaufmann“ getreten (§ 1 Abs.1 HGB).
7
Als Kannkaufmann gilt ein gewerbliches Unternehmen auch dann, wenn die Firma des Unternehmens in das Handelsregister eingetragen ist (§ 2 HGB). Das trifft auch auf ein land- und forstwirtschaftliches Unternehmen zu, das nach Art und Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert (§ 3 HGB).
8
Als Formkaufleute gelten die Handelsgesellschaften, die kraft Rechtsform in das Handelsregister eingetragen werden müssen (§ 6 HGB).
9
Jeder Kaufmann ist verpflichtet, Bücher zu führen und in diesen seine Handelsgeschäfte und die Lage seines Vermögens nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung ersichtlich zu machen. Die Buchführung muss so beschaffen sein, dass sie einem sachverständigen Dritten innerhalb angemessener Frist einen Überblick über die Geschäftsvorfälle und über die Lage des Unternehmens vermitteln kann. Die Geschäftsvorfälle müssen sich in ihrer Entstehung und Abwicklung verfolgen lassen (Buchführungspflicht – § 238 HGB).
10
Handelsrechtlich sind Vermögensgegenstände, steuerrechtlich Wirtschaftsgüter zu bilanzieren1.
11
Nach den handelsrechtlichen Vorschriften hat der Jahresabschluss sämtliche Vermögensgegenstände, Schulden, Rechnungsabgrenzungsposten, Aufwendungen und Erträge zu enthalten, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist. Vermögensgegenstände, die unter Eigentumsvorbehalt oder an Dritte für eigene oder fremde Verbindlichkeiten verpfändet oder in anderer Weise als Sicherheit übertragen worden sind, sind in die Bilanz des Sicherungsgebers aufzunehmen. In der Bilanz des Sicherungsnehmers sind sie nur auszuweisen, wenn es sich um Bareinlagen handelt. Dabei dürfen Posten der Aktivseite nicht mit Passivposten, Grundstücksrechte nicht mit Grundstückslasten, Aufwendungen nicht mit Erträgen verrechnet werden (Saldierungsverbot – § 246 HGB).
12
In der Bilanz sind das Anlage- und das Umlaufvermögen, das Eigenkapital und die Schulden sowie die Rechnungsabgrenzungsposten gesondert auszuweisen und hinreichend aufzugliedern. Beim Anlagevermögen sind nur die Gegenstände auszuweisen, die dazu bestimmt sind, dauernd dem Geschäftsbetrieb zu dienen (§ 247 HGB).
13
Aufwendungen für die Gründung des Unternehmens, für die Beschaffung des Eigenkapitals und für den Abschluss von Versicherungsverträgen dürfen in die Bilanz nicht als Aktivposten aufgenommen werden (sog. Aktivierungsverbote – § 248 Abs. 1 HGB). Für unentgeltlich erworbene immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens darf ein Aktivposten angesetzt werden (Aktivierungswahlrecht – § 248 Abs.2 HGB i. d.F. des BilMoG).
14
Rückstellungen müssen nach dem für alle Kaufleute verbindlichen Grundsatz ordnungsmäßiger Bilanzierung, insbesondere für ungewisse Verbindlichkeiten und für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften gebildet werden. Außerdem sind Rückstellungen anzusetzen für
▷im Geschäftsjahr unterlassene Aufwendungen für Instandhaltung, die im folgenden Geschäftsjahr innerhalb von drei Monaten oder für Abraumbeseitigung, die im folgenden Geschäftsjahr nachgeholt werden,
▷Gewährleistungen, die ohne rechtliche Verpflichtung erbracht werden2.
Für andere Zwecke dürfen Rückstellungen nicht gebildet werden. Aufgelöst werden dürfen Rückstellungen nur, soweit der Grund hierfür entfallen ist3.
15
Als Rechnungsabgrenzungsposten sind auf der Aktivseite Ausgaben vor dem Abschlussstichtag auszuweisen, soweit sie Aufwand für eine bestimmte Zeit nach diesem Tag darstellen.
16
Auf der Passivseite sind als Rechnungsabgrenzungsposten Einnahmen vor dem Abschlussstichtag auszuweisen, soweit sie Ertrag für eine bestimmte Zeit nach diesem Tag darstellen.
17
Ist der Erfüllungsbetrag einer Verbindlichkeit höher als der Ausgabebetrag, so darf der Unterschiedsbetrag in den Rechnungsabgrenzungsposten auf der Aktivseite aufgenommen werden. Der Unterschiedsbetrag ist durch planmäßige jährliche Abschreibungen zu tilgen, die auf die gesamte Laufzeit der Verbindlichkeit verteilt werden können (§ 250 HGB i. d. F. des BilMoG).
18
Unter der Bilanz sind, sofern sie nicht auf der Passivseite auszuweisen sind,
Verbindlichkeiten aus der Begebung und Übertragung von Wechseln, aus Bürgschaften, Wechsel- und Scheckbürgschaften und aus Gewährleistungsverträgen sowie Haftungsverhältnisse aus der Bestellung von Sicherheiten für fremde Verbindlichkeiten zu vermerken. Sie dürfen in einem Betrag angegeben werden. Die Haftungsverhältnisse sind auch dann anzugeben, wenn ihnen gleichwertige Rückgriffsforderungen gegenüberstehen (§ 251 HGB).
19
Nach den handelsrechtlichen Vorschriften (§ 246 HGB i. d. F. des BilMoG) hat der Kaufmann in der Handelsbilanz sein gesamtes Vermögen anzugeben, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist. Der Geschäfts- oder Firmenwert gilt als zeitlich begrenzt nutzbarer Vermögensgegenstand und muss, soweit er entgeltlich erworben wurde, aktiviert werden.
20
Vermögensgegenstände sind in der Bilanz des Eigentümers aufzunehmen. Ist ein Vermögensgegenstand nicht dem (zivilrechtlichen) Eigentümer, sondern einem anderen wirtschaftlich zuzurechnen, so hat dieser ihn in seiner Bilanz auszuweisen (= wirtschaftliches Eigentum).
Zwischen Vermögensgegenständen, an denen der Kaufmann nur wirtschaftliches Eigentum hat, und solchen, an denen ihm sowohl rechtliches als auch wirtschaftliches Eigentum zusteht, wird beim Ausweis in der Handelsbilanz also nicht unterschieden. Nach handelsrechtlichen Grundsätzen zählen zum Vermögen des Kaufmanns somit die ihm zivilrechtlich gehörenden Vermögensgegenstände sowie solche, die zivilrechtlich zwar einer anderen Person gehören, die aber nach der Ausgestaltung der Rechtsbeziehungen zu dem zivilrechtlichen Rechtsinhaber und nach den tatsächlichen Verhältnissen wirtschaftlich Bestandteil seines Vermögens sind (sog. wirtschaftliche Vermögenszugehörigkeit)4.
21
Diese vermögensmäßige Zurechnung entspricht im Wesentlichen der Regelung im Steuerrecht, nach der ein Wirtschaftsgut demjenigen zuzurechnen ist, der ohne rechtlicher Eigentümer zu sein, die tatsächliche Herrschaft über das Wirtschaftsgut in der Weise ausübt, dass er den Eigentümer im Regelfall für die gewöhnliche Nutzungsdauer von der Einwirkung auf das Wirtschaftsgut wirtschaftlich ausschließen kann (§ 39 AO). Dies wird dann angenommen, wenn der Herausgabeanspruch keine wirtschaftliche Bedeutung mehr hat oder wenn dem Eigentümer überhaupt kein Herausgabeanspruch mehr zusteht.
22
Der Jahresabschluss ist nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung aufzustellen. Er muss klar und übersichtlich sein (§ 243 Abs.2 HGB). Nach den ergänzenden Vorschriften für Kapitalgesellschaften muss der Jahresabschluss ferner ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage vermitteln (§ 264 Abs.2 HGB).
23
Der Grundsatz der Bilanzklarheit erfordert, dass mindestens alle Werte, die dem Unternehmen wirtschaftlich zugeordnet sind, in Inventur und Bilanz so lange aufgenommen werden, als sie dem Unternehmen noch wirtschaftlich dienen, selbst wenn sie buchmäßig nicht mehr existieren, weil sie abgeschrieben sind. Diesem Erfordernis wird in der Praxis durch die Einstellung eines sogenannten Erinnerungspostens von 1€ genügt. Gegen die Vollständigkeit der Bilanz und damit gegen die Bilanzklarheit würde verstoßen werden, wenn z. B. ein Unternehmer einen Schuldposten wegließe, um dadurch ein günstigeres Bild von der Lage seines Unternehmens – gegebenenfalls bei der Aufnahme eines Bankkredits – zu schaffen.
24
Inhaltlich unrichtig wird die Bilanz auch, wenn Gegenstände, die zum Betriebsvermögen gehören, überhaupt nicht aufgenommen oder willkürlich weggelassen sind. Übersichtlich ist die Bilanz dann, wenn sie deutlich erkennen lässt, aus welchen verschiedenartigen Einzelposten die Aktiven und Passiven gebildet werden; deshalb ist es unzulässig, Vermögensbestandteile falsch zu bezeichnen und in falsche Kategorien einzureihen, wenn z. B. ein Gegenstand des Umlaufvermögens als ein solcher des Anlagevermögens aufgeführt wird.
25
In der Bilanz muss alles aufgenommen werden, was einen Vermögenswert hat (Grundstücke, Maschinen, Waren, Geld und Bankguthaben, Patente, Lizenzen, sonstige Rechte usw.). Rein ideelle Werte, z. B. der Firmenwert und der Wert der Kundschaft, sind dann als Aktiva in die Handelsbilanz aufzunehmen, wenn sie gegen Entgelt erworben worden sind5. Zur Vollständigkeit der Handelsbilanz gehört auch die Aufnahme aller Rechnungsabgrenzungsposten, die sich bei der Unterbrechung der Buchführung durch die Bilanz ergeben, sofern sie auf der Aktivseite Ausgaben und auf der Passivseite Einnahmen vor dem Abschlussstichtag für eine bestimme Zeit nach diesem Tag darstellen. An das weitgegliederte bilanzrechtliche Schema für Kapitalgesellschaften sind alle anderen Kaufleute nicht gebunden (§ 266 HGB). Diese müssen in der Bilanz lediglich das Anlage- und das Umlaufvermögen, das Eigenkapital und die Schulden sowie die Rechnungsabgrenzungsposten ausweisen und hinreichend aufgliedern (§ 247 HGB). Jedoch wird nach kaufmännischer Übung das Gliederungsschema für Kapitalgesellschaften auch von Einzelkaufleuten und Personengesellschaften benutzt.
26
Ob eine Buchführung ordnungsmäßig ist, ist nicht allein davon abhängig, ob die Aufzeichnungen in den Grund- und Sachbüchern ordnungsmäßig erfolgen, sondern auch davon, ob der Jahresabschluss ordnungsmäßig aufgestellt wurde. Zur ordnungsmäßigen Aufstellung des Jahresabschlusses gehört aber, dass er innerhalb der einem ordnungsmäßigen Geschäftsgang entsprechenden Zeit (§ 243 Abs. 3 HGB) aufgestellt wird.
27
Welche Zeit einem ordnungsmäßigen Geschäftsgang entspricht, ist im Gesetz für Kaufleute allgemein nicht geregelt. Kapitalgesellschaften haben den Jahresabschluss und den Lagebericht in den ersten drei Monaten nach Ablauf des Geschäftsjahres aufzustellen. Für kleine Kapitalgesellschaften (§ 267 Abs.1 HGB) verlängert sich diese Frist auf sechs Monate, wenn dies einem ordnungsgemäßen Geschäftsgang entspricht (§ 264 Abs. 1 HGB). Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs muss die Bilanz für ein Geschäftsjahr innerhalb eines Jahres nach Ablauf dieses Geschäftsjahres aufgestellt werden6.
28
Die Verpflichtung zur Inventur, Bilanzierung und Bewertung ist eine öffentlich-rechtliche Pflicht, die durch private Abreden nicht aus der Welt geschafft werden kann. Verstöße gegen die Bilanzklarheit ziehen im Allgemeinen keine öffentlich-rechtlichen unmittelbaren Folgen gegen ihre Urheber nach sich. Solche Folgen können beim Bankrott (Überschuldung oder drohender bzw. eingetretener Zahlungsunfähigkeit) und Verletzung der Buchführungspflicht eintreten (§§ 283 – 283d StGB) oder wenn die Interessen eines Gläubigers so gefährdet sind, dass sie strafrechtlichen Schutz erfordern (z. B. die Erlangung eines Kredits durch Vorlage einer günstig gefälschten Bilanz).
29
Strengere Maßstäbe im Interesse der allgemeinen Wirtschaft und der Geldgeber von Kapitalgesellschaften legt das Aktienrecht an, das die Nichtigkeit eines Jahresabschlusses kennt, wenn durch seinen Inhalt Vorschriften verletzt werden, die ausschließlich oder überwiegend zum Schutze der Gläubiger der Gesellschaft oder sonst im öffentlichen Interesse gegeben sind (§ 256 AktG).
30
Die öffentlich-rechtliche, in der Regel also strafrechtliche Verantwortung trifft bei Verstößen im Einzelunternehmen den Kaufmann, bei Gesellschaften den oder die persönlich haftenden Gesellschafter, und zwar auch dann, wenn sie von der Geschäftsführung ausgeschlossen sind, nicht dagegen aber den Kommanditisten, der kein Kaufmann im Sinne des Handelsrechts ist. Die Verantwortlichkeit dieser Personen wird grundsätzlich nicht dadurch beseitigt, dass an ihrer Stelle dritte Personen die Verpflichtung übernommen haben (Bilanzbuchhalter, Wirtschaftsprüfer). Ein Entlastungsbeweis ist möglich.
31
Neben dieser öffentlich-rechtlichen Pflicht können sich auch privatrechtliche Verpflichtungen für Personen bei Inventur und Bilanz ergeben, selbst wenn diese Personen keine Kaufleute sind (z. B. ist der Testamentsvollstrecker gegenüber den Erben zur ordnungsgemäßen Aufstellung von Inventuren und Bilanzen verpflichtet). Die gleiche Verpflichtung trifft den gesetzlichen Vertreter eines Geschäftsunfähigen oder eines in der Geschäftsfähigkeit Beschränkten, den oder die Liquidatoren eines Unternehmens und überhaupt alle Personen, die aufgrund privatrechtlichen Vertrags, aufgrund gesetzlicher Vorschriften tätig werden, ja sogar den aufgrund einer Geschäftsführung ohne Auftrag Handelnden.
32
Das Ziel der Handelsbilanz ist die vollständige Erfassung aller Aktiven und Passiven. Die Aktiven dürfen nicht zu hoch, die Passiven nicht zu niedrig bewertet werden. Es soll nicht ein Vermögen oder ein Erfolg ausgewiesen werden, der zunächst den Kaufmann selbst täuscht und ihm zu unberechtigten Hoffnungen und damit zu Fehldispositionen Anlass gibt. Es sollen darüber hinaus aber auch die Gläubiger des Unternehmens geschützt werden. Für die reinen Kapitalgesellschaften hat dieses Prinzip die weitere Bedeutung, dass potenzielle Investoren und die Gesellschafter (z. B. die Aktionäre) realitätsgerechte Informationen über die wirtschaftliche Lage des Unternehmens erhalten und der zu verteilende Gewinn (z. B. Dividende) zutreffend ermittelt wird.
33
Bei der Bewertung der im Jahresabschluss ausgewiesenen Vermögensgegenstände und Schulden sind insbesondere folgende allgemeine Bewertungsgrundsätze (§ 252 HGB i. d. F. des BilMoG) zu beachten:
▷Die Wertansätze in der Eröffnungsbilanz des Geschäftsjahrs müssen mit denen der Schlussbilanz des vorhergehenden Geschäftsjahrs übereinstimmen (Bilanzidentität).
▷Bei der Bewertung ist von der Fortführung der Unternehmenstätigkeit auszugehen, soweit dem nicht tatsächliche oder rechtliche Gegebenheiten entgegenstehen.
▷Die Vermögensgegenstände und Schulden sind zum Abschlussstichtag einzeln zu bewerten.
▷Es ist vorsichtig zu bewerten, namentlich sind alle vorhersehbaren Risiken und Verluste, die bis zum Abschlussstichtag entstanden sind, zu berücksichtigen, selbst wenn diese erst zwischen dem Abschlussstichtag und dem Tag der Aufstellung des Jahresabschlusses bekanntgeworden sind. Gewinne sind nur zu berücksichtigen, wenn sie am Abschlussstichtag realisiert sind.
▷Aufwendungen und Erträge des Geschäftsjahres sind unabhängig von den Zeitpunkten der entsprechenden Zahlungen im Jahresabschluss zu berücksichtigen (Periodenabgrenzung).
▷Die auf den vorhergehenden Jahresabschluss angewandten Bewertungsgrundsätze sind beizubehalten (Bewertungsstetigkeit).
Von diesen Bewertungsgrundsätzen darf nur in begründeten Ausnahmefällen abgewichen werden.
34
Soweit es den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung entspricht, kann für den Wertansatz gleichartiger Vermögensgegenstände des Vorratsvermögens unterstellt werden, dass die zuerst oder zuletzt angeschafften oder hergestellten Vermögensgegenstände zuerst verbraucht oder veräußert worden sind (Fifo- und Lifo-Verfahren – Bewertungsvereinfachung § 256 HGB i. d.F. des BilMoG).
35
Vermögensgegenstände des Sachanlagevermögens sowie Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe können, wenn sie regelmäßig ersetzt werden und ihr Gesamtwert für das Unternehmen von nachrangiger Bedeutung ist, mit einer gleichbleibenden Menge und mit einem gleichbleibenden Wert angesetzt werden, sofern ihr Bestand in seiner Größe, seinem Wert und seiner Zusammensetzung nur geringen Veränderungen unterliegt. Für diese Gegenstände ist in der Regel alle drei Jahre eine körperliche Bestandsaufnahme durchzuführen (Festbewertung – § 240 Abs. 3 HGB).
36
Gleichartige Vermögensgegenstände des Vorratsvermögens sowie andere gleichartige oder annähernd gleichwertige bewegliche Vermögensgegenstände und Schulden können jeweils zu einer Gruppe zusammengefasst und mit dem gewogenen Durchschnittswert angesetzt werden (Gruppenbewertung – § 240 Abs.4 HGB).
37
Für die Wertansätze der Vermögensgegenstände und Schulden gilt Folgendes (§§ 253, 254 HGB):
Vermögensgegenstände sind höchstens mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten, vermindert um Abschreibungen, anzusetzen. Verbindlichkeiten sind zu ihrem Erfüllungsbetrag und Rückstellungen in Höhe des nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung notwendigen Erfüllungsbetrages anzusetzen. Rückstellungen mit einer Restlaufzeit von mehr als einem Jahr sind abzuzinsen. Abzinsungssatz ist der der Restlaufzeit entsprechende durchschnittliche Marktzinssatz der vergangenen sieben Jahre, der von der Deutschen Bundesbank ermittelt und veröffentlicht wird.
38
Bei Vermögensgegenständen des Anlagevermögens, deren Nutzung zeitlich begrenzt ist, sind die Anschaffungs- oder Herstellungskosten um planmäßige Abschreibungen zu vermindern. Der Plan muss die Anschaffungsoder Herstellungskosten auf die Geschäftsjahre verteilen, in denen der Vermögensgegenstand voraussichtlich genutzt werden kann.
39
Kann in Ausnahmefällen, die voraussichtliche Nutzungsdauer eines selbst geschaffenen immateriellen Vermögensgegenstandes des Anlagevermögens nicht verlässlich geschätzt werden, sind planmäßige Abschreibungen auf die Herstellungskosten über einen Zeitraum von zehn Jahren vorzunehmen7.
40
Ohne Rücksicht darauf, ob ihre Nutzung zeitlich begrenzt ist, sind bei Vermögensgegenständen des Anlagevermögens im Fall einer voraussichtlich dauernden Wertminderung außerplanmäßige Abschreibungen vorzunehmen, um diese mit dem niedrigeren Wert anzusetzen, der ihnen am Abschlussstichtag beizulegen ist. Bei Finanzanlagen können außerplanmäßige Abschreibungen auch bei voraussichtlich nicht dauernder Wertminderung vorgenommen werden.
41
Bei Vermögensgegenständen des Umlaufvermögens sind Abschreibungen vorzunehmen, um diese mit einem niedrigeren Wert anzusetzen, der sich aus einem Börsen- oder Marktpreis am Abschlussstichtag ergibt. Ist ein Börsenoder Marktpreis nicht festzustellen und übersteigen die Anschaffungs- oder Herstellungskosten den Wert, der den Vermögensgegenständen am Abschlussstichtag beizulegen ist, so ist auf diesen Wert abzuschreiben.
42
Ein niedrigerer Wertansatz bei Vermögensgegenständen des Anlage- und Umlaufvermögens darf nicht beibehalten werden, wenn die Gründe dafür nicht mehr bestehen.
43
Als Geschäfts- oder Firmenwert ist der Unterschiedsbetrag anzusetzen, um den die für Übernahme eines Unternehmens bewirkte Gegenleistung den Wert der einzelnen Vermögensgegenstände des Unternehmens abzüglich der Schulden im Zeitpunkt der Übernahme übersteigt8. Der Betrag ist in jedem folgenden Geschäftsjahr um die planmäßigen Abschreibungen, die nach der individuell zu schätzenden Nutzungsdauer vorzunehmen sind, zu vermindern9. Kann die voraussichtliche Nutzungsdauer des Geschäfts- oder Firmenwerts nicht verlässlich geschätzt werden, sind planmäßige Abschreibungen über einen Zeitraum von zehn Jahren vorzunehmen10. Bei einer voraussichtlich dauernden Wertminderung ist eine außerplanmäßige Abschreibung vorzunehmen11. Im Gegensatz zu den übrigen Vermögensgegenständen des Anlagevermögens ist beim Geschäfts- oder Firmenwert ein niedrigerer Wertansatz auch dann beizubehalten (keine Wertaufholung), wenn die Gründe dafür weggefallen sind12.
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Anschaffungskosten sind die Aufwendungen, die geleistet werden, um einen Vermögensgegenstand zu erwerben und ihn in einen betriebsbereiten Zustand zu versetzen, soweit sie dem Vermögensgegenstand einzeln zugeordnet werden können. Zu den Anschaffungskosten gehören auch die Nebenkosten sowie die nachträglichen Anschaffungskosten. Anschaffungspreisminderungen13 sind abzusetzen (§ 255 Abs. 1 HGB i.F. d. BilMoG).
Der Anschaffungsvorgang ist bei Gegenständen des Anlagevermögens somit erst dann beendet, wenn der Vermögensgegenstand betriebsbereit ist.
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Herstellungskosten sind die Aufwendungen, die durch den Verbrauch von Gütern und die Inanspruchnahme von Diensten für die Herstellung eines Vermögensgegenstands, seine Erweiterung oder für eine über seinen ursprünglichen Zustand hinausgehende wesentliche Verbesserung entstehen. Dazu gehören die Materialkosten, die Fertigungskosten und die Sonderkosten der Fertigung sowie angemessene Teile der Materialgemeinkosten, der Fertigungsgemeinkosten und des Wertverzehrs des Anlagevermögens, soweit dieser durch die Fertigung veranlasst ist. Angemessene Teile der Kosten der allgemeinen Verwaltung sowie angemessene Aufwendungen für soziale Einrichtungen des Betriebs, für freiwillige soziale Leistungen und für die betriebliche Altersversorgung dürfen einbezogen werden, soweit sie auf den Zeitraum der Herstellung entfallen. Forschungs- und Vertriebskosten dürfen nicht einbezogen werden (§ 255 Abs. 2 HGB i.F. d. BilMoG).
Die Wertuntergrenze setzt sich somit aus den Materialeinzelkosten, den Fertigungseinzelkosten, den Sonderkosten der Fertigung und den angemessenen Teilen der Materialgemeinkosten und der Fertigungsgemeinkosten sowie des anteiligen Wertverzehrs des Anlagevermögens zusammen (Aktivierungspflicht).
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Zinsen für Fremdkapital gehören nicht zu den Herstellungskosten. Zinsen für Fremdkapital, das zur Finanzierung der Herstellung eines Vermögensgegenstands verwendet wird, dürfen angesetzt werden, soweit sie auf den Zeitraum der Herstellung entfallen. In diesem Falle gelten sie als Herstellungskosten des Vermögensgegenstands (§ 255 Abs. 3 HGB).
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Für Kapitalgesellschaften gilt zusätzlich folgendes (§ 268 Abs.2 HGB i. d.F. des BilMoG):
In der Bilanz oder im Anhang ist die Entwicklung der einzelnen Posten des Anlagevermögens darzustellen. Dabei sind, ausgehend von den gesamten Anschaffungs- und Herstellungskosten, die Zugänge, Abgänge, Umbuchungen und Zuschreibungen des Geschäftsjahrs sowie die Abschreibungen in ihrer gesamten Höhe gesondert aufzuführen. Die Abschreibungen des Geschäftsjahrs sind entweder in der Bilanz bei dem betreffenden Posten zu vermerken oder im Anhang in einer der Gliederung des Anlagevermögens entsprechenden Aufgliederung anzugeben.
Die Entwicklung des Anlagevermögens muss nach dem Bruttoprinzip dargestellt werden.
Die Anschaffungs- oder Herstellungskosten werden mit kumulierten historischenWerten bilanziert. Dagegen werden die kumulierten Abschreibungen aktivisch abgesetzt und die aufgelaufenen Zuschreibungen wieder hinzugerechnet.
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Für den Kaufmann stellt sich die Frage, ob die von ihm erstellte Handelsbilanz auch den steuerlichen Erfordernissen genügt.
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Im Vordergrund der handelsrechtlichen Bilanzierung steht die Erhaltung der Substanz des Unternehmens, der Gläubigerschutz sowie eine realitätsgerechte Ermittlung des verteilbaren Gewinns als Grundlage z. B. für die Ausschüttung von Dividenden und die Bemessung von Erfolgsbeteiligungen. Zudem kommt der Handelsbilanz eine Informationsfunktion zu, die darin besteht, der Unternehmensführung, Gläubigern, Anteileignern, aber auch potenziellen Investoren ein zutreffendes Bild der Vermögens-, Ertrags- und Finanzlage des Unternehmens zu vermitteln.
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Wesentliche Funktion der Steuerbilanz ist dagegen eine objektivierte Ermittlung des Gewinns als Bemessungsgrundlage für die Ertragsbesteuerung. Ziel ist es – unter weitgehendem Verzicht auf Wahlrechte – den Gewinn, in dem sich die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Unternehmens ausdrückt, zutreffend und periodengerecht zu ermitteln. Daher beinhaltet die Steuerbilanz eine Aufstellung über das Betriebsvermögen unter Beachtung steuerlicher Vorschriften, die zwar grundsätzlich aus der Handelsbilanz abgeleitet wird (sog. Maßgeblichkeit der Handels- für die Steuerbilanz gem. § 5 Abs. 1HS 1 EStG – siehe Abschnitt 4), aber doch in verschiedenen Positionen von den handelsbilanziellen Ansätzen abweichen kann.
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§ 60 Abs. 1 EStDV verpflichtet den Unternehmer, der seinen Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich nach §§ 4 Abs. 1, 5 EStG ermittelt, seiner Steuererklärung eine Abschrift der Bilanz, die auf dem Zahlenwerk seiner Buchführung beruht sowie eine Gewinn- und Verlustrechnung beizufügen1. Enthält die Handelsbilanz Ansätze und Beträge, die den steuerlichen Vorschriften nicht entsprechen, hat der Unternehmer die Möglichkeit die abweichenden Positionen durch Zusätze oder Anmerkungen den steuerlichen Vorschriften anzupassen (§ 60 Abs. 2 S. 1 EStDV) oder aber eine den steuerlichen Vorschriften entsprechende eigenständige Bilanz (Steuerbilanz) zu erstellen und dem Finanzamt einzureichen (§ 60 Abs. 2 S. 2 EStDV).
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Kaufleute und buchführende Gewerbetreibende haben ihren steuerlichen Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich (§ 4 Abs. 1 S. 1 EStG) zu ermitteln und dabei das Betriebsvermögen anzusetzen, das nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung auszuweisen ist (sog. Maßgeblichkeit der Handelsbilanz für die Steuerbilanz2, es sei denn, im Rahmen der Ausübung eines steuerlichen Wahlrechts wurde ein anderer Ansatz gewählt3. Dieser vom Handelsrecht ausgehende Maßgeblichkeitsgrundsatz gilt sowohl für die Aktiv- wie auch für die Passivseite der Bilanz und für den Ansatz von Bilanzpositionen dem Grunde nach als auch für deren Bewertung.
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Allerdings wird der Maßgeblichkeitsgrundsatz durch eine Reihe von steuergesetzlichen Ansatz- und Bewertungsvorbehalten überlagert. So enthalten die §§ 5 Abs. 1a bis 4b EStG vom Handelsrecht abweichende Aktivierungs- und Passivierungsverbote (z. B. für Drohverlustrückstellungen) oder aber lassen den Ausweis in der Steuerbilanz nur unter bestimmten weitergehenden Voraussetzungen zu. Zudem sind nach § 5 Abs.6 EStG u. a. die steuergesetzlichen Vorschriften über die Bewertung (§§ 6, 6a EStG) und die Absetzung für Abnutzung und Substanzverringerung (§ 7 EStG) vorrangig zu befolgen.
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Die sog. umgekehrte Maßgeblichkeit, wonach steuerrechtliche Wahlrechte bei der Gewinnermittlung, wie etwa die Bildung einer steuerfreien Rücklage nach § 6b EStG, in Übereinstimmung mit der handelsrechtlichen Jahresbilanz auszuüben waren4, wurde mit dem Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz aufgegeben. Korrespondierend dazu wurden die handelsrechtlichen Regelungen, die die Inanspruchnahme etwa einer steuerlichen Sonderabschreibung5 oder einer gewinnmindernden steuerlichen Rücklage (Sonderposten mit Rücklagenanteil)6 auch in der Handelsbilanz ermöglicht hatten, ersatzlos gestrichen. Da diese steuerlichen Vergünstigungen nicht mehr handelsbilanziell abgebildet werden können, weichen Handels- und Steuerbilanz in diesen Bereichen zwingend voneinander ab.
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Im Einzelnen gelten aufgrund der Änderung des § 5 Abs. 1 S.1 EStG durch das BilMoG nunmehr folgende Grundsätze7:
Handelsrechtliche Aktivierungsgebote und Aktivierungswahlrechte