Deepak Chopra

 

Die Zukunft Gottes

 

Deepak Chopra

 

Die Zukunft Gottes

 

Eine praktische Annäherung an die Spiritualität für unsere Zeit

 

 

 

Dr. Deepak Chopra: Die Zukunft Gottes

 

Copyright © 2014 by Deepak Chopra, M.D.

This translation published by arrangement with Harmony Books, an imprint of the Crown Publishing Group, a division of Penguin Random Hause LLC.

Titel der Originalausgabe: The Future of God

Aus dem Englischen von Wolfgang M. Hunklinger

Translation © 2015 by Driediger Verlag

Umschlaggestaltung: Florian Guhr, 1stAssistMedia.de

ISBN: 978-3-932130-40-3

 

Alle Rechte vorbehalten.

 

 

 








Für jeden Suchenden

Danksagung

Ein neues Buch bringt sich zum Ausdruck, während es wächst, manchmal mehr aus dem Hirn als aus dem Herzen, manchmal umgekehrt. Erst einmal bin ich den vielen herausragenden Wissenschaftlern der physikalischen und biologischen Wissenschaften zu großem Dank verpflichtet, mit denen ich in den letzten Jahren im Dialog war. Sie haben mein Verständnis auf unzählige Arten erweitert und gestärkt. Dieses Buch über Gott entwickelte sich aus der Notwendigkeit heraus, Spiritualität für moderne Menschen glaubwürdig zu machen und sie von der Schwelle des Unglaubens zurück zu begleiten. Ich bin sehr dankbar für die Möglichkeit, dieses Bedürfnis zu erfüllen, und den Menschen, die mit so viel Hingabe arbeiteten, um es zu ermöglichen. 
Das Team von Harmony and Crown hat zu mir gestanden und glaubte während vieler Veränderungen in der Verlagswelt an meine Arbeit. Tina Constable (Verlegerin bei Crown), Diana Baroni, Meredith McGinnis, Amanda O’Connor, Michael Nagin, Patricia Shaw und Tammy Blake sind die Art von Menschen, auf die wir Schriftsteller nicht verzichten können, und ich hoffe inständig, dass die Buchwelt das über die kommenden Jahrzehnte erkennt. 
Es gibt bestimmte Projekte, bei denen die Beiträge des Lektors besonders entscheidend sind. Dieses Buch war eines von ihnen, und mein Lektor Gary Jansen veränderte Ton, Richtung und Wortlaut mit scharfsinnigem Urteil auf jedem Schritt des Weges – Danke. Unsere Beziehung wurde zu einer des Vertrauens, der Zuneigung und gegenseitigen Achtung. 

Mein Arbeitsdasein wird fachmännisch geleitet von meinen Mitarbeiterinnen Carolyn und Felicia Rangel sowie Tori Bruce, die mir eine zweite Familie geworden sind. Mein Dank gilt auch Poonacha Machaiah, Sara Harvey, Kathy Bankerd, Attila Ambrus und den Mitarbeiter des Chopra Centers. Ihr alle habt mich gelehrt, was „Geist in Aktion“ bedeutet. 

Meine Frau Rita ist das Licht, um das sich unsere erweiterte Familie dreht. Jetzt umfasst sie Mallika, Sumant, Tara, Leela, Gotham, Candice und Krishu. Sie sind die süße Freude meines Lebens.

cover

Prolog 

Der Glaube steckt in der Krise. Seit Jahrtausenden fordert uns die Religion auf, unbesehen an einen liebenden Gott zu glauben, der allwissend und unendlich mächtig ist. Infolgedessen nahm die Geschichte einen langen und manchmal turbulenten Weg. Im Namen der Religion sind großartige Dinge aber auch unsägliche Grausamkeiten geschehen. Doch heute verliert der Glaube immer mehr an Bedeutung, zumindest im Westen. Die meisten Menschen nehmen Religion als gegeben hin - es gibt keine lebendige Verbindung mehr zu Gott, und der Unglaube nimmt währenddessen weiter zu. Wie sollte es auch anders sein?

Wenn man einmal den unverheilten Riss zwischen uns und Gott bloßlegt, kommt eine tiefe Enttäuschung zum Vorschein. Wir haben zu viele Katastrophen durchgemacht, um auf eine gütige, liebende Gottheit zu vertrauen. Wer kann über den Holocaust oder den 11. September 2001 nachdenken und glauben, Gott sei Liebe? Unzählige weitere Katastrophen fallen einem ein. Wenn Menschen den Geschehnissen auf den Grund gehen und über Gott nachdenken, kommt bei ihnen bezüglich der Religion ein gewisses Unbehagen auf. Sie hegen ein quälendes Gefühl von Zweifel und Unsicherheit.

Lange Zeit lastete die Bürde des Glaubens auf dem unvollkommenen Gläubigen. Wenn Gott nicht einschreitet, um Leiden zu lindern oder Frieden zu schenken, so muss der Fehler bei uns liegen. In diesem Buch habe ich die Dinge umgekehrt und damit die Bürde wieder Gott auferlegt. Es ist an der Zeit, einige unverblümte Fragen zu stellen. 

Was hat Gott in letzter Zeit für Sie getan?

Was ist wirksamer, um für Ihren Lebensunterhalt und den Ihrer Familie aufzukommen, an Gott zu glauben oder hart zu arbeiten? 

Haben Sie jemals wirklich aufgegeben und Gott ein wirklich schwieriges Problem für Sie lösen lassen?

Warum lässt Gott derartiges Leid in der Welt zu? Ist das alles nur Theater oder ist es ein leeres Versprechen, dass ein liebender Gott existiert?

Diese Fragen sind so unangenehm, dass wir vermeiden, sie zu stellen, und für Millionen von Menschen sind sie auch nicht mehr wichtig. Die nächste Technologie, die unser Leben verbessern wird, leuchtet stets am Horizont. Ein Gott, der im einundzwanzigsten Jahrhundert von Bedeutung ist, ist so gut wie ausgestorben.

So wie ich das sehe, geht es bei der eigentlichen Glaubenskrise nicht um rückläufige Kirchenbesucherzahlen, eine Entwicklung, die in Westeuropa und den Vereinigten Staaten in den Fünfzigerjahren begann und bis heute andauert. Bei der wirklichen Krise geht es da­rum, einen Gott zu finden, der von Bedeutung ist und dem man vertrauen kann. Der Glaube stellt eine Weggabelung dar, und wir alle müssen dorthin gelangen. Die eine Abzweigung führt zu einer Wirk­lichkeit, die von einem lebendigen Gott gestützt wird; die andere führt zu einer Wirklichkeit, in der Gott nicht nur abwesend, sondern eine Fiktion ist. Im Namen dieser Fiktion haben Menschen gekämpft und sind gestorben, haben Ungläubige gefoltert, blutige Kreuzzüge organisiert und jede erdenkliche Gräueltat begangen.

Im Neuen Testament gibt es eine herzzerreißende Bekundung von Zynismus, als sich Jesus am Kreuz befindet – eine langsame und qualvolle Art zu sterben – und die Umstehenden, einschließlich des Hohepriesters von Jerusalem, ihn anspucken und verspotten:

„Andern hat er geholfen“, sagten sie, „und kann sich selber nicht helfen. Ist er der König von Israel, so steige er nun vom Kreuz herab. Dann wollen wir an ihn glauben. Er hat Gott vertraut; der erlöse ihn nun, wenn er Gefallen an ihm hat.“ (Matthäus 27:42–43)

Die Bissigkeit in jenen Worten hat im Laufe der Zeit nicht abgenommen, aber es gibt einen Punkt, der noch mehr verunsichert. Jesus lehrte, dass die Menschen vollkommen auf Gott vertrauen sollten, dass der Glaube Berge versetzen könne. Er lehrte, dass heute niemand schuften oder für morgen sparen solle, weil die Vorsehung für alles sorgen werde. Wenn man die mystische Bedeutung der Kreuzigung außer Acht lässt, sollten Sie und ich diese Art von Vertrauen haben? 

Wenn die Menschen doch nur wüssten, dass sie täglich viele Male an eine Weggabelung kommen. Ich schreibe nicht aus einer christlichen Perspektive – in meinem persönlichen Leben praktiziere ich keine organisierte Religion –, aber Jesus meinte nicht, dass die Vorsehung Geld, Nahrung, Unterkunft und viele andere Wohltaten bereitstellen werde, wenn man nur lange genug wartet. Er meinte die Nahrung dieses Morgens und die Unterkunft für heute Abend. „Bittet, so wird euch gegeben; klopfet an, so wird euch aufgetan“ betrifft die Entscheidungen, die wir im gegenwärtigen Augenblick treffen. Und das erhöht den Einsatz außerordentlich, denn wenn Gott jedes Mal enttäuscht, da er nicht für uns da gewesen ist, enttäuschen wir jedes Mal, da wir den Weg zum Unglauben eingeschlagen haben – buchstäblich jede Stunde des Tages.

Der Same des Unglaubens ist in uns allen. Er liefert viele Gründe, nicht zu glauben. Ich hoffe, ich als barmherziger Mensch hätte Mitleid gehabt, wenn ich mir das Spektakel einer Kreuzigung angesehen hätte. Aber was mein eigenes Leben betrifft, gehe ich zur Arbeit, spare für die Zukunft und blicke nachts auf einer gefährlichen Straße ängstlich über meine Schulter nach hinten. Ich setze mehr Vertrauen in mich als in einen äußeren Gott. Ich nenne dies den Nullpunkt, den Nadir des Glaubens. Am Nullpunkt ist Gott nicht wirklich von Bedeutung, nicht, wenn es auf das harte, wirkliche Leben ankommt. Vom Nullpunkt aus betrachtet, ist Gott entweder überflüssig oder schwach. Vielleicht schaut er auf unser Leid herab und fühlt sich ergriffen oder, ebenso wahrscheinlich, reagiert er auf das Leid vielleicht nur mit einem Schulterzucken.

Wenn Gott eine Zukunft haben soll, müssen wir aus dem Nullpunkt heraustreten und eine neue Art lebendiger Spiritualität finden. Wir brauchen keine neuen Religionen, bessere Schriften oder inspirierendere Zeugnisse für Gottes Größe. Die Darstellungen, die wir bereits haben, sind hinreichend gut (oder schlecht). Ein Gott, der des Glaubens würdig ist, muss wirklich von Bedeutung sein, und ich sehe nicht, wie er das kann, wenn er nicht anfängt, Leistung zu bringen, anstatt zu enttäuschen.

Eine derart radikale Veränderung bringt etwas ebenso Radikales mit sich: ein Gesamtüberdenken der Wirklichkeit. Was die Menschen nicht erkennen, ist, dass man die Wirklichkeit selbst herausfordert, wenn man Gott herausfordert. Wenn die Wirklichkeit nur das ist, was an der Oberfläche erscheint, dann gibt es nichts, an das man glauben könnte. Wir können am 24-Stundenzyklus der Nachrichten kleben bleiben und unser Bestes tun, um zurechtzukommen. Wenn jedoch Wirklichkeit etwas ist, das in höhere Dimensionen hineinreicht, ist das eine andere Geschichte. Man kann keinen Gott wiederherstellen, der nie existierte, aber man kann eine unterbrochene Verbindung reparieren.

Ich beschloss, ein Buch darüber zu schreiben, wie man die Verbindung mit Gott wiederherstellen kann, damit er so wirklich wird wie ein Laib Brot und so zuverlässig wie ein Sonnenaufgang – suchen Sie sich irgendetwas aus, worauf Sie vertrauen und wovon Sie wissen, dass es wirklich ist. Wenn ein solcher Gott existiert, gibt es keinen Grund mehr, entweder von ihm oder von uns enttäuscht zu sein. Nichts anderes als ein Sinneswandel ist erforderlich. Dennoch muss etwas Tiefgründigeres getan werden, ein Überdenken dessen, was möglich ist. Dies bedeutet eine innere Wandlung. Wenn jemand zu Ihnen sagt: „Das Himmelreich ist inwendig“, sollten Sie nicht mit einem Anflug eines schlechten Gewissens denken, Nein, in mir ist es nicht. Sie sollten sich fragen, was nötig ist, die Aussage wahr zu machen. Der spirituelle Weg beginnt mit einer Neugier, dass etwas so Unglaubliches wie Gott tatsächlich existieren könnte.

Millionen von Menschen haben jetzt vom „Gotteswahn“ gehört, ein Slogan einer Gruppe militanter Atheisten, die erklärte Feinde des Glaubens sind. Diese beunruhigende Bewegung um Professor Richard Dawkins verkleidet ihre vehementen, oft persönlichen Angriffe in Begriffe aus Wissenschaft und Vernunft. Auch wenn die Menschen das Wort Atheist nicht auf sich selbst anwenden, leben viele immer noch so, als ob Gott keine Bedeutung hätte, und dies wirkt sich auf die Entscheidungen aus, die sie in ihrem täglichen Leben treffen. Der Unglaube hat indirekt dort gewonnen, wo es um etwas geht.

Falls der Glaube überleben sollte, kann er nur durch eine tiefere Erforschung des Rätsels des Daseins wiederhergestellt werden.  

Ich kann nichts Schlechtes über Atheismus ohne Militanz sagen. Thomas Jefferson schrieb: „Ich finde im orthodoxen Christentum keine einzige erlösende Eigenschaft“, aber er half auch dabei, eine auf Toleranz basierende Gesellschaft zu errichten. Dawkins und Co. sind stolz darauf, intolerant zu sein. Atheismus kann Witze über sich selbst machen, wenn etwa George Bernard Shaw witzelt: „Das Christentum ist vielleicht eine gute Sache, wenn es jemand nur einmal ausprobieren würde.“ Jede Denkbewegung hat ihre Gegenrichtung, und was Gott betrifft, ist Unglaube das natürliche Gegenteil von Glaube.

Es ist jedoch nicht richtig, anzunehmen, dass Atheismus immer gegen Gott ist. Laut einer verblüffenden Umfrage von Pew Re­search aus dem Jahre 2008 glauben 21 Prozent der Amerikaner, die sich als Atheisten bezeichnen, an Gott oder an eine universelle Seele, 12 Prozent glauben an den Himmel und 10 Prozent beten mindestens einmal pro Woche. Atheisten haben den Glauben nicht ganz verloren; es gibt nichts, was man dagegen sagen könnte. Aber Dawkins bietet spirituellen Nihilismus mit einem Lächeln und einem Ton der Beruhigung an. Ich wurde mir bewusst, dass ich meine Stimme dagegen erheben musste, wenngleich ich keine persönliche Abneigung gegen ihn hege.

Der Glaube muss zum Wohle aller bewahrt werden. Aus dem Glauben entspringt eine Leidenschaft für die Ewigkeit, welche selbst stärker als die Liebe ist. Viele von uns haben jene Leidenschaft verloren oder haben sie nie gekannt. Während ich mich für Gott ausspreche, wünschte ich, ich könnte die Eindringlichkeit vermitteln, die in nur wenigen Zeilen von Mirabi, einer indischen Prinzessin, ausgedrückt wird, welche eine große mystische Poetin wurde:

 

Die Liebe, die mich an Euch bindet, o Herr, 
ist unzerbrechlich 

Wie ein Diamant, der den Hammer zerschmettert,  

wenn er getroffen wird.  

Wie der Lotus, der aus dem Wasser entspringt,  

entspringt mein Leben aus dir,  

Wie der Nachtvogel, der den vorbeiziehenden Mond bestaunt,  

verliere ich mich, wenn ich bei dir verweile. 

O mein Geliebter – komm zurück!

 

In jeder Epoche ist der Glaube derart: ein Ruf, der aus dem Herzen kommt. Wenn Sie unbedingt glauben wollen, dass Gott nicht existiert, gibt es keine Möglichkeit, dass diese Seiten Sie vom Gegenteil überzeugen werden. Der Weg ist allerdings nie versperrt. Wenn der Glaube bewahrt werden kann, wird das Ergebnis eine Zunahme der Hoffnung sein. Der Glaube an sich kann Gott nicht liefern, aber er macht etwas Zeitgemäßeres: Er macht Gott möglich.

Warum Gott eine Zukunft hat

Wenn es um Gott geht, leiden wir fast alle, Gläubige und Nichtgläubige gleichermaßen, irgendwie an Kurzsichtigkeit. Wir sehen – und glauben daher – nur, was sich direkt vor uns befindet. Die Gläubigen sehen Gott als eine gütige Vaterfigur, die uns Gnade und Gerechtigkeit gewährt, während er unsere Handlungen hier unten beurteilt. Der Rest von uns meint, Gott sei deutlich weiter entfernt, unpersönlich und unbeteiligt. Dennoch ist Gott vielleicht näher und verbundener, ja näher als der nächste Atemzug.

Jeden Augenblick ist jemand auf der Welt erstaunt darüber, zu entdecken, dass Gotteserfahrung wirklich ist. Wunder und Gewiss­heit dämmern immer noch. Ich habe dazu stets eine Passage aus Thoreaus Walden zur Hand, in der er von dem „einsamen Arbeiter auf einer Farm in der Nähe von Concord, der seine Wiedergeburt gehabt hatte“, spricht. Wie wir, fragt sich Thoreau, ob jemandes Aussage darüber, „eine besondere religiöse Erfahrung“ zu haben, stichhaltig ist. Als Antwort darauf blickt er über den Zeitraum von Jahrhunderten:

Zarathustra wanderte vor Tausenden von Jahren auf derselben Straße und hatte dieselbe Erfahrung, doch da er weise war, wuss­te er, dass sie universal war. 

Wenn Sie sich plötzlich von einer Erfahrung durchdrungen fühlen, die Sie nicht erklären können, so sagt Thoreau, dann seien Sie sich einfach bewusst, dass Sie nicht alleine sind. Ihr Erwachen ist in die große Tradition eingeflochten. 

Halten Sie alsdann demütig Zwiesprache mit Zarathustra, und durch den befreienden Einfluss aller Honoratioren, mit Jesus Chris­tus selbst, lassen Sie „unsere Kirche“ getrost unter den Tisch fallen.

In zeitgemäße Sprache übersetzt, rät uns Thoreau, unserer tiefsten Überzeugung zu vertrauen, dass spirituelle Erfahrung wirklich ist. Skeptiker kehren diesen Rat ins Gegenteil. Die Tatsache, dass Gott seit einer Ewigkeit erfahren worden ist, zeige nur, dass Religion ein primitives Überbleibsel, ein geistiges Relikt sei, das abzulehnen wir unser Gehirn trainieren sollten. Für einen Skeptiker bestand Gott in der Vergangenheit nur fort, weil Priester die Macht hatten, den Glauben durchzusetzen, indem sie keine Abweichung unter ihren Anhängern erlaubten. Aber alle Versuche, die Angelegenheit zu klären – ein für alle Mal zu sagen, Gott sei absolut wirklich oder absolut unwirklich –, scheitern weiterhin. Das Durcheinander besteht fort und wir alle haben die Auswirkungen von Verwirrung und Zweifel gespürt.

Wo befinden Sie sich jetzt?

Gehen wir vom Abstrakten zum Persönlichen über. Wenn Sie sich selbst ansehen und fragen, wo Sie in der Gottesfrage stehen, befinden Sie sich mit großer Wahrscheinlichkeit in einer der folgenden Situationen:

Unglaube: Sie akzeptieren nicht, dass Gott wirklich ist, und Sie drücken Ihren Unglauben dadurch aus, dass Sie leben, als ob Gott keinen Unterschied macht. 

Glaube: Sie hoffen, dass Gott wirklich ist, und drücken Ihre Hoffnung als Glauben aus. 

Erkenntnis: Sie haben keinen Zweifel daran, dass Gott wirklich ist, und Sie leben daher, als ob Gott ständig präsent wäre.

Wenn jemand zu einem spirituellen Suchenden wird, so will er vom Unglauben zur Erkenntnis gelangen. Der Weg ist jedoch keineswegs klar. Wenn Sie morgens aufstehen, was sollten Sie dann Spirituelles tun? Sollten Sie beispielsweise versuchen, im gegenwärtigen Augenblick zu leben, was als sehr spirituell angesehen wird? Frieden herrscht, wenn überhaupt irgendwo, im gegenwärtigen Augenblick. Dabei umreißt auch Jesus, wie radikal eine solche Entscheidung tatsächlich ist: „Darum sage ich euch: Sorget nicht für euer Leben, was ihr essen und trinken werdet, auch nicht für euren Leib … Trachtet zuerst nach dem Reich Gottes und nach seiner Gerechtigkeit, so wird euch solches alles zufallen. Darum sorgt nicht für den andern Morgen; denn der morgige Tag wird für das Seine sorgen.“ (Matthäus 6:25, 33–34)

In der Version Jesu bedeutet in der Gegenwart leben, volles Vertrauen darauf zu haben, dass Gott alles bereitstellen wird. Sein Vertrauen in Gott ist grenzenlos. Was auch immer Jesus benötigt, es wird eintreffen. Aber was ist mit den armen jüdischen Arbeitern, die seine Zuhörer waren, und die sich damit abmühten, das Notwendigste bereitzustellen, und die zähneknirschend unter der Fuchtel der römischen Unterdrückung lebten? Sie haben vielleicht gehofft, dass die Vorsehung für sie sorgen werde. Vielleicht haben sie sogar genug Glauben gehabt, um es zu glauben. Trotzdem war Hingabe ein mystischer Akt. Nur Jesus befand sich in einem Bewusstseins­zustand, der gänzlich in der Vorsehung geerdet war, weil er Gott überall sah.

In uns allen gibt es den Samen des Unglaubens, weil wir in einem weltlichen Zeitalter geboren wurden, das alles Mystische infrage stellt. Besser frei und skeptisch sein, als gebunden durch Mythen, Aberglauben und Dogma. Wenn Sie mit dem Skeptiker in sich in Berührung kommen, dann ist es verständlich, dass Sie sich in einem Zustand des Unglaubens wiederfinden. Aber für die meisten Menschen ist es auch ein unglücklicher Zustand. Sie fühlen sich unerfüllt in einer völlig irdischen Welt, in der die tiefste Verehrung wohl Sporthelden, Comicbüchern und dem Besitz eines perfekten Körpers entgegengebracht wird. Die Wissenschaft gibt uns keine Garantie dafür, dass das Leben einen Sinn hat, wenn sie das Universum als einen kalten, leeren Raum beschreibt, der durch den Zufall regiert wird.

Und so besteht der Glaube weiterhin. Wir wollen, dass das Universum unser Zuhause ist. Wir wollen uns mit der Schöpfung verbunden fühlen. Vor allem wollen wir keine Freiheit, falls sie dauerhaft fortwährende Angst und Unsicherheit bedeutet, eine Freiheit, die ihre Verankerung im Lebenssinn verloren hat. Ob Sie es nun Festhalten am Glauben oder Wahrung von Traditionen unserer Vorfahren nennen, es gibt religiöse Überzeugung allerorten. Für Milliarden von Menschen gibt es keine lebenswerte Alternative.

Aber was ist mit der dritten Stufe nach Unglaube und Glaube – der sicheren Erkenntnis Gottes –, welche die seltenste und am schwersten zu fassende ist? Um wirklich sicher zu sein, muss ein Mensch vielleicht eine alles verändernde Erfahrung durchmachen oder wie durch ein Wunder die unschuldige Seele eines kleinen Kindes bewahren. Keines von beidem ist im Leben der meisten Menschen realistisch. Menschen, die aus Nahtoderfahrungen zurückkommen, die zumal äußerst selten sind, haben keinen konkreten Beweis dafür, dass sie „dem Licht entgegengegangen“ sind, der einen Skeptiker überzeugen würde. Was sich für sie verändert hat, ist persönlich, inwendig und subjektiv. Was die Unschuld von Kindern betrifft, haben wir allen Grund dazu, sie nicht weiterzuverfolgen. Kindheitsfreude ist ein naiver, unfertiger Zustand, und so glücklich er auch war, wir sehnen uns danach, eine weitreichendere Welt des Erfolgs zu erleben. Die kreativen Höhen der Menschheitsgeschichte werden von Erwachsenen erreicht, nicht von zu groß gewordenen Kleinkindern.

Nehmen wir einmal an, dass Sie sich in einem dieser drei Zustände wiederfinden: Unglaube, Glaube und Erkenntnis. Es ist völlig in Ordnung, wenn sie vermischt sind und Sie flüchtige Augenblicke eines jeden haben. Auf kalte statistische Modelle zurückgreifend, scharen sich die meisten von uns unter dem mittleren Hügel einer glockenförmigen Kurve, als Teil der großen Mehrheit, die an Gott glaubt. An den Endstücken der Kurve befindet sich eine winzige Minderheit: auf der linken Seite die überzeugten Atheisten; auf der rechten Seite die tief Religiösen, die Gott als ihrer Berufung folgen. Aber es ist fair zu sagen, dass die meisten Menschen, die antworten, dass sie an Gott glauben, weder Wunder noch Gewissheit erfahren. Typischerweise widmen wir unsere Tage allem, nur nicht Gott: dem Aufziehen der Kinder, der Suche nach Liebe, dem Streben nach Erfolg, dem Griff nach weiteren materiellen Gütern auf dem endlosen Fließband gesteigerten Konsums.

Das gegenwärtige Durcheinander tut niemandem gut. Unglaube wird von innerem Leid heimgesucht und einer großen Angst, dass das Leben keinen Zweck hat. (Mich überzeugen Atheisten nicht, die behaupten, dass sie in einem zufälligen Universum fröhlich leben. Sie wachen sicher nicht jeden Morgen auf und sagen: „Wie wunderbar, ein weiterer Tag, an dem nichts wirklich einen Sinn hat.“) Der Zustand des Glaubens ist auf andere Art nicht haltbar: Im Laufe der Geschichte hat das zu Unnachgiebigkeit, Fanatismus und zu extremer Gewalt im Namen Gottes geführt. Und der Zustand der wahren Erkenntnis? Er scheint der Zuständigkeitsbereich von Heiligen zu sein, die äußerst selten sind.

Und doch ist Gott, gleich einem Schatten, in allen drei Situationen irgendwo verborgen, ob als negativer (die Gottheit, vor der man die Flucht ergreift, wenn man der organisierten Religion aus dem Wege geht) oder als positiver (eine höhere Wirklichkeit, nach der man strebt). Schwach präsent zu sein, ist nicht dasselbe, wie wirklich wichtig zu sein, noch viel weniger als das Wichtigste im Dasein. Wenn es möglich ist, Gott wieder wirklich zu machen, würde sich, so glaube ich, jeder bereit erklären, einen Versuch zu unternehmen.

Dieses Buch behauptet, dass Sie vom Unglauben zum Glauben und dann zu wahrer Erkenntnis gelangen können. Jede Stufe ist evolutionär und durch Erkundung der ersten entdecken Sie, dass sich die nächste eröffnet. Evolution ist freiwillig, wenn sie auf die innere Welt angewandt wird. Es existiert völlige Wahlfreiheit. Sobald Sie den Unglauben in allen Einzelheiten kennen, können Sie dort verbleiben oder zum Glauben weitergehen. Wenn Sie den Glauben erkunden, können Sie das Gleiche tun und ihn als ihre spirituelle Heimat annehmen oder darüber hinausblicken. Am Ende der Reise liegt die Gotteserkenntnis, die genauso praktikabel wie die ersten beiden Stufen ist – aber viel wirklicher. Gott zu erkennen, ist nicht mystisch, genauso wenig, wie zu wissen, dass sich die Erde um die Sonne dreht. In beiden Fällen wird eine Tatsache geschaffen und alle bisherigen Zweifel, alle falschen Überzeugungen fallen ganz natürlich ab.

Gott ist ein Verb, kein Substantiv

Es ist fast unmöglich, den Glauben zu erzwingen, vor allem von einem selbst. Unser altes Gottesmodell wird vor unseren Augen auseinandergenommen. Anstatt zu versuchen, die Stücke aufzusammeln, muss eine tiefere Veränderung stattfinden. Vernunft, persönliche Erfahrung und die Weisheit vieler Kulturen kommen endlich zusammen. Diese neue Synthese ist wie Gott 2.0, wo die menschliche Seele einen Entwicklungssprung macht. 

Gott 1.0 spiegelte menschliche Bedürfnisse wider, die zahlreich und vielfältig sind, und diese Bedürfnisse nahmen eine göttliche Personifizierung an. Die Bedürfnisse kamen an erster Stelle. Weil Menschen Geborgenheit und Sicherheit brauchen, stellten wir Gott als unseren himmlischen Beschützer dar. Weil das Leben geregelt sein muss, machten wir Gott zum obersten Gesetzgeber. In Umkehrung des Buches Genesis schufen wir Gott nach unserem Bilde. Er tat, was wir von ihm wollten. Was folgt, sind die sieben Stufen, die wir für einen solchen Gott entwickelten.

 

Gott 1.0

Geschaffen nach unserem Bilde

1. Das Bedürfnis nach Geborgenheit, Sicherheit, Schutz vor Unheil

Gott wird zu Vater oder Mutter. Er überwacht die Naturgewalten und bringt dabei Glück oder Unglück. Die Menschen leben wie Kinder unter Gottes Schutz. Seine Gedanken sind nicht zu erkennen; er wirkt aus einer Laune heraus, um Liebe oder Bestrafung zu verteilen. Die Natur ist geordnet, aber immer noch gefährlich.  

Das ist Ihr Gott, wenn Sie inständig um Errettung bitten, das Göttliche als Autoritätsperson sehen, an Sünde und Erlösung glauben, Wunder erflehen und die Hand Gottes bei der Arbeit erblicken, wenn plötzlich Unfälle oder Katastrophen eintreten.

2. Das Bedürfnis, etwas zu vollbringen und zu erreichen

Gott wird zum Gesetzgeber. Er stellt Regeln auf und befolgt sie. Das macht die Zukunft erkennbar: Gott wird diejenigen belohnen, die das Gesetz befolgen, und diejenigen bestrafen, die nicht gehorchen. Auf dieser Grundlage können die Menschen ein gutes Leben aufbauen und materiellen Erfolg erzielen. Das Geheimnis ist harte Arbeit, was gottgefällig ist, und eine gesetzmäßige Gesellschaft, was die Naturgesetze widerspiegelt. Das Chaos ist beseitigt, das Verbrechen in Schach gehalten. Die Natur ist eher da, um gezähmt als gefürchtet zu werden.  

Das ist Ihr Gott, wenn Sie glauben, dass Gott vernünftig ist und er will, dass Sie Erfolg haben, dass er harte Arbeit belohnt, Rechtes vom Unrechten trennt und das Universum geschaffen hat, damit es nach Gesetzen und Prinzipien funktioniert.

3. Das Bedürfnis, Verbindungen aufzubauen, liebevolle Familien und Gemeinschaften zu gründen

Gott wird eine liebevolle Präsenz in jedem Herzen. Der Blick des Gläubigen hat sich nach innen gewandt. Sich mit anderen zu verbinden, geht über das gegenseitige Überleben hinaus. Die Menschheit ist eine Gemeinschaft, die durch den Glauben verbunden ist. Gott will, dass wir eine Stadt auf dem Hügel errichten, eine ideale Gesellschaft. Die Natur existiert, um das menschliche Glück zu nähren. 

Das ist Ihr Gott, wenn Sie ein Idealist sind, bezüglich der menschlichen Natur optimistisch in die Zukunft blicken, an die Mitmenschlichkeit glauben und dafür offen sind, von einer vergebenden Gottheit geliebt zu werden. Vergebung wird im Inneren gespürt und nicht von einem Priester geliefert.

4. Das Bedürfnis, verstanden zu werden

Gott wird nicht wertend. Alles zu wissen heißt, alles zu verzeihen. Die Wunde der menschlichen Natur, welche Gutes vom Bösen trennt, beginnt zu heilen. Die Toleranz nimmt zu. Wir entwickeln Einfühlungsvermögen für Übeltäter, weil Gott uns sein Einfühlungsvermögen zeigt. Die Notwendigkeit einer peinlich genauen Belohnung oder Bestrafung verringert sich. Das Leben hat viele Schattierungen von gut und schlecht und alles hat seine Gründe. Die Natur ist da, um uns das vollständige Lebensspektrum in seiner schöpferischsten und zerstörerischsten Form vor Augen zu führen. 

Dies ist Ihr Gott, wenn er eher versteht als beurteilt, wenn Sie sich selbst als verständnisvoll sehen, weil Gott es tut, wenn Sie Gut und Böse als unvermeidliche Aspekte der Schöpfung akzeptieren, wenn Gott Ihnen sagt, dass Sie verstanden werden.

5. Das Bedürfnis, zu gestalten, zu entdecken und zu erkunden

Gott wird zu einer kreativen Quelle. Er gab uns unser Geburtsrecht der Neugier. Er bleibt unerkennbar, aber er entfaltet ein Geheimnis nach dem anderen in der Schöpfung. Am äußersten Rand des Universums ist das Unbekannte eine Herausforderung und eine Quelle des Staunens. Gott will nicht, dass wir eine Religion ausüben, sondern dass wir uns entwickeln. Unsere Aufgabe ist es, zu entdecken und zu erkunden. Die Natur ist da, um uns endlose Geheimnisse bereitzustellen, die unsere Intelligenz herausfordern – es gibt immer noch mehr zu entdecken. 

Das ist Ihr Gott, wenn Sie leben, um zu erkunden und kreativ zu sein, wenn Sie sich am glücklichsten fühlen, während Sie dem Unbekannten gegenüberstehen, wenn Sie volles Vertrauen darauf haben, dass die Natur, einschließlich der menschlichen Natur, enträtselt werden kann, solange wir weiterfragen und uns niemals mit fester, vorgezeichneter Wahrheit zufriedengeben.

6. Das Bedürfnis nach moralischer Führung und Inspiration

Gott wird reine Verwunderung. Nachdem der Verstand die Grenzen des Verstehens erreicht hat, bleibt das Mysterium bestehen. Weise, Heilige und göttlich Inspirierte haben es durchdrungen. Sie haben eine göttliche Präsenz gespürt, die über das tägliche Leben hinausgeht. Materialismus ist eine Illusion. Die Schöpfung wurde in zwei Schichten ausgestaltet, der sichtbaren und der unsichtbaren. Wunder werden wirklich, wenn alles ein Wunder ist. Um Gott zu erreichen, muss man die Wirklichkeit des Unsichtbaren akzeptieren. Die Natur ist eine Maske des Göttlichen. 

Das ist Ihr Gott, wenn Sie ein spirituell Suchender sind. Sie wollen wissen, was hinter der Maske des Materialismus liegt, um die Quelle der Heilung zu finden, um Frieden zu erfahren und um im direkten Kontakt mit einer göttlichen Präsenz zu sein. 

7. Einheit, der Zustand jenseits aller Bedürfnisse

Gott wird das Eine. Es existiert vollkommene Erfüllung, weil Sie das Ziel der Suche erreicht haben. Sie erfahren das Göttliche überall. Der letzte Hauch von Trennung ist verschwunden. Sie brauchen Heilige und Sünder nicht mehr zu trennen, weil Gott alles ausfüllt. In diesem Zustand erkennen Sie die Wahrheit nicht nur, Sie werden sie. Das Universum und jedes Ereignis darin sind Ausdruck eines einzigen zugrunde liegenden Seins, das reine Bewusstheit, reine Intelligenz und reine Schöpferkraft ist. Natur ist die äußerliche Form, welche das Bewusstsein annimmt, während es sich in Zeit und Raum entfaltet. 

Das ist Ihr Gott, wenn Sie sich voll und ganz mit Ihrer Seele und Ihrer Quelle verbunden fühlen. Ihr Bewusstsein hat sich erweitert, um sich eine kosmische Sichtweise zueigen zu machen. Sie sehen, dass sich alles im Geiste Gottes ereignet. Die Ekstase großer Mystiker, die im besonderen Maße begnadet oder auserkoren erscheinen, wird nun für Sie verfügbar, weil Sie spirituell vollkommen gereift sind. 

Der Gott, der den Entwurf vollendet, Gott als das Eine, ist anders als die anderen. Er ist keine Projektion. Er kennzeichnet einen Zustand vollkommener Gewissheit und vollkommenen Staunens, und wenn Sie jenen Zustand erreichen können, projizieren Sie nicht mehr. Jedes Bedürfnis wurde erfüllt. Der Weg endete mit der Wirklichkeit selbst.

 

Wenn Sie sich die Liste ansehen, können Sie sich vielleicht mit keinem einzigen Bedürfnis identifizieren, das Gott erfüllen könnte. Das ist verständlich, wenn die Überzeugung ein Durcheinander ist. Keine Version Gottes ist stark genug, um Ihre Gefolgschaft zu gewinnen. Das Durcheinander hat seine Wurzeln auch darin, wie das Gehirn Wahlmöglichkeiten verarbeitet. Wenn Sie in einem Restaurant entscheiden, ob sie einen Salat oder einen fettigen Cheeseburger bestellen sollten, organisieren separate neuronale Gruppen in der Großhirnrinde Ihre Wahl. Eine Gruppe wirbt dafür, einen Salat zu bestellen, die andere wirbt für den Cheeseburger. Sie sind dabei, sich eine Meinung zu bilden. 

Aber gleichzeitig sendet jede neuronale Gruppe chemische Signale aus, um die Aktivitäten der anderen zu unterdrücken. Dieses als „Kreuzhemmung“ bekannte Phänomen wird gerade neu von Hirnforschern untersucht. Der Grundgedanke ist ein vertrauter: Im Sport feuern die Fans ihr Team an und buhen das andere aus. In jedem bewaffneten Konflikt wird den Soldaten gesagt, Gott sei auf ihrer Seite, aber nicht auf der anderen. Wir-gegen-sie-Denken hat wahrscheinlich eine tiefe Gehirnverbindung. Bezug nehmend auf spirituelle Zweifel kreuzhemmt die Vorstellung eines liebenden Gottvaters die Vorstellung eines strafenden Gottvaters. Jede hat ihre Gründe und jede schwächt die andere ab. Ein liebender Vater sollte alle seine Kinder im gleichen Maß lieben und doch haben alle von Gott begünstigten Menschen ohne triftigen Grund gelitten. Gottes Verhalten ist genauso unberechenbar wie unser eigenes, sodass jeder Grund, eine Art von Gott zu verehren, von einer konkurrierenden Version gehemmt wird – tatsächlich von sieben konkurrierenden Versionen.

Wenn Gott 1.0 eine Projektion ist, bedeutet das dann, dass Gott nicht existiert? Ist ein weiterer Nagel in seinen Sarg getrieben worden? Nicht unbedingt. Die Tatsache, dass Richard Dawkins und Co. Gott ablehnen, bedeutet nicht, dass ihre Auffassung vollständig oder wahr ist. Bitten Sie einen Teenager, seine Eltern zu beschreiben, und sie werden eine unzuverlässige Beschreibung erhalten. Als Jugendlicher hat er eine verworrene Auffassung davon, wie Eltern sind. Er vermischt das Bedürfnis eines Kindes nach Liebe, Sicherheit und Schutz mit dem Bedürfnis eines Erwachsenen nach Unabhängigkeit, Eigenständigkeit und Individualität. Wenn diese beiden Seiten aufeinandertreffen, kreuzhemmen sie sich gegenseitig. Niemand würde die Kritik eines Teenagers an seinen Eltern für bare Münze nehmen und noch viel weniger darauf basierend die Institution Familie abschaffen. Desgleichen sind wir mit unserer verworrenen Auffassung von Gott unzuverlässige Zeugen für die wahre Natur des Göttlichen, und unsere Zweifel bedeuten nicht, dass Gott abgeschafft werden sollte.

Eine neue Version, Gott 2.0

Jedes Zeitalter erschafft einen Gott, der nur für eine Weile besteht (obwohl jene Weile Jahrhunderte sein können). Unser Zeitalter stellt die geringsten Anforderungen an den Geist: Wir wollen eine Gottheit, die wir offen ignorieren können.  

Wie sollten wir dann Gott neu erschaffen? Ich spreche vom Gott im Westen. Andere Spezies von Gott sind nicht bereit für eine Erneuerung. Fundamentalistischer Islam ist ein Rückzugsgefecht, das verzweifelt versucht, Gott 1.0 zu erhalten, und dabei auf der primitivsten Version beharrt, einem Gott, der die Gläubigen vor Vernichtung schützt; ein solcher Gott kann nichts anderes sein als eine Frage von Leben und Tod. Ich spreche auch nicht vom Gott im Osten, der eine lange Tradition darin hat, Gott als das Eine zu sehen. Das ist Gott 1.0 in der siebten Stufe, eine Präsenz, welche die gesamte Schöpfung durchdringt. Eine derartige Gottheit hat keinen Platz, außer an der Quelle unseres Bewusstseins, die nur nach einer Reise ins Innere gefunden werden kann. Gott als das höhere Selbst ist die letztendliche Offenbarung. Unzählige Menschen in Asien werden damit großgezogen, an das höhere Selbst zu glauben – in Indien wird es Atman genannt –, aber sie unternehmen nicht wirklich die Reise ins Innere. Wie im Westen leben auch die meisten Menschen im Osten, als ob Gott optional wäre, ein fester Bestandteil ihres kulturellen Erbes, das einen nur geringen oder gar keinen Unterschied darin ausmacht, wie sich das praktische Leben entwickelt.

Um eine Zukunft zu haben, muss Gott die Verheißungen erfüllen, die im Laufe der Geschichte in seinem Namen gemacht wurden. Anstatt eine Projektion zu sein, ist Gott 2.0 das Gegenteil. Er ist die Wirklichkeit, aus der das Dasein sprudelt. Wenn Sie die Reise ins Innere antreten, wird das tägliche Leben erfüllt von göttlichen Eigenschaften wie Liebe, Vergebung und Mitgefühl. Diese werden in Ihnen selbst als Wirklichkeit erlebt. Gott 2.0 macht noch viel mehr – er ist die Schnittstelle zwischen Ihnen und dem unendlichen Bewusstsein. Beim augenblicklichen Stand der Dinge ist eine Gottes­erfahrung selten, kaum wahrnehmbar, weil unser Fokus auf der äußeren Welt und materiellen Zielen liegt. Wenn Sie den Prozess beginnen, Gott zu finden, offenbart sich die innere Welt von sich aus. Gotteserfahrung wird beginnen, die Norm zu werden, nicht auf spektakuläre Art und Weise, wie ein ersehntes Wunder, sondern auf die viel tiefere Art und Weise der Transformation.

 

 

 

Gott 2.0

Die Verbindung herstellen

Erste Verbindung: Gotteserfahrung dämmert

Sie finden Ihre Mitte. Der Geist beruhigt sich und gewinnt mehr Ichbewusstsein. Unruhe und Unzufriedenheit nehmen ab. Sie haben Momente der Glückseligkeit und des inneren Friedens, die immer häufiger werden. Sie finden weniger Widerstand im Leben vor. Sie entdecken, dass Sie im großen Ganzen von Bedeutung sind. Das tägliche Leben wird leichter. Sie spüren weniger Stress, Kampf und Druck.

Tiefere Verbindung: Die Gotteserfahrung verwandelt Sie

Höheres Bewusstsein wird wirklich. Sie schätzen die Bedeutung des einfach nur Seins. Ihre Wünsche werden mit viel weniger Aufwand als zuvor wahr. In Einsichtsschüben verstehen Sie, warum Sie existieren und was Ihre Bestimmung ist. Äußere Ablenkungen verlieren ihren Einfluss auf Sie. Sie fühlen sich gefühlsmäßig mit denen verbunden, die Sie lieben. Sorge und Kampf nehmen drastisch ab. Ihr Leben ist von einem Gefühl der Richtigkeit durchdrungen.

Vollständige Verbindung: Ihr wahres Selbst ist Gott

Sie werden eins mit der Quelle. Gott offenbart sich als reines Bewusstsein, die Wesenheit dessen, wer Sie sind. Zur rechten Zeit wird diese Wesenheit auf die gesamte Schöpfung ausstrahlen. Sie erfahren das Licht des Lebens in sich selbst. Alles wird verziehen; alles wird geliebt. Ihr individuelles Ego hat sich ausgedehnt und ist zum kosmischen Ego geworden. Während die Erleuchtung sich vertieft, erfahren Sie eine zweite Geburt. Von nun an wird Ihre Entwicklung als eine Reise in das Transzendente erfolgen. 

In der Wirklichkeit sind Sie bereits ganz mit Gott verbunden, denn wir sprechen ja von der Quelle der Existenz. Aber es gibt verschiedene Bewusstseinsstufen, und in jeder verändert sich die Wirklichkeit. Wenn Ihr Bewusstsein nach außen gerichtet ist und sich auf die materielle Welt mit ihren prekären Höhen und Tiefen konzentriert, werden Sie keinen Gott wahrnehmen. Die äußere Welt wird aus sich selbst heraus ausreichend sein. Wenn Sie stattdessen über die äußere Erscheinung hinaussehen und den Akzent auf höhere Werte wie Liebe und Verständnis setzen, bietet Ihr Glaube an Gott Sicherheit und Bestärkung. Aber nur wenn Sie Ihre eigene Bewusst­heit verwandeln, wird Gott deutlich, wirklich und nützlich werden. Bis dahin hat das Göttliche eine Schattenwirklichkeit und ist nahezu nutzlos. Die Skeptiker haben recht, wenn sie einen solchen Gott infrage stellen. Ihr Fehler ist, dass sie einem besseren gegenüber blind sind.

Um es kurz zu sagen: Gott 2.0 ist ein Prozess, ein Verb anstelle eines Substantivs. Sobald Sie den Prozess beginnen, baut er auf sich selbst auf. Sie werden wissen, dass Sie auf dem richtigen Weg sind, weil jeder Schritt Einsicht, Klarheit und erweiterte Erfahrungen bringt – diese bestätigen, dass die höhere Bewusstseinsebene wirklich ist.

Wenn ausreichend Bewusstheit vorhanden ist, erscheint Gott. Sie werden das so sicher wissen, wie Sie wissen, dass Sie Gedanken, Gefühle und Empfindungen haben. Das ist Gott wird Ihnen genauso leicht in den Sinn kommen wie Das ist eine Rose. Die Gegenwart Gottes wird so spürbar sein wie ein Herzschlag.

Drei Bewusstheitszustände

Das ist es, was vor uns liegt. Wir müssen die drei Zustände, in denen sich die Menschen im Augenblick befinden, gleich gewichten, da Unglaube, Glaube und Erkenntnis alle einen Zweck erfüllen. Sie sind die Trittsteine von „Kein Gott“ über „Vielleicht Gott“ zu „Gott in mir“. 

Unglaube: Auf dieser Stufe wird eine Person durch Vernunft und Zweifel geleitet. Die „Kein Gott“-Position scheint vernünftig. Sie wird dadurch erreicht, alle Ungereimtheiten in Bezug auf Gott und die Mythen, welche die Religion umgeben, zu hinterfragen. Die Wissenschaft hat ihren Anteil daran, nicht dadurch, dass sie Gott bestätigt oder ablehnt, sondern indem sie uns zeigt, wie man skeptische Fragen stellt. Unglaube ist nicht einfach Verneinung: Es gibt auch positiven Atheismus, die Art, welche sich auf Gott als eine Möglichkeit konzentriert, aber sich weigert, Tradition, Dogma und Glauben ohne Beweise zu akzeptieren. Diese Sorte von Unglauben führt zu geistiger Klarheit. Sie zwingt uns, spirituell gesprochen, erwachsen zu werden und wie Erwachsene zu handeln und uns dem Einfluss der Trägheit zu widersetzen, der es uns nur allzu leicht macht, den Gott des Sonntagsschulunterrichts zu akzeptieren.

Stellen Sie sich vor, dass Ihr Gehirn Nervenbahnen hat, die ausschließlich dem Unglauben zugeordnet sind. Diese Bahnen verarbeiten die Welt, wie sie über Ihre fünf Sinne auf Sie einstürmt. Es vertraut auf Objekte, die es sehen und berühren kann. Es misstraut allem Mystischen. Felsen sind hart, Messer sind scharf, aber Gott ist nicht greifbar. Ein großer Teil von Ihnen ist mit diesem Hirnbereich verbunden, der diverse Regionen umfasst. Die primitiven Triebe wie Hunger, Angst, Wut, Sex und Selbstverteidigung stürzen Sie in die physische Welt, hier und jetzt. Das Leben besteht darin, Ihre Wünsche in der Gegenwart zu befriedigen, und nicht, sie zu verschieben, bis Sie in den Himmel kommen. Gleichzeitig umfasst der Unglaube die höhere Hirnfunktion der Vernunft und des Unterscheidungsvermögens sowie das Gesamtprojekt (welches keinen bestimmten Platz im Gehirn hat) der Errichtung eines starken Ego, eines „Ich“, das nie lange zufrieden ist. All diese neuronale Verarbeitung arbeitet der Wirklichkeit Gottes entgegen. Es nützt nichts, sich etwas vorzumachen. Das Leben ist ein anspruchsvoller Lehrmeister und Gott hat es versäumt, es anders zu machen. 

Glaube: Selbst wenn das moderne Leben jede organisierte Religion untergraben hat, identifizieren sich die Menschen noch immer mit dem Glauben. In Umfragen identifizieren sich 75 Prozent der Amerikaner mit einer organisierten Religion, egal welche Zweifel sie auch haben. Einem Skeptiker erscheint es kindisch und schwach, am Glauben festzuhalten. Schlimmstenfalls ist es eine primitive Verteidigung, die eine Person abschirmt, welche nicht in der Lage ist, mit der Wirklichkeit fertig zu werden. Aber für den Prozess der Wiederherstellung Gottes ist der Glaube entscheidend. Er gibt Ihnen ein Ziel und eine Vision. Er sagt Ihnen, wohin Sie gehen, lange bevor Sie ankommen. (Mir gefällt eine Metapher, die ich einst hörte, dass Glaube ist, wie das Meer zu riechen, bevor man es sehen kann.)

Glaube kann negativ sein. Wir alle kennen die Gefahren des auf Glauben basierenden Fanatismus. Der Schritt von der Überzeugung einer Verheißung himmlischer Belohnung zu einem Selbstmordattentäter ist erschreckend klein. Über die Reihen der Fanatiker hinaus fordert der Glaube seinen Preis. Der „gute“ Katholik und der „gute“ Jude sind stolz darauf, nicht selbstständig zu denken. Der Glaube fördert eine zutiefst konservative Regung, und wenn wir ehrlich zu uns selbst sind, verlangen wir alle nach der Sicherheit und Zugehörigkeit, in welche die Tradition den Gläubigen einhüllt.

Im arbeitenden Gehirn spannt der Glaube seine eigenen neuronalen Netze auf. Ein großer Teil der Aktivitäten findet im limbischen System statt, dem Sitz der Gefühlsregungen. Der Glaube ist gekoppelt an die Liebe zur Familie und die Hingabe an Ihre Eltern, als Sie ein Kind waren. Die Erinnerung ruft die Sehnsucht nach einer besseren Zeit und einem besseren Ort wach; der Glaube sagt Ihnen, dass Sie wieder dorthin gelangen werden. Aber Ihre höheren Hirnfunktionen sind auch daran beteiligt. Während der gesamten Religionsgeschichte haben die Gläubigen unter Verfolgung gelitten. Die andere Wange hinzuhalten, anstatt aus Rache zurückzuschlagen, bedingt, dass das höhere Hirn an entwickelten Werten wie Mitgefühl, Vergebung und Unvoreingenommenheit festhält. Wir alle wissen, wie es sich anfühlt, wenn Vergebung und Vergeltung in uns in Konflikt geraten; es ist ein klassisches Beispiel für Kreuzhemmung im Gehirn.  

Erkenntnis: Der einzige Weg, einen inneren Konflikt zu beenden, ist, zu einem Zustand der Gewissheit zu gelangen. Der Pfad führt von „Ich glaube, dass Gott existiert“ zu „Ich weiß, dass Gott existiert“. Sie können Kindern von klein auf Skepsis einhämmern (es gibt tatsächlich eine Website, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, Kindern zu zeigen, wie sie Gott „entkommen“ können); man kann Gläubige dazu bringen, einem falschen Messias zu folgen. Erkenntnis ist anders, wenn sie von innen kommt. Sie wissen, dass Sie existieren. Sie wissen, dass Sie bewusst sind. Gott 2.0 benötigt nichts weiter als ein Fundament. Die Erweiterung des Bewusstseins bringt wahre spirituelle Erkenntnis vollkommen für sich allein. 

Gott ist nicht wie der Halleysche Komet – Sie können nicht darauf warten, dass er am Himmel erscheint. Sie können Ihren Weg zu Gott auch nicht erdenken. Glücklicherweise müssen Sie das auch nicht. Sie fangen einfach an, zu suchen, und die Suche baut auf sich selbst auf. Gott ist nicht wie die Dinosaurier. Ein T-rex-Fossil genügt, um die Frage zu klären, ob Dinosaurier einst auf der Erde umherstreiften. Gott zu erkennen, setzt sich aus vielen Erfahrungen zusammen, die ein Leben lang erworben wurden, sozusagen eine Zeitlupenerscheinung. Sicherlich werden Sie kurzzeitige Höhepunkte, eindrucksvolle Offenbarungen und Augenblicke erleben, in denen die Wahrheit erstaunlich klar erscheint. Ein paar Auserwählte werden vielleicht auf dem Weg nach Damaskus vom Licht Gottes geblendet. Für sie offenbart sich Gott in einem Blitz.

Aber das Gehirn erzählt eine andere Geschichte. Eine gesunde Hirnfunktion ist angewiesen auf zuverlässige Nervenbahnen, die jedes Mal gleich funktionieren. Wenn Sie dafür trainiert haben, Klavier zu spielen oder einen American Football zu werfen, wurden die Fertigkeiten verlässlich, weil Sie spezifische Nervenbahnen angelegt haben. Jede Erfahrung trägt entweder zu Ihrer Fertigkeit bei oder schmälert sie. Wenngleich Sie es nicht bemerken, legt Ihr Gehirn immer neue Bahnen an und leitet andere entweder um oder zerstört sie sogar. Auf mikroskopischer Ebene, wo Nervenzellen auf Nervenzellen treffen, benötigt Gott seine eigenen Bahnen.

In einer Zeitlupenerscheinung trainieren Sie Ihr Gehirn dafür, sich an spirituelle Erfahrungen anzupassen. Laut einer weitverbreiteten Auffassung kann jeder von uns eine Fertigkeit beherrschen, wenn wir ihr zehntausend Stunden widmen: Klavier spielen, Close-up Magic vorführen, ein Supergedächtnis entwickeln oder jedes andere Ziel. Diese Theorie ist grundsätzlich richtig, denn alte Bahnen zu verändern und neue aufzubauen benötigt Zeit und Wiederholung. Gott 2.0 ist mehr als ein Gehirnumgestaltungsprojekt, aber wenn Ihr Gehirn nicht umgestaltet wird, wird eine Gotteserfahrung unmöglich sein. Ein Sprichwort aus der vedischen Tradition Indiens besagt: „Wissen ist nicht das, was du lernst, Wissen ist das, was du wirst.“ Durch die Brille der Neurowissenschaft betrachtet, ist das buchstäblich wahr. 

Der Gottesprozess bezieht die gesamte Person ein. Ich lade Sie dazu ein, alles zu bezweifeln, was Sie jemals über Gott gehört haben, und ich lade Sie dazu ein, gleichzeitig den Glauben zu bewahren. Wenn Gott das Eine ist, sollten Sie nichts ausschließen, nicht einmal äußerste Skepsis. Wirklichkeit ist nicht zerbrechlich. Wenn Sie Zweifel an einer Rose haben, welkt sie nicht und stirbt. Die einzige Vorbedingung ist, dass Sie die Möglichkeit akzeptieren, dass Gott 2.0 wirklich sein könnte.

Ein berühmter Guru wurde einmal gefragt: „Wie sollte ich Ihr Schüler sein? Sollte ich Sie verehren? Sollte ich jedes Wort als Wahrheit akzeptieren?“ Der Guru antwortete: „Keins von beidem. Öffne einfach deinen Geist für die Möglichkeit, dass das, was ich sage, wahr sein könnte.“ Jede innere Möglichkeit zu unterdrücken – einschließlich der Möglichkeit, Gott zu finden, beendet sie vorzeitig. Der Same wird vernichtet, bevor er keimt. Einen offenen Geist zu haben, ist wie einen geschlossenen Fensterladen zu öffnen. Das Licht wird ohne fremdes Zutun eintreten.

Ich denke, es ist klar, dass wir nicht über einen Hinwendung-zu-Jesus-Moment sprechen. Selbstverwandlung ist mehr wie Kindesentwicklung. Als Sie vier Jahre alt waren und mit Puppen aus Papier spielten und die Sesamstraße anschauten, war Ihr Gehirn noch in der Entwicklung. Im Laufe der Zeit gaben Sie die Papierpuppen auf und begannen, Bücher zu lesen. Es gab keinen einzigen Augenblick, wo sich der Weg gabelte, wo Sie wählen mussten, vier oder fünf, sechs oder sieben Jahre alt zu sein. Sie waren einfach Sie selbst, während auf einer nicht sichtbaren Ebene die Entwicklung ihre Kraft ausübte.