Johann Dachs

Tod im Wald

Wahre Geschichten von Wilderei
und Förstermord

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ISBN 978-3-86646-796-5

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Süddeutscher Verlag – Bilderdienst, München:

12, 19, 32, 44, 49, 59, 79, 91, 96

Vorwort

Einführung

Der „Bayerische Hiasl“

Der Wildschütz Jennerwein

Matthias Kneißl – Vom Wilderer zum Räuber und Mörder

Michael Heigl – Der Wildschütz und Räuber um den Arber und Kaitersberg

Der Wildschütz von Deichslberg Joseph Sattler

Wilderei in der Oberpfalz und im Fichtelgebirge

Der Lexengangerl und seine Wildererbande

Ein Urlaubgsgast und der Wilderer

Warum und wieas im Bayerischen Wald g’wildert ham

Der Hartl Xare

Wieas an Forstverwalter Mader um’bracht ham

Bildung von Wildererbanden

Die Ranzinger-Brüder

Ein abscheuliches Verbrechen

Klüngeleien

Die Kriminalpolizei ermittelt

Urteile

Wilderer-Erlass Himmler/Göring

Nachkriegswilderei

Nachbetrachtung

Anlage

Vorwort

Aus dem Leserkreis meiner Bücher „Die Landstorferbande – eine wahre Kriminalgeschichte“, „Tollkirschen im Blaubeersaft“ und „Tod durch das Fallbeil – Der deutsche Scharfrichter Johann Reichhart (1893–1972)“ habe ich zahlreiche Anregungen bekommen, auch etwas über bayerische Wilderer zu schreiben.

In der Erinnerung zurück an meine Kinderzeit waren Wilderer zwielichtige Gestalten. Während die Burschen im Dorf das Lied vom „Boarischen Hiasl“ und vom „Wildschütz Jennerwein“ sangen und sie zu verherrlichen suchten, erzürnte sich mein Vater darüber, dass in seinem Jagdrevier gewildert wurde und der Wilddieb ausgerechnet sein eigener Jagdaufseher war. Und Großvater erzählte mir Wilderergeschichten. Wenn er begann: „Ja, ja! D’Wuidler. Sö san a b’sundere Rass’ und a g’fährliche. Trau’n derfma koan. Sö schieaß’n vui z’schnoi. Wiea selmoi da Boarische Hiasl. A ganz a rabiater Mensch. Und a ‘Quapplda’ (quappelter = pfiffiger, raffinierter) is a da Jennerwein g’wen“, hockte ich zu seinen Füßen und lauschte ihm andächtig. Manchmal bin ich ihm dabei mehr als lästig geworden, weil ich solange nachhakte, bis ich wirklich sein ganzes Wissen um die Wildschützen in Erfahrung gebracht hatte.

Ich machte mich in den bayerischen Staatsarchiven und im Fürstlich Thurn und Taxis’schen Zentralarchiv in Regensburg kundig und konnte erfreut feststellen, dass sich überlieferte Erzählungen relativ oft mit der festgeschriebenen Wirklichkeit deckten.

Über Mathias Klostermayer, genannt „Bayerischer Hiasl“, Georg Jennerwein und andere Wilderergrößen gibt es reichlich Literatur.

Ich habe mich deshalb darauf beschränkt, hierüber nur Kurzfassungen zu schreiben.

Für die Geschichte um den Wilderer „Lexengangerl“ haben mir die Herren Fritz Jörgl, Ludwig Schindler aus Wörth a.D. und Anton Spitzner aus Brennberg, aufschlussreiche Informationen vermittelt, wofür ich mich bedanke. Außerdem danke ich all jenen Mitarbeitern in den Staatsarchiven Amberg, Augsburg, Landshut und München, die mir bei der Besorgung des notwendigen Archivmaterials bereitwillig geholfen haben.

Ich wünsche mir, dass die Leserinnen und Leser das Buch in der gleichen Betrachtungsweise sehen wie ich: als ein heimatkundlich-zeitgeschichtliches Dokument über Wilderer und Wilddieberei in bayerischen Landen.

Dachau

Johann Dachs

Einführung

Um die Wilderei ranken sich bis in die heutige Zeit hinein Legenden. Das Volk hat Wildschützen, die sich gegen die Obrigkeit auflehnten, zu Helden hochstilisiert. In der Phantasie tauchten Menschen Wilddieberei in das Rosarot kitschiger Romantik und versuchten träumend, sich damit zu identifizieren. Kaum jemand dachte darüber nach, dass Wildern ungesetzlich war und Rechte anderer verletzte.

Wildern hat schon immer Männer auf den Plan gerufen, die glaubten, „Jagabluat“ (Jägerblut) in den Adern zu haben, aber keine Möglichkeit bekamen, erlaubterweise die Jagd auszuüben. Sie wagten es deswegen, sich gegen jene zu stellen, die das Waidwerk als ein Vorrecht beanspruchten. Bevor förmliche jagdrechtliche Bestimmungen Regelungen für die Allgemeinheit brachten, waren Adel und Geistlichkeit die Herren der Jagd und sahen es keinem nach, der ein Stück Wild erlegte, ohne hierfür ihre Absegnung zu besitzen. Unbarmherzig und grausam bestraften sie die Übeltäter.

Die Jagdherren unterließen es, mit gezielten Maßnahmen die Wildbestände der Vegetation anzupassen. Sie ließen es nicht nur zu, dass durch Wildverbiss in Wald und Flur dem Bauernstand enormer Sachschaden entstand, sondern taten selber ein übriges, bei ihren Jagden bereits bestellte Äcker zu verwüsten, was zu unerträglichen Schmälerungen der Ernteaufkommen führte. Proteste der betroffenen Bauern gegen diesen Missstand verhallten ungehört, was den geballten Zorn erst recht anstachelte, der „Feudalclique“ mit Mitteln des Ungehorsams zu begegnen. Und aus dem Volk kam es niemandem ungelegen, wenn beherzte Männer zur Flinte griffen. Diese hatten jedoch kein Interesse an der Erhaltung einer artenreichen Tierwelt. Ihnen ging es nicht um die Sicherung des biologischen Gleichgewichts und die Gesundheit des Wildes. Ihre Absicht und ihr Wille waren darauf gerichtet, das Wild zu dezimieren.

Gewildert wurde aus den unterschiedlichsten Motiven. Bei den einen war es die Not gewesen, die sie zum Wildern zwang, um mit dem geschossenen Wildbret die Mäuler einer zahlreichen Kinderschar zu stopfen, andere jagten aus Leidenschaft und wieder andere entwickelten einen Hang zum Kommerz. Darin einig waren sich indes alle, dass Gott bei der Erschaffung des Menschen ihm auch die Gewalt über das Wild gegeben habe und dieses machten sie sich zu eigen.

Bayern hat viele Wilderergestalten, die Furore machten und die in Büchern, Liedern und Schauspiel im Andenken des Volkes weiterleben und deren Geburtstage ihre Heimatgemeinden festlich begehen, wie 1986 die Gemeinde Kissing aus Anlass des 250. Jahrestages der Geburt von Mathias Klostermayer, vulgo „Bayerischer Hiasl“.

Der „Bayerische Hiasl“

Mathias Klostermayer, am 3. September 1736 als Sohn eines Hirten und Tagelöhners in Kissing, im damaligen Landgerichtsbezirk Friedberg, geboren, interessierte sich von früher Kindheit an für Jagdgeschichten. Sein Vater begleitete öfter einmal einen Jäger auf die Pirsch und wusste deshalb über manches Jagderlebnis zu erzählen, welches das Herz des Buben höher schlagen ließ. Als er dem Sohn im heranwachsenden Alter erlaubte, so oft es ging mit dem Jagdstutzen Schießübungen zu machen, wuchs „Hiasls“ Begeisterung für die Jagd ins Unermessliche. Mit aller Macht drängte es ihn danach, einmal Jäger zu werden. Wenn Mathias Vaters Gewehr in die Hände nahm und das vorgesehene Ziel anvisierte, blitzte es in seinen Augen. Sein scharfer Blick und eine ruhige Hand ließen ihn stets ins Schwarze treffen. Die Schießkunst des Knaben berührte den Stolz des Vaters, so dass dieser einmal zu seiner Frau sagte: „Muattr, i g’spürats, da Bua hod a Jagabluat, grod wierat i.“ Wie hätte er ahnen können, dass dieses Jägerblut seinen geliebten Buben einmal zum Gehetzten und Geächteten machen, und die Obrigkeit ihn für vogelfrei erklären würde.

Als 15-Jähriger beging Mathias seine erste Wilderei. Er war zum Vogelfang auf dem Lechfeld und hatte Vaters Stutzen bei sich. Als plötzlich ein kapitaler Hirsch vor ihm auftauchte, riss er das Gewehr von der Schulter und schoss. Mit einer waidgerechten Kugel hatte er das Tier zur Strecke gebracht. Ein sonderbares Glücksgefühl erfasste ihn. Dass er Unrechtes getan hatte, kam ihm nicht in den Sinn und ebenso machte er sich nichts daraus, dass der Vater ihn deswegen maßregelte und ihm das Versprechen abverlangte, nie wieder so etwas zu tun.

Zwei Jahre nach diesem Vorfall schien sich der Traum vom Jäger zu erfüllen. Er war in Mergenthau bei den Jesuiten in den Dienst aufgenommen worden. Geschickt und anstellig bei der Arbeit und im Verhalten, gewann er rasch das Wohlwollen der „Wohledlen und Gestrengen Herrn“. Durch eine lächerliche Ungeschicklichkeit verspielte er jedoch deren Gunst. Ein Jesuitenpater hatte einen vermeintlichen Hasen geschossen. Hinterher stellte sich heraus, dass der Hase eine Katze war. Mathias belustigte sich öffentlich darüber und musste das Kloster verlassen. Die Möglichkeit, mit amtlicher Erlaubnis jagen zu dürfen, war ihm dadurch verbaut worden. Als er dann auch noch Anwerbern für den Militärdienst entfloh, schwand alle Hoffnung und Aussicht, jemals „Kurfürstlicher Jäger“ zu werden.

Klostermayer schloss sich einer Wildererbande an. Bald schon kam es zwischen ihm und dem Anführer, Xaverius Bobinger, zu ernsthaften Differenzen. Mathias stieg wieder aus. Bobinger, zu seiner Zeit der berüchtigste Wildschütz und Bandenführer im Schwäbischen, wurde 1770 in Günzburg mit dem Schwert hingerichtet. Während seiner Wildererlaufbahn duldete er keinen „fremden Götzen“ neben sich, und weil Klostermayer, selbst ein starker Charakter, sich ihm nicht unterordnen wollte, war das Zerwürfnis vorprogrammiert.

Mathias Klostermayer war zur Einsicht gelangt, dass sich mit den Erträgen aus der Wilderei gut leben ließ. Er gründete selbst eine Bande, der sich Mitglieder anschlossen, die dem Bobinger abtrünnig geworden waren. Die Bande streckte alles nieder, was ihr vor die Büchsenläufe kam. Der Hiasl wurde zum Beschützer der Bauern und kleinen Leute. Der Bauernknecht, zum Wildererhauptmann avanciert, verschenkte den größten Teil des Wildbretes an Armenhäusler und erwarb sich dadurch Gunst und offene Zuneigung. Er war zum Aufständischen gegen Jagdmonopol und Jagdterror geworden. Seinen Kampf richtete er gegen Fürsten, Landesherrn und Jäger. Er bäumte sich auf gegen die Feudalherrschaft. Ihm war die Jagd der „Hochwohlgeborenen Gesellschaft“ ein Dorn im Auge, denn die adeligen Herren jagten nicht, weil sie das Wildbret verzehren wollten; sie jagten zu ihrem Vergnügen.

Klostermayer wurde der meistgesuchte, ständig gehetzte Wildschütz im Schwabenland, der mittlerweile die uneingeschränkte Hilfe und Unterstützung der Landbevölkerung besaß. Selbst hohe Kopfprämien, die adelige Jagdherren für seine Ergreifung ausgesetzt hatten, brachten nichts ein. Alle Bemühungen, mit Geld Leute zu locken, Hiasls Verstecke preiszugeben, verpufften. Auch Angst vor Hiasls Rache mag mitgespielt haben, dass niemand Verrat übte. Als die Bande aber in das Milieu des Gewaltverbrechens hineingeriet, als sie stahlen, raubten, auf Verfolger schossen und dabei rücksichtslos töteten, schwand ihr Ansehen in der Bevölkerung. Der dem Hiasl anhaftende Glorienschein des Volkshelden verblasste. Er hatte sich in eine schlechte Position gebracht. Wer ihm und seinen Kumpanen Unterschlupf und Versorgung gewährt hatte, sagte sich davon los. Niemand wollte nunmehr in die Gesetzesmühlen geraten, wo harte Strafen panische Furcht und lähmendes Entsetzen hervorriefen. Die Strafen für Wilderer und deren Helfershelfer reichten von wochenlanger Zwangsarbeit mit gravierenden Verdiensteinbußen bis hin zur Landesverweisung, zur Galeerenarbeit, dem Tod durch Erhängen, durch das Schwert oder durch Rädern und Vierteilen. Ausgelegt waren die Strafen nach dem Grad der Schuld eines Betroffenen, wobei in der Schuldzumessung nicht kleinlich verfahren wurde.

7965-009.tif

Der „Bayerische Hiasl“ Klostermayer Mathias mit „Bub“ und seinem Hund. Der „Bub“, 15 Jahre alt, wurde vom Hiasl in seine Bande aufgenommen und er behütete ihn, als wäre er sein leiblicher Sohn gewesen.

Gegen Klostermayer hatten zuletzt alle Sicherheitsorgane des Hochstifts Augsburg mobil gemacht, wie aus Protokollen des Hochstifts – Neuburger Ausgabe –, befindlich im Staatsarchiv Augsburg, hervorgeht. Organe der „Criminale“ mussten sich verantworten, weil sie Klostermayer nicht „beyfangen“ (festnehmen, verhaften) konnten. Ein Rechtfertigungsschreiben hat nachstehenden Wortlaut:

„Wohlgebohrne, WohlEdle, Gestrenge, und

Hochgelehrte,

HochgeEhrtest = und HochgeEhrte Herren!

So empfindlich uns die Vorwürfe welche Euer Wohlgebohrn, und unsere HochgeEhrtest = auch HochgeEhrte Herren wegen des Aufenthalts des Bayerischen Hiasels machen, fallen müßen, so ungegründet sind sie, und so mehr müßen wir solche ungleichen Berichte zuschreiben.

Es ist in der ganzen Nachbarschaft den Spuren der Wilderer nicht eifriger nachgegangen worden, als von uns geschehen, wir haben für uns selbsten, und auf Erkenntnissen der benachbarten Stände Comando ausgeschicket, in Quaratschaft (Bereitschaft) gehalten, eigene und gemeinschaftliche Streife vorgenommen, unsere Leute sacrifiziert (zu Opfern bereit gemacht), und sind auch so glücklich gewesen, welches kein benachbarter Stand effectuiret (effektvoll), zwey der berechtigten Wildschützen einzufangen.

Es ist Euer Wohlgebohrn, und unseren HochgeEhrtest = auch Hochgeehrten Herren aber selbst bekannt, wie der sogenannte Bayerische Hiasl mit seinem Anhang, alle Verfolgung Anstalten vergebens zumachen weiß, sich sogar ganze Streif Partheyen widersetzt, und schon mehrere Soldaten und Jäger dadurch verunglückt und verschossen worden sind. Wir haben bisher mehr als unsere Schuldigkeit erfordert, in Abtreibung (Vertreibung) der Wilderer gethan, dabey aber auch erfahren, daß die hiesigen Comando allein haben von den … (die Worte sind im Zusammenhang nicht deutbar) und sacrificiren sollen.

So willig und bereit wir jederzeit gewesen, bey allgemeinen Streifen das unsrige nach Kräften beizutragen, so wenig werden wir Verdacht werden können, wenn wir ohne Conkurrenz benachbarter Stände, gegen diese Gesindel allein agiren, und unsere Leute aufzuopfern, Bedenken tragen. Wir verharren übrigens mit allersinnlicher Hochachtung.

Euer Wohlgebohrn, und Unserer HochgeEhrtest = auch HochgeEhrte Herren

Datum

den 7. Novembris 1770

Dienstbereitwillig und Ergebenster Pflegerer, Bürgermeister und Rath der Reichs Stadt Augsburg“.

Mathias Klostermayer, der „Bayerische Hiasl“, wohl der bedeutendste Wildschütz in bayerischen Landen, wurde am 14. Januar 1771 von der fast 300 Mann starken Truppe des Hochfürstlich Hochstiftlich Augsburgischen Premierleutnants Schedel im Gasthaus Oberzell „beygefangen“ (festgenommen), nachdem seine Absteige von einem „Gesinde“ (Knecht) an die Obrigkeit verkauft worden war. Der Verrat hatte dem Verräter den Kopf gekostet. Er war von Anhängern Klostermayers ermordet worden. Leutnant Schedel hatte der tapfere, erfolgreiche Handstreich gegen Hiasls Bande die Beförderung zum Hauptmann eingebracht.

Ein „Präsentibus“ (Protokoll): „Actum in Consilraul: Dilga vom 1. Febri 1771“ befasst sich mit der Transportierung des Bayerischen Hiasl, in welchem angeordnet wird, dass der Wildschütz und seine mitgefangenen Kumpane sobald wie möglich von Buchloe nach Dillingen zu überführen sind.

Unterm 18. „Febri“ 1771 findet sich ein 6-seitiges Protokoll des Hofrats vom Hochstift Augsburg, in welchem über die „Beyfangung“ des Bayerischen Hiasl und dessen gesamter „Cammeradschaft“ berichtet wird. Es heißt, dass die meisten Wildschützen „bleßiert“, in den Häusern von Buchloe (Zuchthaus) inhaftiert und nicht transportfähig sind. Im „Febri“ 1771 noch wurden dann die Sträflinge nach Dillingen gebracht, um dort wegen des „sondierten“ (untersuchten) Verbrechens „malefizisch“ bestraft zu werden.

Am 3. September 1771 und an seinem 35. Geburtstag verlas ein Richter das Urteil des Gerichtes von Dillingen, welches Hiasl stehend und gefasst anhörte: Tod durch Rädern!

Einmal trotzte Hiasl seinen Richtern noch, als er sagte: „In fuchzg Johr sied’s ös a hin (in fünfzig Jahren seid ihr auch tot).“

3 Tage später, am 6. September 1771, erfolgte der Strafvollzug in Dillingen. Rädern war die grausigste Todesart, die ein menschliches Hirn sich hatte ausdenken können.

Als Mathias Klostermayer starb, hinterließ er einen Sohn. Oft hatte Hiasl sein Schicksal verflucht, das es ihm verwehrte, mit seiner Geliebten, die ihm den Sohn gebar, eine Familie zu gründen. Und doch hatte er das Wildererleben über eine bürgerliche Existenz gestellt und sich in die Gefahr begeben, als Verbrecher einen gewaltsamen Tod zu erleiden.

Besungen wird der „Bayerische Hiasl“ in Liedern, die Allgemeingut geworden sind. Die 1. Strophe im jeweiligen Lied lautet:

„I bin da boarisch Hiasl, koa Kugel geht mia ei, juche,

Drum fürcht i a koan Jaga, und sois da Teifi sei.“

„Bin i da boarisch Hiasl, koa Jaga hod a Schneid,

der mia mei Feder und an Gamsbart, vom Hüadl oba keit.“

Der Wildschütz Jennerwein

Was in Schwaben Mathias Klostermayer, vulgo „Bayerischer Hiasl“, das war hundert Jahre später in Oberbayern der 29 Jahre alte Holzknecht Georg (Girgl) Jennerwein aus Westenhofen bei Schliersee. Der verwegene Wildschütz war in den Gebirgswäldern, die er kannte wie sein Westentascherl, in zahlreiche Auseinandersetzungen mit Förstern und Jägern verwickelt gewesen. Gestorben ist er aber nicht im direkten Kampf mit einem seiner Widersacher, sondern durch eine aus dem Hinterhalt abgefeuerte Kugel aus dem Stutzen des Jagdgehilfen Johann Pföderl vom Forstamt Tegernsee.

Mit Ehrfurcht erzählten und erzählen sich teilweise die Menschen im Oberland heute noch die Geschichte um das Leben und Sterben des Wildschützen, über den Bücher geschrieben wurden und dem sogar ein mehrstrophiges Lied gewidmet ist.

Georg Jennerwein, ein lebensfroher und humorvoller Mensch, war gänzlich der Wilderei verfallen. Jagen und Schießen bedeuteten ihm so viel, dass er dafür sein Leben in die Waagschale warf und wie ein Roulettespieler auf das Glück setzte, das ihn auch lange begünstigte. Zuletzt verlor er aber doch.

Mit seinem „G’spuserl“, der „Rießerbauern-Marei“, hatte sich Girgl verabredet, in Bad Tölz bei der Leonhardifahrt mitzumachen. Mit einem Gespannfahrzeug wartete die Marei am vorgesehenen Treffpunkt jedoch vergebens auf ihn, denn er hatte es vorgezogen, lieber auf die Pirsch in den Bergwald zu gehen.